molochronik
Mittwoch, 24. Mai 2006

Vorbildliche Buchgestaltung

(Schöne Phantastik-Cover) — Ausnahmsweise ein Gafimente-Eintrag ohne eigene Zeichnungen oder Photos (immerhin: alles selber gescant).

Bei Bibliotheka Phantastika zeigt und linkt man sich gegenseitig bemerkenswerte Umschlagsbilder zu Fantasybüchern. Regte mich an, mal durch meine Regale zu stöbern, Bände herauszuziehen und zu vergleichen und darauf zu achten, wo mich am meisten Betrachter-Freude überkommt.

Nun trag ich wiedermal nur teilweise zum Kerngebiet der Fantasy bei und bemühe wenig zeitnahe und überwiegend ältere Werke (wenn auch in modernen Ausgaben). — Vorweg gestehe ich, daß ich als Teen dem Zauber von Pergament- und Schriftrollen-Simulacren genauso erlegen bin, wie wohl viele Fantasy-Leser. Immer schön fand ich damals, wenn ornamentales oder bratziges Rankenwerk das Bildmotiv rahmte, wenn kuriose Schmuckschriften Pinsel- oder Kerbzeichen nachahmen. Auch hab ich in meinen ersten Lesejahren als Fantasy- (Horror- und SF-)Fan schnell mal ein Buch an Land gezogen, weil reizvolle Signale der Art ›Monster‹, ›Waffen‹, ›Titten‹, ›Fresseschläg‹, ›Magie-FX‹, ›magische Orte‹ ectppff mich verführten.

Nun, fast zwanzig Jahre später ist mein Geschmack ein ganz anderer. Für all die oben genannten Dinge bin ich heute noch zu gewinnen, aber was Lay-Out und Buchgestaltungstradition angeht, bin ich im Lauf der Zeit deutlich ›altmodischer‹ und ›konservativer‹ geworden. So hab ich eine Schwäche entwickelt, für einfache und klassische Schriften; bevorzuge Zeichnungen und altmeisterliche Techniken den neueren Airbrushwerkzeugen und digitalen Bildbearbeitungsmethoden.

Nach diesen überheblichen Einleitungsworten will ich mit einem wusel-munteren waschechten Fantasy-Cover beginnen. 1992 beglückte die Edition Kunst der Comics uns mit »Die Große Enzyklopädie der Kleinen Leute« von Pierre Dubois, illustriert von Claudine & Roland Sabatier. Selten und deshalb von mir besonders geschätzt ist viel Schrift einer umständlich aufführlichen Titulierung Cover. (Leider keinen brauchbaren Link zu den Künstlern gefunden).

Klassiker eins: Mary Shellys »Frankenstein« mag Fantasy-Lesern hier vielleicht Fehl am Platz erscheinen, aber ich zähle mich zu denen, die diesen Roman als einen der wichtigsten Keimtexte der ganzen modernen Phantastik-Trias (Horror, SF, Fantasy) betrachten. Stark geprägt hat mich die reichlich und unglaublich stimmungsstark von Bernie Wrightson illustrierte Ausgabe des Marvel-Verlages von 1983 (mit einem Vorwort von Stephen King — ja auch sowas macht{e} dieser ansonsten mit Comics aufwartende Verlag) Tut mir leid, daß man bei meinem Scan nicht wirklich erkennen kann, wie überragend das Pinseltuschegemälde von Wirghtson ist, aber so ist wenigstens das ganze sich über Vorder- und Rückseite erstreckende Breitwandmotiv zu sehen.

Klassiker zwei: Bei meiner Begeisterung für die durch Michael Mathias Prechtl illustrierte Ausgabe von E. T. W. {dann A.} Hoffmanns »Lebensansichten des Katers Murr« bei C.H. Beck (bzw. der Büchergilde Gutenberg) von 1997, schlägt nun meine Liebe fürs klassische, elegante, dem marktschreierischen abholde Lay-Out durch.

Neo-Gothic: Das einzige Beispiel meiner Bibliothek für Schnörkelschmuckschrift, welche die Covergestaltung nicht albern wirken läßt, liefert die Haffmans-Ausgabe von Kim Newmans »Anno Dracula« (1994) mit einem Gemälde von Stephen Player. Erinnert mich an einige der Arbeiten von Paul Kidby für Terry Pratchetts Scheibenwelt. Kein Wunder, hat Player doch bei einigen Discwolrd-Karten mitgewerkelt. Der Herren Engländer halt.

Reihentitel eins: Viel Fantasy und Phantastik kommt ja als Serie, Zyklus, Reihe daher. Zuletzt möchte ich also zwei Gemmen der Buchgestaltung vorstellen, die Werkgruppen vorbildlich einheitlich gestaltet präsentieren. Zuerst die beeindruckende Aufmachung der Taschenbuchausgabe der kompletten »History of Middle-Earth« (Hrsg. von Christopher Tolkien) aus dem Hause Harper Collins, 2002 durch John Howe. Es ist zwar irgendwie aberwitzig, daß man die ganzen Illustrationen von Howe auf dem Buchrücken kaum richtig genießen kann, und auf der Vorderseite nur Detailausschnitte dieser großen Bilder zu sehen bekommt. Dafür macht dieses Laporello über 13 Büchrücken im Regal einen ausgesprochen edlen und veführerischen Eindruck. {Wenn man auf das Bild klickt, sollte sich ein neues Fenster mit einem mordslangen Detailausschnitt öffnen.} Die zwölf Bilder stellen dar (von links nach rechts): 1) Die Schlacht um Gondolin; 2) Die Pforten der Nacht; 3) Fingolfin vs. Melkor; 4) Die Belagerung von Angband; 5) Der Weiße Turm von Elwing; 6) Gandalf Rückkehr nach Beutelsend; 7) Edoras; 8) Die Mûmaks der Harad; 9) Der Untergang von Anadùnê; 10) Die Tötung der Bäume; 11) Nienor und Glaurung; 12) Das Schiff der Dunklen; 13) Die Grauen Furten.

Reihentitel zwei: Zuletzt wirds wieder eher ›altmodisch‹ spartanisch und für die heutige Zeit schon kurios deviant; einmal weil ich mit Ambrose Bierce einen Altmeister der Phantastik bemühe, dann, weil wiederum mit einfachsten Schrift- und Zeichenfeder-Mitteln gearbeitet wurde. Die Haffmans-Ausgabe der Werke von Bierce (1986-89) bedient sich lediglich schrill gefärbten Mamorpapiermusters, um den Blick zu fangen, und verläßt sich sonst auf die lebendigen, frechen Zeichnungen von F. W. Bernstein. Neue Fenster öffnen sich für die anderen Cover dieser Reihe {Nicht von den img-Dateinamen verwirren lassen}:

  1. Des Teufels Wörterbuch;
  2. Bürgerkriegsgeschichten;
  3. Horrorgeschichten;
  4. Lügengeschichten und Fabeln.
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