Kino & DVD-Schau: Vampirschnulze mit viel Haarfestiger, Depp-Räuber & Bale-Gendarm, Leo & Kate im Ehe(un)glück
Eintrag No. 584 — Heute weiter mit aktuelleren Filmen, die ich in den letzten Wochen auf DVD oder im Kino gesehen habe.
»Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen«
Trockenes Stubenhockermädchen Bella und schüchterner Gutmenschvampier Edward vergucken sich ineinander. Alle anderen Schulteens benehmen sich verglichen mit den beiden wie Kindergartengemüse. Es passiert die allermeiste Zeit ziemlich genau exakt gar nix, außer Blickballettgetrippel und Rücksichts-Schüchternheits-flokskelgepokere. In einer Biostunde wird der Vortrag des Lehrers zugunsten der rrrrromantischen Musikbegleitung zum Geschmachtes ausgeblendet: mich hätten die Infos über Plattwürmer aber echt mehr interessiert! — Schulteens und Vampire sehen aus, wie frisch einem Kosmetikwerbeclip oder -Plaket entsprungen: da sitzt jede Strähne; alles porentief rein. — Dann spielt Edwards Familie plötzlich Baseball bei Gewitter zur Musik von Muse. Muse ist super, kann aber den Film nicht aufwerten (sondern nur kurz erträglicher machen). — Mir war beim Gucken extrem fad und ich driftete ab zu folgendem Gedankenspiel: Edward wurde als Siebzehnjähriger um 1900 zum Vampir und verknallt sich nun als etwa 105-Jähriger in die siebzehnjährige herb-süße Bella. Ist das nun eine verkappte Päderastengeschichte? Was sagt das Jugendamt?!?
Ich weiß schon, warum ich Vampirgeschichten die emotionell komplexer (und brutaler) sind bevorzuge. Freunde der Molochronik, meidet das bieder brav-naive »Twillight« und haltet lieber Ausschau nach der knackigen neuen Serie von Alan ›Six Feet Under‹ Ball »True Blood« nach den Büchern von Charlaine Harris.
Und der Film versagte bei mir nicht nur deshalb, weil ich ein unrrromantisches Männchen bin. Auch meine Partnerin hat sich gelangweilt. Wir haben uns gegenseitig mit Lästern wachgehalten. Dafür taugt der Streifen.
Fazit: Öde, klebrige Franchise-Schmachtwatte mit ein paar schönen Landschaftsaufnahmen vom Nordosten der USA.
— 2 von 10 Punkten.
»Public Enemies«
Und wieder schafft es Michael Mann nicht, mich zu überzeugen. Schon dessen von vielen als Meisterwerke gefeierte Katz- und Maus-Jagdten »Heat« und »Collateral« fadisierten mich mit ihrer aufdringlich zur Schau gestellten Coolheit und bei dem Tabakindustrie-Drama »The Insider« bin ich eingepennt. (Nur »Der letzte Mohikaner« konnte mich überzeugen und ich frage mich, warum Mann sich seitdem so zum Schlechten entwickelt hat.) Nun also hat Mann 100 Millionen für beste Ausstattung und Kostüme sowie einen Reigen doller Mimen ausgeben dürfen, und was macht er: filmt das Ganze nervigst mit wackeliger Videohandkamera, deren Bildqualität auf der großen Leinwand so minder ist, dass jeder Schwenk zu einer hektischen Schlierenparade wird. Sorry, aber da fühl ich mich mehr als leicht verarscht. — Eingedenk meiner Begeisterung für ›klassische‹ Gangsterstoffe bin ich mehr als enttäuscht, dass die Arbeit der großartigen Darsteller in diesem Film bei mir gar nicht zündet.
Fazit: Trotz schöner Kostüme und Ausstattung und der ein oder anderen dollen Ballerei ein unterm Strich sehr hässlich anzusehender, zäher Gangster-Film.
— 4 von 10 Punkten.
»Zeiten des Auffruhrs«
Der Originaltitel »Revolutionary Road« bezieht sich auf den Namen der idyllischen Vorstadtstraße, in der auf einem kleinen Hügel ein schnuckeliges Haus steht das sich im Laufe des Filmes zu einem Gefängnis für Alice und Frank Wheeler entwickelt. Der Film spielt zwar in den 50ern, aber der Druck und die Macht von subtilen Konformitätszwang, blödem Nachbarschaftsgerede und den ach so hochgeschätzten ›traditionellen‹ Familienrollenbildern ist von zeitloser Aktualität. — Frank pendelt also zu seinem langweiligen Bürojob in die Stadt, Alice hängt allen zuhause ihren Träumen von einem aufregenderen Leben in Europa nach. Das Unglück kommt in diesem ›banalen‹ Drama in Gestalt von ungeplantem Kindersegen und verlockenden Beförderungsangeboten daher. — Unglaublich ist die Erschütterung des gepflegt langweiligen Alltags, wenn Frank und Alice heftig aneinander vorbei streiten bzw. sich gegenseitig erstickend lieben, oder wenn der manisch-depressive Sohn der Vermieterin zu Besuch ist. Dieser von Michael Shannon gespielte Kerl nimmt kein Blatt vor den Mund und trifft mit seinen analytischen Gemeinheiten regelmäßig ins Schwarze. — Thomas Newman hat eine exzellente minmalistische Filmmusik geschaffen und die trügerische Idylle kommt Dank Roger Deakins Kameraarbeit fein zur Geltung.
Fazit: Erstklassiges (schwer tragisches) Liebes-, Ehe- und Vorstadtdrama. Großartige letzte Szene!
— 10 von 10 Punkten.
•••••
10 + + + + + Maßstabsetztendes Meisterwerk; Olympisch.
09 + + + + Überwiegend exzellent; Packend.
08 + + + Bemerkenswert mit leichten Schwächen; Anregend.
07 + + Befriedigendes Handwerk; Kurzweilig.
06 + Unterhaltsam mittelprächtig; Akzeptabel.
Unsichtbare Grenze der absoluten Mittelmäßigkeiten
05 - Brauchbar mittelprächtig; ganz nett, aber insgesamt lau.
04 - - Überwiegend mittelprächtig; Anstrengend bzw. langweilig.
03 - - - Bis auf wenige Momente daneben gegangen; Nervig.
02 - - - - Ziemlich übeles Machwerk; Zeitverschwendung.
01 - - - - - Grottenschlechtes übles Ärgernis; Pathologisch.
DVD-Abend: Sternen-/Nachbau-Krieg, Clankrieg-Sündenpfuhl
Eintrag No. 545 — Molo allein zuhaus die zweite. Gestern ›nur‹ zwei Filme geguckt. Ich hab mich diesertage auch noch um die »MAGIRA«-Portraits (und den diesjährigen Text) für die 2009-Nummer zu kümmern.
$tar Wars – The Clone Wars
Mein »$tar Wars«-Geschmack ist pervers. Ich finde die neue Trio mit Sissi Anakin und Franz-Padme besser als die alte mit Luki & Leier; ich mag die beiden Zeichentrick-DVDs und nun bin ich durchaus angetan von dieser DVD mit CGI-Abenteuern der Jedis im Kampf gegen das Böse. Angesiedelt sind diese Abenteuer irgendwo zwischen den Filmen »E2: Attack of the Clones« und »E3: Revenge of the Sith«. In dieser Phase zerbröckelt die föderal-demokratische Ordnung der Galaktischen Republik angesichts eines um sich greifenden extremistischen Separatismus (aus dem Hintergrund von den bösen, elitären Siths geschürt). — Anlass für viele Schlachten, wo es denkersparenderweise einfach nur ums Stellung- und Linienhalten geht. Neu dabei ist eine kleine bunte und von Tentakeln auf’n Kopf gezierte Jedischülerin, die dem Anakin auf den Nerv gehen darf (und dabei natüüürlich dafür sorgt, dass der für seine Ungestümheit berüchtigte Anni etwas über Verantwortung lernt). — Hauptmission dieses Films: der Sohn von Jabba the Hut wurde entführt, die Jedis sollen ihn retten, damit Jabba der Republik gewogen bleibt (denn der fette Wurm kontrolliert weite Teile des Randbereichs der bekannten Galaxis). — Die Schauwerte sind grandios, wenn man akzeptiert, dass man es hier mit einer CGI-Grafik- und Animationsqualität zu tun hat, die von so manchen NextGen Spiele-Konsolen (PS3, XBox360) übertroffen wird. Aber die Design-Mukkis der »$tar Wars«-Schmiede sind immer gut, um bonbonfarbsatte Landschaften, aberwitzige und stimmungsvolle Architekturen, und mehr harmlos-zünftigen Lasergeballer zu stemmen, als die Retina auf Dauer aushält.
Fazit: Hier passt inhaltliches und filmisches Niveau zusammen. Statt einer Bong (wie bei den protzigen Spielfilmen) reicht hier ein bescheidenes Gläschen Sekt, um sich trotz des biederen Humors und der vorhersehbaren HAndlung am knackig-bunten Desgin und der ›Zack Bumm Zisch Blitz Wuusch‹-Choreographie zu erfreuen.
— 7 von 10 Punkten.
Gomorrah – Reise in das Reich der Camorra
Vorausgesetzt, man ist kein krankes A***loch (das sich an realistisch dargestelltem kriminellem Elend aufgeilt), muss man sich bei diesem Film auf eine herbe, aufzehrende Erfahrung gefasst machen. Nichts desto Trotz aber ein Filmerlebnis, das sich lohnt. Erzählt werden verschiedene Facetten aus dem Krieg zweier Gangstergruppen um die Macht. Im Mittelpunkt stehen aber nicht die großen Macker und Krieger, sondern größtenteils Leute, die in anderen Gangster-Filmen bestenfalls als Nebenfiguren auftreten. — Allen, die auf irgendeiner Weise naiv-romantischen Träumen von vormodernen Krieger-Clan- und -Stammgesellschaften anhängen, sollten sich die hier gezeigten Typen und ihr Umfeld genau anschauen. Hier wird die Welt des Verbrechensproletariats und dessen Verflechtung mit der ›normalen‹ & ›ehrenwerten‹ Unternehmenswelt geschildert; es wird anschaulich gezeigt, wie fatal die Faszination für Gewalt und (vermeintlicher) Macht für heranwachsende Männer ist; vor allem aber wird die Trost- und Freudlosigkeit des Gangster-Milieus offenbart, einem Milieu, das oftmals bedenklich ins Spannend-Abenteuerliche verklärt wird. — Ein packender und aufregender Film, obwohl ich zweimal Pause machte, um mich zwischendurch wieder von den Depri-Aromen zu erholen.
Fazit: Interessanter Blick in die Welt des Verbrechens. Wegen des Mangels an Spektakel anfangs gewöhnungsbedürftig; macht das aber bald Wett, weil man merkt, dass hier mal zur Abwechslung nicht gelogen und beschönigt wird.
— 9 von 10 Punkten.
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10 + + + + + Maßstabsetztendes Meisterwerk; Olympisch.
09 + + + + Überwiegend exzellent; Packend.
08 + + + Bemerkenswert mit leichten Schwächen; Anregend.
07 + + Befriedigendes Handwerk; Kurzweilig.
06 + Unterhaltsam mittelprächtig; Akzeptabel.
Unsichtbare Grenze der absoluten Mittelmäßigkeiten
05 - Brauchbar mittelprächtig; ganz nett, aber insgesamt lau.
04 - - Überwiegend mittelprächtig; Anstrengend bzw. langweilig.
03 - - - Bis auf wenige Momente daneben gegangen; Nervig.
02 - - - - Ziemlich übeles Machwerk; Zeitverschwendung.
01 - - - - - Grottenschlechtes übles Ärgernis; Pathologisch.