molochronik
Sonntag, 15. Juli 2007

The Second Coming (MoloMundMukke No. 6)

(Eintrag No. 386; Gedichtvertonung) — Hurrah! Ein Freund der MoloChronik hat dafür gesorgt, daß ich größere Dateien FTP-en, und damit z.B. umfangreichere Musikstücke hier anbieten kann.

Ist schon einige Jahre her, daß ich das großartige Apokalypsegedicht »The Second Coming« von W. B. Yeats vertont habe. Einmal (anläßlich eines Follow-Festes auf der Ludwigsburg) hab ich es auch öffentlich auf der Amateurbühne zum Besten gegeben. Damals waren nicht wenige überrascht, daß ich Musik mach, denn ich hab nun mal vornehmlich den Ruf weg, ein Gehirn- und Labertier zu sein, das vornehmlich von Büchern und Filmen lebt.

Das folgende ist eine rohe Arbeitsversion, erstellt mit dem tollen »Garage Band«-Programm von Apple. Fünf Stimmen und ein durch den Verstärker gejagtes Akkordeon.

MoloMundMukke: The Second Coming / MoloMouthMusique: The Second Coming Länge: 3:50 min / Format: mp3/Quicktime Text / Lyrics: William Butler Yeats (1920). Musik / Music: molosovsky. © by molosovsky

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THE SECOND COMING

Turning and turning in the widening gyre The falcon cannot hear the falconer; Things fall apart; the centre cannot hold; Mere anarchy is loosed upon the world, The blood-dimmed tide is loosed, and everywhere The ceremony of innocence is drowned; The best lack all conviction, while the worst Are full of passionate intensity. Surely some revelation is at hand; Surely the Second Coming is at hand.

The Second Coming! Hardly are those words out When a vast image out of Spritus Mundi Troubles my sight: somewhere in the sands of the desert A shape with lion body and the head of a man, A gaze blank and pitiless as the sun, Is moving its slow thighs, while all about it Reel shadows of the indignant desert birds. The darkness drops again; but now I know That twenty centuries of stony sleep were vexed to nightmare by a rocking cradle, And what rough beast, its hour come round at last, Slouches towards Bethlehem to be born?

Meine Übersetzung geht so:

DIE ZWEITE WIEDERKUNFT

Kreisend und kreisend in einem sich weitenden Strudel Kann der Falke den Falkner nicht mehr hören; Alles fällt auseinander; die Mitte vermag nicht zu binden; Bloße Anarchie bricht über die Welt herein, Die blutgetrübte Flut rollt heran und überall Wird die Zeremonie der Unschuld ertränkt; Den Besten mangelt es an Überzeugung, weiland die Schlechtesten Erfüllt von leidenschaftlicher Heftigkeit sind. Sicherlich steht eine Offenbahrung bevor; Sicherlich steht die Zweite Wiederkunft bevor.

Die Zweite Wiederkunft! Kaum sind die Worte gesprochen Als ein riesige Erscheinung aus dem Weltengeist Meine Sicht verstört: irgendwo im Sand der Wüste Eine Gestalt mit dem Körper eines Löwen und dem Kopf eines Mannes, Der Blick leer und mitleidlos wie die Sonne, Bewegt seine trägen Schenkel, wärend weit darüber Die Schatten aufgebrachter Wüstenvögel taumeln. Die Finsternis sinkt wieder herab; doch nun weiß ich Dass zwanzig Jahrhunderte steineren Schlafes Durch eine schaukelnde Wiege zu Alpträumen getrieben wurden, Und welch grobes Biest, dessen Stunde schließlich naht, Kriecht nach Bethlehem um geboren zu werden?

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Ich selber bin weder Anhänger oder Praktiker von okkulter Mystik oder religiöser Offenbahrungsinnigkeit, aber ich finde dieses Gedicht trotzdem schön (unheimlich). Kennengelernt habe ich den Text durch das Lesen den wundervollen Romans »Armageddon Rag« von George R. R. Martin. Dieser Roman ist ein melancholischer Abgesang auf die Gegenkultur der 60ger-Jahre. Darin geht es um die fiktive Rockgruppe ›Nazgul‹, die eben aus diesem Yeats-Text einem bombastischen Art Rock-Song gemacht haben. Wer wie ich diesen Roman schätzt, wird sich vielleicht die entsprechende Aufbereitung vorstellen können (lange Instrumental-Passagen, viele Stromgitarren usw.).

Auch Freunde der HBO-Serie »The Sopranos« kennen dieses Gedicht. In der letzten Staffel, der 84. von insgesammt 86 Folgen, lernt AJ dieses Gedicht an der Uni kennen (wunderbar rezitiert vom Darsteller Robert Iler!)

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