molochronik
Samstag, 12. Januar 2008

Susanna Clarke: »Jonathan Strange & Mr. Norrell« / »Die Damen von Grace Adieu«, oder: Ein edles Tröpfchen des berauschenden Weins der Magie

Eintrag No. 434

{Diese Rezension erschien ursprünglich in »Magira 2007 — Jahrbuch zur Fantasy«, Hrsg. von Michael Scheuch und Hermann Ritter. Hier exklusiv um einige weiterführende Links erweitert.
••• Hier gehts zum Trailer der Sammelrezi mit Introdubilo und Warentrenn-Überleitungen.}

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Das gute Stöffche der Susanna Clarke’schen Phantastik wurde mir zum ersten Mal in der von Neil Gaiman herausgebenen Anthologie mit Kurzgeschichten aus dem Universum seiner »Sandman«-Comics kredenzt, und später lag einer Gallery-Mappe zu Gaimans und Charles Vess »Stardust« eine weitere Kurzgeschichte von Clarke bei[01]. In der Autorenbio der »Sandman«-Antho von 1996 heißt es (Übersetztung von Molo):

Derzeit arbeitet sie an einem Roman, der im England des 19. Jahrhunderts spielt, in dem Zauberei eine mehr oder minder angesehene Profession ist.

Gute zehn Jahre hat Clarke an »Jonathan Strange & Mr. Norrell« (= JS&MN) gefeilt, bis der Roman 2004 erschien.

Welch eine Freude! Was für eine Wohltat, wie JS&MN mittlerweile aufgenommen wurde, sowohl bei den Genre-Lesern, als auch von der Zunft der berufsmäßigen Literaturmeinungsverbreiter in Großmedien und Feuilletons. So jubelt beispielswiese Denis Scheck für die TV-Sendung »Druckfrisch«:

Susanna Clarke hat eines jener raren Bücher geschrieben, die uns daran erinnern, dass die Realität nur der Ort des Eskapismus derjenigen ist, die für das Reich der Magie nicht stark genug sind

und Nina May für »Die Zeit«:

Mit einer wunderschönen Bildersprache hat Susanna Clarke ein Buch für lange Herbstschmökerabende geschrieben, ein Buch, auf dessen honigfarbene Seiten einfach Schokoladen- und Kaffeeflecke gehören.

Aber, in beiden Lagern (bei Fantasylesern und Literatuuurverköstern) äußerte man verschiedentlich auch Befremden oder Unwohlsein über einige Eigenschaften von Clarkes Roman. Befremdet zeigte sich auch eine angesehene englische Literatin[02], die Clarke im Vorfeld der Veröffentlichung von JS&MN zwar begeistert bescheinigte, einen außergewöhnlich guten Roman vorgelegt zu haben, aber Clarke solle das Buch doch besser nicht selbst freimütig als ›Fantasy‹ bezeichnen, dass würde ja die anspruchsvolle oder ernste Leserschaft auf falsche Fährten locken und verschrecken. Diese Denkfigur ist ja bekannt: wenn ein Buch gute Literatur ist, dann kann es keine Genre-Fantasy sein. (Und ergänzend das andere in meinen Augen genauso dumme Vorurteil: Fantasyleser können eigentlich niemals wirklich ›ernsthafte‹ oder ›anspruchsvolle‹ Leser sein.)

Natürlich sind Einwände gegen die prägnanten Eigenschaften solch guter Literatur wie JS&MN nicht immer gänzlich kraftlos. Wer auf einen zügigen Fortlauf und klaren Bezug von Ereignissen wert legt, wer positive, leicht zu handhabende Rollenverteilung bevorzugt, wer mehr eine Schwäche (oder grad eben eher Gelegenheit) für ›Auf Sie mit Getöse‹-Äktschn und verlässliche Achterbahn-Thrill- und/oder Gefühlskissen-Einlagen hegt, wird hart und wohl weitestgehend freudlos an JS&MN zu knabbern haben, und nach einigen hundert Seiten beiseit legen. Wem es so ergeht, ist nicht automatisch ein schlechter oder dummer Leser. Man outet sich halt nur, ein ungeduldigerer Leser[03] in Sachen ›Worum geht’s denn nu?‹-Haltung zu sein.

Da ist es bequem, dass sich mittlerweile die nicht oft bietende Gelegenheit auftut, und man sich wie bei einem guten alten Rollenspiel-Buch[04] auf, in diesem Fall, zwei grundsätzlich verschiedenen Wegen in eine Fantasywelt begeben kann:

  1. »Möchtest Du lieber in einem munter ausufernden dicken Roman versinken, dann greife zu ›JS&MN‹;
  2. Wenn Du elegant geschnürte Kurzgeschichten vorziehst, dann gib Dich den ›Die Damen von Grace Adieu‹ hin.«

Da JS&MN bereits mit einiger Aufmerksamkeit bedacht wurde, stelle ich im Folgenden »Die Damen von Grace Adieu« (= DVGA) ausführlicher vor[05].
DIE KURZGESCHICHTEN

Leider wurde für die deutsche Ausgabe nur das ornamentale Blumenmotiv des Umschlags übernommen, die restlichen, entzückend anmutigen Illustrationen von Charles Vess[06] der hiesigen Leserschaft aber traurigerweise vorenthalten. Da blühen Prunkwinden, Sterne und Vollmond kehren mehrmals wieder, Eulen im Flug; zwei der drei Damen von Grace Adieu halten sich beschwörend an den Händen, die dritte betet, alle tragen typische Regency-›Elfenkleidchen‹ mit Kaschmirschultertuch, Puffärmeln und gesogten Bündchen; aus einem Buch klettern kleine Kobolde und ranken sich belaubte Ästchen; ein kleiner Junge steht auf der Mauer einer Turmruine umflattert von einem Rabenschwarm; nächtliche Hügel mit Hirsch, Hundemeute und rufenden Gestalten im Nebel; eine junge Frau mit Haube und Korb guckt in einem dichten Wald durch einen schmalen Ausblick auf einen Weg der zu Steinkreisen und einem ummauerten Turm führt; an einem Kirchturm fliegt ein kleines Schiffchen mit drei fröhlich musizierenden Engelsmännekens vorbei; Mary of Scottland sitzt vor einem Gobelin und stickt mit finsterem Blick; drei Heilige schauen ehrfurchtsgebietend auf den Betrachter herab.

Zuerst spricht ein gewisser Prof. James Sutherland (im Jahre 2006 Direktor für Sidhe-Studien[07] an der Uni Aberdeen) zu uns, als Autor des Vorwortes und Herausgeber der Kollektion, später noch mal als Erzähler/Bearbeiter einer der Geschichten. Die magisch-historische Alternativwelt von Clarke umfasst sich nicht nur die mittelalterliche und frühneuzeitliche Vergangenheit bis zum Regency. Laut Sutherland soll DVGA zum einen helfen, die Entwicklung der Zauberei auf den Britischen Inseln zu verstehen, zum zweiten dem Leser einige Einblicke und Rat liefern betreffs des Umgangs mit Elfen sowie deren schwer durchschaubaren Manipulationen menschlicher Angelegenheiten.

In dem Roman JS&MN ist Zauberei ja zuvörderst eine Männer-, genauer gesagt eine Gentleman-Angelegenheit, und der Erzählungsreigen ergänzt vorzüglich, da uns (nicht nur) durch die titelgebende Eröffnungsgeschichte »Die Damen von Grace Adieu« (1996) etwas von den weiblichen Zauberkünsten gezeigt wird. Hier lernt man die vielleicht drei fähigsten Zauberinnen des Regency-Englands zur Zeit von JS&MN kennen, die in dem kleinen (fiktiven) Kaff Grace Adieu leben, und sich bei ihren abendlichen Unterhaltungen über ihre männlichen ›Kollegen‹ Norrell und Strange uffregen, ansonsten sie als Kindermädchen auf Weisen aufpassen (Miss Tobias), als Witwe ein angenehmes Dasein pflegen (Mrs Field) oder mit Unbehagen über Heiratsfragen grübeln (Cassandra Parbringer). Der illustre, jüngere Meisterzauberer im Dienste Englands, Jonathan Strange, besucht zusammen mit seiner etwas überdrehten Frau Arabella deren Bruder Henry, von dem es heißt, er wolle die junge Cassandra ehelichen (die dazu lieber nix sagt). Wie überall, wo Jonathan weilt, ist er die Attraktion des Ortes, und er begegnet nächtens den drei zauberhaften Damen zwischen Wald und Hügel. Zugleich werden die Damen von unangenehmen Zeitgenossen heimgesucht, und ›Eulen sind nicht das, was sie zu sein scheinen!‹

In »On Lickerish Hill« (1997) lesen wir die dialektgefärbten Aufzeichnungen von Miranda, einer schlauen jungen Dame aus einfachen Verhältnissen, die mit dem wenig umgänglichen Sir John Sowreston verheiratet ist. Zum einen schildert die Geschichte eine Variante des Rumpelstilzchen-Märchens, und wie Miranda sowohl ihren Gatten als auch den spinnenden Elfen austrickst. Andererseits ist Miranda auch Gastgeberin eines wuseligen Gelehrtengrüppchens (die Royal Society ist noch in ihren Kindertagen), zu denen auch John Aubrey gehört[08]. Die Herren Gelehrten tummeln sich als Elfenkundler im moorigen Umland, entwerfen Fragenkataloge, für den Fall, dass sie mal einen Elfen erwischen, streiten natürlich immerfort leidenschaftlich und versuchen sich im Beschwören von Elfen.

Venetia, die Heldin der Geschichte »Mrs. Mabb« (1998) ringt mit dem Wahnsinn, denn ihr Geliebter weilt mit seinem Regiment in der Ferne im Kampf gegen Napoleon, oder doch nicht? Fiel er nicht vielmehr der Becircung der geheimnisvollen Mrs. Mabb anheim? Insekten spielen eine wichtige Rolle[09] und Venetia verbreitet bei ihren Versuchen die Schliche von Mrs. Mabb zu ergründen Unruhe unter deren Gästen und Familienangehörigen. Ins Irrenhaus eingeliefert zu werden dräut der Verzweifelten als Schicksal.

»Der Herzog von Wellington geht seines Pferdes verlustig« (1999) ist der kürzeste Beitrag der Sammlung und lässt den große Helden (eine Art Rockstar seiner Epoche) Lord Wellington triumphieren, indem er es versteht, mit Nadel, Faden und Schere um sein Leben zu kämpfen.

»Mr. Simonelli und Der Elfen-Witwer« (2000) kommt in Form von Tagebuchauszügen der Titelfigur daher. Mr. Simonelli, ein junger Protestant italienischer Abstammung, nimmt, um den unaufhörlichen Intrigen Cambridges zu entkommen, eine Stelle als Landpfarrer an. Dort lernt er John Hollyshoes kennen, einen ihm bisher unbekannten Verwandten, der in dem heruntergekommenen Anwesen Allhope lebt. Hier treibt Clarke das Scharadenspiel zwischen Elfenprunk und tatsächlichem Verfall am weitesten, und Simonelli findet sich zu seiner Überraschung in der Rolle es beherzten Frauenretters wieder.

»Tom Brightwind oder Wie die Brücke in Thoresby gebaut wurde« (2001) ist die munterste Geschichte, mit den tollsten Zaubereikunststückchen. Herausgeber James Sutherland erzählt auktorial (mit Fußnoten) von einem im Jahre 1780 spielenden Abenteuer der Freunde David Montefiore, einem betont vernünftigen jüdischen Arzt, und Tom Brightwind, einem wohlhabenden Elfen, geschlagen mit einer quirligen Rasselbande junger Prinzessinstöchter.

»Antickes & Frets« (2004) handelt von der Konkurrenz zwischen Elizabeth I. und Mary von Schottland. Mary sinnt auf Rache und Thronübernahme und gibt sich zu diesem Zwecke alle Mühe, von der Heiratskarrieristin Bess Hardwick zu lernen, wie man mittels Stickereien Leute killt.

Zuletzt widmet sich Clarke/Sutherland mit »John Uskglass und der Cumbrische Kohlenbrenner« (2006) dem legendären Rabenkönig, dem mittelalterlichen Champion der englischen Zauberei, der schon in JS&MN eine wichtige und verrufene Rolle inne hat. Der junge Rabenkönig Uskglass verbreitet leichtfertig Chaos auf einer Waldlichtung, dem Zuhause eines einfachen Kohlenbrenners und seines Schweins. Der Kohlenbrenner will Vergeltung und klappert dazu die nächstgelegenenen Kirchen ab, wo die Heiligen (St. Kentigern, St. Barbara & St. Oswald) aus ihren Glasmalereihimmeln herabsteigen, um mit perfiden Zauberein dem aus Leichtsinn rücksichtslosen Uskglass erzieherische Lektionen zu erteilen.

Letztes Jahr habe ich gemosert wegen zu schnell und unbedacht gezogener ›Typisch Englisch, halt so wie bei Charles Dickens‹-Vergleiche. Bei Clarke kann aber auch ich solchen Vergleichen mit den üblichen Verdächtigen zustimmen: Clarkes alternativgeschichlich-magischer Weltenwurf verdankt nicht wenig den Romanen von Dickens und Jane Austen, denn Charakterzeichnung und die Schilderungen komplexer Standes- und Gesellschaftsregeln ist mehr Raum gewidmet, als knalliger Äktschn, und sind auf anregend durchdachte Art mit den magischen Vorgängen verbandelt. Clarke zeigt sich in ihrer Kurzgeschichtensammlung als meisterhafte Stimmenimmitatorin, die scheinbar mühelos die manchmal formelhaften Schematas von Märchen zu überraschend zu varieren und neuzubeleben versteht, mit dem für Kleinigkeiten aufmerksamen Alltags-, Konversations- und Sehnsuchtshin- und her, durch das eben die Romane von z.B. Thackery, Austen oder der Brontegeschwister zur Weltliteratur aufstiegen. Zwischen diesen beiden Erzählkonventionen pendelnd (Märchenfantasy hie, realistische Gesellschaftsprosa da), gelingt es Clarke spielerisch, ihre Leser und Protagonisten amüsant an der Nase herumzuführen und zu überraschen.
DER ROMAN

Spätestens seit Shakespeare ist ja bekannt, dass die Welt eine Bühne, und wie wichtig es deshalb ist, sich gemäß des eigenen Platzes in der Gesellschaft zu verhalten. Doch wer verteilt die Rollen und wie ergeht es Personen, die sich partout danach sehnen, von ihrem zugedachten ›Text‹ abzuweichen? Eine ganz ähnliche Frage, nur von ungleich größerem Format, eröffnet Clarkes dicken Roman JS&MN[10]. »Warum gibt es keine Zauberei mehr in England?«, will eine Versammlung von Gentleman-Zauberern zu Beginn ergründen, und einige unter ihnen sind nicht Willens, dieses Schicksal länger hinzunehmen. Diese Herren studieren zwar (allerweil streitend) die Geschichte der Zauberei, sind aber selbst zu keinerlei magischen Taten im Stande. Wegen des Rufes seiner exzellenten Bibliothek, treten die Gentlemen-Zauberer brieflich in Kontakt mit dem schrulligen und dauerschlechtgelaunten Bücherwurm Mr. Gilbert Norrell auf, der laut eigener Auskunft der einzige wahrhafte lebende Zauberer Englands ist. Nach einigem Zögern entschließt sich Norrell die Provinz zu verlassen und siedelt nach London über, um sich in den dortigen Salons darum zu bemühen, der englischen Zauberei zu neuem Glanz zu verhelfen., und mit ihr England im Krieg gegen Napoleon beizustehen. Mit seinen ersten magischen Kabinettstückchen überwindet Norrell das anfängliche Misstrauen der Entscheidungsträger aus Politik und Militär. Doch, ›Oh je!‹, der scheue Misanthrop findet sich dann, sehr zu seinem Missfallen, bedrängt von der aufgeregten Neugierde und den mannigfachen Begehrlichkeiten der besseren Gesellschaft, und begeht einen großen Fehler, als er eine junge Dame vor dem Tod errettet. Norrell sichert sich eifersüchtig und despotisch die Stellung des exklusiven Staatszauberers, ringt sich aber schließlich durch, seine Kenntnisse und Fertigkeiten mit einem Schüler zu teilen. Als solcher kommt verhältnismäßig spät, am Ende des erstens Drittels, Jonathan Strange in die Geschichte.

Der Kontrast der beiden Titelfiguren erinnert mich im besten Sinne an das Couplet, das Walter Matthau und Jack Lemmon in ihrer Laufbahn mehr als einmal grandios geboten haben: der Ältere ein emotionell harter und zerknautschter Griesgram, der Jüngere ein verplapperter und naiv-hochmütiger Hupfdibupfdi. Während Norrell in England bleibt um stets gereizt, verkrampft und paranoid das seine zum Krieg und der Magie-Renaissance beizutragen, begibt sich Strange ins Ausland zu den Truppen auf der iberischen Halbinsel[11]. Im diesem zweiten Drittel des Romans kommen nun auch Äktschn-Fans vermehrt auf ihre Kosten. — Überhaupt: Clarke steigert (für meinen Geschmack wunderbar) altmodisch sachte und subtil die Spannungs- und Spektakel-Dosis. Nicht selten schlendert der Romanfortgang scheinbar planlos herum, lässt sich athmosphärisch hie und da ein klein wenig treiben, schildert aber sonst mit der gewitzten Präzision die scharfer Beobachtung eigen ist, und die hier zudem gut Hand in Hand mit der (typisch) britischen Sitte einhergeht, Gemeinheiten und Tiefschläge zwischen feinen Ranken von spitzen Unterschneidungen zu platzieren. Zudem, und hier bedient Susanna Clarke ganz besonders meine speziefischen Phantastik-Gelüste, lässt sie gern auch mal kecke Büschel kleiner Groteskerien sprießen, oder balanciert souverän ganze Szenen auf einem schmalen Grad zwischen augenöffnender Plausibilität und prickelnder Abstrusität.

Als einer, dem mittlerweile einfach gestrickte Macho-, Strahle- oder Antihelden abhold sind, fand ich mein exquisitestes Vergnügen bei Clarkes feinem Amüsement über den Hang von Männchen zur geheimniskrämerischen Wichtigtuerei bzw. flamboyanter Prahlerei[12]. Keine Zweifel habe ich, dass sich Susanna Clarke mit ihren beiden Büchern jetzt schon in die Riege der ganz großen Vertreter der Phantastik geschrieben hat. Sie versteht vorzüglich, ihre Figuren als leicht übertriebene Karikaturen zu gestalten, und sie dennoch mit Würde und Einfühlungsvermögen zu behandeln — ein leider nur ziemlich selten zu findendes Lektürevernügen. All diese Qualitäten von Clarkes Schreibe, lassen mich der in Arbeit befindlichen (für sich stehenden) Fortsetzung von JS&MN entgegenfiebern. Immerhin: nach der feinen Salongesellschaft und ihrer Handlanger, will sie sich diesmal vermehrt mit den unteren Schichten der Gesellschaft auseinandersetzten. Ich hoffe nur, dass sie nicht nochmals 10 Jahre braucht.

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»Die Damen von Grace Adieu« (engl. »The Ladies of Grace Adieu«, mit Illus von Charles Vess, Bloomsbury 2006), übersetzt von Anette Grube, 300 Seiten; Gebunden Bloomsbury Berlin (2006) ISBN-13: 9783827006882; Taschenbuch bei Berlinverlag (2008) ISBN-13: 9783827006882.
»Jonathan Strange & Mr. Norrell« (engl. mit Illustrationen von Portia Rosenberg, Bloomsbury 2004), übersetzt von Anette Grube & Rebekka Göpfert, 1021 Seiten; Gebunden Bloomsbury Berlin (2004) ISBN-13: 9783827005229; Taschenbuch bei Berlinverlag (2005) ISBN-13: 9783833303333

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ANMERKUNGEN

[01] »Stoppe’d Clock Yard« in »Book of Dreams«, Hrsg. von Neil Gaiman & Ed Kramer, Harper-Prism 1996 (HC), 1997 (SC). »A Fall of Stardust« von Neil Gaiman & Charles Vess, enthält »Der Herzog von Wellington geht seines Pferdes verlustig«. Diese Geschichte wird als Umsonst-Bonbon auf der wunderschönen Promowebsite zu Clarke angeboten: www.jonathanstrange.com Leider — ach Menno! — ist derzeit die deutsche Version dieser Promoseite derzeit kaputt.
Bleibt zu hoffen, daß die »Sandman«-Antho nu’ irgendwann mal übersetzt wird (immerhin sind da u.a. Beiträge solcher Fantasy-Kapazunder wie Gene Wolfe, Steven Brust, und Clarkes Lebensgefährten Colin Greenland versammelt), jetzt da der Panini-Verlag seit dem ersten Quartal 2007 damit begonnen hat, eine »richtige« deutsche Ausgabe von »Sandman« zu publizieren. Panini bringt mich zudem zum Jubeln, denn dort erschien nun auch endlich die mit 400 Zeichnungen von Charles Vess illustrierte Prachtversion von »Stardust« (dt. »Sternenwanderer«).
Ach ja: da ich Tad Williams’ Romane in der Vergangenheit ›mit Wonne‹ gedisst habe, hier ein vielleicht versöhnender Tipp: in der Debüt-Nummer des neuen Phantastikmagazins »Pandora« aus dem Hause Shayol/Otherland-Buchhandlung findet sich eine schöne Übersetzung des Williams-Beitrags der »Sandman«-Antho: »Das Schriftstellerkind«. Auf kurzer Strecke bereitet auch mir Williams Vergnügen. ••• Zurück

[02] Eine launische Spekuation: Ich habe die vorzügliche und streitbare Dame A.S. Byatt im Verdacht. ••• Zurück
[03] Der hier auch besprochene Neal Stephenson hat das in seinem Roman »Diamond Age« schön umschrieben:
Hackworth hatte sich die Mühe gemacht, einige chinesische Schriftzeichen zu lernen und sich mit den Grundprinzipien der fremden Denkweise vertraut zu machen, aber im großen und ganzen hatte er seine Transzendenz lieber unverhohlen und bloßliegend, so daß er sie im Auge behalten konnte — beispielsweise in einem hübschen Schaukasten aus Glas —, und nicht in den Stoff des Lebens eingewoben wie Goldfäden in Brokat.

Heyne 2001, S. 87, übers. von Joachim Körber. ••• Zurück

[04] Ich sag nur: »Der Einsamer Wolf«- oder die Steve Jackson Games-Reihen. ••• Zurück
[05] In heller Begeisterung entbrannt habe ich eine (wie ich finde) Gemme in Sachen Genre-Beschäftigung der anglo-amerikanischen Blogosphäre ins Deutsche übersetzt: das Seminar des akademischen Gruppenblogs »Crooked Timber« über und mit Susanna Clarke zu JS&MN, nachzulesen oder als PDF ausdruckbar unter: http://molochronik.antville.org/stories/1511971/ und nachgereicht dazu eine kleine deutschsprachige Rundschau (zu Feuilleton-, Forums- und Blog-Rezis) unter: http://molochronik.antville.org/stories/1513801/ ••• Zurück
[06] Einen willkommenen Werkstattbericht mit einigen Vergleichen zwischen Bleistiftentwurf und Tuschefederreinzeichnung kann man in Vess’ Blog genießen: http://greenmanpress.com/news/archives/59# ••• Zurück
[07] Sidhe: Keltisches Wort für Elfen, das sich von ›Hügel‹ ableitet. ••• Zurück
[08] John Aubrey (*1625, †1697): Autor des kuriosen Buches »Brief Lives« (»Lebensentwürfe«, Buch 114 der Reihe »Die Andere Bibliothek«, Eichborn 1994), von dem sich auch schon Gaiman den Titel für einen seiner »Sandman«-Sammelbände (Band 7 wird deutsch als »Kurze Leben« erscheinen) entliehen hat. ••• Zurück
[09] Geglückte Insekten/Elfen-Darstellung sah ich zuletzt im grandiosen del Toro-Film »Pans Labyrinth«. Ebenfalls in »Magira 2007« enthalten ist eine ausführliche Würdigung dieses exzellenten Fantasy-Märchen-Films von Uwe Kraus unter dem Titel »Goyas Erben«. ••• Zurück
[10] Mit 1021 Seiten, 69 Kapitel (abgepackt in drei Teile mit 22, 22, und 25 Kap.) und 184 Fußnoten wird dem Leser eine Menge Holz vor’n Latz geknallt. Laßt Euch nicht von den z.T. ausführlichen Fußnoten verwirren und ablenken, in denen Clarke meistens Erzählungspralinen aus der englischen Zauberei-Vergangenheit zum Besten gibt. Ich empfehle, immer zuerst dem Faden eines Kapitels unterbrechungslos zu folgen, und die Fußnoten nach dem Lesen eines Kapitals zu goutieren. Andere Möglichkeit: Man verdirbt sich keine Überraschung, wenn man nach Lust und Laune vorblätternd die kleinen Fußnotenerzählungen als Zwischendurchkonfekt genießt. ••• Zurück
[11] Ich weiß von einigen Fantasyfreunden, dass sie schon Boromirs, äh, dem »Sharpe« seine Abenteuer als Scharfschütze in genau dieser Szenerie genossen haben (als Romane von Bernard Cronwell, oder englische TV-Serie mit Sean Bean). ••• Zurück
[12] Wobei Clarke nicht den langweiligen Fehler begeht, nur die Männer als belächelnswerte Figuren zu präsentieren. ••• Zurück
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