Molos Übersetzung von Daniel Chandlers: »Eine Einführung in die Genre-Theorie«
Eintrag No. 572 — Vor etwa vier Jahren habe ich angefangen, diesen Text von Daniel Chandler zu übersetzen. Aus verschiedenen Gründen habe ich die Arbeit zur Seite gelegt. Damals hatte ich das Gefühl, noch nicht gut genug zu sein, um so einen ›trockenen‹ literaturtheoretischen Text brauchbar ins Deutsche zu übersetzen. Vergangene Woche aber bin ich in einem meiner Archive wieder wieder über das Dokument gestolpert, habe in den letzten Tage daran herumgefeilt und biete es nun also für deutsche Leser an.
Solch ein einführender Überblick zum Thema Genre hat meiner Meinung nach im deutschen Netzel bisher gefehlt (mir ist zumindest nichts Vergleichbares, frei Zugängliches auf Deutsch bekannt). — Immerhin grassieren die ärgsten Irrungen und Vorurteile. Zum Beispiel, dass sich Genres klar und eindeutig voneinander abgrenzen, bzw. einzelne Texte sich problemlos einem Genre zuordnen lassen, ähnlich der biologischen Unterteilung von Pflanzen und Tieren; oder dass Genres sich durch einen Kriterienkatalog bestimmter inhaltlicher Ein- und Ausschluss-Merkmale definieren lassen.
Hier nun lediglich eine Zusammenfassung. Wenn Ihr den ganzen Text von Daniel Chandlers »Eine Einführung in die Genre-Theorie« lesen mögt, dann klickt oben auf das Bild, oder hierher, um das PDF herunterzuladen.
- Das Problem der Definition Zweifel — Tradition der Typologie — ›Keine neutrale Angelegenheit‹ — Vier Hauptprobleme (Ausdehnung, Normativismus, monolithische Definitionen, Biologismus) — Konventionen — ›Empiristisches Dilemma‹ — ›keine diskreten Systeme‹ — Familienähnlich- und Prototypenhaftigkeit — Eine Frage der Absicht — Genre sind ›Prozesse der Systematisierung‹ — Machtkämpfe zwischen Genres — A-historische Suche nach ›Idealtypen‹ — Drei Merkmale evolutionärer Genre-Entwicklung (kumulativ, konservativ, Ausdifferenzierung) — Gefahr des Essenzialismus — Genres als Verkörperung bestimmter Werte und Ideologien — Marxistische Sicht auf Genre: Instrument gesellschaftlicher Kontrolle — Absichten von Genres — Die ›rhetorische Dimesion‹ — Mitteilungsmodus und idealer Leser — Gesellschaftliche Prägung — Nutzen von Genres für Massenmedien — Wirtschaftliche Vorteile von Genres — Minderwertigkeit von Genretexten — Intertextualität — Schablonen — ›Kein Text ist ohne Genre‹.
- Innerhalb von Genres arbeiten Genres als stillschweigende Verträge — Kreative Spannung und Effizienzsteigerung — Genres als Bezugsrahmen und Schablonen — Genrekenntnisse als ›kulturelles Kapital‹ — Studien über Kinder und Genres — Soziale Zugänge zu Genres — Vertrautheit und Abweichung — Arten der Beteiligung — ›Verwendung und Zufriedenstellung‹ — Erkennen von Vertrautem — Hinauszögerung und Vorfreude — ›Kognitive‹ Befriedigung — ›Wiederholung und Variation‹ — Urteile fällen — Austausch mit interpretierender Genre-Gemeinschaft — ›universelle Dilemmas‹ und ›moralische Konflikte‹.
- Die Konstruktion des Publikums Erschaffung der Leserschaft — Verbreitung hegemonieller Ideologie — Konstruktion von Verschiedenheit und Identität.
- Vorteile der Genre-Analyse Textualität, Lesart und gesellschaftlicher Zusammenhang — Gleichmacherei entgegenwirken — Historische Perspektive — Routinen und Formeln aufweisen.
- Hilfreiche Handreiche für eigene Genre-Analysen
- Allgemein
- Zum Mitteilungs-Modus
- Beziehungen zu anderen Texten
- Appendix 1: Taxonomie von Genres Vier Arten des Handlungsverlaufes (Exposition, Argument, Beschreibung, Erzählung) — Fiktionale und Nicht-fiktionale Genres — Wissen und imaginäres Vergnügen — Hybridformen — Abbildung: TV-Genres.
- Appendix 2: Textmerkmale von Genre-Film und -Fernsehen Narration — Charakterisierung — Grundthemen — Setting — Ikonographie — Techniken — Stimmung und Tonfall — Thema und Form.
- Quellen und empfohlene Lektüren
simifilm
Natürlich ist es sehr erfreulich, dass Du Fachtexte einem deutschsprachigen Publikum zugänglich machst. Dafür vielen Dank. Dass die Diskussion über Genres oft nicht sehr hochstehend ist, ist ebenfalls zweifellos richtig, aber das liegt wohl nur zu einem kleinen Teil an fehlender Fachliteratur, sondern daran, dass die entsprechenden Akteure diese nicht zur Kenntnis nehmen (wollen).
Auf Anhieb wüsste ich gleich zwei frei verfügbare deutschsprachige Texte, die in Sachen Genretheorie an den aktuellen Stand der Forschung anknüpfen:
Der eine (»Genre und lebendiges Genrebewusstein«) stammt von meinem geschätzten Kollegen Jörg Schweinitz, der andere (»Weisen der Weltdarstellung – Zu einer Theorie wunderbarer Filmgenres«) – ganz unbescheiden – von mir.
Während es bei Schweinitz ganz zentral um die Frage geht, was ein Genre überhaupt ist und wie man es thereotisch fassen kann (inkl. kurzer Abriss der Forschungsgeschichte), ist mein Text (den Du ja kennst) einiges weiter gefasst. Das Genrekapitel eignet sich aber auch für eine knappe Einführung ins Thema.
molosovsky Besitzerin
Hi Simi. — Ich habe mir erlaubt, in Deinem Beitrag die Links etwas ›sprechender‹ zu gestalten.
Genau deshalb plärre ich ja mein Vermissen von guten Texten zum Genre-Begriff so laut hinaus, damit jemand kommt und mir gute Links ausdeutet!
Danke also vielmals.
Der Text von Schweinitz sieht sehr nützlich aus. Werde ich gleich mal studieren!
Dein Text ist schon ziemlich speziell. So gut er auch ist, erscheint er mir als ›Erklärung‹ des Genre-Begriffs als zu umständlich. Ist ein bischen so, wie wenn man mit einem großen Schraubenschlüssel einen Nagel einschlägt. Es geht schon, aber …
Schlimotti
Moin,
erstmal vielen Dank, dass du dir so viel Arbeit mit der Übersetzung gemacht hast. Leider sind da allerdings noch einige Rechtschreibfehler drin - ich wollte gerade in meiner Arbeit den Shakespeare-Satz der ersten Seite zitieren, als mir auffiel, dass ich zum dritten Mal ein (sic!) einfügen musste ;) Kannst du ja vielleicht mal korrigieren.
molosovsky Besitzerin
Ich danke erstmal für das Interesse an der Chandler-Übersetzung. Ich hoffe, ich bekomme mal den Text zu lesen, in dem Du Chandler zitierst.
Was meine Fehlschreiberei angeht: ich hoffe, bald wieder Mal zu einer Session zwecks Ausmerzung der schlimmsten Ausrutscher zu kommen. Ich habe nun mal eine leichte (sic!) Rechtschreib- und Konzentrationsschwäche und bei längeren Texten ist eigentlich immer jemand notwenig der gegenliest.