Kurznotiz zu Gustave Flaubert: »Die Versuchung des heiligen Antonius«
Eintrag No. 577 — Habe ich diese Woche als Diogenes-Taschenbuch aus dem Ramsch gefischt. 1874 erschien die endgültige Fassung dieses vision- und trugbildgesättigten Drama-Romans, an dem Flaubert etwa 40 Jahre gebosselt hat, und den er selbst als Höhepunkt seines Schaffens betrachtete. — Wegen seines (wie Thomas Mann meint) »polyhistorischen Nihilismus« erregte das Buch einiges Aufsehen und den Groll der bürgerlichen Kritik, denn (wiederum Mann) er ist »nicht nur ein phantastischer Katalog aller menschlichen Dummehiten {…} auch der Irrsinn der religiösen Welt wird lückenlos vorgeführt«.
Die klassische Legende über den Heiligen Antonius führt drei große Bedrängungen des um Tugendhaftigkeit ringenden Asketen vor: (i) die Versuchung durch schöne Frauen, am deutlichsten durch die Erscheinung der Köigin von Saba; (ii) die angsteinflössende Heimsuchung durch furchterregende Monster; sowie (iii) die Verführung durch das Angebot von Macht und Reichtum.
Als Anhang liefert die Diogenes-Ausgabe einen Fan-Brief von Ernest Renan an Flaubert vom September 1874, sowie einen Text von Paul Valéry aus dem Jahre 1942.
Der Brief von Renan spendet einige geradezu glühende Verteidigung der phantastischen Hervorbringenen künstlerisch gestalteter Einbildungskraft:
Denn, so meine Folgerung, ohne die bereichernde Hilfe der Einbildungskraft bliebe der Wahnsinn etwas beispielsweise unangenehm Schreckliches, und die Weisheit, von mir aus, etwas zeigefingerwedelnd Langweiliges.
Wunderbar, wie Renan schließlich die kleinkrämerische Kritik gegenüber phantastischen Schöpfungen kommentiert, wenn er schreibt:
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