Martin Walser
Über den heutigen Fetzenschädel kann ich wenigstens folgendes Löbliches äußern: dass er in seiner Anfangszeit als Rundfunkredakteur einem wirklich großartigen Schriftsteller wie Arno Schmidt wohlgeneigt war und diesem bitter nötige Brotjobs vermittelt hat.
Leider ist Martin Walser nicht Redakteur geblieben, sondern fing an, sich selbst für einen Schriftsteller zu halten. Als ich noch jünger war und alles Mögliche aus der Bücherei entliehen und angelesen habe, gab ich ihm wieder und wieder, Buch um Buch, Chancen mir nahezukommen und mir zu eröffnen, warum er ein von den Kritikern interessiert besprochener Autor ist, der eine treue Leserschaft sein eigen nennen kann. Allein, es wollte und will mir nicht einleuchten, was an Walsers hohlem Geraune und omphaloskopischen Wortgepopel so ehrfurchtseinflößend, ja wenn schon nicht das, dann wenigstens anregend und kurzweilig sein soll.
Völlig konsterniert mich dann schließlich, dass die als Reden und Essays unters Volk geblasenen Gedankenkringel Walsers über Heimat, Geschichte und in letzter Zeit GOtt, Glaube und Rechtfertigung auf mehr treffen als Gelächter und Abwinkgesten.
david ramirer
die augenbrauen, es sind die alle einschüchternden augenbrauen!
ich werde nie vergessen, wie walser letztens im spiegel als der alte weise mann im schilf des bodensees portraitiert wurde und ein ganzes interview lang tatsächlich keinen einzigen annehmbaren gedanken äußerte - gleichzeitig auf den fotos aussah wie ein in schnee und schilf herumirrender totalphilosoph aus nietzsches fieberträumen, mit den obligaten fächerförmigen, von eis, zeit und witterung verkrusteten augenbrauen, die wie scheinwerfer klar machen, dass da ein philosophisches automobil rasend rasch auf einen zukommt, mit voll aufgeladener autobatterie und allem... in der dabei einsetzenden schockstarre wird jeder wortfurz mitgeschrieben und publiziert - hat auch bei günther nenning wunderbar funktioniert.
(bei walser ist es ja sogar eine meldung wert, wenn er seine kladde verschludert... wenn das nicht die augenbrauen sind, dann weiß ich nicht)
molosovsky Besitzerin
Plus 1!
Marengo
»... ein gefährdeter Psychopath, der immer dann, wenn er sich in einer schöpferischen Krise befindet, nach dem Strohhalm Politik greift ...«
molosovsky Besitzerin
Hihi. — Danke, Marengo.
Wäre ja eigentlich eine Website-Idee: Dichter beschimpfen Dichter. Antho-Bücher zum Thema gibts ja. Aber die konzentrieren sich auf Vergangenheit. Wäre doch schon, wenn es einen Überblick über aktuelles Gekeife gäbe.
Pendlerin
Walser schafft es in ein paar Zeilen ein halbes Dutzend deutsche Intellektuelle zu kränken.
molosovsky Besitzerin
Hochtrunkene Gäste schaffen es in wenigen Augenblicken, die versammelte Hochzeitsgemeinde zu entsetzen, wenn sie der Braut in den Ausschnitt reihern.