molochronik
Freitag, 25. März 2005

Der weiche Sicherheitsdienst der Stadtbücherei Frankfurt …

… heißt seit dieser Woche Molosovsky. (Gesellschaft) – Als Teenager in den Achzigerjahren in Ingoldtadt befand ich mich in einem ständigen Kampf gegen gigantische Langeweile. Ich lernte die Stadtbücherei und Buchhandlungen lieben, verlasse seit dem das Haus nie ohne Buch. Zwar ist es seit damals mein Wunsch eine Arbeit zu finden, bei der ich mit Büchern zu tun habe, aber bisher habe ich mich als zu doof erwiesen, dieses Zeil zu erreichen.

Zwanzig Jahre später. Als ich im Dezember 2004 von der Arbeitsagentur Frankfurt im Rahmen des Hartz IV-Programmes dem IB zugeteilt wurde, habe ich die Beschäftigungsvermittler gelöchert, mich in eine der Planstellen für die Bibliotheken zu vermitteln. Es gab da noch Unklarheiten zwischen der Stadt und verschiedenen Hartz IV-Gruppen, aber jetzt nach drei Monaten in der Anstreichertruppe war es dann soweit: am Dienstag dieser Woche trat ich meinen Dienst als weicher Sicherheitsdienst in der Zentrale der Stadtbücherei Frankfurt an.

Man begegnet mir nun dort also öfter. Mein Job besteht vorerst lediglich darin, durch die drei Stockwerke der Bücherei zu tigern und die Besucher freundlich an die Hausordnung zu erinnern.

Keine Fressalien. Zumindest nicht offen ausgebreitet. Manche Besucher machen es sich zum Lernen, Recherchieren und Schreiben stundenlang an einem der Arbeitstische der Bücherei bequem. Klar braucht man da zwischendurch was zum Knabbern, Nervennahrung und nen Schluch zu trinken. Was ich nicht sehe, macht mich nicht heiß. Also bitte ich die Besucher, Essen und Getränke nicht offen herumstehen und liegen zu lassen. Ich begreife mich als Sprachrohr der Bücher, die eben keine Flecken und Fetttapser oder Krümel erleiden wollen.

Keine Viecher. Ausgenommen Blindenhunde.

Kein Lagern und Schlafen. Dieses Problem wird mich wohl in den kommenden Monaten weniger beschäftigen. Es sind die kalten Jahreszeiten, in denen die Stadtbücherei zu einem Exil für Obdachlose und Straßenexistenzen aller Art wird. Bisher hatte ich es auf diesem Gebiet nur mit Leuten zu tun, die ihre Schuhe ausgezogen haben.

Keine Telephoniererei oder Lärmerei. Am besten wäre freilich, die Besucher würden beim Betreten der Bücherei ihre Mobiltelephone stummschalten, was aber auch meiner Ansicht nach zu viel verlangt wäre. Aber zum Telephonieren kann man ins Cafe Nasch im Erdgeschoß oder kurz vor die Tür auf den Bürgersteig gehen. Mit lärmenden oder tobenden Menschen hatte ich es bisher noch nicht zu tun.

Keine Rucksäche oder großen Taschen. Eigentlich sind auch Tüten und Mäntel an der Garderobe abzugeben, aber das alles durchzusetzten verbreitet zu viel Stress. Andererseits wird der Schwund dramatisch schlimmer, sprich: es wird immer mehr geklaut. Da ist also alles was größer als eine Handtasche ist Gift für eine Bücherei. Die allermeisten Besucher geben ihre Taschen ohne Umstände ab, wenn ich sie daran erinnere. Ich komme denen entgegen, die sowieso auf dem Weg nach draussen sind, oder freundlich ihre Gehetztheit zum Ausdruck bringen. Die sollen dann bitte beim nächsten Besuch an die Garderobe denken.

Und ja, ich mache das für 1,50 Euronen die Stunde, also 150,– Euronen Klimpergeld im Monat (zusätzlich zu meinem Hartz IV-Geld, um mal ein wenig meine Einkommensklasse zu explizifieren).

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