Die Hüfte

(Grafimente, neu gescannt) - Immer nur Portraits zu zeichnen kann einen Zeichner auf Dauer natürlich nicht befriedigen. Folgendes Motiv - ein Photo von Wingate Paine, ungefähr von 1965 - ist mir in Hans Peter Duerrs Buch Mythos vom Zivilisationsprozess IV - Der erotische Leib, erschienen bei Suhrkamp aufgefallen. Duerr der Ethnologe, nicht der Physiker; Heidelberg, nicht Max-Plank-Institut.

Bei Duerr taucht das Photo im zwölftem Kapitel Die Angst vor dem 'Verlust der Figur' und die gotische S-Linie auf, genauer als moderne Illustration zu einer Demutshaltung, weil die spätmittelalterliche Frau sich nicht 'brüstete' oder 'in die Brust warf'.

Schön auch weitere Informationen darüber, daß ein gebährfreudig anmutender Bauch richtiggehend Mode bei den Damen durch die Jahrhunderte war. Es gab auch entsprechend zu tragende Paddies (Kissen).

Muß ich bekennen, daß die Lektüre Duerrs sowohl den Wissenstrieb als auch meinen Voyerismus bedient; daß es eine Gratwanderung ist, seine Bücher nüchtern lesen zu wollen? Probiert es selbst aus, die Kopfpolemik der verschiedenen Meinungen kommt von ganz allein. Oder Gedankenspiele wie folgend:

Nachdem sie die Seiten gewechselt hatten, überlegte die eine, ob es nicht besser wäre, wenn sie die Verbindung löste und im Spiegelreich bliebe. Sollte doch ihre Reflektion den Unbillen der wirklichen Welt entgegentreten.

The Hip

Only drawing portraits can get boring after a while. I stumbeld over following motiv - a photography by Wingate Paine from 1965 - in Hans Peters Duerrs The Myth of Civilisatory Process Volume IV - The Erotic Body (not translated yet, but check this if you are curious). It is found in chapter 12 The Fear of 'loosing the figure' and the gothic S-line as a modern illustration for the posture of humility/meekness.

I must confess, that reading Duerrs books satisfies both my curiosity and my voyeurism. And it inspires litte daydreams like this one:

»After changing sides one of them mused if it would be better to cut the connection and stay in the mirrorrealm (speculum mundi). Her reflection could deal with the real world.«

{Drawn in March 1998}