molochronik

Molosovsky: Veröffentlichungen & Werke

Noch nicht eingepflegt sind meine eigenen Prosa- & Lyrik-Werke, die in kleinster Handpresse-Auflage bzw. im Phantastik-Fandom (»Fantasia« und »Follow«) erschienen sind.

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BUCH: Übersetzung & Lektorat

»Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes« für den Golkonda Verlag, 2011. Übersetzung der Kurzgeschichten: • »Der Turmbau zu Babel«, • »Geschichte deines Lebens«, • »Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes«, • »Der Kaufmann und das Portal des Alchemisten« und • »Ausatmung« von Ted Chiang.

••• Leseprobe als PDF auf der Website des Verlages.

Klappentext:

Geschichten, die ein ganzes Universum enthalten: Die Wahrheit über den Turmbau zu Babel; der folgenreiche Erstkontakt mit einer außerirdischen Spezies; die Verzweiflung angesichts des Verlusts eines unersetzlichen Menschen; ein Zeitreiseabenteuer der anderen Art; und ein bestürzender Ausflug an die Grenzen des wissenschaftlich Machbaren …

Kein anderer Science-Fiction-Autor hat in den letzten zwanzig Jahren auch nur ansatzweise so viel Begeisterung ausgelöst wie Ted Chiang. Kein anderer Science-Fiction-Autor wurde für ein so schmales Werk mit mehr Preisen ausgezeichnet. Nun liegt endlich auch auf Deutsch ein Auswahlband mit seinen Erzählungen vor.

Gewinner des Kurd Lasswitz Preis in der Sparte »Bestes ausländisches SF-Werk mit deutscher Erstausgabe 2012«; sowie nominiert in der Sparte »Beste Übersetzung zur SF mit deutscher Erstausgabe 2012« & durch eine Fachjury aus Übersetzerkollegen auf den dritten Platz gewählt.

••• Empfehlung des Literaturkritikers Denis Scheck in der »Druckfrisch«-Sendung (ARD) vom 24. Dez. 2013:

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»Medusas Rache — Hellboy Stories 1« für den Golkonda Verlag, 2012. Übersetzung der Kurzgeschichten: • »Medusas Rache« von Yvonne Navarro, • »Puzzle« von Stephen R. Bissette, • »Eine Mutter weint um Mitternacht« von Philip Nutman, • »Versicherungen« von Greg Rucka, • »Folie à Deux« von Nancy Holder, • »Dämonenpolitik« von Craig Shaw Gardner und • »Ein grimmiges Märchen« von Nancy A. Collins.

••• Leseprobe der ersten Seiten von »Medusas Rache« bei Amazon.de verfügbar.

Klappentext:

1994 erblickte Hellboy zum ersten Mal das Licht einer Comicseite und entwickelte sich in den nächsten Jahren zu einem phänomenalen Erfolg, der 2004 und 2008 mit den Kinofilmen von Starregisseur Guillermo del Toro seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte. Im Dezember 1999 wiederum erschien der erste von inzwischen drei Sammelbänden mit Hellboy-Geschichten, die bisher nur auf Englisch erhältlich sind. Dem wollen wir nun abhelfen, denn ob im Comic, auf der Leinwand oder in Form des gedruckten Wortes — niemand erlebt so faszinierende, so unheimliche, so abgefahrene Abenteuer wie Hellboy!

Einige der besten Phantastik-Autoren der angloamerikanischen Szene haben zur Feder gegriffen, um dem roten Riesen die Ehre zu erweisen. Jede Erzählung ist mit einer ganzseitigen Illustration von Hellboy-Schöpfer Mike Mignola versehen — ein Augenschmaus für Kenner und ein Muss für jeden Sammler.

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»Eine offene Rechnung — Hellboy Stories 2« für den Golkonda Verlag, 2015. Übersetzung der Kurzgeschichten: • »Waffenbrüder« von Frank Darabont, • »Der vor dem Zaubrer flieht« von Peter Crowther, • »In der Flut« von Scott Allie, • »Newford-Spuk-Schwadron« von Charles de Lindt, • »Wassermusik« von David J. Schow, • »Der Vampir-Prozess« von James L. Cambias, • »Eine offene Rechnung« von Ed Gorman & Richard Dean Starr, und • »St. Hellboy« von Tom Piccirilli.

Klappentext:

Frank Darabont, bekennender Hellboy-Fan unter Hollywoods Filmemachern, deutet das Motto des zweiten Bandes von Hellboy-Geschichten bereits im Vorwort an: Man reist nicht, um anzukommen, man reist, um unterwegs zu sein. Fast ausnahmslos große anglo-amerikanische Horror-Autoren, darunter David J. Schow, Tom Piccirilli und Ray Garton, entführen uns in Hellboys Welt. Ihnen ist es zu verdanken, dass Hellboys Sprüche so gut passen wie die »rechte Faust des Schicksals« aufs Auge der Ungeheuer − und zwar immer und überall.

Mit dem roten Riesen als Reisegefährten fühlt sich auch der Leser in Mike Mignolas Comic-Universum aus Folklore, Geistergeschichten und aberwitzigem Fantasy-Horror sehr schnell wohl, egal ob in den Abwasserkanälen von New York City oder in einem klassischen Westernsaloon, der nach Whisky, Staub und Pferdeschweiß riecht. Gegen Ende der Reise winkt dann doch ein schmackhaftes Ziel: »Leckere Zähne« aus der Feder von Guillermo del Toro. Der zweite Regisseur im Bunde trifft genau den richtigen Ton, um uns von einem weiteren Hellboy-Film träumen zu lassen — wobei jede der hier versammelten Geschichten zweifellos einen höllisch guten Roadmovie abgeben würde.

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»Nimmèrÿa 2: Nimmeryána« von Samuel R. Delany (Herausgegeben von Karlheinz Schlögel; Übersetzung von Annette Charpentier) für den Golkonda Verlag, 2015.

Lektorat/Durchsicht der überarbeiteten Neuauflage.

Klappentext:

Dies ist die Geschichte von Pyrn, dem Mädchen, das auf dem Rücken eines Drachens in die Hauptstadt Nimmèrÿas reitet. Aus ihrer Sicht nehmen wir an dem von Gorgik angeführten Sklavenaufstand teil, mit ihr erleben wir die Machtspiele und sexuellen Verstrickungen der Städter. Pyrns Reise führt sie auch in den gefährlichen Süden, zu den Mythen und Rätseln eines dunklen Kontinents.

Die prähistorische Welt Nimmèrÿas dient Delany dazu, über die Ursprünge unserer eigenen Zivilisation zu meditieren: Woher kommen die Dinge, die wir für selbstverständlich halten? Wo nehmen Sprache, Kultur und Macht ihren Anfang, und inwieweit sind wir noch immer von diesen Anfängen geprägt? Gleichzeitig erspart uns Delany die Komplexitäten dieser Welt nicht — sie ist voll von Mythen und Rätseln, von Gewalt und Sexualität, und bietet uns so eine wirklichkeitsnahe und farbenfrohe Fantasywelt.

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BLOG: Übersetzungen

Februar 2014: »Laurie Penny und Terry Pratchett sprechen über Sex, Tod und Natur« von Laurie Penny. Originaltext erschienen bei ›New Statesman‹, November 2012.

Juli 2009: »Eine Einführung in die Genre-Theorie« von Daniel Chandler; direkt zum PDF. Originaltext erschienen auf der Website des Autoren, August 1997.

Dezember 2006: ›Crooked Timber‹-Seminar zu »Der Eiserne Rat« von China Mieville. Originaltext erscheinen auf der Website von ›Crooked Timber‹, Januar 2005.

November 2006: ›Crooked Timber‹-Seminar zu »Jonathan Strange & Mr. Norrell« von Susanna Clarke. Originaltext erscheinen auf der Website von ›Crooked Timber‹, November 2005.

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Print-Texte

»Magira Jahrbuch zur Fantasy 2010«: Sammelrezension »Stromern auf ungetrampelten Pfaden« mit Besprechungen zu • »Eine Andere Welt« von Grandville und Plinius der Jüngere; • »The City & The City« von China Miéville; • »Shriek« und »Finch« von Jeff Vandermeer; • »The Sad Tale of the Brothers Grossbart« von Jesse Bullington.

»Magira Jahrbuch zur Fantasy 2009«: Sammelrezension »Wonniglich verirrt im Laybrinth der Phantastik« mit Besprechungen zu • »Das Obsidianherz« von Ju Honisch; • »Un Lon Don« von China Miéville; • »Wer länger lebt ist später tot — Operation Zombie« von Max Brooks; • »Die gelöschte Welt« von Nick Harkaway; • »Gegen den Tag« von Thomas Pynchon; • »Das Ewige Stundenbuch 1 — Vellum« von Hal Duncan; • »Das Haus« von Mark Z. Danielwski.

»Das Abenteuer Phantastik«: Essay für »Kritische Ausgabe 01/2008 — Abenteuer«.

»Magira Jahrbuch zur Fantasy 2008«: »Die Wilden Welten des Matt Ruff«. • Teil 1: »Ein persönlich gefärbter Werksübersicht« (inkl. »Fool on the Hill«, »G.A.S. — Die Trilogie der Stadtwerke«, »Ich und die anderen«, »Bad Monkeys«); • Teil 2: »Gespräch mit Matt Ruff in Frankfurt am Main, Februar 2008«.

»Magira Jahrbuch zur Fantasy 2007«: Sammelrezension »Gut gelaunte Phantastik-Empfehlungen des Lektürejahres 2006/2007« mit Besprechungen zu • »Der Barock-Zyklus« von Neal Stephenson; • »Jonathan Strange & Mr Norrell« und »Die Damen von Grace Adieu« von Susanna Clarke; • »Die Gelehrten der Scheibenwelt« von Terry Pratchett, Ian Steward und Jack Cohen; • »Wächter der Nacht«-Bücher von Sergeij Lukianenko; • »J. R. R. Tolkien — Autor des Jahrhunderts« von Tom Shippey.

»Magira Jahrbuch zur Fantasy 2006«: Sammelrezension »Launische aber aufrichtige Empfehlungen von seltsamen & verwirrenden Fantasybüchern der Phantastiksaison 2005/2006« mit Besprechungen zu • »Das Paradies der Schwerter« von Tobias O. Meißner; • »Anansi Boys« von Neil Gaiman; • »Aether« von Ian R. MacLeod; • »Der Eiserne Rat« von China Miévile; • »Die Stadt der Heiligen & Verrückten« von Jeff Vandermeer.

»Magira Jahrbuch zur Fantasy 2005«: »Seine Hemden sind bunter als seine Phantastik. Besprechung und Autopsie zu »Der Blumenkrieg« von Tad Williams..

»Magira Jahrbuch zur Fantasy 2003«: Einzelne Rezensionen zu • »Perdido Street Station« von China Miéville; • »Der Steinkreis des Chamäleons« von Ricardo Pinto; • »Siegfried und Krimhild« von Jürgen Lodemann; • »Der Mann der Donnerstag war« von Gilbert K. Chesterton.

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Podcasts

Januar 2018: Zu Gast bei ›Polyneux spricht‹ in der »Kristallkugel-Edition« mit Vorschau auf das kommende Games-Jahr.

Mai 2017: Zu Gast bei ›Polyneux spricht‹ in der Sendung über die »Dark Souls«-Spiele.

Juni 2015: Zu Gast bei ›Polyneux spricht‹ in der Sendung über »Bloodborne«.

März 2015: Zu Gast (zusammen mit Markus Widmer) bei ›Sigma 2 Foxtrot‹ in der Sendung über China Miéville.

Januar 2013: Folge 98 der Komplettlesung von Egon Friedells »Kulturgeschichte der Neuzeit« für ›Radio Orange 94.0‹; Lesung des Abschnittes über Arthur Schopenhauer und Selbstgespräch. Gestaltet von Herbert Gnauer. — Zur Sendung.

Laurie Penny und Terry Pratchett sprechen über Sex, Tod und Natur

Introdubilo des Übersetzers:
»Laurie Penny meets Terry Pratchett to talk about sex, death and nature« erschien am 21. November 2012 im ›New Statesman‹. Wo es mir hilfreich erschien, habe ich zur Orientierung für deutschsprachige Leser Jahresangaben, Originaltitel und weiterführende Links eingefügt.
Ich habe den Text aus mehreren Gründen für die Molochronik übersetzt. Natürlich erstmal, weil ich glaube, dass er sehr gut einfängt, was den bedeutenden Fantasy-Autoren Terry Pratchett auszeichnet. Siehe dazu auch meine Besprechung seiner mit Ian Steward und Jack Cohen verfassten Reihe »Die Gelehrten der Scheibenwelt«. — Seit gut dreißig Jahren bin ich ein begeisterter Leser der Romane von Pratchett (die Nomen-Trio, auch ›Bromeliade‹ genannt, ist mein Lieblingswerk). Er war einer der ersten englischen Schriftsteller, durch dessen Original-Ausgaben ich mich als Jugendlicher kämpfte.
Dann habe ich vor einigen Monaten die engagierte Journalistin, peppige Streitschrift-Autorin, inspirierende Feministin und amüsante Twitterantin Laurie Penny für mich entdeckt, als ich ihre Rede von der ›re:publica 2013‹ auf Youtube gesehen habe. Ich kann allen Molochronik-Lesern raten, sich mal ihre Bücher »Meatmarket« (deutsch bei Edition Nautilus als »Fleischmarkt« erschienen; hier die Leseprobe) und »Cybersexism« vorzunehmen.
Schließlich teile ich die Überzeugung, dass unsere derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen und unser medizinisches System die Menschen dazu zwingt, dem Sterben mit der Angst des Ausgelieferten zu begegnen, statt mit der Würde von freien Personen, die legal ihren Tod selbst gestalten können.
Ich danke vielmals Laurie Penny und Helen Lewis von ›New Statesman‹ für ihre Zustimmung, dass ich kleiner Blogger diesen Text hier anbieten darf.
Viel Spaß beim Lesen
Euer Alex / molo
P.S.: SPOILER-WARNUNG!!! Im vorletzten Absatz des Textes wird für den Geschmack mancher Leser vielleicht etwas zu ausführlich eine Szene aus dem Buch »Das Mitternachtskleid« (»I Shall Wear Midnight«) nacherzählt. Ich habe dort einen fett formartierten Hinweis platziert.

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Laurie Penny und Terry Pratchett sprechen über Sex, Tod und Natur

von Laurie Penny

12. November 2012: Terry Pratchett nutzt seit über 40 Jahren Science Fiction und Fantasy, um feinsinnige Satiren zu schaffen. Doch der Beginn einer Alzheimer-Erkrankung zwang ihn, sich mit einer unbequemen Frage auseinanderzusetzen – was wird geschehen, wenn er nicht mehr in der Lage sein wird zu schreiben?

Ich sitze in einem Kaffeehaus an der Hauptstraße von Sailsbury und ein gebrechlicher, alter Mann mit großem schwarzem Hut erzählt mir gerade, dass er sterben wird. »Keine Medizin kann das verhindern«, sagt Sir Terry Pratchett, 64, Nationalheiligtum, Autor von bisher 54 Büchern, Fürsprecher der Sterbehilfe und berufsmäßiger morbider Drecksack. »Zu wissen, dass man sterben wird, ist der erste Schritt zur Weisheit, nehme ich mal an«, erklärt er.

Diese Geschichte handelt vom Tod. Damit ist nicht der personifizierte Tod gemeint, dieser knöchrige, auf unbeschreibliche Weise stets grinsende Kerl mit der Sense, den funkelnden blauen Augen, der flucht und immer lieb zu Katzen ist und in fast jedem der über 30 Romane zählenden Scheibenwelt-Reihe von Pratchett einen Auftritt hat. Diese Geschichte handelt von der unangenehmen kleinen Tatsache des Todes, dieser sich auf Leben und Werk Pratchetts auswirkenden ›Widrigkeit‹, seit der Autor 2007 mit posteriorer kortikaler Atrophie, einer seltenen Form frühmanifestem Alzheimers, diagnostiziert wurde.

Vor 45 Jahren begann Pratchetts Schriftstellerlaufbahn. Mit über 80 Millionen weltweit verkaufter Bücher ist er Großbritanniens zweiterfolgreichster Autor. »Die Farben der Magie« (»The Colour of Magic«), sein erstes Buch der Scheibenwelt-Reihe, erschien 1983 noch als lupenreiner Vertreter der komischen Fantasy. Der Roman beschreibt den unscheinbaren Zauberer Rincewind der über die Scheibenwelt hetzt, die auf dem Rücken einer riesigen Schildkröte durch das Weltall getragen wird. Die nachfolgenden Bücher entwickelten sich zu etwas Komplexerem, das mehr Tiefe an den Tag legte. Im Laufe der Reihe fanden die Romane zu einer prägnanten, beissend satirischen Stimme. Die meisten erfolgreichen Science Fiction- und Fantasy-Autoren müssen früher oder später ihre eigene Politik ins Auge fassen, denn es geht eine gewisse moralische Verantwortung damit einher, Millionen von Lesern zu einem aus dem Nichts geschaffenen Universum einzuladen. Schriftsteller wie Ursula K. Le Guin, Robert Heinlein und China Miéville nutzten ihre fantastischen Werke ausdrücklich als Spielwiese für politische Thesen, indem sie ausgedachte Welten beschreiben, die alternative Entwicklungsmöglichkeiten der Menschheit vorstellen.

Pratchett hat den entgegensetzten Weg eingeschlagen. Er begann mehr wie jemand zu schreiben, der weiß, dass der faszinierendste Ort im bekannten und vorstellbaren Universum das Hier und Jetzt ist. Er nutzt nerdige Fantasy und Situationskomik als Mittel, um Geschichten über Rassismus und religiösen Hass, Krieg und Bigotterie, Liebe und Sünde und Sex und Tod, immer wieder über den Tod zu erzählen, eingebettet in Ersatz-Abenteuer von sprechenden Hunden, Zombie-Revolutionären, Werwölfen die Verbrechen bekämpfen, Zahnfeen, Krokodilgöttern und ulkigen kleinen Typen, die nicht ganz geheuere Würstchen an der Straßenecke feil bieten.

Um so seltsamer seine Bücher wurden, um so mehr glich ihr Klang und ihre visuelle Szenerie dem Großbritannien des späten zwanzigsten und frühen einundzwanzigsten Jahrhunderts: Mann trifft auf Frau trifft auf Geschlechterrollen herausfordernden Zwerg; anständige Leute werden durch ihre eigene Feigheit in den Untergang getrieben; Priester verbreiten Lügen und blutsaugende Anwälte ziehen bei allem die Strippen, wobei allerdings auf der Scheibenwelt Anwälte tatsächlich Vampire sind.

»Terry verfügt einfach über ein großes Können beim Beschreiben von Menschen«, sagt Neil Gaiman, Mitautor und enger Freund von Pratchett. Gemeinsam haben die beiden 1990 den Bestseller »Ein gutes Omen« (»Good Omens«) verfasst. »Er hat ein gutes Händchen, wenn es um unverfälschte, menschliche Gefühle geht, und reiht sich damit hervorragend in die Tradition humoristischer englischer Literatur ein.«

»Man kann seine Sachen mit den klassischen Werken von P. G. Wodehouse oder Alan Coren vergleichen – diese Autoren haben den Stil der komischen Literatur geprägt – und Terry ist ein Meister auf diesem Feld. Außerdem beherrscht er sämtliche Sprachbilder einer Vielzahl verschiedener Genres und weiß, wie man sie einsetzt. Anfangs hat man Terry mit Douglas Adams verglichen, weil auch der über Dinge schrieb, die auf anderen Welten spielen, aber am meisten ähnelt er Wodehouse – allerdings ist Terrys Spannweite größer.«

Wie vielen Freunden von Pratchett fällt es Gaiman schwer, über dessen Krankheit zu reden, sogar so schwer, dass er sich uns über Skype anschließt, da ihm E-Mail zu kalt und karg ist. »Ich finde es großartig, dass Terry seinen Alzheimer verdammt noch mal zu seinem Verbündeten gemacht hat«, sagt Gaiman. »Ich liebe es, dass er seinen Alzheimer dazu nutzt, um die ›Dignity in Dying‹-Bewegung {Deutsch etwa: ›Sterben mit Würde‹ — AdÜ} bekannter zu machen.«

Alzheimer ist immer grausam, und die besondere Art, die man bei Pratchett diagnostizierte, zeichnet sich durch einen außerordentlich brutalen, ironischen Zug aus. Tastaturen kann Pratchett gar nicht mehr bedienen, und auch mit einem Stift weiß er nur noch wenig anzufangen. Seine letzten vier Bücher verfasste er vollständig als Diktate und mit der Hilfe von Rob Wilkins, der seit zwölf Jahren sein Assistent ist.

»Tippen kann ich gar nicht mehr, weshalb ich ›Talking Point‹ und ›Dragon Dictate‹ verwende«, sagt Pratchett, während Rob uns in einem überraschend großen, goldenen Jaguar zum Kaffeehaus fährt. »Das Programm wandelt gesprochene Rede in schriftlichen Text um«, erklärt er, »und es gibt eine Sprach-Ergänzung, die von einigen Leuten entwickelt wurde.«

Wie unterscheidet sich das nun davon, mit den eigenen Händen zu schreiben?

»Tatsächlich geht es so viel leichter«, sagt er. Ich zögere, und er bemerkt meine Skepsis.

»Überleg doch mal! Wir sind Affen«, sagt Pratchett. »Wir reden, und zwar ziemlich gern. Wir sind nicht auf die Welt gekommen um …«, er dreht sich zu mir und macht Klacker-di-klacker-Bewegungen, wie ein muffiger Opa, der das Internet für Quatsch hält, »… zu machen.« Für Technologie hegt Pratchett fürwahr so viel Leidenschaft, wie es sich für einen Fantasy-Schriftsteller gehört. Als sich vor einigen Jahrzehnten des Internet für Nicht-Spezialisten öffnete, blühten rasch Gemeinschaften wie ›alt.fan.pratchett‹ {seit 1992 — AdÜ} auf, in denen sich Leser treffen und Geschichten miteinander teilen konnten. »Du musst natürlich schon ein Stück weit ein Nerd sein, um damit zurecht zu kommen«, sagt er. Argwöhnisch beäugt er mich. »Wenn du kein Nerd bist, will ich gar nicht mir dir reden. Du hast doch sicherlich wenigstens schon mal das Gehäuse deines Computers aufgeschraubt, oder?«

Ich befürchte, dass das Interview gleich echt vorbei ist, wenn ich zugebe, mit einem Mac zu arbeiten und Angst davor habe, die Garantie einzubüßen. »Ist auch egal. Aber die Algorithmen sind faszinierend«, sagt er. »Ich habe denen alles zukommen lassen, was von meiner Schreiberei in elektronischer Form vorliegt, und die haben über Nacht alles durchgerührt und ausgeklügelt, wie meine Worte klingen würden und klingen sollten.«

»Wir basteln uns Hilfsmittel«, sagt Rob. »Die Computersysteme sind so eingerichtet, dass sie sich am Morgen, wenn der Wecker klingelt, von selbst einschalten. Terry muss dann also nicht mehr nach dem Einschaltknopf suchen.«


Der große Diktator

Pratchetts Assistent hantiert mit dem Mobiltelefon, und biegt ein zu dem Kaffeehaus, in dem wir unser Treffen abhalten wollen. Man kann sich von Terry nicht wirklich ein stimmiges Bild machen, ohne Rob Wilkins zu beachten, dessen Namen ich versehentlich als ›Wilikins‹ niederschreibe, ganz so wie ein treuer Butler mit verborgenen Charaktertiefen heißt, der in vielen Scheibenwelt-Romanen vorkommt.

Rob ist in vielerlei Hinsicht ein urtypischer Pratchett-Fan. Er hat ein großes Herz, ist bis zum Überfluss erfüllt von der nerdigen Energie der ersten Immigranten-Generation, die in das digitale Universum aufgebrochen ist, trägt ein schlecht sitzendes schwarzes T-Shirt und ist treu bis zum Geht-nicht-mehr. Wenn es einen Grund gibt, warum sich Pratchetts lähmende Krankheit nicht auf den Fortlauf seiner Neuerscheinungen ausgewirkt hat, heißt er Rob. Jederzeit, ob Tag oder Nacht, kommt er zu Terrys Wohnhaus, um ein Diktat entgegenzunehmen oder ein Problem zu lösen, und Terrys Ehefrau hat sich daran gewöhnt, dass das für die Schriftstellerei nötig ist.

»Es ist toll, wenn es uns gelingt, ein Hilfsmittel zu basteln, denn das bedeutet, dass wir ein Gefecht gegen die Krankheit gewonnen haben«, sagt er und eilt davon, um die Getränke zu bestellen. Beide sprechen im Plural, ›wir‹ und ›uns‹, über ihre Arbeit, entsprechend lautet der Twitter-Feed des Schriftstellers ›@terryandrob‹. Die beiden wirken, als wären sie seit Kindheitstagen befreundet. Sie plaudern über Alzheimer, als handle es sich dabei um ein ausgesprochen kniffliges Level eines Videospiels, das sie unbedingt meistern wollen. »Es dauert nicht mehr lange, und das Hilfs-System ist so weit, damit Terry einfach nur mit der Sprache das Licht einschalten, die Vorhänge öffnen und derartige Dinge erledigen kann«, sagt Rob. »Das ist ein großer Spaß. Jeden Tag werden wir damit einen Kampf gegen die Krankheit gewinnen.« Er nickt. »So was machen wir gern.«

Während Pratchetts Auftreten ruppig und pragmatisch wirkt, ist Rob ein überschwänglicher Charakter, von der Sorte, der einen Journalisten den er gerade zum ersten Mal begegnet herzlich umarmt, wenn sich dieser auch als Fan zu erkennen gibt. In der von Pratchett präsentierten, mit einem BAFTA ausgezeichneten BBC-Dokumentation »Choosing to Die« {Deutsch etwa: »Den Tod wählen« — AdÜ} über die Arbeit der schweizerischen Vereins ›Dignitas‹, gibt sich der Autor kurz angebunden und ernst, während er zwei tödlich erkrankte Männern begleitet, die ihrem Leben freiwillig ein Ende setzten. Rob ist derjenige, der sich darüber aufregt, wie unfair das alles ist.

Seit er diagnostiziert wurde, hat sich Pratchett zu einem Aktivisten für würdevolles Sterben entwickelt. Er widmet alle Kraft die er aufbringen kann, um Vorträge zu halten und Programme zu gestalten, und will damit helfen, das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die derzeitige Lage zu schärfen. »Das Problem besteht darin, dass die Menschen heutzutage glauben, nicht mehr sterben zu müssen«, sagt er. »Frühere Generationen hatten noch ein Verständnis vom Tod, denn sie haben selbst eine gesunde Portion Tod erlebt. Noch in der viktorianischen Zeit war es gut möglich, dass man die Beerdigung vieler Geschwister erlebte, ehe man selbst ein fortgeschrittenes Alter erreichte.«

»Heute aber wissen die Leute nicht so recht, was sie mit sich anfangen sollen, wenn sie zu einem Begräbnis gehen. In die Kirche gehen die meisten sowieso nicht mehr – dazu sind sie zu vernünftig –, aber bei einer Beerdigung weiß keiner mehr, was man singen soll, wann man sich erhebt, oder wo man sich hinstellt.«

Rituale sind in Pratchetts Welt etwas sehr Wichtiges. Er gehört nicht zu den Autoren, die jemals abgelehnt hätten, zum Ritter geschlagen zu werden. Stattdessen hat sich Pratchett eigens ein Schwert aus Meteoritenstahl schmieden lassen, denn wenn man schon in den Ritterstand erhoben wird, so dachte er sich, dann auch richtig.


Der Junge vom Land

Terry Pratchett wuchs in den Fünfzigern als Einzelkind in Buckinghamshire und Somerset auf. Lieder und Geschichten waren Teil seiner provinziellen Erziehung – Geschichten über Außerirdische und Reisen ins Weltall standen Seite an Seite mit Erzählungen über die anrüchigen Machenschaften holder Jungfrauen und ihrer Verehrer.

»Zur Science Fiction bin ich ja gekommen, weil ich mich ursprünglich für Astronomie interessiert habe«, sagt er. »Meine Mutter erzählte mir auf dem Weg zu Schule immer Geschichten. Sie begleitete mich den ganzen Weg über zweieinhalb Kilometer und ging dann weiter zur Arbeit.«

»Ich war ein Kind der Sozialwohnungen. Das Haus, in das ich hineingeboren wurde, hätte schon jemand der Stempeln ging nicht mehr betreten. In der Provinz arm zu sein bedeutet, dass man wirklich sehr arm ist. Mein Vater fing ab und zu einen Hasen, sammelte Pilze und Ähnliches, und konnte nur deshalb ein Auto durchbringen, weil er ein guter Mechaniker war.«

»Sie hatten keinen Schimmer, was für unglaublich gute Eltern sie waren. Ich selbst habe es nicht begriffen, bis ich erwachsen wurde. Eltern, die ihre Kinder vor der Glotze parken und sich selbst überlassen, sollte man die Rübe wegpusten.« Er gönnt sich das Privileg des in die Jahre gekommenen Brummbären, jedem einen knackigen Tod zu wünschen, oder, wenn man nicht seiner Meinung ist, einen frühen.

Vor über vierzig Jahren, als er begann Romane zu schreiben, waren Pratchett und seine Frau Lyn »Hippies, aber Hippies mit Jobs«, sagt er. »Ich trug einen Bart, in dem hätte sich Darwin verlaufen können, aber ich verdiente mein Geld als Korrektor einer Zeitung. In unserem kleinen Häuschen war gerade mal genug Platz für ein Kind. Rhianna ist ein Einzelkind, was vielleicht auch ganz gut so ist. Als Einzelkind gehst du entweder unter, oder du entwickelst dich zu einem Kämpfer. Rhianna ist eine Kämpferin.«

Rhianna Pratchett hat sich selbst bereits zu einer angesehenen Spiele-Autorin entwickelt. Kürzlich wurde bekannt, dass sie der kreative Kopf des Franchise-Neustarts von Lara Croft {»Tomb Raiber«, 2013 — AdÜ} ist, und sie wird als Co-Autorin die BBC Schreibenwelt-Serie »The Watch« betreuen, weshalb Fans wie ich sich vor Vorfreude bereits die Backe zerkauen. Meine wird wohl nie mehr ganz verheilen, nachdem ich eine ganz besonders aufregende Rollenbesetzung erfahren habe, über die ich absolut nichts sagen darf.

Unter der Leitung von Pratchetts neuer Produktionsgesellschaft ›Narrativia‹ wird »The Watch« die beliebte Saga der Stadtwache aus der Scheibenwelt dort fortsetzen, wo die Bücher aufhören, und Rhianna ist ein wichtiges Mitglied des Autorenstabes. Der Schriftsteller erzählt mir, wie zufrieden er ist, dass Rhianna die Scheibenwelt-Reihe fortschreiben wird, wenn er dazu nicht mehr in der Lage ist. »Die Scheibenwelt ist bei meiner Tochter in guten Händen«, versichert mir Pratchett.

Rhianna ist umgeben von der Scheibenwelt ihres Vaters aufgewachsen und kennt sie in- und auswendig. Als ich ihm so zuhöre, wie er über seine Tochter spricht, merke ich, dass er zum ersten Mal die Möglichkeit anerkennt, irgendwann nicht mehr schreiben zu können.

»Das Großartigste an Terry, was mich an ihm meisten fasziniert, ist, wie sehr er das Schreiben liebt«, sagt Neil Gaiman. »Das ist nicht bei jedem Schriftsteller so – wir sind da verteilt über die ganze Bandbreite zwischen den Extremen. Aus Douglas Adams musste man die Romane herausquetschen wie den letzten Rest aus einer leeren Zahnpastatube. Und dann gibt es einen wie Terry, der lieber schreibt als sonst irgendwas zu machen. Seit ich ihn kenne – ich begegnete ihm, als er noch als Pressesprecher bei CEGB angestellt war –, hat er jede Nacht nach der Arbeit zuhause seine vierhundert Worte verfasst.«

Derzeit erscheinen noch Bücher von ihm in rascher Folge, wenn auch querbeet – als ob er Projekte abschließen wolle, bevor es zu spät ist. Nun erscheinen Geschichten, die lange in der Warteschleife kreisten. Im letzten Sommer {2012} kam »Die lange Erde« (»The Long Earth«) auf den Markt, ein in der nahen Zukunft angesiedeltes Hard-SF-Epos über Alternativwelten und Ressourcenverteilung. In diesem Winter {2012} erscheint »Dunkle Halunken« (»Dodger«), eine historisch-fantastische Geschichte aus dem viktorianischen London, in der Charles Dickens, Henry Mayhew und eine Handvoll Figuren aus den Werken von Dickens auf widerliche Weise zum Leben erweckt werden. Obwohl das Marketing sich an jungendliche Leser richtet, wurden die Geschichten mit ihren Verteilungskämpfen, den menschlichen Grausamkeiten und den in Kloaken-Strömen treibenden Leichen immer düsterer.

»Was soll man Kindern erzählen?«, fragt Pratchett, als wir noch im Kaffeehaus sind. »›Mach dich auf ein kurzes Leben gefasst‹«, sagt er und nimmt einen Schluck Tee. »Es läuft darauf hinaus, dass wir uns gegenseitig wegen der Rohstoffe die Schädel einschlagen werden, und die meisten Rohstoffe dafür verschwenden uns zu bekämpfen.«

»Neulich war ich in Indonesien, wo man Palmöl-Plantagen besichtigen kann. Wir sind mit dem Hubschrauber geflogen und die Plantagen erstrecken sich über den ganzen Horizont. Ist das Palmöl erstmal abgeerntet, bleibt nur Wüste zurück – und ich meine richtige Wüste: steiniger Boden, auf dem nichts mehr gedeiht. Schlamassel dieser Art werden wir mit unserem Leben bezahlen.«

Und in diesem Augenblick fängt er an zu singen, was ich nicht im übertragenen Sinne meine. Ruhig und deutlich beginnt er das alte englische Volkslied »The Larks They Sang Melodious« {Deutsch etwa: »Melodisch sangen die Lerchen« — AdÜ} anzustimmen. Er hat eine schöne Stimme. Sein zitternder Bariton hat nichts von seiner Kraft eingebüßt und es ist Terry piep egal, dass er die Aufmerksamkeit des halben Kaffeehauses auf sich zieht.

Zwei ganze Strophen singt Pratchett. Das Lied ist erfüllt von Feuerschein und Sehnsucht und Nostalgie nach wärmeren, jüngeren Tagen. Wenn man mit halbgeschlossenen Augen zuhört, kann man sich vorstellen, am Lagerfeuer einem älteren Verwandten zu lauschen, der von Liebe und Tod erzählt, keineswegs unwahrhaft, auch wenn einiges ein wenig ausgeschmückt worden sein mag. Wir sitzen aber nicht am Lagerfeuer, sondern in einer Starbucks-Filiale, trinken etwas schalen Tee, und »The Larks They Sang Melodious« wurde nicht geschrieben, um zu brasilianischen Dudel-Jazz gesungen zu werden.

»Alles rückt näher zusammen, wenn man gemeinsam singt«, sagt er. »Ich kenne die Lieder, die mein Großvater und mein Vater gesungen haben. Und Rhianna kennt die Lieder, die ich gesungen habe, denn heutzutage kann man fast alle Lieder, die jemals komponiert wurden, irgendwo bekommen.«

Er ist ein glühender Fan traditioneller Musik und berichtet stolz: »Maddy Prior hat mich mal geküsst. Nein, nein, du bekommst keinen Ärger, wenn du das aufschreibst«, sagt er und fragt: »Hast du je von Thomas Tallis gehört?« Ohne meine Antwort abzuwarten, fährt er fort: »Letztens bin ich durch meine Küche spaziert, das Radio war an und es lief gerade »Spem in alium« und ich sank nieder auf die Knie. Echt. Dabei ist es mir völlig schnurz, ob jemand in die Kirche geht.«

Ich erwähne nicht, dass nun alle Welt die Harmonien von Tallis und seine vierzigstimmige Motette kennt, weil sie in dem Bums-Bestseller »Fifty Shades of Grey« erwähnt werden.

»In dem Lied das ich gerade gesungen habe, dreht sich natürlich eigentlich alles um Sex«, sagt er grinsend.


Ist dies das Ende?

Sex und Tod und die blutroten Klauen und Fangzähne der Natur. Humor, der so schwarz ist wie der Hut eines Fantasy-Schriftstellers. Unangenehme menschliche Wahrheiten auf den Tisch knallen und ein klein wenig Feenstaub darüber streuen. Das war von Anfang an der Kern des Schaffens von Pratchett. Die garstigen Sachen mit Musik und Magie garnieren, um sie erträglicher zu machen, jedoch ohne dabei die Kinder auch nur eine Sekunde lang zu belügen. Die Kampagne für Sterbehilfe ist lediglich der folgerichtige, praktische Abschluss dieser Haltung.

»Lass uns von Harold Shipman reden«, sagt er, und ich weiß, dass Pratchett mich auf den Arm nehmen will. Ich bin nicht die erste, der die verblüffende Ähnlichkeit – struppiger, weißer Bart und scharfe Gesichtszüge – zwischen dem Fantasy-Autoren und Harold Shipman auffällt, der auch als ›Dr. Tod‹ bekannt ist. Der Hausarzt hat sich 2004 erhängt, nachdem heraus kam, dass er unzählige Patienten in ihren Betten umgebracht hat.

»Was Shipman getan hat war schrecklich. Alle anderen Ärzte haben wegen ihm ihren Mumm eingebüßt. Jetzt müssen alle Ärzte auf Biegen und Brechen jeden armen Kerl am Leben erhalten, egal wie sehr er leidet. Aber der Unterschied besteht darin, dass Shipman Leute umgebracht hat, die nicht krank waren!« Sich mit einem Mann, der höchstwahrscheinlich dem Tod näher ist als man selbst, über den Tod zu unterhalten ist ziemlich unangenehm, vor allem wenn man beginnt über die Feinheiten der Krankheit zu reden, die ihn auf die eine oder andere Weise ums Leben bringen wird. Doch Pratchetts ruppige ›so ist das nun mal‹-Haltung macht das Ganze erträglicher, in etwa so, wie wenn man ein Pflaster mit einem schnellen Ruck entfernt.

Ich fange an zu fragen: »Haben dir die Ärzte schon gesagt – ich meine –«, er unterbricht mich, noch ehe ich den Knoten in meiner Zunge lösen kann. »Ob mir die Ärzte schon mitgeteilt haben, wann ich sterben werde?« Auf einmal vermute ich, dass er in den letzten Monaten schon öfters unangenehme Sätze für Verwandte und Journalisten ergänzen musste.

Nein, bisher gibt es noch keinen absehbaren Zeitpunkt. »Wer nicht weiß, dass ich so eine Krankheit habe, würde es gar nicht bemerken«, sagt er leise. Das stimmt nicht ganz: Pratchett ist blitzgescheit, und in seiner Gegenwart möchte man sich am liebsten vergewissern, schön gerade zu sitzen und ob man seine Schnürsenkel auch ordentlich gebunden hat. Dennoch wirkt er zerbrechlicher als man von jemanden der 64 Jahre alt ist glauben möchte, und manchmal driftet er am Ende eines Satzes ab.

Und tatsächlich hat mich Rob, kurz bevor dieses Interview in Druck ging, kontaktiert, um zu berichten, dass Pratchett Anfang November {2012} in New York bei einer Buch-Tournee fast an etwas, was sie für einen Herzinfarkt hielten, gestorben ist. Die beiden waren nach einem Besuch von Ground Zero mit einem Taxi auf dem Rückweg zum Hotel, erzählt Rob: »Auf einmal ging es Pratchett sehr schlecht. Wir saßen auf der Rückbank des Taxis und ich merkte, dass er sehr angestrengt atmete.« Wenige Minuten darauf verlor Terry das Bewusstsein.

In einer schriftlichen Schilderung des Zwischenfalls, den er veröffentlichen möchte, meint Terry, sich nicht mehr an viel erinnern zu können, außer »dass ich mich elend fühlte, mir sehr kalt war, obwohl mir der Schweiß das Gesicht herablief. Ich konnte mich auf nichts konzentrieren und bin scheinbar einfach weggedämmert. Rob fragte mich die ganze Zeit, ob es mir gut geht, und versicherte mir, dass die Fahrt nicht mehr lange dauern würde … bei allem, was dann geschah, muss ich mich auf Rob berufen.«

Was geschah, war, dass Pratchett zusammenbrach. »Ich musste mich auf den Rücksitz des Taxis knien und Wiederbelebungsmaßnahmen einleiten. Finger in den Hals und all das. Er wäre fast gestorben.«

Schnell wurde der Autor in ein Krankenhaus gebracht, aber er erholte sich rasch wieder. Die Ärzte erklärten ihm, dass er Herzflimmern erlitten hatte, verursacht durch die kumulativen Wirkungen der verschiedenen Medikamente, die man ihm wegen seines hohen Blutdrucks verschrieben hat. Der hektische Tournee-Plan verschlimmerte die Sache. Jetzt spielt er den Vorfall herunter. »Ich habe mal gehört, dass Signier-Tourneen einen schneller ins Grab befördern als Drogen, Suff und wilde Weiber«, teilt er dem ›New Statesman‹ mit. »Nicht alles davon habe ich selbst ausprobiert.« Der Vorfall hat ihn dazu gebracht, zu erwägen, ob er es ruhiger angehen und mehr Zeit dem Schrieben und der Familie widmen sollte. Aber er genießt das Leben auf Achse zu sehr, um davon abzulassen.

Zuvor, bei unserem Treffen, habe ich Pratchett gefragt, wie sich seine gesundheitliche Verfassung auf seine Haltung zum Leben auswirkt.

»Es macht mich unglaublich wütend. Wut ist etwas Wunderbares. Sie hält dich auf Trapp. Ich bin wütend auf die Banker und auf die Regierung. Sie sind verdammt unnütze Ärsche. Ich weiß genau, was Oma Wetterwachs (eine nüchterne Hexe, die sich nichts bieten lässt und die in einigen Scheibenwelt-Romanen auftritt) zu David Cameron sagen würde. Sie würde ihn wegfegen mit den Worten: ›Mit dir kann ich nichts anfangen‹. (Solche wir er) machen nichts, außer Anwälten in den Hintern zu kriechen. Warum wird niemand aufgeknüpft?«

Alle Scheibenwelt-Bücher durchzieht eine gewisse Krassheit. Befürchtet er nicht, mit seinen Auseinandersetzungen über den Tod die Kinder zu verschrecken? Ganz und gar nicht. Wenn etwas Pratchetts Beiträge zum Genre der Bücher für junge Erwachsene in den Regalen der Buchhandlungen auszeichnet, dann seine Bereitschaft, die jungen Leser mit einigen der grauenvollen Tatsachen des menschlichen Daseins zu konfrontieren, mit all der albernen Ernsthaftigkeit die man von einem sterbenden Satiriker erwarten darf, dessen persönliches Wappen ein lateinisches Motto ziert, das auch in seinen Romanen auftaucht: »›Noli timere messorem‹ – fürchte nicht den Schnitter.«

{SPOILER!!!} In seinem neuestem Jugendbuch »Das Mitternachtskleid« {»I Shall Wear Midnight«} gibt es eine längere Szene, in der die junge Heldin zuerst den Selbstmord eines Mannes verhindern muss, der kurz zuvor seine unverheiratet schwangere, dreizehnjährige Tochter derart schlimm verprügelte, dass diese eine Fehlgeburt hatte – und dann beerdigt die Heldin den Fötus. {ENDE SPOILER} Nicht gerade Harry Potter. Und dennoch verschlingen die Kinder diese Bücher, denn zu den Dingen, die Pratchett begriffen hat, gehört, dass Kinder zwar gerne Geschichten lesen, es aber nicht mögen, wenn man sie belügt.

Es bereitet ihm keinerlei Sorgen, dass junge Leser möglicherweise ihren Lieblings-Autor im Fernsehen offenherzig über seinen eigenen Tod reden hören. »Kindern Angst zu machen ist eine edle Sache«, sagt er. »Ich erzähle Kindern mit Freuden, dass sie sich auf ein kurzes Leben einstellen sollen. Folgendes ist jedoch dabei wichtig: man darf Kinder durch den finsteren Wald führen, aber man muss sie dann auch wieder zum Licht lotsen.«

Klappentext-Variationen mit Ju Honisch und »Die Quellen der Malicorn«

Mit einiger Verspätung, weil ich in den letzten Wochen vor lauter 200-Stunden-Plus-Brotjob, Angekränkeltsein & ›Nebenbei-Übersetzen‹ von Hellboy-Prosastories zu nix komme (von »GTA V« ganz zu schweigen … hüstel), ist es nun endlich so weit, dass ich folgenden wunderschönen Gastbeitrag von Ju Honisch aufbereiten konnte.

Ju ist nicht ›nur‹ (eine irre gut kochende!) Nachbarin & seit einigen Jahren meist meine Mitfahrgelegenheit zum BuCon im nahen Dreieich, zudem ist sie eine erfahrene Fantasy/SF/Filk-Haudegin (die ganz früher, wie ich auch, bei einem lustigen Fantasy-Verein war, der das »Fest der Fantasy« der Völker Magiras ausrichtet) die u.a. als studierte Anglistin & Historikerin richtig was auf dem Kasten hat, und durch ihre Verbindungen zu Kreativen & Fans des englischsprachigen Raumes über ein erkleckliches Maß an Genre-Weisheit gebietet.

Was mich darüber hinaus auf ganz besondere Weise mit ihr freundschaftlich und literaturleidenschaftlich verbindet, ist der Umstand, dass ich als Beta-Leser ihrer ersten beiden historischen Fantasy-Romane fungieren durfte (»Das Obsidianherz« und »Salzträume« {Band 1 / Band 2}).

Viel Vergnügen mit ihrem Beitrag über Wohl & Weh von Klappentexten. Cheers Alex / molo

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Vielen Dank an Molo, der mich auf sein Blog losgelassen hat, während ich weitere Ecken der Blogosphäre bereise.

Richtig? Falsch? Oder anders?

Klappen- oder Werbetexte sollen Anreize schaffen. Der potentielle Leser soll drauf gucken und sagen: »Ui, das klingt interessant! Das will ich unbedingt lesen!«

Aber Bücher lassen sich nicht gar so einfach in ein paar wenige Sätze zusammenfassen, schon gar nicht, wenn sie über 600 Seiten und mehr als nur einen Handlungsstrang haben. So ist es kaum verwunderlich, dass die meisten Autoren mit den Klappentexten, die die Verlage für verkaufsfördernd halten, oft nicht so ganz hundertprozentig konform gehen. Manchmal liest man sie und erkennt sein Buch nur in Bruchstücken wieder. Dann steht man vor den glatten Worten und möchte sagen: »Aber … aber … aber … es geht doch eigentlich um was ganz anderes?« — »Doch nur so verkauft sich’s«, sagt dann der Verlag. Und das ist schließlich ein Argument.

Ju Honisch: »Die Quellen der Malicorn« bei Heyne Taschebuch. In »Die Quellen der Malicorn« geht es u.a. um Macht und Machtmissbrauch. Damit verkauft man natürlich keine Phantastik. Und es ist ja tatsächlich nicht so, als würde einem irgendeine ›Lehre‹ um die Ohren geschlagen. Das Buch beschreibt ein Abenteuer, das mit wechselnden Personen in zwei verschiedenen Welten stattfindet, in unserer (in der Jetztzeit in Irland) und in Talunys, einem mythischen Reich, zu dem die geheimen Zugänge auf einmal wieder offen sind.

In der Phantastik ist Magie eine feste Größe. Sir Terry Pratchett schreibt

»any sufficiently advanced magic is indistinguishable from technology«.

Anmerk Molo: Auf Deutsch etwa »Jede hinreichend fortschrittliche Magie ist von Technologie nicht zu unterscheiden«, was freilich eine sinnreiche Umkehrung von Arthur ›2001‹ C. Clarkes Gesetzt No. 3 ist: »Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.«

Damit gibt er dem Möglichen mehr Raum. Und er hat recht. Ein Flugzeug wäre einem Mittelaltermenschen als Magie erschienen. Und was uns magisch anmutet, mag wiederum nur eine Technik / Geistestechnik sein, die wir noch nicht ge- oder erfunden haben.

Was aber, wenn es in einer Welt Wesen gibt, die Magie beherrschen, und solche, die sie nicht beherrschen? Man kann schon davon ausgehen, dass es sehr schnell zu einer Zweiklassengesellschaft käme. Der Konflikt, der daraus entsteht, bietet mannigfaltige Möglichkeiten, ›Abenteuer‹ unterzubringen — auch in Harry Potter wird das schließlich thematisiert. Dennoch steht in keinem Klappentext:

Die Bücher von J.K. Rowling behandeln das Problem von Macht und Machtmissbrauch in einer modernen Gesellschaft, in der unterschiedlichen Menschen sehr unterschiedliche Technologien und Fertigkeiten zur Verfügung stehen, um Macht auszuüben und zu missbrauchen oder ein bestehendes soziales Gefüge so wie es ist zu erhalten, um die Rechte des Einzelnen zu sichern.

Mit dem Klappentext hätte niemand HP gekauft.

Ich mache mir also jetzt den Spaß und poste hier ein paar Klappentexte: alle für das gleiche Buch. Ich sage nicht, welcher es über den Verlag ins Internet geschafft hat, welcher auf dem Buchrücken steht oder welcher (meiner) in der Versenkung verschwunden ist:

Klappentext-Variation #1: »Abiturientin Una ist gerade von ihrem Freund verlassen worden, und statt des Party-Sommers in Spanien ist nun Urlaub mit den Eltern in Irland angesagt. Verständlich, dass sich Unas Begeisterung in Grenzen hält. Doch in Irland, der Insel der Mythen und Sagen, ist nichts unmöglich, und so findet Unas Langeweile bald ein Ende, als sie auf einer ihrer ausgedehnten Radtouren Kanura begegnet, der Una mit in seine Welt nimmt — die Welt der Einhörner und Nymphen. Dort entdecken die beiden nicht nur ihre Gefühle füreinander, sondern kommen auch einer Verschwörung auf die Spur, die beide Welten für immer zerstören könnte …«

Klappentext-Variation #2: »Nach Jahrhunderten bricht in der Welt Talunys erneut Krieg aus. Hier herrschen die friedliebenden Einhörner, das kunstsinnige Gestaltwandler-Volk der Tyrrfholyn. Im Kampf verschlägt es den Fürstensohn in die Menschenwelt, von wo er Una mit zurücknimmt. Una, eine emanzipierte, junge Menschenfrau mit Witz und Verstand, findet sich in einer Welt wieder, in der ein grausames Regime sich anschickt, alles zu unterwerfen, was es für minderwertig hält. Plötzlich geht es in diesem Krieg auch um ihr Leben und nicht nur um das eines Mannes, der sehr viel mehr ist als — einfach nur ein Mann.«

Klappentext-Variation #3: »Einst waren sie ein fester Bestandteil unseres Lebens, weise, friedvoll und verehrt: Einhörner. Doch sie verschwanden und wurden zur Legende. Das dachte auch Una, bis sie eines Tages an einer Quelle in Irland einem jungen Mann begegnet, der von sich behauptet, aus einer anderen Welt zu kommen und ein Einhorn zu sein. Bevor Una weiß, wie ihr geschieht, zieht er sie mit in sein Reich und damit in einen gefährlichen Kampf zwischen der guten Magie der Einhörner und der ihrer dunklen Gegner.«

Klappentext-Variation #4: »Irland hat Hunderte von gut verborgenen ›Heiligen Quellen‹. Seit der Christianisierung sind sie jeweils einem Schutzheiligen zugeordnet. Doch es gab sie schon vorher, und sie galten in jenen altkeltischen Tagen als Übergänge in die Anderwelt. In ›Die Quellen der Malicorn‹ sind sie das auch wieder, und die deutsche Touristin Una wird in eine andere Welt verschleppt, während mythische Wesen von dort nach Irland kommen. Gemeinsam mit Irene, einer irischen Musikerin aus Deutschland, und einer übriggebliebenen Göttergestalt des keltischen Mythos’ suchen sie nach der Lösung des Geheimnisses, das hinter all den rätselhaften und erschreckenden Ereignissen steckt.«

Lesern von 15 bis 95, so hatte der Verlag es sich gewünscht, sollte dieses Buch gefallen. Das ist eine eher weite Kategorisierung des Zielpublikums. Ich würde mich natürlich freuen, wenn ich den Geschmack eines so weiten Feldes getroffen hätte.

Ob das überhaupt geht? Und ob man all diese jungen und nicht ganz so jungen LeserInnen mit ein und demselben Klappentext ›kriegt‹, ist auch noch die Frage. Vermutlich hat der Verlag schon recht, wenn er etwas auf den Buchrücken schreibt, dass der ›großen Masse‹ am ehesten gefallen mag. Doch wer — um Himmels Willen — ist eigentlich diese viel zitierte große Masse?

Ich erlaube mir also zum Abschluss noch den üblen Streich, hier einen Klappentext zu verfassen, wie er vielleicht dem akademischen Bildungsbürgertum das gleiche Buch näher bringen und ihm gleichzeitig die Angst nehmen könnte, man würde das Abitur aberkannt bekommen, wenn man etwas liest (und auch noch zugibt!), in dem das Sagenhafte eine Rolle spielt. Ich weiß nicht mehr, welche deutsche TV-Liesl es war {Molos Link-Hinweis: ›Hust-hust‹}, die ihr wohlfundiertes Talkshow-Halbwissen dadurch aufwerten wollte, dass sie öffentlich erklärte, sie würde grundsätzlich nichts lesen, in dem so was wie Elfen, Hexen, Dämonen o.ä. vorkommen. Tja, Johann Wolfgang, da hättest du das mit dem Faust wohl besser lassen sollen. Das konnte ja nichts werden.

Klappentext-Variation #5: »Das Sagenhafte ist in uns angelegt. Seine Archetypen leben in unserer Seele und prägen unser Denken und Fühlen. Doch was, wenn sie einer fernen Realität entspringen und plötzlich und unvermutet in unser Leben treten? Die junge Deutsche, Una, macht Urlaub in Irland, als sich die Tore  zur Anderwelt — wie in der keltischen Mythologie — plötzlich öffnen. Das, was auf der anderen Seite ist, ist keine rosa Märchenwelt, sondern ein geteiltes Land, in dem es Krieg gibt, ein Reich mit unterschiedlichen Herrschaftsstrukturen, mit Rassismus, Unterdrückung und einer — ganz wörtlich — schweigenden Minderheit, die ihre Sprachlosigkeit als Rettung vorm Untergang versteht. Von einem Wesen verschleppt, das zugleich Mann und Einhorn ist und das dennoch so gar nicht dem christlichen Symbol für Reinheit entsprechen will, erfährt Una, dass man an seine Grenzen gehen kann und jenseits dieser Grenzen immer noch etwas ist, das schön sein mag oder grausam, das man überwinden oder an dem man zugrunde gehen kann.«

Viel Spaß beim Lesen von »Die Quellen der Malicorn«! Eure Ju Honisch

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Die bisherigen Stationen der Blogtour

Pratchett, Steward, Cohen: »Die Gelehrten der Scheibenwelt«, oder: Expeditionen in die Wirklichkeit der geschichtenerzählenden Affen

Eintrag No. 478

{Diese Rezension erschien ursprünglich in »Magira 2007 — Jahrbuch zur Fantasy«, Hrsg. von Michael Scheuch und Hermann Ritter. Hier exklusiv um einige weiterführende Links erweitert.
••• Hier gehts zum Trailer der Sammelrezi mit Introdubilo und Warentrenn-Überleitungen.}

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Ich weiß, ich weiß! Terry Pratchett ist einer der großen lebenden kapitalen Platzhirsche der Phantastik, vor allem der humoristsichen Fantasy, und da mittlerweile sogar öffentlich-rechtliche Sender[01] und überregionale Feuilletons und Buchmagazine bei Erscheinen eines neuen Pratchetts wohlwollend über den Scheibenweltschöpfer berichten, warum also hier in einem Fantasyjahrbuch ›unter Kennern‹ noch viele Worte über ihn und seine Bücher verlieren?[02]

Pratchetts Scheibenwelt hat sich seit 1983 zur einer der erfolgreichsten und prägendsten Fantasy-Institutionen entwickelt.[03] Als attraktivste Eigenheit der Entwicklung von Pratchetts Schreiben empfinde ich, wie er sich im Laufe der Jahre vom parodistischen Satiriker, der vornehmlich (allzu) liebgewonnene Eigenheiten der Genre-Fantasy genüsslich aufs Korn nimmt, zu einem humoristischen Moralisten entwickelte. Über den Kurs der (derzeit etwa) 40-ebbes Scheibenweltbücher zeichnet sich Pratchetts Auseinandersetzung mit geschichtlichen, gesellschaftlichen und philosophischen Problemen und Spannung immer deutlicher ab. Als markante Stationen dieses Erstarkens von Pratchetts engagierten Zeitgenossenschaftskommentaren verweise ich auf das Geschlechterrollengerangel zwischen Magiern und Hexen (»Equal Rites«, 1987), die Gräuel des fundamentalistischen Monotheismus (»Small Gods«, 1992), den Missbrauch von sowohl fremdenfeindlicher als auch Multikulti-Denke durch Diplomatie und Politik in Kriegszeiten (»Jjngo«, 1997). Eine thematisch-stimmungshafte »Verdüsterung« der Scheibenwelt hat sich endgültig ab »Night Watch« (2002) etabliert, immerhin werden hier Revolutionsunruhen, Bürgerkriegsmassaker und Serienmörderpathologien ausgebreitet. Anders ausgedrückt, schafft es Pratchett scheinbar so nebenbei, sich für seine Fantasywelt Epochen wie die Industrielle Revolution oder die moderne Konsum- und Mediengesellschaft als Material nutzbar zu machen. Entsprechend abwechslungsreich finden sich in den Scheibenweltbüchern die verschiedensten modernen Milieus ein, wird spielerisch-erzählend vorgeführt, wie die Identitäten von Minderheiten Eigenleben entwickeln, individuelle Weltbilder von der sozialen Einbettung geprägt werden, und wie schwer die Bemühungen (ja leider oft gewalttätig die Konflikte) um eine vermittelnde, umfassende Sicht auf die Wirklichkeit sind.

Pratchett gehört zudem einer (wie ich finde begrüßenswürdigen) Avantgarde der Fantasy an, da er sich nicht scheut wissenschaftliches Bildungsgut und die moderne Informationsgesellschaft deutlich erkennbar in seinen Fantasyweltenbau einfließen zu lassen, und das eben nicht nur, um nette kleine Kalauer auf die Tücken der Technik zu platzieren, oder gar um der Wissenschaft vorzuwerfen, dass sie sich vom Menschen hat missbrauchen lassen, und damit den schrecklichen Katastrophen des 20. Jahrhunderts (die beiden Weltkriege, Rassenhygiene und atheistische Gulags) förderlich gedient zu haben.[04] Das prominenteste Requisit[05] dieser erfreulichen Offenheit der Scheibenweltbücher für die tatsächlich stattfindende Moderne ist Hex, ein in »Soul Music« (1994) debütierendes Konglomerat aus Glasröhren, Ameisen und Magie, das als einfache mit Lochkarten betriebene Rechenmaschine anhob, und sich zu einer immer mächtigeren Denkmaschine und schließlich Großrechenanlage gemausert hat.[06]

Zur Reihe der »GELEHRTEN DER SCHEIBENWELT« selbst: Der erzählende Prattchet-Anteil[07] ist deutlich geringer als die Sachtextportionen von Jack Cohen[08] und Ian Steward (1945). Wer also zuvörderst neue Scheibenweltromane erwartet, wird vielleicht enttäuscht. Die Schreibenwelthandlung dient hauptsächlich als lockerers Korsett und kurzweilige Intermezzi des großen Sachbuchbogens. Steward und Cohen glänzen zwar oft durch ihren Schalk, aber verglichen mit dem Humorvirtuosen Pratchett erscheint ihre Kalauerei ab und zu ein wenig zu harmlos oder zu willkürlich. Wer wilde Bücher mit herumschlenkernden Habitus, z.B. solcher Sachbuchphantasten wie Robert Anton Wilson, Douglas R. Hofstadter oder Rudy Rucker mag, wird mit der stellenweise blumig-albernen Ideenjoungliererei von Steward und Cohen seinen Spaß haben. Was das Hin und Her zwischen Scheibenwelt-Novelle und Sachtext-Argumentation betrifft: Ich selber habe (beim ersten Mal) nicht gewagt, mich dem schwindelerregenden Wechsel auszusetzen, und habe die beiden Stränge jeweils für sich am Stück genossen.

Terry Prattchet, Ian Steward, Jack Cohen: »Die Gelehrten der Scheibenwelt«In der Erzählung des ersten Bandes der Reihe, »Die Gelehrten der Scheibenwelt«, beginnt alles mit Ponder Stibbons (Hex-Experte der Unsichtbaren Universität) Projekt der Spaltung des Thaums (= elementare magische ›X-Teilchen‹), gedacht als billige und effektive Energiequelle und Möglichkeit die Grenzen des Wissens zu erweitern. Da der Energieausstoß so gigantisch ist, dass er das Scheibenweltuniversum zu vernichten droht, leitet man die Energie in eine Glaskugel um, in der es keine Materie, keine Realität und, am wichtigsten, keine Magie gibt. Durch das neugierige Rummgefummel der Zauberer entsteht sozusagen als Unfall unser Universum. Die Zauberer haben ihren ›Videospielspaß‹ damit Materieklumpen aufeinanderzudonnern (= Sonnen zu schaffen), mittels des Schnellvorlaufs die aberwitzig langfristige Entwicklung des Universums auf etwa einen Monat zu verkürzen, und der allerweil hochstressierte weil überängstliche Zauberer Rincewind wird in einer Art ›Virtual Reality‹-Tauchanzug in unser Universum geschickt, um sich vor Ort genauer umzugucken. Die Zauberer verfolgen erstaunt das hartnäckig als Unwahrscheinlichkeit erscheinende Aufkommen von intelligenten Lebensformen. Andererseits drohen kosmische (es reichen auch globale) Katastrophen höhere wie niedere Arten mit Massenexitus. Das Buch klingt damit aus, dass die Scheibenweltgelehrten beobachten wie eine höhere Lebensform die Erde mittels eines Weltraumaufzuges verlässt, rechtzeitig bevor die nächste fiese Eiszeit zuschlägt.

Terry Prattchet, Ian Steward, Jack Cohen: »Die Philosophen der Scheibenwelt«In »Die Philosophen der Rundwelt« gibt es dann mit den parasitären Elfen und ihrer Königin richtige Bösewichter, die sich aus der Scheibenwelt in die Rundwelt eingeschlichen haben, um mit ihrer verführerischen und täuschenden Magie die Menschen in abergläubischer Ehrfurchtsdummheit dümpeln zu lassen und damit zu versklaven. Da die menschliche Gabe der Vorstellungskraft das empfindliche Einfallstor für die Elfenmagie ist, sorgen die Zauberer der Scheibenwelt bei ihrem ersten Rettungsversuch in der Steinzeit dafür, dass die Frühmenschen ihren Hang zum Aberglauben nicht entwickeln[09]. Dadurch aber bleiben die Menschen so beschränkt, dass sie sich nie über das kulturelle Niveau der Steinzeit hinaus entwickeln. Beim zweiten Rettungsversuch, diesmal zur Zeit der englischen Renaissance, trachten die Zauberer deshalb danach, mit der richtigen Art von Geschichten die Kreativität der Menschen über das anfängliche Maß hinaus zu steigern, um die Menschheit gegen die unheilbringenden Elfenverführungen zu immunisieren (wobei Shakespeare und sein Theater ›The Globe‹ eine entscheidende Rolle spielen).

Terry Prattchet, Ian Steward, Jack Cohen: »Darwin und die Götter der Scheibenwelt«Der dritte Band »Darwin und die Götter der Scheibenwelt« nimmt sich dann insbesondere die Evolutionstheorie vor, sowie die Kontroversen über sie, was nichts anderes ergibt, als ein gründlichen Exkurs über die Rivalität zwischen Wissenschaft und Religion. Die Gegner der Menschheit sind diesmal die Revisoren der Realität, ein Rudel ›himmlischer Bürokraten‹, die alle höheren Lebensformen hassen, weil die mit ihrer quirligen Umtriebigkeit nicht zum Ideal der Revisoren von einem wie ein perfektes Uhrwerk ablaufendes Universum passen. Durch die Eingriffe der Revisoren verfasst Charles Darwin statt seiner »Entstehung der Arten« eine »Theologie der Arten«, in der er darlegt, dass die Evolution von der ordnenden Hand eines Schöpfer geleitet wird. Leider führt das Werk zu einer stagnierenden Denkblockade der Menschheit, der Weltraumaufzug droht wieder nicht rechtzeitig zur gnadenlosen Eiszeit fertigzuwerden. Es kommt zu einem aberwitzigen Krieg der Zauberer gegen die Revisoren, in der beide Seiten wieder und wieder in den historischen Zeitenlauf eingreifen. Schließlich verschlägt es Darwin auf die Scheibenwelt, wo er seine Unschlüssigkeiten zur ihn selbst arg beunruhigenden Evolutionstheorie[10] im Gespräch mit dem Scheibenweltgott der Evolution überwindet.

Die Sachtextabschnitte erzählen vom Werdegang der wissenschaftlichen Durchdringung der Welt. Es gibt spannende Anekdoten über Forscher und Philosophen und ihre Heureka- und Homer Simpson-Momente. Berühmt-berüchtigte und nicht so bekannte Gedankenexperimente und Spezialmetaphern sprühen hier Funken und es wird (ziemlich aktuell) über den Stand von kontrovers verhandelten Fragen referiert. Löblich vor allem, dass Wissenschaft hier nicht als Hort absoluter Wahrheiten dargestellt wird. Immerhin, desto eingehender man sich mit irgendeinem wissenschaftlichen Thema beschäftigt, um so deutlicher wird, dass wir Menschen eben nicht genau wissen wie und warum etwas so oder so funktioniert oder beschaffen ist. In einem Podcast der BBC anlässlich des 100-jährigen Jubiläums von Albert Einsteins Publikations-Wunderjahr 1905, sprechen die drei Scheibenweltgelehrten munter über die Ambivalenz der Begriffe Technik und Magie[11], und dass die Phantasie ein eminent wichtiges Talent für jegliche Wissenschaft ist. Tatsächlich muss ja jeder Person, die nicht nicht hinreichend in die Mysterien der Technik eingeweiht ist, ein Mikrowellenherd, Lichtschaltermagie, Fernsehen und Telefon wie Zauberartefakte erscheinen. Banal umschrieben wurde Magie dann angewandt, wenn am Ende eines Prozesses augenscheinlich mehr Ergebnis / Produkt / Auswirkung geerntet wird, als man anfänglich Aufwand / Arbeit / Tat investiert hat. – Die Evolutionstheorie kann hierzu als Beispiel für konkurrierende Erklärungs-Phantasmen dienen. In ihren Rückzugsgefechten um die Deutungshoheit zur Beschaffenheit der Welt, berufen sich die fundamentalistischen Religiösen auf einen Schöpfergott (oder in kosmetischer Verschleierung: auf Intelligent Design), um hochkomplexe Hervorbringungen der Natur, wie das Auge oder den Menschen selbst mit seinem wundersamen Bewusstseinsvermögen, zu erklären. Solche Leute hängen ihre Argumentation an dem Himmelshaken ›Schöpfergott‹ auf, und Gott wird schlicht als wahr vorausgesetzt, basta.[12] Wissenschaftliche Denke aber ist zu der Erkenntnis gelangt, dass genügend Zeit und Variation in kleinteiliger, aufeinander aufbauender Krahnarbeit eben vollkommen ausreichen, um die wundersamen Höhen an Gestaltungsarbeit zu erreichen, als die wir Menschen uns selbst gerne wähnen. Und bezügliche menschlicher Selbsterhöhung hat mich der feinsinnigen Spott des Trios beeindruckt, wenn sie derartige allzumenschliche Schwächen bloßstellen und z.B. lausbübisch statt der selbstglorifizierenden Bezeichnung ›Homo sapiens‹ (Weiser Mensch) den – zumindest auch für mein Empfinden – zutreffenderen Begriff ›Pan narrans‹ (geschichtenerzählender Schimpanse) vorschlagen.

Abschließend ein paar Worte zur neuen deutschen Auflage der Reihe bei Piper-Taschenbuch. Gut übersetzt von Andreas Brandenhorst (Pratchett) und Erik Simon (Cohen & Steward); erfreulich, dass die Paul Kidby-Illustrationen für die Umschlagszier übernommen, und die Reihe schön einheitlich gestaltet wurde. Ein Ärgernis aber ist das Papier, bzw. die Untugend, durch schweres und dickes Papier das Volumen von Büchern künstlich aufzublähen.[13] Die englischen Taschenbücher kann man in der Gesäßtasche einer Jeans mitnehmen, für die deutschen Ausgaben braucht’s schon mindestens Military- oder Baggy-Klamotte mit großen Beintaschen. Zudem finde ich es betrüblich, dass die ausführlichen Stichwort-, Namens- und Werksregister der Originalausgaben nicht übernommen wurden. Nur schwachen Trost spendet da der bibliographische Anhang mit weiterführende Lektüre des dritten Bandes. So lästig diese Makel auch sind, mindern sie nicht die einzigartige Bereicherung, die diese Reihe Wissbegierigen zu bescheren vermag.

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»Die Gelehrten der Scheibenwelt« (»The Science of Discworld 1«) engl 1999, erweitert 2002; 528 Seiten; Piper Taschenbuch 2006; ISBN: 3-492-28616-X
»Die Philosophen der Rundwelt« (»The Science of Discworld 2 – The Globe«) engl. 2002; 478 Seiten; Piper Taschebuch 2006; ISBN: 3-492-28624-6
»Darwin und die Götter der Scheibenwelt« (»The Science of Discworld 3 – Darwins Watch«) engl. 2005; 430 Seiten; Piper Taschenbuch 2006; ISBN: 3-492-26622-3
Alle drei Bücher übersetzt von Andeas Brandenhorst (Pratchett), Erik Simon (Steward & Cohen) und mit Titelbildern von Paul Kidby.

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ANMERKUNGEN:

[01] Beispielsweise das ZDF in der »Aspekte«-Sendung vom 08. September 2006 zum Erscheinen von »Thud!«:

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[02] Zu Pratchett siehe auch »MAGIRA 2003«: »Welt und Spiegel aller Welten« von Lydia Eslinger, S. 267; Carsten Kuhr über »Der Zeitdieb«, S. 327. –/– »MAGIRA 2004«: Erik Schreiber über »Rettet die Rundwelt«, S. 252. –/– »MAGIRA 2004«: Michael Scheuch über die Hörbücher von »Gevatter Tod« und »Wachen! Wachen!«, S. 301. –/– »MAGIRA 2006«: Michael Scheuch über die Hörbücher von »Ein Hut voller Sterne« und »Pyramiden«, S. 405, 408. ••• Zurück
[03] Der moderne Volksmund der Engländer mutmaßt z.B., daß die Eisen-, S- und U-Bahnen auf der Insel dem ungeschriebenen Gesetzt folgen, daß kein Zug losfahren darf, ehe nicht mindestens ein den neuesten Pratchett lesender Fahrgast anwesend ist. ••• Zurück
[04] Menschen haben Menschen gedient, und sich bei Planung und Durchführung der Technik bedient. ••• Zurück
[05] Vielleicht doch genauer: der ›prominenteste Charakter‹? ••• Zurück
[06] Die Portrait-Skizze von Paul Kidby in dem prächtigen Bildband »Die Kunst der Scheibenwelt« (Heyne, 2006) läßt als Bestandteile von Hex u.a. erkennen: einen skeletierten Widderschädel; eine Tastertur mit Hebeln und kleinen Lochkartensteckschlitzen, nebst einem A4-Schreibfederplotter; einen Teddybären; ein nacktes, verknicktes Regenschirmgestell an dem Fische hängen; ein etwas schlapper Wasserball; ein Glockenwindspiel; eine wabbelige Dali-Kuckucksuhr; ein Aquarium; ein Miniatursteinkreis; ein traditionell-geflochtener Bienenkorb; eine Sanduhr an einer kräftigen Federwage; eine Mondphasenuhr, viele viele Zähnräder verschiedenster Größe und das allem zugrundeliegende ameisendurchwuselte (›Anthill inside‹) Gewirr aus Glasröhren, Retorten und Kolbenflaschen. ••• Zurück
[07] Etwa 30% in Band 1 & 2 und 25% in Band 3. ••• Zurück
[08] Ich muß einfach auf Jack Cohens »X-FILES« und »MILLENIUM«-Connection hinweisen. Neben vielen anderen Tätigkeiten arbeitet Cohen als Berater für die Filmindustrie, z.B. wenn möglichst realistische Aliens entwickelt werden sollen. Cohen hat die TV-Leute wohl gehörg beeindruckt, denn der durchgeknallteste Drehbuchautor der für die beiden Serien schrieb, Darin Morgan, hat mit der Figur des SF/Sachbuchautoren Jose Chung eine zum Kringeln lustige Homage auf Cohen geliefert, zu genießen in »Andere Wahrheiten« (»X-FILES«, Staffel 3, olge 20) und »Die Phantasien des José Chung« (»MILLENIUM«, Staffel 2, Folge 9). ••• Zurück
[09] Die schönste mir bekannte Klage über Aberglauben findet sich in Caesars erstem Tagebuchbrief an Lucius Mamilius Turrinus aus Thornton Wilders »Die Iden des März« (1948):
Dem Paket dieser Woche schließe ich ein halbes Dutzend jener unzähligen Berichte bei, die ich als Pontifex Maximus von den Auguren, Wahrsagern, Himmerlsbeobachtern und Hühnerwerfern erhalte. Was ist zu tun? Ich habe diese Last von Unsinn und Aberglauben geerbt. Ich regiere unzählige Menschen, muß aber anerkennen, daß ich von Vögeln und Donnerschlägen regiert werde. Das hemmt und hindert häufig die Staatsführung. {…} Vor allem wird durch diese Observanzen der wahre Lebensgeist im Gemüt des Menschen angegriffen und untergraben. Sie gewähren unsern guten Römern vom Kehrichtfeger bis zum Konsul ein unbestimmtes Gefühl der Zuversicht, wo es keine Zuversicht gibt, und flößen ihnen gleichzeitig eine Ängstlichkeit ein, die weder zum Handeln anspornt, noch den Geist erfinderisch macht, sondern nur lähmt. Mit den anderen Feinden der Ordnung läßt sich fertigwerden.

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[10] Apropos: Eine alternativ-historische Fantasy-Auseinandersetzung mit der vielleicht großartigen Idee aller Zeiten, der Evolutionstheorie, legte der von mir letztes Jahr für »Aether« (»The Light Ages«) gelobte Ian R. McLeod 2005 mit »House of Storms« vor. ••• Zurück
[11] Zum Übersicht der Podcast-Reihe »Relatively Einstein« der BBC. ••• Zurück
[12] Etwas origineller ist das Manöver der transzendenten Metaverkettung von Himmelhaken. Wenn der buchstäblich im Nichts hängende Himmelshaken an einem übergeordneten Himmelhaken befestigt ist, und dieser wieder an einem noch höheren Himmelshaken … ad infinitum. ••• Zurück
[13] Auch der Heyne-Verlag ließe sich da wegen seiner Aufbereitung der »WÄCHTER«-Tetralogie von Lukianenko rügen. Legt die gewichtige Mehrheit der (womöglich überwiegend jugendlichen, leichtblendbaren?) Leser tatsächlich Wert auf solche ›Ich tu so, als ob ich dicker (= wichtiger? seriöser?) wär‹-Ausgaben? Ist das so ein haptischer Fetischismus? Bestehen richtige Genre-Leser womöglich auf derartig aufgeblähte Mimikri-Ziegel? ••• Zurück

Wissenschaft und Fantasy

Eintrag No. 437Frank Weinreich, Autor der erfeulichen Einführung zur »Fantasy«, hat für die Phantastik-Couch unter dem Titel »Äxte am Stamm der Moderne — Fantasy und Romantik« einen lockeren und lesenswerten Essay geschrieben. Unter anderem reagiert er dabei auf das Buch »Romantik« von Rüdiger Safranski.

Im dazu erblüten Thread »Fantasy — Stiefbruder der Romantik« der »Bibliotheka Phantastika« geht man den Banden zwischen Romantik und Fantasy nach und sinniert u.a. über den (vermeindlichen) Gegensatz von Wissenschaft & Magie, von Moderne und Fantasy.

Vor allem meine Lektüren von China Miévilles Bas-Lag-Romanen (z.B. »Perdido Street Station« und »Der Eiserne Rat«), Neal Stephensons »Barock-Zyklus« und Susanna Clarkes wunderbaren Fantasygeschichten die in der Regency-Epoche angesiedelt sind, haben mich in den letzten Jahren heftig über solche Fragen grübeln lassen.

Hier auch für die Molochronikleser meine Ergenisse des Google-Orakels zum Thema.

Und ganz allgemein erhellend zum Thema sind die »Fantasy World Building Questions« von Patricia C. Wrede.

Ebenfalls sehr ertragreich und abseits des üblichen Fantasy-Mainstreams (wo, zumindest meiner Wahrnehmung nach, eine gewisse romantische Affinität für Magie und Neuheidentum vorherrscht) ist die Reihe »Die Gelehrten der Scheibenwelt« von Meisterfabulator Terry Pratchett und der Wissenschaftler Ian Steward & Jack Cohen. Meine Rezi dazu wird erst in den kommenden Monaten hier eingepflegt (hier derweil mein Trailer). Bis dahin bleibt nur, entweder das aktuelle »Magira — Jahrbuch zur Fantasy 2007« zu lesen, oder auf diese exzellente Besprechung von Andreas Müller beim Humanistischen Pressedient auszuweichen.

Vorschau auf Molos Rezis in MAGIRA 2007 (mit Portraits)

Eintrag No. 411

Jetzt im Oktober erscheint zum siebten Mal »Magira – Jahrbuch zur Fantasy«, herausgegeben von Hermann Ritter & Michael Scheuch. Weil die Manuskripte von mir Ehren-Legastheniker sicherlich Zumutungen für jede Redaktion und Korrekturlesertruppe sind, ist es angebracht, daß ich den ehrenamtlichen Korrekturleser(n)Innen ganz demütig Danke! (Ich verbeuge mich herzlich grüßend vor Margit M. und Thomas G.!) Und Krischan S. hat sich wie immer heldenhaft mit den Scans meiner Portrait-Skibbels herumgeschlagen. Zu Dank verpflichtet bin ich auch meinen Habereren der verschiedenen Phantastik-Foren, in denen ich mich herumtreibe. So manche Wendung, Idee oder Einsicht, die Eingang in meine Sammelrezi fand, verdanke ich dem tastengeklapperten Tratsch mit Euch!
Wie schon in den vergangenen Jahren, gibts hier als Trailershow eine Übersicht meiner diesjährigen Empehlungen, die mit einiger Höflichkeitsverzögerung ab Anfang 2008 auch Stück für Stück in die Molochronik eingespflegt werden.
Aussicht auf 2008? Gerne will ich mal was anderes ausprobieren. Vielleicht eine Mischung aus Story, Rezi und Essay; vielleicht etwas, mit vielen kleinen Illus (so wie die TB-Ausgabe der Balzac'schen »Tolldreisten Geschichten« mit den Illus von Gustave Doré) … mal schaun.
Im Folgenden nun das »Introdubilo« und die Überleitungsabschnitte meines ca. 13.000 Worte langen »Magira 2007«-Beitrages.

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GUT GELAUNTE PHANTASTIK-EMPFEHLUNGEN DES LEKTÜREJAHRES 2006/2007
Da der Spielraum der Sinne enger ist als der Phantasie: so entsteht die Täuschung, dass wir uns jene nur in den Ketten des Körpers und diese nur in den Zügeln des Willens denken, da wir doch ebensowohl in einem fort phantasieren als empfinden müssen. {…} So zieht das Fernrohr der Phantasie einen bunten Diffusionsraum um die glücklichen Inseln der Vergangenheit, um das gelobte Land der Zukunft. {…} Noch größer ist die phantasierende Kraft, wenn sie auswärts reicht und die Gegenwart selber zum Marmorblock oder Teige ihrer Gebilde macht.

—Jean Paul (1763-1825), »Über die natürliche Magie der Einbildungskraft«[01]

Dicke, teilweise erschreckend anspruchsvolle Bücher, bzw. flotte Mehrteiler, haben mich im vergangenen Jahr in ihren Bann gezogen. Meine Eingeschüchtertheit vor einigen dieser Werke kann ich gar nicht übertreiben, und wieder mal[02] wurde ich heftig angestubst, mich mit Fragen über das Wesen der Phantastik im allgemeinen und insbesondere der Genre-Schublade Fantasy zu beschäftigen.

Streck- und Lockerungs-Übung: Wie lässt sich möglichst einfach erklären, was Phantastik eigentlich ist? Das Wort kommt ja aus dem Griechischen und bedeutet in etwa »erscheinen lassen«, »sehen lassen«. Gemeint ist, dass ein »Absender« durch Mitteilungen (»Medien«) beim »Empfänger« eine möglichst anschauliche Vorstellung hervorruft. Primitivstes Beispiel das mir dazu einfällt: ein der Sprache noch nicht mächtiges Kleinkind schreit und deutet auf sein geliebtes Stoffhäschen, und z.B. die große Schwester entschlüsselt diese Äußerung und bringt dem Kind das ersehnte Häschen. Oder nehmen wir Trunkenheit. Hält man sich an exakte Vermessungsmethoden, dann kann man den Grad seiner Trunkenheit »ganz nüchtern« in Zahlen ausdrücken, indem man das Mischverhältnis Blut/Alkohol ganz streng benennt: »Gestern hab ich heftig schwer gebechert und als mich der Herr Wachmeister in Röhrchen blasen ließ, zeigte das Gerät, dass ich mit 2,4 Promille unterwegs gewesen bin« (= wissenschaftlich-amtlicher Phantastik-Modus). Wer keine Ahnung hat von diesem Promillezeugs hat, kann ausweichen und sich helfen, indem die einverleibten Getränke aufgezählt werden: »Ach ja, gestern waren's fünf Weizen, drei Korn und zum Schluss noch ein Tequila« (= pragmatischer Modus). Schließlich kann man auch völlig blumig-skladische Umschreibungen verwenden, um den alkoholisierten Bewußtseinszustand kneipenpoetisch zu umschreiben: »Gestern abend haben wir so heftig gesoffen, dass wir einigen Bergen die Gipfel abgebrochen haben« (= umgangssprachlicher Modus[03]). Diese letzte Variante ist zwar total ungenau im Vergleich zu den ersten beiden, aber dennoch: man kann sich ein lebhaftes Bild davon machen, wie trunken durch die Gegend getorkelt wurde.

Das Pro und Contra zur Phantastik lässt sich im Grunde auf Deutungshoheitrangelein darüber zurückführen, welche Sprachgepflogenheiten, Bilderwelten, Vorstellungskonventionen und Denkkonstukte als zulässig bzw. unzulässig gelten sollen. Bei kontroversen Gesprächsrunden muss man meist nicht lange warten, bis jemand empört den Satz äußert: »Das kann man so nicht sagen!«. Unsere Sinneswerkzeuge können halt nur einen leidlich kleinen Ausschnitt des unendlich chaotischen Teiges der Echtweltwirklichkeit erfassen, und unsere Bewusstseins- und Denkorgane backen aus den handlichen Teigbröcken dann mundgerechte Impressions- und Erinnerungsbrötchen. Und weil wir Menschen nun mal derart beschränkt und (vor allem) zu fibbrig sind, als dass wir in das Wittgenstein'sche »Schweigen, worüber man nicht sprechen kann« verfallen wollen, hat die Menschheit aus unzähligen konkurrierenden Phantasma-Steinen und Metaphern-Verstrebungen einen Kommunikations-Turm zu Babel errichtet.

Die folgenden Titel meines zurückliegenden Lektürejahres haben alle mehr oder minder heftig mit nichts weniger als diesem vielgestaltigen Turm zu tun. Auf meinen ersten drei Stationen bereiste ich England, womöglich das Mutterland der modernen Phantastik, und mit vergnügten Eifer studierte ich Tom Shippeys Ausführungen über Tolkien; bewunderte die ungewöhnlich elegante Magie des Romandebuts und der versammelten Kurzgeschichten von Susanna Clarke; bestaunte hingerissen, wie die Gelehrten der Scheibenwelt unsere Rundwelt-Wissenschaft und -Kultur in einer ungewöhnlichen Novellen/Sachtext-Reihe bespiegeln, und im zeitgenössischen Russland entspannte ich mich von dermaßem viel Bildungsanstrengungen, indem ich meine Gaudi damit hatte, wie Sergei Lukianenko Fantasy, Horror und Poproman zu einem zwielichtigen Prosacomic vermengte.

Ich beginne mit einem J. R. R.-Schlenker (da ich auch mit Tolkien abschließen werde). Sein »Der Herr der Ringe« ist ja eines dieser Bücher, das dem Vernehmen nach von seinen begeistertsten Lesern immer und immer wieder, womöglich zur alljährlichen Besinnung und Erbauung gelesen wird[04]. Bei mir haben die folgenden voluminösen Brocken ‘ne gute Chance, genauso zu einer solchen (mehr oder weniger) regelmäßig-bereichernden Vergewisserungslektüre zu werden.

Neal Stephenson: Der »BAROCK-ZYKLUS« (I. »Quicksilver«; II. »Confusion«; III. »System of the World«) —oder: »It's the economy, stupid« … neben, ach, vielen vielen anderen Dingen.

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Wie locker oder verkrampft Phantastik betrieben und gehandhabt wird, hängt meiner Ansicht nach entscheidend davon ab, wie ruppig-leidgeprägt oder segensreich-glatt ein Kulturraum die Groß-Umwälzungen der Zeitenwende zur Moderne erlebte und empfand. Der Anglist Dietrich Schwanitz (1940-2000) schreibt dazu[05]:

»Während die Modernisierung {die Epoche des Übergangs von einer ständisch geprägten Gesellschaft zu einer modernen, funktional differenzierten Gesellschaft} in Deutschland die Gestalt einer finsteren Tragödie annahm, ist die englische Kulturgeschichte bei allen Kosten und Krisen im Vergleich zur deutschen eine Glücksgeschichte – und das heißt eine Comedia Anglica«.

Von allen internationalen Strömungen der Phantastik, ist mir die englische schon früh als besonders verführerisch und ergiebig nahegekommen. Es ist mir deshalb ein besonderes Vergnügen, mit einiger (hoffentlich verzeihbarer) Verspätung nun eine Autorin ausführlicher für MAGIRA zu besprechen, die sich ebenfalls dieser großen Zeitenwende widmet.

Susanna Clarke: JONATHAN STRANGE & MR. NORRELL« / »DIE DAMEN VON GRACE ADIEU« —oder: Ein edles Tröpfchen des berauschenden Weins der Magie.

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Oh je, die böse »Entzauberung der Welt«! Auch wenn sich hinter diesem Schlagwort von Max Weber eine tiefsinnige Reflexion zu dem sich über lange Zeit erstreckenden Intellektualisierungsprozesses der Menschheit, von dem der wissenschaftliche Fortschritt nur ein Teil ist, verbirgt, habe ich mir diese Sicht der Dinge, diese heftige Klage über ein Zuviel an Desillusionierung und ›Ent-Täuschung‹ niemals wirklich zu eigen machen können. In unseren gegenwärtigen Zeiten eines unseeligen »Kampfes der Kulturen« wird diese Klage wieder vermehrt in den verschiedensten Formen vorgebracht, und tritt zum Beispiel als Reibung zwischen religiös-spiritueller und wissenschaftlich-naturalistischer Weltauffassung zutage. Während die einen vom begrüßenswerten, weil notwendigen, Wiedererstarken des Religiösen sprechen, gehen andere kritisch bis hart mit den Religionen ins Gericht und grenzen sich z.T. heftig gegen Mumbojumbo jeglicher Coleur ab.

Pratchett, Steward, Cohen: »DIE GELEHRTEN DER SCHEIBENWELT« —oder: Expeditionen in die Wirklichkeit der geschichtenerzählenden Affen.

Diese Reihe besteht (bisher) aus drei Titeln: »Die Gelehrten der Scheibenwelt«, »Die Philosophen der Scheibenwelt« und »Darwin und die Götter der Scheibenwelt«.

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Die Übergänge zwischen dem, was man als »Realismus« preist, und dem was man »Phantastik« schimpft sind ja meistens fließender, als auf Dauer bequem ist. Schlicht um nicht durchzudrehen, sparen sich Menschen deshalb üblicherweise, ihre stillschweigenden Annahmen, Übertreibungen und Vereinfachungen die Wirklichkeit betreffend auszubreiten., aber es reicht schon, kurz irgendeiner langfristigen gesellschaftlichen Auseinandersetzung Aufmerksamkeit zu schenken, um das Knacksen und Rumpeln plattentektonischer Weltbild-Spannungen zu hören. Ziemlich nichtig ist freilich so eine Frage, wie man sich einen »idealen Apfel« vorstellt (grün oder rot), aber bei folgenden Angelegenheiten wird's dann brenzlig: ob Geschlechterrollen biologisch oder durch kulturelle Gepflogenheiten bestimmt werden; ob der Verlauf zivilisatorischer Entwicklungen zyklisch, aufsteigend, irgendwas dazwischen oder völlig anders geartet ist; wie man mit den Widersprüchlichkeiten zwischen solchen Werten wie Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit umgehen soll; wie man sicher sein kann, was Gut und Böse ist. Das klingt jetzt vielleicht ganz schon heavy, aber die nächste Station meiner Lektürereise führt unterhaltsam vor, wie solche Probleme sich auch mit kurzweiliger Abenteuerprosa umkreisen lassen.

Sergeij Lukianenko: DIE »WÄCHTER«-TETRALOGIE —oder: Von den Einen, den Anderen und den ganz Anderen.

Diese Reihe besteht aus vier (no na, deswegen ja Tetralogie) Büchern: »Wächter der Nacht«, »Wächter des Tages«, »Wächter des Zwielichts« und »Wächter der Ewigkeit«.

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Zum Ausklang nach soviel ›englischer Extrentrik‹ und russischem Gemütskolorit, nun eine Rückbesinnung anhand eines Sekundärwerks, dass keinen geringeren Gegenstand behandelt, als den großen (unfreiwilligen) Initialzünder der (auch von mir) oftmals so schmählich beäugten modernen »Feudalismus-Light«-Fantasy.

Tom Shippey: »J. R. R. TOLKIEN – AUTOR DES JAHRHUNDERTS« —oder: Über das Menschenrecht auf Phantasie.

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ANMERKUNGEN:

[01] Aus der dritten Abteilung von »Quintus Fixlein, Hanser 1975, Band 7, S. 195ff. ••• Zurück
[02] Siehe meine »Launischen Eempfehlungen…« in »Magira 2006« zu Büchern von Tobias O. Meissner, Neil Gaiman, Ian R. MacLeod, China Miéville und Jeff Vandermeer. ••• Zurück
[03] Gehört an einem Frankfurter Poetenstammtisch. ••• Zurück
[04] Zum Beispiel:
»Vint Cerf aus Kalifornien {Anfang der 80ger einer der Entwickler des Internet-Verbindungsprotokolls TPC und z.B. Vorstandsvorsitzer der ICANN. – Molo}, der sich selbst als Nerd bezeichnete und sich jedes Jahr ein paar Tage freihielt, um wieder einmal den »Herr der Ringe« zu lesen, ist einer der wenigen Männer, die sich wirklich als Väter des Internets bezeichnen können.«

Aus: »Das Lächeln der Medusa – Die Geschichte der Ideen und Menschen, die das moderne Denken geprägt haben« von Peter Watson; GEO/C. Bertelsmann, S. 1048. ••• Zurück

[05] Dietrich Schwanitz: »Englische Kulturgeschichte«, Eichborn 1996; Seite 9 und 10. ••• Zurück
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