Buchregal-Führung (6): Schöne Literatur, Romane
Eintrag No. 741 — Beginne ich mit der Wanderung durch das zweite von sieben Billys (einem 80-er), dem ersten der westlichen Zimmerwand. Anmerk: Die Führung durch meine Bibliothek geht nicht geordnet von links nach rechts von statten, sondern ich erlaube mir, mal Regele der östlichen —(überwiegend Bildbände und Comics beherbergende)— und der westlichen Zimmerhälfte —(Schwerpunkt Prosa)— abzuwechseln, eben der Abwechslung halber.
Ganz oben druff stehen über vier Billy-Regal hinweg lauter (größtenteils englischsprachige) Taschenbücher. Die werden in einem eigenen Beitrag vorgeführt, dann aber auch die ganze Schlange auf ein mal.
Die 8 Regalbretter des ersten Billys beherbergen schöne Literatur und ein wenig Philosophie.
Ursprünglich beginnt links eine über drei Regalbretter lange alphabetische Ordnung gebundener größerer Bücher, doch im Lauf der Jahre ist die Ordnung verwässert worden. Aber die Wildheit der Mischung zu Beginn beruht immer noch auf dem Alphabet.
Los gehts mit Don Alphonsos »Liquide« (und es ist eine Schande, dass dieser Roman über den Internet-Boom der Jahrtausendwende immer noch nicht als Taschenbuch weitere Verbreitung gefunden hat), Michael Endes »Die Undendliche Geschichte« & »Momo« und Amerys »Die Wallfahrer«. — Gracians »Das Kritikon« ist eines meiner Lieblingsbücher aller Zeiten. — Castors »Der Blutvogt«, ein wirklich wuchtiger und lohnender historischer Berlin-Roman (von einem Perry Rhodan-Autor!), leider auch vergessen worden. — Meine Bücher von Michael Chabon sind im ganzen Zimmer verteilt. Hier mein Erstling von ihm: »Die unglaublichen Abenteuer von Kavalier & Clay«. — Als Schmuck steht hier »Hannibal« von Gisbert Haefs. In zweiter Reihe dahinter befinden sich die beiden ›Alexander‹-Romane und »Pilatus Tochter«. — Meine schöne Erstausgaben-Nachdruck-Ausgabe von Kubins »Die andere Seite«. — Lodemanns »Siegfried und Krimhild«; würde ich gerne noch mal lesen. — Ein kleines aber sehr originelles und anregendes Buch ist Giorgios Manganellis »Irrläufe«. Hier gibt es hundert Romane in Pillenform, also ganz kurze Kurzgeschichten. Gutes Buch, um den Kopf durchzuputzen. — Es folgt die ›Schwarze Serie‹ von Leo Malet (»Das Leben ist zum kotzen«, »Die Sonne scheint nicht für uns« & »Angst im Bauch«). Habe ich Anfang der Neunziger als noch nicht ganz Zwanzigjähriger gelesen. Malet habe ich über Tardis Nestor Burma-Comics entdeckt. Neben Orwell, Krausser, Burroughs und anderen hat Malet mich gelehrt, wie (unterhaltsame) Literatur und wache, kritische Weltbeobachtung gut zusammengehen können. — Das gilt auch, obwohl ich sie erst als Mitzwanziger entdeckt habe, für E. Annie Proulx, von der nun drei Bücher folgen. — Die erste Reihe wird nun abgeschlossen von allen Taschenbuchausgaben, die es bisher von Fernando Pessoas Sachen gibt. Ich gebe zu, einiges, sogar vieles von seinen Werken ist eher so lala, aber irgendwas an seiner Schreibe hat es mir angetan. — Ach ja, das dicke Trumm »Hunger’s Bride« von Paul Anderson das oben auf liegt, habe ich mal aus dem Ramsch gefischt und bisher nur an- und quergelesen.
In zweiter Reihe stehen, wie auch anderswo, gelesene oder angelesene Sachen. Sowohl Esterhazy als auch Franzen könnte ich eigentlich mal wegschenken, denn so bewahrenswert sind deren dicken Dinger für mich nicht. — »Sofies Welt« von Garder ist auch für mich ein netter Klassiker, auch wenn ich Angst habe, das Buch mal wieder in die Hand zu nehmen. Ich könnte es mittlerweile wohl zu flach finden. — Es folgt die Anthologie »Mesopotamia« von Christian Kracht, und dann, wie schon gesagt, einiges von Meister Haefs. — »Die Reise ans Ende der Nacht« von Celine hat mir sehr gut gefallen, auch wenn ich im Lauf der Jahre merke, dass hier etwa meine ›ist mir zu düster‹-Grenze verläuft. Der Nadolny ist von Andrea, und ich muss das gute Stück über den »Gott der Frechheit« fertiglesen. — Pelewin … kann eigentlich weg. — Ich oute mich als jemand, der die ersten beiden Robert Schneider-Bücher ganz großartig findet. Die triefen zwar vor Kitsch, vor allem die hier stehende »Die Luftgängerin«, aber es ist schade, was aus diesem begabten Autor geworden ist. — Von Andreas Onkel geerbt und bei mir zu Gast : »Ich, Claudius« von von Ranke Graves. — »Oscar Wilde im Wilden Westen« von Walter Satterthwaith, dessen Romane ich alle mag und wieder eine traurige Schande, dass dieser Autor seit Jahren nicht mehr auf Deutsch verlegt wird. — »Luna Park« von Ellis habe noch nicht gelesen. Littells »Die Wohlgesinnten« habe ich ehr ausgiebig quergelesen. Habe derzeit für sowas keine Kondition. — Durchaus mit Vergnügen habe ich (wie die beiden Vorgänger) den dritten von Dan Browns Reissern über Robert ›Symbololologe‹ Langdon gelesen. Anspruchsvoll und eine packende Studie über die dunklen Seiten von Kreativität, Autorenfreundschaft und Konkurrenz bot mir Dan Simmons »Drood«.
Oben auf liegen noch die Werke von Marlow in der Schlüter’schen Übersetzung, Heinses Phantastik-Klassiker »Ardinghello« und de Nervals »Aurelia« mit Kubin-Illustrationen.
Thomas Hofmann
Pelewin weg und Dan Brown darf bleiben? Das wuerde ich ja gaaaaanz ander sehen! Na ja, is ja dein Regal :-) Aber stimmt schon, Pelewin wird immer unlesbarer. Doch war Brown je lesbar?
molosovsky Besitzerin
»Buddhas kleiner Finger« war damals ja der erste Pelewin bei uns und ich kann mich noch erinnern, wie der ziemlich gut aufgenommen wurde, ich aber underwelmed blieb.
Und Dan Brown … hmm, ja eigentlich kann der auch weg. Immerhin habe ich die ersten beiden Langdon-Romane aus der Bücherei ausgeliehen. Buch 3 war so billig, dass ich es halt gekauf habe. — Und ich mag die -Langdon-Bücher (und auch die Filme). Ich lese eben auch mal Trash, und im Falle von Brown wahrscheinlich zu einem Gutteil gegen den Strich (nämlich als Fantasy) und auch mit einem gewissen Meta-Grusel (quasi Narrations- & Neo-Mythos-Porno). Ich finde es unglaublich unterhaltsam, wie diese Bücher gestrickt sind. Als das, was sie sein sollen, nämlich reisserische und eigentlich harmlose Wegschlürf-Ware für die Masse (also Blödmaschinen), sind die Dinger ja gar nicht mal ›schlecht‹. Wirklich krass ist, wie hier typische Schreibratgeber-Rezepte übererfüllt werden. Im Grunde kann man diese Langdon-Romane z.B. jedem Schriftsteller in die Hand drücken, um zu zeigen, was man vermeiden sollte, wenn man nicht als billiges Flittchen der Fabulatorenzunft gelten will.