Zwischenstand Daddelwahn und Gedicht
(Eintrag No. 373; Lyrik) — Gestern hat mein Kumpel seine PS2 wieder abgeholt, um sie einer Freundin weiterzuleihen, die derzeit krankgeschrieben zuhause darbt und die Abwechslung des Daddelns nötiger hat als ich.
Eigentlich hätte ich ja derzeit genug Projekte laufen um voll beschäftigt zu sein … aber nein, ich habe den Mai vertändelt, indem ich alter Knacker (geboren 1972) mich abmühte, in die Rockstarwelten von »Cavis Carnem Edit« und »GTA III: San Andreas« einzutauchen (und zu überleben). Derzeitiges Fazit: liebe Leute, mit diesen großen Abenteuer-Äktschn-Spielen ist mittlerweile wirklich genug Möglichkeitsraum um die Story-Missionen da, damit ich mich ohne Verkrampfung traue von Kunst und Literatur zu sprechen. Jetzt sitzt ich angefixt da und überlege, wie ich die Kohle für eine PS3 zusammenbekomme, denn im Oktober erscheint »GTA IV« und im Dezember kommt dann das Überspiel für meinen Geschmack von den Rockstar-Zauberern: »L.A. Noire«: Krimi-Mystery in den 40ger Jahren, mit Jazz-Mukke als Spielesoundtrack. Der Trailer macht mich ganz weich vor Begeisterung, und beim »GTA IV«-Trailer bin ich natürlich ganz angetan davon, wie stilsicher man »Koyaanisquatsi« zitiert.
Deshalb also diesen Monat so wenig los hier. Jetzt aber noch schnell der kleine Vierzeiler, der mir beim Dadedeln aus dem Kopf gefallen ist.
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Tauben und Gespenster glotzen durch mein Fenster; ich kann es gar nicht glauben. Gespenster und Tauben.
ishiro
Eine PS3? Ui. *andächtiges Schweigen*
Oder wie ein echter Gamer sagen würde: w00t w00t!
Zu Bedenken gebe ich nur, was ich mir jahrelang von der Mamutschka anhören musste: "Warte noch ein, zwei Jahre, der Preis halbiert sich." Selbstverfreilich ist mir klar, dass "ein, zwei Jahre warten" eine völlig unakzeptable Bedingung ist.
Mach' doch mal ein Spendenkonto auf und nenne es "Spenden für molo und den Jungen, der die Idee mit dem Spendenkonto hatte, auf dass zwei weitere Pe-Ess-Dreies den Ladentisch übersegeln können"...
molosovsky Besitzerin
…frag ich mich nun allerweil. Vielleicht bekomme ich es bis zum dritten Quartal ja hin, mit hinreichend gehaltvollen Besprechungen von »Cavis Canem Edit« einen PS3-Sponsor davon zu überzeugen, daß ein Kerl wie ich so ein Ding verdient hat. Wenn das nicht klappt: eine Sparsocke ist bereits angelegt, und werde gleich mal so unverschämt sein, die PS3 auf meine Amazon-Wunschliste zu setzten.
»Frechheit siegt« ist ein Spruch, den ich zwar so gar nicht schätze. Aber schön langsam lerne ich, mich Wunschdenken hinzugeben, ohne mich in Illusionen zu verlaufen und entsprechend gemüthsmäßig anzuhaun. Immerhin: Großzügigkeit gibts wirklich.
david ramirer
eine ps3 wird bei mir natürlich bis in den herbst auch angekauft, derzeit lediglich wegen gta IV.
auch in meiner wahrnehmungsecke positionieren sich kunstwerke wie "gta san andreas" gleichberechtigt neben romanen von charles bukowski, gemälden von hieronimus bosch und musik von george gershwin. und wenn eco vom "offenen kunstwerk" spricht und schreibt, dann hat er sicher dieses riesenareal san andreas auch mitgedacht.
die option in dem spiel selbst die geschwindigkeit der handlung und den genauen ablauf der erzählung in die hand zu nehmen bzw. einfach die missionen links liegen zu lassen und völlig frei in den straßen von los santos, san fierro oder las venturas herumzuziehen und die größe dieser welt zu spüren, das ist unschlagbar.
magisch an diesem spiel (und leider kaum von jemandem beachtet) ist der hohe grad an konzentriertem kritischem realismus, der nicht mehr nur in die daddel-ecke gehört. san andreas ist digitale kunst auf sehr hohem niveau: die stimmung etwa des flughafenfriedhofes "verdant meadows", der mitten in der wüste liegt, ersetzt so manchen western. die möglichkeit, in einem computerspiel einen berg wie den "mount chilliad" mit dem sportbike völlig frei zu befahren bzw. über eine rampe am gipfel abzuspringen und den fallschirm zu ziehen. in san fierro kommen erinnerungen an alle filme, die in san francisco spielen auf (da die straßen dort sehr abrupten hügelcharakter haben). und es lohnt sich, auf den autobahnen eine rundreise mit der nrg 500 zu machen (dem schnellsten motorrad im spiel), da die landschaften währenddessen auf sehr detailverliebte art und weise viel an gesellschaftskritik (und heimatliebe) offenbaren.
eine angemessene kritik zu diesem spiel wäre wirklich einmal eine herausforderung... aber wie machen: denn jeder spielt es anders und rezipiert es anders. ein großer schritt hin zum "offenen kunstwerk".
molosovsky Besitzerin
Rufen deshalb ja alle Gehrinviecher. Da ich eine dunkle Hornbrille und gern und viel schwarze Klamotten trage, darf ich auch »Immersion!« rufen.
Man ist halt eingebettet, in eine Graphik- & Klang-Insterlation. Dann gibt es die Story der Haupt-Missionen und Nebenmissionen, bei denen greifen ganz normal die literarisch/dramaturgischen/filmischen Kriterien. Und es gibt es den sogenannten Möglichkeitsraum, das Angebot, frei Schnauze diese VR zu erkunden und seinen Blödinn darin anzustellen (vom Amoklauf über Fahrtkunststüchcken, Experimenten mit der Diät und damit dem Aussehen der eigenen Spielfigur usw usw.).
Der knallharte Satire-Zug von »GTA San Andreas« ist mir auch aufgefallen. Ich sag nur. Fleischberg-Fastfoodkette, Drive Throu Krichen, die durchaus tollen Genre-Figuren des Hippie-Gurus (gesprochen von Peter Fonda), des zwielichtigen Bullenteams (Samuel L. Jackson & Chris Penn) oder des skrupellosen Regierungsagenten (James Woods), bis hin zu den köstlichen Lemmis, die im Ammu-Nation-Laden (»Die Kultisten sind überall«). Storymäßig war ich bisher z.B. am hingerissensten von Catalina, der durchgeknallten Räuberbraut, mit der man 4 Missionen eine Art »Natural Born Killers«/»True Romance«-Phase durchmachen kann.
So planlos rausplappern könnt ich da noch viel, aber ich kläre mal weiter drüber ab, wie ich so einem reichhaltigen, ›tiefem‹ Werk Rezi-mäßig gerecht werden kann.