»Eine andere Welt« (15) — Kap. XIII: Das Reich der Marionetten von Grandville & Plinius dem Jüngsten
Eintrag No. 726 — Zur Inhaltsübersicht.
Die Illustrationen einer alten französischen Ausgabe habe ich dem flick-Album von blaque jaques entnommen.
Die Faust macht den Maler. Michel Angelo.
Dieser Abschnitt muss unbedingt gelesen werden, denn man erfährt durch denselben Nichts über das Gliedermännchen und ebenso wenig über das Land, in welchem das Feuer kein Feuer ist.
Schwadronaius konnte also seine Cigarre nicht anzünden, was für einen Raucher sehr unangenehm ist, wohl aber sah er das Gliedermännchen, das ein anderes Licht in das Transparent setzte, worauf es alsbald Tag ward.
»Das Gliedermännchen sieht sehr gescheit aus«, dachte unser Neugott, »ich werde mir Belehrung und Feuer von ihm erbitten.«
Der kleine Gliedermann machte einige Mal »Britt«, und dann einige Sprünge. Schwadronarius mit seinem Götterverstande begriff gleich, dass das heißen sollte: »Folge mir!«, und tat demgemäß.
Sie traten zuerst in einen großen Saal, der das Licht durch Blendrahmen erhielt. Aufgespannte Leinwand, Gypsabgüsse, Tabakspfeifen an der Wand, alte Waffen und Rüstungen ließen vermuten, dass hier ein Maler-Atelier sei. Wirklich gewahrte Schwadronarius auch drei Maler, die eifrig fortarbeiteten, ohne sich um die Anwesenheit eines Fremden zu kümmern.
Der Erste, nachlässig auf einem niedrigen Lehnsessel hingestreckt, rauchte und sah dabei nach der Decke, während sein rechter Fuß mit der Sicherheit eines Meisters auf der Leinwand hin und her fuhr. In wenigen Schritten vollendete er ein Gemälde von mehr als sechzig Figuren.
Neben diesem Fußkünstler malte der zweite Meister, von seinen Zeitgenossen Schwanzpinsel genannt, binnen wenigen Minuten eine Schlacht von zehn Fuß im Quadrat und gönnte sich kaum die Zeit sich umzudrehen, um neue Farbe mit dem Pinsel zu nehmen.
Der dritte Künstler, dem das Gliedermännchen besondere Aufmerksamkeit widmete, hatte nur eine Pfote, aber sie wog sechs Hänse auf; er hieß Pfotenfaust und war Meister im Portrait.
In einem anderen Atelier dicht daneben ritt ein Maler auf einem raphaelischen Steckenpferde und decalquirte {= Umpausen einer Zeichnung z.B. auf Lithographiesteine} Nichts als Beine und Ohren auf alten Bildern. Er war ebenfalls ein berühmter Meister, denn er schleppte einen langen Schweif von Schülern mit sich.
Schwadronarius sah zufällig durch ein Fenster des Ateliers, welches eine freie Aussicht auf eine Landwirtschaft gewährte, und wurde hier zwei Landschaftsmaler gewahr, die mit brennendem Eifer den Strahlen einer nicht minder brennenden Sonne ausgesetzt sich abmühten, Studien von Reisbeeten nach der Natur aufzunehmen.
Zu seiner nicht geringen Verwunderung erfuhr er, dass einer dieser beiden gewissenhaften Künstler drei volle Jahre damit zugebracht, eine Vogelscheuche in allen möglichen Beleuchtungen zu studieren.
Allen diesen so emsig — wie Ameisen, die von einem Gewitter bedroht werden — arbeitenden Malern lag daran, ihre Bilder zu dem für die Preisbewerbung unwiderruflich gestgesetzten Termine zu vollenden, denn sie sahen im Geiste schon die Gestalt ihres blinden und tauben daher unparteiischen Preisrichters vor sich.
••••• Flattrn Sie diesen Eintrag, wenn Sie der Meinung sind, dass er etwas wert ist.