John Dowland: »In darkness let me dwell«
(Literatur, Musik) – Die drei (plus zwei) Bücher der Lieder (»Booke of Songs 1-3«, »A Pilgrims Solace«, »A Musicall Banquet«) des englischen Renaissance-Komponisten und Lautenmeisters John Dowland (1563-1626) gehören zur von mir wohlgeschätztesten Musik und Lyrik.
Es beruhigt mich, über Andrea von Anglisten zu hören, die es schade finden, daß Dowland akademisch durch den Rost fällt. Denn: die Musikwissenschaftler meinen, um die Texte sollen sich die Anglisten kümmern weil Lyrik; die Anglisten nehmen an, die Musikwissernschaftler sollten sich um Dowland kümmern, weil Musik.
So gibt es bis heute keine Übersetzungen von Dowland im Netz und deshalb fang ich jetzt mal damit an.
Folgende erste Dowland-Übersetzung von mir hat nichts mit meiner derzeitigen Stimmung zu tun. Aber Jammern ist ja Mode und ich will gerne den Jammeranten stilvolle Handhabe zum Jammern reichen.
Ich hoffe, ich schaffe es für die Molochronik eine Reihe mit Dowland-Übersetzungen zu etablieren.
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In darkness let me dwell, the ground shall Sorrow be; the roof Despair to bar all cheerful light from me, the walls of marble black that moisten'd still shall weep; my music hellish jarring sounds to banish friendly sleep. Thus wedded to my woes and bedded to my tomb, O let me living die, till death do come.
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In Finsternis laßt hausen mich, der Baugrund soll die Sorge sein; das Dach Verzweiflung soll abhalten alles heitere Licht von mir, die Mauern aus marmorner Schwärze sollen – immer noch feucht – weinen; meine schnarrende Höllenmusik erklingt, um freundlichen Schlummer zu bannen. Somit vermählt mit meinem Leid und in mein Grab bettet, Oh laßt lebend sterbend mich, bis daß der Tod kommt.
Aus »A Musicall Banquet« von 1610.
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Empfehlenswert finde ich die Aufnahmen: • »John Dowland – The Collected Works«: The Consort of Musicke unter der Leitung von Anthony Rooley; Editions de L'Oiseau-Lyre, Decca. — Ensembleaufnahmed er Olympierklasse. • »A Musical Banquet«: Andreas Scholl, Markus Märkl, Christophe Coin; Decca. — Solo-Gesang-Aufnahme von unserem Meister Scholl. • »In Darkness Let Me Dwell«: John Potter, Stephen Stubbs, John Surman, Maya Homburger, Barry Guy; ECM. — Moderner, expressiverer Ansatz mit Saxophon und Zupfbass.
david ramirer
die kombination dowland/molo tut gut, und ich freue mich sehr, dieses herrliche lied heute zum ersten mal übersetzt lesen zu können. besonders der beginn und der schluss des liedes ist so kongenial: wo sich die stimme fast unhörbar aus dem lautenton emporhebt, wunderbar. mehr davon, unbedingt weiterübersetzen! als buch rausbringen vielleicht? suhrkamp?
p.s.: die aufnahme faire, sweet & cruell bei BIS findest du nicht empfehlenswert? ich empfehle sie hiermit (ich bin so frei).
molosovsky Besitzerin
Aber ich geh dem Tip auf jeden Fall mal nach. Ich muß mal suchen. Auf dem Sampler »Miroque Volume II« (Euro Media, Sub Terranean 1997) findet sich von der Gruppe Convivium Musicum »Burst For My Tears«. Kann mir vorstellen, daß diese Leut auch »In Darkness Let Me Dwell« adequat hinbekommen. Vielleicht haben die das schon.
Aber ich kann Dir Hoffnungen machen, David. Über Dowland will ich mal was zustammenstellen. Allein schon wegen der »Bücher mit vier Leserichtungen«.
In einer Programminformation steht der lapidare Satz, »… daß Dowland eine Schlüsselrolle bei der Wiederbelebung der Alten Musik seit dem 20. Jahrhundert einnimmt«. Das stimmt zweifelsohne.