Scott Westerfeld: »Leviathan«, oder: Dengler gegen Darwinisten im Ersten Weltkrieg
Eintrag No. 592 — Gerne posaune ich laut in die Welt, dass ich Serien in Buch- und Comicform ›eigentlich‹ meide wie die Pest. Das ist aber so nicht ganz richtig, denn ab und zu greife ich doch zum ersten Band eines Mehrteilers und lasse mich anfixen den Folgebänden entgegenzufibbern. Es stimmt aber, dass ich es hasse, mich auf aktuelle Fortsetzungswerke einzulassen, denn mir ist das Warten und das Hegen von Lesertreue für eine lange Geschichte zuwider. So sitze ich beispielsweise herum und harre auf Band 3 von Scott Lynchs »Gentlemen Bastard«-Reihe und mühe mich ab, mit stoischer Geduld das Erscheinen der nächsten Sammelbände von Brian Woods »DMZ« und »Northlanders« oder Urasawas »20th Century Boys« abzuwarten.
Nun also, Anfang Oktober hat mich ein <a href="www.youtube.com" target?"_blank" title="Zum Buchtrailer bei »youtube«.">Buch-Trailer verleitet, zum frisch auf Englisch erschienen ersten Band von Scott Westerfelds »Leviathan« zu greifen und entsprechend habe ich jetzt ein (bzw. zwei) Jahre blöde Warterei vor mir, bis ich Teil 2 (bzw. 3) verschlingen kann. — Der <a href="www.youtube.com" target?"_blank" title="Zum Buchtrailer bei »youtube«.">Trailer ist Dank der sanft animierten Illustrationen von Meister Keith Thompson verführerisch brilliant, so brilliant sogar, dass ich hier eine schnelle Übersetzung anbiete:
Soeben ist Erzherzog Franz-Ferdinand das Opfer eines Attentats geworden und Europa befindet sich kurz vor einem Krieg. Doch legt eure Geschichtsbücher zur Seite, denn dies ist nicht der Krieg wie ihr ihn kennt.
Etwas anderes steht auf dem Spiel: Wer wird gewinnen? Die ›Dengler‹ (Clanker), die auf Maschinen vertrauen, oder die ›Darwinisten‹, die lebende Kreaturen zu Werkzeugen und Waffen züchten, zu Krampfkraken, lebenden Luftschiffen und allen möglichen anderen gefährlichen Bestien.
Im Zentrum der Ereignisse findet sich Alek wieder, der Sohn des Erzherzogs. Er flieht vor den Mördern seines Vaters. Durch Zufall trifft er mit Deryn Sharp zusammen, einem Mädchen das sich als Junge ausgibt, um in der Royal Airforce Dienst zu leisten. Er ist ein ›Dengler‹, sie eine ›Darwinistin‹. Er ist untergetaucht, sie verbirgt ein großes Geheimnis.
Zu Beginn des Abenteuers verschärft sich die Lage und der Einsatz erhöht sich. Die Frage lautet: ölst du deine Kriegsmaschinen, oder fütterst du sie?
Kurz: Steampunk-Phantastik satt, noch dazu als kurzweilig geschriebenes Abenteuer für Leser ab 10 Jahren aufwärts. Wobei mich überrascht hat, was Westerfeld und sein Verlag Zehnjährigen zutraut. Immerhin wird im Laufe des Buches ganz nebenbei die Evolutionstheorie und die Komplexität von Ökosystemen erklärt
Im Rhythmus von je zwei Kapiteln folgt das Buch mal Alek, mal Deryn (die sich als Junge Dylan nennt). Das Buch ist angenehm ballastfrei von langatmigen Schlenkern. Einen guten Eindruck vom Stil vermittelt die (englische) Leseprobe, vorgetragen von Alan ›Nightcrawler‹ Cummings. Gut die Hälfte besteht aus aktionsgeladenen Flucht- und Kampfszenen. Alek und seine kleine Crew versuchen von Balkan aus die neutrale Schweiz in einem 35 Tonnen schweren Wanderpanzer zu erreichen. Deryn ist, im Zuge einer Geheimmission, mit dem titelgebenden Luftwalfisch ›Leviathan‹ als Kabinenjunge von London unterwegs ins Osamnische Reich. Der Weltenbau ist glänzend gelungen. Fast schon wie selbstständige Charaktere erscheinen für mich als Leser Aleks Stormwalker und das majestätische ›Leviathan‹-Schiff.
Nicht zuletzt begeistern mich die vielen (meist) ganzseitigen Beistiftillustrationen und Vignetten von Keith Thompson (der auch für das »Arcane Codex«-Rollenspiel oder das Video-Spiel »Borderlands« erstaunliche Design-Arbeiten geleistet hat). Die auch im Buchtrailer verwendete ›monströse‹ Europakarte ziert derzeit als Desktopbild mein iBook. — Wirklich zu dumm, dass ich bis Oktober 2010 warten muss, um im zweiten Band »Behemoth« zu erfahren, wie die Reise weitergeht.
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Pogopuschel
Ich bin neugierig. Westerfeld's Space Opera hatte mich auch schon gereizt, aber ich bin nie dazu gekommen. Jugendbücher hatte er ja auch schon zuvor geschrieben.
molosovsky Besitzerin
»Leviathan« ist mein erstes Buch von Westerfeld. Er schreibt sehr schnörkellos, obwohl … er versteht es hier und da mit Humor und Wärme zu würzen und so der überwiegend aktionsgetriebenen Handlung Menschlichkeit zu verleihen.
Von seinen bisherigen Sachen haben die »Uglies«-Bücher noch meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen (auch wenn ich die wahrscheinlich nicht so bald lesen werde, denn ich befinde mich bereits im Aufbruch die nächste »Magira«-Sammelrezi vorzubereiten). Aber die Idee, dass es zu einer verpflichtenden Konvention wird, sich einer umfassenden Schönheits-Op zu unterziehen und es dann Leuts gibt, die sich dem querulantisch verweigern hat etwas Betörendes.
molosovsky Besitzerin
… kommt im September 2010 gebunden bei cbj / Bertelsmann. Und im Katalog ist auch Keith Thompson angeführt, also kommt die deutsche Fassung mit den Illustrationen – yeah!!!.