Aussterben — Eine edle Kunst
(Gesellschaft) — Die Deutschen sterben aus, werden zur Seltenheit. Darüber sind einige Programmatiker und Placebopolitiker entsetzt. Das Volk vögelt, aber es ist dabei zu unchristlich und will nur Spaß & Erholung. Ein ›guter Fick‹, so die verbreitete Meinung, ist ein solcher, bei dem man sein Weibchen nicht befruchtet.
Persönlich fand ich es bereits als junger Teen grotesk, was für ein sorgfältiges Gewese z.B. um Moped- und Autoführerschein gemacht wird, sich aber jeder Dolm und jede Dolmin ungeprüft reproduzieren dürfen. Winkel von Dachschrägen (selbst von Hundehütten) bei Neubauten werden hierzulande genauer in Augenschein genommen, als die Fortspflanzungstauglichkeit und pädagogische Befähigung von Theo Mustermann und Ließchen Müller.
Warum haben so viele keine Lust mehr das deutsche Volk zu vermehren? Vielleicht aus dem selben Grund (nur invertiert), warum so viele Deutsche unegwillt sind, dunkelhäute und exotische Menschen aus dem Ausland schnell und unkompliziert als Deutsche anzuerkennen. Da funken der Masse bei uns halt diese ›Kulturnation‹-Mythen durchs Blut und Hirn.
Ich denk mir, zum einen vielleicht, weil als Volk freiwillig auszusterben wohl eines der edelsten Großunternehmen ist, dessen sich ein kulturell als zusammengehörig deklariertes Gemensche hingeben kann. Die wohl wahrscheinlichere tragisch-praktische Ursache aber dürfte sein, daß Kinder Verantwortung mit sich bringen. Kurz und deutlich (wird aber in den Medien nie so vbeim Namen genannt): Kinder machen enorm erpressbar. Und zudem gehts ja alles andere als sozial gerecht zu bei uns. Schulen sortieren immer noch mehr die Bälger gemäß des Status und Wohlstandes. Wer kann sich schon seinen Optimismus bewahren, wenn er ein enges Leben führt um seine Kinder groß zu ziehen, nur um zu erleben, wie Bälger der ›Vitamin B‹-Schichten bevorzugt werden. — Tja, da klopf ich allen Generationsgenossen und -Genossinnen die wie ich an der Fortpflanzungsfront streiken kammeradschaftlich auf die Schulter. Sollen doch die Reichen und Schönen wieder Orgelpfeifensippen generieren, wenn sie die deutsche Kulturnation erhalten wollen. Vielleicht sind bald die Entscheidungsmächtigen verzweifelt genug und stellen für ein Dutzend selbstgeugter Kinder die Verleihung der Adelswürde in Aussicht. So gäbe es dann neben dem soldatischen und dem Beamten dann die Sparte des Kinderadels, was ja eine nette Aussicht ist. — Leider die einzige optimistische, die ich diesem Thema abgewinnen kann.
yiyippeeyippeeyay
S. http://www.bildblog.de/?p=1224
Vielleicht leben wir uns ja nur aus... Außerdem bleibt den Hedonisten unter uns ja immer noch die Adoption im höheren (verantwortungsbewussteren) Alter - in Südafrika gibt's z.B. viele AIDS-Waisen, die sich auf etwas elterliche Liebe, wenn auch der derb-trockenen deutschen Art, evtl. freuen würden.
molosovsky Besitzerin
… auch wenn ich sagen muß, daß es gut wäre vorher ein bischen den Beton zur Seite zu kehren. Den Titel »Weltmeister im Bodenversiegeln« hält ja (soweit ich weiß) der bayerische Landstrich in dem ich aufgewachsen bin.
Zudem fürchte ich, daß was die Vertracktheit der Bürokratie betrifft, das Kinderadoptieren hierzulande kein unkomplizierters Zuckerschlecken ist.
gosseratz
Sind schon ganz andere Kulturen untergegangen/ausgerottet worden.
Wer hier mehr Kinder will, sollte schauen ob man nicht an den Rahmenbedingungen schrauben kann (Kindergeld, Kindergartenplätze, dreimilliarden Möglichkeiten für schöne Experimente) und nicht über die Fortpflanzungsfaulheit jammern.
Mir ist das völlig wurscht ob in hundert Jahren noch Deutsche existieren oder nicht. Die Gene sind doch sowieso schon in aller Welt verteilt, worüber also Sorgen machen?
{Format-EDIT durch molosovsky und aus dem ersten Satz ne Überschrift gemacht, damit es die Spalten nicht zerschießt.}
molosovsky Besitzerin
Oder so könnte man das als Frage auf die Spitze treiben. Die Gene wollen rummblubbern und sich in ihrem bioloigisch-evolutionären Tanz verbessern. Funken halt so Meme-Großbazillen rein, wie ›Rasse‹ oder ›Volk‹ oder ›Kulturnation‹, die nach ihren idealistisch-abstrakten Kriterien die Biomasse zu dirigieren trachten.
Genau darum gehts. Im Infozeitalter heißt die beste Werbebotschaft einer Nation: Hier kannst Du Deiner privaten Spiritualität nachgehen, Dich mit den Deinen entfalten, denn viele unterschiedliche mit diesem Grundbedürfnis leben hier friedlich neben- und miteinander, weil's allen soweit gut geht, daß man sich nicht animalisch goscht. Hier ist Wertschöpfung und damit Verwöhnungsversorgung keine so irr schwere Sache, denn das Dienst leisten für ersteres ist interessant und leicht und die Verteilung von zweiterem transparent und gerecht. Kinder kriegen und großziehen ist bei uns ein angenehmes Abenteuer.