molochronik
Samstag, 11. August 2007

Über die neuen Kolonialkriege

(Eintrag No. 396; Neo-Mythen, Großraumphantastik, Geschichtenerzählen) — Mit einer Verspätung, wie ich sie mir als Blogger leisten darf, möchte ich sozusagen als Wort zum Sonntag auf folgenden Artikel aus »Le Monde Diplomatique« (Ausgabe November 2006) aufmerksam machen: »Eine gute Story – Die Macht ist mit dem, der die beste Geschichte erzählt«

Menschen und erst recht Menschengruppen denken nicht in Fakten, sondern in durch Erfahrung, Gefühl, Vorlieben und Abneigungen geprägten Zusammenhängen, kurz: in Geschichten. Für die größte Geschichtenform kennen wir den Namen ›Mythen‹. Der ganze Großphantastik-Zwist, den wir in den letzten Jahren erleben — vom Zusammenprall der Ziviliationen, über die Konkurrenz von Offenbahrungs-Meinungen und Erkenntnis-Wahrheiten bis hin zum Menschenbild verschiedener makroökonomischer Schulen — dreht sich im Grunde darum, wer mit seinen Erzählungen mehr Bewußtseine auf seine Seite zieht. Dabei geht es eben nicht darum, wer die besseren Argumente oder gar Fakten für seine Sicht der Dinge aufbringen kann, sondern leider nur darum, wer mehr Köpfe faszinieren kann, sprich: mit seinen Vorstellungen kolonisieren kann. Was im Artikel nicht erwähnt wird, ist der meiner Meinung nach stattfindende Paradigmenwechsel weg von Plausibilität hin zu Immersion.

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