molochronik

Thomas Stearns Eliot (1888-1965)

T. S. Eliot

Eintrag No. 16 — Noch habe ich keine eindeutige Meinung zu T.S. Eliot, aber ich betrachte mich derzeit ganz gerne in seiner Lyrik, oder lasse mir von ihr ins Gemüth gucken... je nachdem, wie man's wendet.

Schrecklich finde ich aber das Geeiere mit dem er in der Suhrkamp Gesammelte Gedichte-Ausgabe von Eva Hesse benachwortet wurde. Wo Eliots Biographie und Werk mit Anekdoten gewürzt umrissen werden, macht das Lesen Freude, aber wehe Frau Hesse läßt raushängen, daß sie'n Papa Freud und Onkel Marx gelesen hat... mein lieber Schwan, schwillt da die Schwummerigkeit im Beschreiben der Intentio Auctoris.

Aber Eliots Gedichte sind auf knackige Art kaputt (The Hollow Men) oder auf pathologische Weise lustig (The Rock; leider nicht im Netz gefunden).

Die Übersetzter kann ich aber nur doppelt bemitleiden: Nicht nur, daß die einzelnen Gedichte sehr heterogen strukturiert sind, und die verschiedenen Phasen seines Schaffens sich gegenseitig schroff abkanzeln, noch dazu dürfen die Übersetzter im Sinne des Verlags mit Hang bundesweites Ministerium für ernste Bücher sein zu wollen, nicht aus dem vollen (Nach)Schöpfen, sondern sollen behutsam nahebringen. Aber hier muß man Frau Hesse loben, wenn sie offenbart, daß sie die schlimmsten Auswüchse des dem deutschen Leser Entgegenbringens und Beschönigens von Eliots Abgründigkeiten bereinigt hat, wo er selbst gar nicht wuchten wollte.

Zu Eliots religiöser Volte: Ich kann mir ja gut vorstellen, daß er wirklich aus lauter Verkorkstheit irgendwann zwischen 1920 und 1930 eine Frau umgebracht hat, und wegen unerträglich anschwellenden Schuldgefühlen seine berühmte fundamental-anglikanische Kehrtwende hingelegte.

Völlig belanglos als Argument dazu, aber eben auffällig für mich: Eliot wurde im September 1888 geboren, dem Monat der größten Aktivität von Jack the Ripper. (Auffällig ist da wohl nur meine Assoziation...)

Allen Misanthropen, Lovecraft-Pfadfindern und Houellebecq-Babies sei zuletzt noch folgender Satz von T.S. Eliot zur aufrichtigen Beherzigung anempfohlen:

»Der Haß auf das Leben ist eine wichtige Phase, sogar eine mystische Erfahrung, wenn man will, im Leben selbst.«
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