molochronik
Sonntag, 5. Februar 2006

Zehn Etüden: Nr. Vier — Acht und Acht Linge

Stücke für narratives Improvisationsklavier

»Von Dissonanzen, über Dissonanzen zu Dissonanzen.«
— Robert S. über Frederic C.

Acht und Acht Linge

Ein Stück Seife lag am Boden des Salons, als der Musiker mit dem Kochlöffel hereinhüpfte und akribisch draufeinzuschlagen begann.

»Hab ich dich, du elendes Stück Seife du!«, triumphierte er dabei. Derweil seine Frau sich vom Klavier — des Musikers bestem Freund — verführen ließ.

»Hab ich dich. In meinem eigenem Salon, du Miststück.«

(»Ich will deine Pedale in mir spüren. Alle drei.«)

Die Seife zeigte sich völlig unbeeindruckt und dachte gar nicht erst daran, es mit der Strategie eines diplomatischen Kompromisses zu versuchen, da sie wußte, daß solche gut gemeinten Verhandlungen nur mißverstanden werden würden.

Dem Musiker brach auf einmal der Löffel ab, die Hand im Schlag ungeschickt verrenkend, dabei unkoordinierte Verwirrung betreibend, stach die Abbrechspitze mir nichts dir nichts flugserdings ins Auge, somit in den Schädel des Musikers, dort reichte das Holz dem Hirn zum Gruße den Spleen, welcher von der wabbeligen Masse freudig empfangen wurde, dort aufgenommen in seiner konvulsiven Kreativität die öden Obrigkeiten des Hirnes zersetzend, welches anhob, dem Musiker Lebewohl, dem Musikerkörper den Dienst zu versagen, und war somit frei von Elektronenfluß und Geistesarbeit, mußte nicht mehr damit hadern und zwisten, sich selbst oder anderen einzugestehen, ob es denn nun eine Seele beinhalte oder nicht, durfte nach vollständigem Ausgehauchens allen lebendigen Odems ganz Eiweiß und Wasser sein, das sich profimäßig daranmachte zu vergammeln.

Die Frau des Musikers war inzwischen GOtt sei Dank auch tot, denn im wilden Liebesspiel hatte das wuchtige Instrument das blöde Sauweib erdrückt. Die Pedale des Klaviers ignorierten diesen Umstand völlig und so keimten aus dem brodelnden Fleisch des Weibes in Windeseile neue Saiten, Tasten und Hämmer. All das wuchs und quirlte nur so am Boden, und flugs standen da achtundachtzig kleine Flügel, die sich schutzsuchend unter dem Vater tummelten.

Der Musiker mag ein schlauer Gelehrter allzu absonderlicher Geheimnisse gewesen sein. Er hatte jedoch nicht geahnt, daß der mörderische Komplott der Seife nur eine Finte im Marionettentheater des teuflischen Klaviers war.

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