Molos Wochenrückblick No. 53
Eintrag No. 715 — Nachdem ihr letzte Woche wegen meiner Verballertheit bis Donnerstag auf den Rückblick warten musstet, hab ich mich gesputet, diese Woche aber ganz sicher gleich am Dienstag, bevor ich zur Arbeit aufbreche, den dieswöchigen Rückblick abzuschicken (05:54 Uhr).
Lektüre: Vorgestern »Embassytown« beendet. Wahnsinns-Teil. Soweit ich im Moment abschätzen und sagen kann vielleicht mein Liebslingsbuch von China Miéville neben »The Scar« und »Iron Council«.
Netzfunde
- Mein Held der Woche! Auch wenn die Sache ziemlich sicher versanden wird, beruhigt es mich, dass der Hamburger Arbeitsrichter Heinz Uthman Anzeige wegen (öffentlicher) Billigung von Straftaten gegen Kandesbunzlerin Merkel erstattet hat, wie Daniel Kummetz für die ›Taz‹ berichtet: Ein Jurist erregt sich.
- Georg Seeslen hat wieder in seinem ›Das Schönste an Deutschland ist die Autobahn‹-Blog zugeschlagen: Das Ästhetische und das Politische (I) und Weitere Bemerkungen über das Schöne.
- Meine (ich glaube) erste Verlinkung auf einen der ›SpOn‹-Blogger, natürlich Herrn Georg Diez (Der Kritiker), der in seinem Beitrag Träumen von »Xanadu« wunderbar über die Miesheit deutschen Fernsehens schreibt (Hervorhebung einer besonders gelungenen Analogie von Molo):
Die Kombination von Verachtung und Feigheit, mit der die deutschen Fernsehmacher ihr Publikum betrachten, hat dabei durchaus politische Konsequenzen. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen vertieft in seinem Fiktion-Bereich die gesellschaftliche Spaltung, die es in seinen Polit-Magazinen beklagt. {…} Es ist eine ZDFisierung der Verhältnisse, die das Land in Seher und Nichtseher teilt.
(Deutschsprachige) Phantastik-Funde
- Da ich derzeit ja nicht zum Rezischreiben komme, beruhigt es mich, dass ich auf Anubis’ Begeisterungs-Meldung in seinem Blog ›Lake Hermanstadt‹ zu China Miévilles vorletztem Roman »Kraken« hinweisen kann
Zuckerl
- Tito hat in den 60ern und 70ern (unter anderem) Denkmale errichten lassen, um an Schlachtfelder oder Konzentrationslager des 2. Weltkrieges zu erinnern. Hier eine Auswahl mit 25 Jugoslawischen Monumenten, die ›Crack Two‹ zusammengestellt hat.
- Hier eine Mappe des Künstlers Ramil Aliyev. Wunderschöne Bleistiftarbeiten, Illustrationen und Konzeptentwürfe für Filmprojekte: Orientalische Fantasy.
- ›Ads of the World‹ stellt eine grenzgeniale Plakatkampagnie aus Litauen vor, für das Buchgeschäft Mint Vinetu (macht einen feinen Eindruck, das Ladenlokal). Mit bisher vier Motiven ermuntert die Werbeangentur ›Love Agency‹ aus Vilnius dazu, mal jemand anders zu sein: Mary Shelleys Frankenstein, Shakespeares Hamlet, H.G. Wells Unsichtbarer, und Cervantes Don Quixote.
- Hier ein kleines Spiel, das kaum mehr ist als ein Reaktionstest, aber schön gestaltet und superblutig: Spike - A Love Story von Matzerath, vorgestellt von ›Newgrounds‹.
- Eine historisch-satierische Photostrecke zum Thema U.S.-Spezialeinheiten, genauer Cats of War haben Holly Allen und Christopher Beam für ›Slate‹ zusammengestellt.
- Dieser Mann ist wahnsinnig, aber das lässt ihn schöne Dinge machen. Einblick in seinen Arbeitsprozess gewährt der Künstlers Florian Bertmer in seinem Blog. Beispiele seines Könnens, die mir sehr sehr taugen, sind dieses Call of Cthulhu-Motiv; — dieses Hellboy-Filmposter; — und dieser Greebo.
- Völlig Gaga, und ich glaube der erste Hinweis auf einen Font hier: das ›This is Colossal‹-Kunstblog stellt den Font Handschrift José Ernesto Rodriguez vor. Man nehme einen Kopierer, seine Hände und bringe seine Finger so in Stellung, damit man alle Zeichen bekommt, die man braucht. Erinnert an Schmelzvetika (oder wie der Font damals hieß).
- Wenn Pixar-Animatoren bloggen, bzw. wenn sie Muttertags-Witzebild-Glückswunschkärtchen zeichnen, wie das Austin Madison, das er in seinem Blog ›Austin Translation‹ herzeigt: Alien Muttertag. Zum Quietschen schön!
- Noch ein doofes Daddel-Zeug von ›Newground‹: Reimagine the Game. Im Grund eine Reihe kleiner Parodien auf bekannte Filme, Appleprodukte, Sängerinen usw., aber eben nett & gut gemacht.
- Zum Abschluss das Schockigste. — Kaum zu fassen! Es gibt ein eigenes Blog zum Thema Tiere mit ausgestopften Tieren.
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Pogopuschel
Dem Artikel über die deutsche Fernsehlandschaft kann ich nur zustimmen. "Xanadu" ist eine gute Serie, aber mit den A-Serien aus Amerika kann sie auch nicht mithalten. Dazu ist sie zu behäbig und konventionell erzählt. Vielleicht liegt es auch ein wenig an der lahmen deutschen Synchro.
Ich bin mal gespannt ob bei diesem Serienwettbewerb etwas kreatives rauskommt oder nur übliche Schmonzens gewählt wird. http://www.serienwettbewerb.de/
Da gibt es 877 Einsendungen.
micro_robert
"Xanadu" ist locker so gut wie "Mad Men".
micro_robert
Zu "Xanadu" ließe sich noch anmerken, dass die Serie zwar in der Arte-Online-Videothek jeweils sieben Tage ab Ausstrahlung im Netz verfügbar ist, aber auch dort erst ab 23:00 Uhr angesehen werden kann, was das Konzept einer Online-Videothek natürlich ad absurdum führt.
Medienjunkie
That's right. Darüber habe ich mich auch schon (u.a. in meinem Blog) geärgert. Hinzu kommt die miese technische Qualität der arte-Mediathek: ruckelndes Bild, Bild und Ton öfter nicht synchron und manchmal lassen sich die Beiträge gar nicht laden.
Dass "Xanadu" so gut ist wie "Mad Men" würde ich aber doch bestreiten. An das Produktionsniveau der US-Pay-TV-Serien reicht es halt aus verständlichen Gründen einfach nicht ran.
@Molo: "Game of Thrones" halte ich bisher auch für völlig überschätzt. Die ersten 15 Minuten waren brilliant, danach ließ es deutlich nach. Irgendwie ist das Eskapismusfernsehen (ähnlich wie "Herr der Ringe", nur mit mehr Sex und expliziter Gewalt). Ich seh gerne Serien, die etwas mit der heutigen Gesellschaft zu tun haben (dazu zählen natürlich auch BSG oder "Mad Men"). GoT hat in der Hinsicht nichts zu sagen, außer dass Frauen es im Mittelalter (oder einer daran angelehnten Welt) noch schwerer hatten als heute.
molosovsky Besitzerin
Da ich keinen Fernseher habe, und die kurze Weile, in der TV-Sachen im Netz zur Verfügung stehen, muss ich leider sagen, dass ich die gelobte Serie »Xanadu« nicht kenne (und deshalb bei der Verlinkung von Diezes Text oben auch nichts dazu schrieb). — Auch von »Mad Man« habe ich noch nichts gesehen, denn ich habe sehr gemischte Wertungen zu dieser Serie vernommen, zögere entsprechend und es gibt ja sooo viel, was man gucken kann (in den letzten Monaten bin ich schon voll ausgelastet mit dem am Ball bleiben bei Serien wie »Castle«, »House« und »Fringe«, auch wenn letztere mir eigentlich eher als Unfall gefällt und »House« stark nachgelassen hat).
@Pogopuschel: Danke für den Hinweis auf den Serienwettbewerb. Werde ich auf dem Radar markieren und hoffentlich mitbekommen, was bei rauskommt.
Zu »Games of Thornes«: Vor vielen Jahren mochte ich den Roman »Armageddon-Rock« von von George R. R. Martin und die von ihm herausgegebenen Antho-Serie »Wild Cards« sehr gerne und war schon entsprechend geknickt, dass ich mit der Romanfassung von GoT nichts anzufangen wusste. Wahrscheinlich ist es meine latente aber doch starke Abneigung gegenüber laaangen Serien-Werken, die mich den ersten Band von GoT nach ca. 100 Seiten abbrechen ließ. Stil und Athmo super, aber ich habe ums Verrecken nichts mit den Figuren und deren Machenschaften etwas anfangen können. — Von der TV-Fassung kenne ich nun drei Folgen und kann sagen, dass die erste Folge für mich noch total fad war, und Folge 2 und 3 dann jeweils ein klein wenig besser wurden. Ändert aber nichts daran, dass die Folgen für mich immer noch aus wenigen guten Momenten und ansonsten öden langen Phasen bestehen. Und die Epic-Fantasy-Klischees finde ich streckenweise peinlich und nervig. Ich gucke also derweil mit, um im Blick zu behalten, was ›man‹ so unter trefflicher großer Fantasy versteht. Wenn der Steigerungsfaktor seine Tendenz beibehält, werde ich die letzte Folge der ersten Staffel wohl für ganz brauchbar, aber nichts wirklich Besonderes halten.
T.H.Phantast
Alle schimpfen auf das Deutsche Fernsehen. Ist das anderer Laender so viel besser? Wenn ich mal im Ausland so im Hotel zappe, kommen mir da Zweifel.
Gerade nach dem letzten Tatort bin ich echt begeistert von dieser dt. Prod.! Außerdem gibt es noch andere gelungene Sendungen, TV Filme, genauso wie es einen Haufen Schrott gibt.
Vieles ist wie immer Geschmackssache, aber den unzaehligen CSI.Pipapo.Krimi.TV Serien, nicht in D gemacht, kann ich so gar nichts abgewinnen. Gerade diese Serien zeigen, wie z.B. US.Wirklichkeit in Krimiform verhunzt wird. Man kann ja fast jeden Satz des Artikels auch auf das US.TV (was man davon hier so mitbekommt) anwenden.
Ach ja, XANADU habe ich noch nicht gesehen, nur den Diskofilm mit der Musik von ELO....
Pogopuschel
Im US Fernsehen läuft sicher noch schlimmeres Zeug (z. B. Fox News) als bei uns und sicher auch viel Mittelmaß, aber es gibt auch eine nicht geringe Anzahl an Serien, die da wirklich herausragen: »Six Feet Under«, »Sopranos«, »The Wire« (die realistischste und beste Krimiserie, die je gedreht wurde, »The Great American Novel« in fünf Staffeln) »Breaking Bad«, »Dexter«, »Mad Men«, »The Shield«, »Sons of Anarchy«, »West Wing« und und und. Um nur mal ein paar große Dramaserien zu nennen. Auch im Bereich der Comedy wird ein Niveau erreicht, von dem deutsche Formate nur Träumen können. Auch in England gibt es hervorragende Serien. Und darum dreht sich der Arktikel, nicht um Dokumentationen, Polit- und Wissensmagazine, die immer mehr ins Nachtprogramm geschoben oder eingestellt werden, wie z. B. »Abenteuer Wissen, »ZDF Reporter« und Neues«. Stattdessen werden Unsummen von Gebühren für Faschingshochzeiten und Hampelmannsongcontests ausgegeben.
Sender mit Bildungsauftrag sehnen sich nur noch um Quoten unsere ganze Realität läuft nur noch nach Script und tolle Serien werden auf Digitalsendern und in der Nacht versteckt - wenn überhaupt.
Im Fernsehen schaue ich mir nur noch gelegentlich Dokus und Arte sowie 3Sat an, ansonsten laufen Filme und Serien bei mir nur noch auf DVD, meist (günstig) in England eingekauft.
Genug Geschimpfe. Kalkofe kann das viel unterhaltsamer.
Die Gewinner des Serienwettbewerbs werden auf dem Münchener Filmfest Ende Juni bekannt gegeben. Ich habe übrigens auch ein Konzept eingeschickt, und eine Nichtwahl des selbigen kommt einer Bankrotterklärung des deutschen Fernsehens gleich. :)
»Xanadu« kommt meiner Meinung nach (so weit man das nach 4 Folgen beurteilen kann) nicht an »Mad Men« ran. Dazu fehlt die elegante Subtilität, mit der »Mad Men« ein komplexes und atmosphärisch dichtes Sittenbild einer ganzen Epoche darstellt.