Neu-York, oder »Berlin am Hudson«
(Eintrag No. 458; Woanders, Kunst, Alternativwelt) — Man stelle sich vor, dass die Nazis nicht nur in Europa gesiegt (wie das wäre, kann man z.B. im Alternativwelt-Krimi »Vaterland« {1992} von Robert Harris lesen), sondern auch jenseits des Atlantiks Nordamerika eingeheimst hätten ins Roich.
Die Künstlerlin Melissa Gould hat sich dazu am Beispiele eines ›Neu-Yorks‹ en detail alle Mühe gegeben diese ›schauderhafte kontrafaktische Vorstellung‹ zu veranschaulichen. Sie hat alte Karten von New York genommen und die tatsächlichen Namen durch Bezeichnungen alter Karten von Berlin ersetzt.
Das ist dann…
…eine Erforschung psychologischer Verfrachtung, Orte, Fehlplatzierungen und Gedenkinhalte. Diese Neu-Imaginierung der Stadt spielt mit der Vergleichbarkeit und dem Nicht-Wiedererkennen, ergründet so die Gleichzeitigkeit von Vergangenheit und Zukunft, von Fiktion und Wirklichkeit.
Stegreif-Übersetzung von Molo.
Hier zur Seite des Projekts »Neu-York«, mit 21 Detailansichten, Projektbeschreibung, einem Englisch-Deutschen und Deutsch-Englischen Index, Gästebuch und der Möglichkeit einen Druck der Karte zu kaufen (derzeitiger Preis: 2500 US$).
Gefunden im »Strange Maps«-Blog; darauf aufmerksam geworden durch Neil Gaiman.
wolfster
Die ist gut, ne? Hab ich auch gerade gebloggt. Aufschlussreicher Beitrag - bringt in aller Kürze ein paar Sachen, die mir glatt entgangen sind.
molosovsky Besitzerin
und tausend Dank, wolfster, mir bescheidgestoßen zu haben! — Ein Wahnsinns-Blog habt ihr ja da drüben, mit einer wunderbaren ausführlichen Linkiste und überhaupt einer dollen Idee: »Moby-Dick« zu mehrert lesen und die verschiedenen Schiffsraumtypen als Grundnavigation für ein Gruppenblog zu nehmen. ›Hut ab‹, bzw. ›Leinen los‹! — Ich selber bin ja derzeit bei Kapitel 47 (»Die Mattenweber«) des großen Buches von 1851.
jessebird
...was Alternativ-Welten-Romane angeht, in denen die Nazis den 2. WK gewonnen haben - der Klassiker (denke ich) ist »Das Orakel vom Berge« von Philip K. Dick. Dort ist dann tatsächlich auch Amerika besetzt, aufgeteilt zwischen Deutschen und Japanern. Bin im Moment nicht ganz sicher, wem New York gehört, aber ich glaube, es ist deutsch. Tolles Buch…
molosovsky Besitzerin
Danke für die P.K. Dick-Ergänzung, jessebird.
Das Thema treibt mich ja schon seit jeher um.
Spätestens seit der Zeit, als ich mich als 13-, 14-Jähriger selbst ausführlichen Gedankenspielen (genauer: Gedankenreisen) in die Zeit des Dritten Reiches hingab, bei denen ich überlegte, was ich wohl getan hätte, damals. (Ich hätte natürlich Indiana Jones und nicht dem Obersturmbandführer Kroenen vom ›Projekt Ragnarok‹ beigestanden.)
Wenn wir schon dabei sind: unbedingt empfehlens- und deshalb hier auch erwähnenswert ist noch das (bisher ernsteste) Buch vom unvergleichlichen Stephen Fry: »Geschichte machen«.
Und Edelphantastik-Blogger Ralf Reiter hat kürzlich einen lesenswerten Rundum-Beitrag zum Thema ›fiktiv-kontrafaktische Nazis‹ geschrieben, mit dem treffenden Titel »Schweine im Weltall«. — Neben einigen von mir willkommen geheissenen Watschen für unsäglichen Kleinbubenphantasien-Quatsch (die ich hier nicht namentlich nenne damit die Web-Aufmerksamkeit für den Schund nicht gefödert wird), spricht Ralf dort zuvörderst über den ›Fall‹ »Der Stählerne Traum« (dt. 1981/1985; »The Iron Dream«, engl. 1972), einem wirklich lohnenswerten Buch von Norman Spinrad. Ein Buch, das mich als Teen sehr geprägt hat. Zwar nicht die lockerste Leküture, aber ein enorm starkes Stück Phanastik.