molochronik

Molos Wochenrückblick No. 42

Eintrag No. 702 — Diesmal mit weniger Links, dafür um so mehr Kultur-Meldungen aus dem Haushalt.

Zitat: Gefunden am letzten Dienstag als Tagesspruch des diesjährigen »Raben«-Kalenders. Wunderschönes auf den Punkt bringen der tatsächlichen Entwicklung einer erfolgreichen Wirtschaftsform.

Der Kapitalismus basiert auf der merkwürdigen Überzeugung, dass widerwärtige Menschen aus widerwärtigen Motiven irgendwie für das allgemeine Wohl sorgen werden!
Capitalism is the astounding belief that the most wickedest of men will do the most wickedest of things for the greatest good of everyone.
— John Maynard Keynes (zitiert von Michael Alpert in »Moving Forward: Programme for a Participatory Economy« {2000}, wahrscheinlich eine Paraphrase eines Satzes von Sir George Schuster in »Christianity and human relations in industry« {1951})

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Lektüre: Vergangene Woche habe ich drei ›kleinere‹ Werke geschafft.

Lewis Carroll (Text) & Mahendra Singh (Illustrationen): »The Hunting of the Snark«Nummero Eka: Schon in Wochenrückblick No. 17 empfohlen, mittlerweile ist’s erschienen, wurde endlich von mir bestellt und verköstigt: die von Mahendra Singh illustrierte Ausgabe von Lewis Carrolls unsterblicher Ballade »The Hunting of the Snark«. Das klassische Non-Sense-Poem von Carroll aus dem Jahre 1876 gehört zu meinen Allzeit-Lieblingstexten. Wem die Originalfassung zu schwer ist, dem sei die Übersetzung von Klaus Reichert ans Herz gelegt (die Insel Taschenbuch-Ausgabe ist zweisprachig und enthält auch die klassischen Illustrationen von Henry Holiday).

Was Mahendra Singh geschaffen hat, ist nichts weniger eine fruchtbare Comic-Neudeutung dieses Klassikers als proto-surrealistisches Meisterwerk. Immerhin schafft Carrolls Non-Sense eine den Ambitionen vieler Surrealisten ähnliche Stimmung, nämlich eine ungewöhnliche, vielleicht sogar befreiende traumdurchwirkte Sicht auf die Wirklichkeit anzuregen, und so tummeln sich in Singhs fein, fast schon fragil gezeichneter Fassung Anspielungen auf Klassiker wie Salvador Dali, Alberto Savinio, Giogio de Chirico und (meinem speziellen Liebling) René Magritte, aber auch solcher Kunstschaffenden, die sich später von Carroll und den Surrealisten inspirieren ließen, wie den Beatles, Douglas Adams und George ›Krazy Cat‹ Herriman.

Lewis Trondheim: »Nichtigkeiten 1 – Der Fluch des Regenschirms«, Reprodukt 2011.Nummero Deux: Seit ich den ersten Comic von ihm gelesen habe (das war 1998 »Die Fliege«), wurde der bemerkenswert produktive Lewis Trondheim zu einem regelmäßigen Aufheiterer meines Lebens. »Nichtigkeiten 1 – Der Fluch des Regenschirms« ist 128 dick und liefert tagebuchartige Einseiter-Gägs, unter anderem übers die Anschaffung von Katzen; die Verleihung des großen Comic-Preises; Reisen nach Edinburg und die Insel Réunion; Herumfuchteln mit ‘nem Spielzeug-Laserschwert und mannigfaches Grübeln über Zufall, Schicksal und die eigene berechtigte oder doch nur außer Rand und Band geratene Paranoia.

Am meisten mit-›gelitten‹ habe ich, als Trondheims seine Ernüchterung schildert, nachdem er mit seinem Sohn »Alien« geguckt hat. Der elfjährige Filius hängt gelangweilt auf’m Sofa, der Film geht an ihm vorbei und so stellt er ununterbrochen Fragen wie »Sind sie gelandet?«, »Wer ist der Boss?«, »Spielt der Film jetzt nur noch im Raumschiff?«, »Wieso hat der Robotor so ‘ne weiße Flüssigkeit?« und »Wieso ist es denn so dunkel?«. — Trondheim daraufhin: »Hätte ich mit 11 ›Alien‹ gesehen, ich wäre bis ans Ende meiner Tage traumatisiert gewesen.« — Und der Sohn rennt befreit davon auf der Jagd nach was zu naschen.

Charles Portis: »True Grit«, Rowohlt Taschenbuch 2011.Nummero Three: Es war zuvörderst eine Laune des Augenblicks und weil ich vergessen hatte, mir etwas zum Lesen mitzunehmen, weshalb ich letzten Mittwoch im Bahnhofs-Buchladen zur deutschen Ausgabe von Charles Portis’ »True Grit« gegriffen habe; dann natürlich, weil in den kommenden Tagen die (Neu-)Verfilmung durch die von mir geschätzten Coen-Brüder anläuft und ich ab und zu gerne checke, welche Entscheidungen beim Umsetzten von einem Medium ins andere getroffen wurden; und schließlich, weil ich eine Schwäche für Western-Geschichten habe.

Ich verkünde folgendes nicht leichtfertig, denn es ist ein Urteil, das nur wert hat, wenn man es selten ausspricht, aber dieser schmale Roman ist makellos … ma-kel-los. Keine Zeile zuviel die stört, ablenkt, sinnlos rumhängt oder auf unnötige Abwege führt; keine Zeile zu wenig (also es fehlt nix wesentliches, keine wichtigen Fragen bleiben offen). Einfach perfekt, wenn die Erzählerinnen-Stimme der vierzigjährigen alten Jungfer Matti sich an ihre Jugendzeit erinnert, als sie vierzehn-jährig loszog, um die Heimführung der Leiche ihres Vaters zu organisieren, der von seinem angetrunkenen Farmhelfer im Suff und SpielverliererZorn erschossen wurde. Und da sie schon unterwegs ist, heuert Matti den herum- (und ein wenig herunter-)gekommenen Marshall Rooster an, um den ins Indianerterretorium geflohenen Mörder zu fassen.

Etwas verärgert, aber überwiegend amüsiert haben mich folgende Zeilen zum Buch aus der ›Literatopia‹-Rezension von Angelika:

Dennoch aber muss der geneigte Leser leidlich feststellen, dass Mattie so gar nichts kindliches mehr an sich hat. Im Gegenteil. Charles Portis präsentiert seine junge Heldin sehr kalt und bestimmt und lässt sich damit die Gelegenheit entgehen, einen zerbrechlicheren Charakter vorzuzeigen, der vielleicht berührbarer gewesen wäre. So jedoch ist es bedauernswert, dass diese sonst sehr bestechende und furios wirkende Handlung niemals wirklich emotional werden will und damit ebenso ein bisschen oberflächlich wie kurzweilig bleibt.
Das verrät viel über die Leserin und wenig über die Güte des Buches. Man ›kann‹ einem Buch vorwerfen, das es nicht liefert, was man gerne hätte oder erwartet. Man sollte sich aber vielleicht vor dem Urteils-Äußern fragen, ob man nicht am Buch vorbeigelesen, z.B. in diesem Falle übersehen hat, aus welcher Lebenswelt Matti kommt und wie sie von dieser geprägt wurde; warum sie von ihren Mitmenschen als ungewöhnlich angesehen wird (frühreif, stur, unsentimental, helles Köpfchen, zäh, religiös streng, belesen); dass Matti durchaus ein paar wenige Male weint. Man achte allein auf Mattis inniges Lobpreisen eines wesentlichen Helden des Buches, dem Cowboy-Ponny Little Blackie! — Wie dem auch sei, hier noch mein liebster Matti-Spruch (Seite 167):
{I}ch {…} hatte keine Lust, mich auf ein Wortgefecht mit einem Betrunkenen einzulassen. Was hast du schon erreicht, wenn du einen Narren besiegst?

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Film: Einmal geliehene DVD, einmal Kino mit Andrea.

»snatch – Schweine und Diamenten«»snatch – Schweine und Diamanten« Der erste Film von Guy Richie, den ich gesehen habe, war seine Neuauflage der Abenteuer von Sherlock Holmes, mit der ich durchaus zufrieden war. Sein zweiter Film, »snatch – Schweine und Diamanten«, wurde mir im Laufe der Jahre von vielen Bekannten empfohlen. Ganz ehrlich: ich habe den Eindruck, dass der Film wenig mehr tut, als auf einer Welle zu reiten, die von Tarantinos »Reservoir Dogs« und »Pulp Fiction« losgetreten wurde … auch wenn »snatch« das besser macht, als so manch anderer Flick, der uns die raubeinige Welt von Gangstern als chaotische, brutale und groteske Abenteuerwelt unterjubeln will. Die Inszenierung ist flott, die Handlung um den Diebstahl eines fetten Diamanten hinreichend verknäult um zu unterhalten, und das Spiel des Ensembles so lustvoll und deftig, dass ich über die Belanglosigkeit des Ganzen gerne hinwegsehe. Erstaunlich, wie solide Jason Statham agiert. Die größte Wonne bereitete mir Alan Ford als schmieriger Gangsterboss Bricktop.

Fazit: Netter Film für Zwischendurch, gut für eine Handvoll Schmunzler, auch wenn er mir zu berechnend cool daherkommt. — 6 von 10 Punkten (= Unterhaltsam mittelprächtig; Akzeptabel).

»The King’s Speech«»The King’s Speech« Wieder einmal bringt sich eine Geschichte als Oscar-Kandidat in Stellung, die uns davon erzählt, wie ein gehandicapter Mensch mit seinem Defekt zurande kommen muss. In diesem Falle ist es der Stotterer Bertie, der wider Willen und unerwartet Thronfolger wird, und zum Beginn des zweiten Weltkrieges gefälligst meistern muss, via Radioansprachen seinen Untertanen Inspiration und Mut zu spenden, im Kampf gegen Hitler und Stalin. — Der Film schwelgt deutlich zu verliebt im Ambiente des ›good old England‹, was ich aber verzeihen kann. Immerhin erzählt »The King’s Speech« ganz effektiv davon, wie sehr Menschen mit der ihnen aufgebürdeten Stellung, der Rolle die sie einnehmen müssen und den daraus resultierenden gesellschaftlichen Zwängen zu hadern haben. Als jemand, der als Kind und Teen unter Stress gestottert und gelispelt hat, fand der Film, trotz seiner offensichtlichen Kalkuliertheit, mit mir ein wohlgesonnenes ›Opfer‹. — Das alles hätte schwer daneben gehen können, wenn nicht die beiden Hauptdarsteller (Colin Firth als sprachgestörter Prinz, und Geoffrey Rush als unkonventionell-fortschrittlicher Sprachtherapeut), und die sie unterstützende NebendarstellerInnen, hier nicht wahrlich meisterlich auftrumpfen würden.

Fazit: Berührende Studie einer Milieu-Zwänge überwindenden Männerfreundschaft; zudem auch anschauliche Darstellung, wie sehr das Selbstwertgefühl und Ansehen eines Menschen von seiner Sprache abhängen.— 8 von 10 Punkten (= Bemerkenswert mit leichten Schwächen; Anregend).

Netzfunde

  • Zu den Artikeln der diesmonatigen Ausgabe von ›Le Monde Diplomatique‹, die jetzt schon im Netz nachzulesen sind, gehört Die Bahnhofslektion — Das Beispiel Stuttgart 21 und die Grundlagen der Demokratie von Lutz Wingert. Wunderbar, wie darin mittels einer längeren Analogie phantastisch geschildert wird, in welcher Art von Schein-Demokratie wir leben:
    {…} Restaurant-Demokratie {…}: Vorzugsweise am Wahltag äußern die Bürger ihre Wünsche. Der Kellner in Form einer Partei nimmt sie entgegen und trägt sie in die gut abgeschirmte Küche. Dort halten die ministeriellen Köche gerne Rücksprache mit den meist privatwirtschaftlichen Experten über Grundlage und Zutaten des Menüs, je nachdem, ob es sich um ein Menü in Sachen Gesundheit, Finanzmarktregulation oder Stadtentwicklung handelt. Nach der Vorspeise werden Umfragen im Gästeraum des Bürgerpublikums gemacht und an die Kellner gemeldet. Wem die dann servierten Entscheidungen nicht schmecken, der kann beim nächsten Mal andere Wünsche anmelden oder sich an andere Kellner wenden.
  • Eine feine Zusammenfassung der weltpolitischen Entwicklungen bietet dieser Vortrag von Noam Chomsky, dem großen alten Herren der US-eigenen Landes-Kritik, gehalten am 25. Januar an der Universität von Tennessee.
  • ›Telepolis‹ beglückt uns mit einem langen Artikel von Tom Appelton, der mit Im (sic!) Anfang war das Bild das Werk von Robert Crumb erläutert, insbesondere dessen Bibel-Umsetzung »Genesis«.

(Deutschsprachige) Phantastik-Funde

Zur Erinnerung: Hinweise auf bemerkenswerte deutschsprachige Internet-Beiträge zum Thema Phantastik (in allen ihren U- & E-Spielarten) bitte per eMail an …

molosovsky {ät} yahoo {punkt} de

… schicken. — Willkommen sind vor allem Hinweise zu Texten, die wenig beachtete Phantastikwerke behandeln (z.B. also Einzelwerke statt Seriensachen), oder die über Autoren, Theorie und Traditionsentwicklungen berichten.

Zuckerl

  • Eine wunderbare Spielerei, eine Art interaktives Blödsinn-Comicfilmchen, liefert Motiza von ›baboon‹. Alles beginnt stets von Neuem mit einem Samenkorn. Doch was machen damit? Es in einen Blumentopf pflanzen oder von einem Vögelchen fressen lassen? Viel Spaß mit dem Erkunden der Möglichkeiten (freut Euch über das Hasi!)
  • Passend zu meinem letzten ›Fetzenschädel‹-Eintrag kann man bei antville-Kollegen pheake darüber abstimmen, wie ›Copy-Karl‹ zu Guttenberg am besten zurücktreten sollte.

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Buchmesse 2006 (8): Drei kuriose Knochen im Tal der Drachen, oder: »Bone«, das Fantasy-Comic-Epos von Jeff Smith.

<img src="molochronik.antville.org" align="right"style="margin-left:10px;">Eintrag No. 305 — Das ursprünglich als s/w-Comic erschienene ›funny fantasy epic comic‹ »Bone« von Jeff Smith ist eine der diesjährigen Ausstellungen im Comic-Bereich der Halle 3.0 gewidmet.

Da bin ich rundum enthusiasmiert, denn seit 1998/99 ich bin ein ›Fan‹ von »Bone«. Als jemand, der sonst eher grimmig-düstere Fantasy bevorzugt, war »Bone« für mich wie ein Licht aus einer anderen Welt. Immerhin ist »Bone« ein Garn für alle Altersgruppen von ca. 10 Jahren aufwärts. Solche Unternehmen fallen bei mir Monster- und Krassheiten-Wertschätzer schnell durch die Entsorgungsklappe für allzu sehr das Leserhändchen tätschelnde Butzi-Bussi-Belästigungen. — Nicht so »Bone«. Ich weiß sehr zu schätzen, wie Jeff Smith es geschickt versteht, zärtlich das Herz seiner Leser zu berühren. Ich geb zu, daß bei mir Zeichner (wenn sie eben so gut sind wie eben z.B. Smith) leichter meine entsprechenden Ressentiments überwinden, die ich erstmal gegenüber träumerischer und naiver Romantik nun mal hab (mich schüttelst heut noch ›mit Grausen‹ wegen des »Narnia«-Lichtspiel). Jeff Smith führt mir vor, daß alle Pauschalablehnung bestimmter ›Geschmacksrichtungen‹ (wie ›Kitsch‹, ›Trash‹ ect pp ff) durch Ausnahme-Gemmen in Frage gestellt werden. Für mich sind halt ›Trost‹, ›Sentimentalität‹ und ›Naivität‹ arge Reize bei denen es mir schnell mal zu heftig wird, so wie für jene, die sich am entgegengesetzten Ästhetik-Pol orientieren, ›Ekel‹, ›Angst‹ und ›Explikationshärten‹ eben HARDCORE sind. Wirklich Exzellentes, auf das man sich als ästhetisch allgemein Neugieriger einlassen kann, gibt es überall zu finden.

<img src="molochronik.antville.org" align="right"style="margin-left:10px;">— Rundum baff war ich, als ich vor einigen Wochen mitbekommen habe, daß Tokyopop diesen hinreissenden Comicroman in neuer Übersetzung, sowohl in ursprünglichem Schwarz-Weiß-, als auch im neuen Digital-Kolorierungs-Format raus bringt; zu Preisen, die ich mehr als fair nennen kann (Info zur gebunden & zur Taschenbuch-Ausgabe). Gestern am Stand des Verlages, hab ich den netten Damen und dem Herren von Tokyopop ein Beigeisterungstirilieren und -gefuchtel angedeihen lassen. Wann gabs denn auch zuletzt so schöne farbige, gebundene Sammelbände von Serien, bei denen die deutschen Ausgaben dann um so vieles günstiger waren, als vergleichbare Original-Ausgaben?

Zwar finde ich als über-kritischer Fantasy-Freund auch bei »Bone« ein paar Scharten und Splitter (wie einige eher unoriginell eingesetzte Monomythos-Rezepte und knarzende ›High Fantasy‹-Iconographien {z.B. geheimnisvolle ritterliche Kaputzentypen}, vor allem in den beiden ›bellezistischen‹ Schwert & Klaue-Finalbänden); — aber: dennoch überwiegt bei mir mit Leichtigkeit der Eindruck, daß die 1434 Seiten (und circa 6460 Kästchen) die Aufmerksamkeit und Schmöker-Hingabe wert sind, die das neunbändige Queste- und Schlachten-Epos auf sich zu locken vermag. Ich schreib ›Hingabe‹, weil die Wahrscheinlichkeit nicht gering ist, daß die Geschichte und die schönen Zeichnungen, wenn sie dich erstmal am Haken haben, vollends in ihren Bann ziehen, und du dir z.B. heißen Tee einschenkst, aber als ersten Schluck kalten Tee trinkst.

Das Bemerkenswerteste an »Bone« ist für mich die Art und Weise, wie hier ›J. R. R. Tolkien‹- oder ›Alexander Llyod‹-artige, klassische ›Heldenromanzen‹-Fantasy mit zeitlosem ›kleine lustige Männeken-Slapstick‹-Humor vermengt werden (»Ich liebe es, wenn kleine Wesen sich zanken«, sagte in etwa ja schon Napoleon, allerings nicht in unserer Welt).

Der Comicroman breitet zudem eine vielstimmige und abwechslungsreiche (und doch irgendwie am Ende hübsch übersichtliche) Fantasy-Welt aus, in der es bedrohliche Rattenwesen und fruchteinflößende Riesenpumas gibt (coole Monster halt); in der alte Omas es an Agilität und Kampfeskraft mit den orientalischen Altersgenossen wie Meister Li (z.B. in den »Chinese Ghost Story«-Filmen) aufnehmen kann; in der hinreißend putzige Waldtierchen (vom Käfer über Oppossum-Nachwuchs bis zu Schildkröten) heldenhaft gegen viel größere Böse kämpfen; und in der untote Unglücks-Propheten mit mysteriösen Stimmen in Dunklem babbeln; es gibt Flüchtlingslager- und Indiana Jones-Passagen; und naiv-brilliante Liebeslyrik, und und und …

… und es gibt es die Gebrüder Bone, drei an Walt Kellys sanfte Formensprache erinnernde ›Cartoon‹-Figuren, in einer ansonsten überwiegend eher ›realistisch‹ vorgestellten Welt. Das Durcheinander an Dialog- und Situations-Komik, das der grantige und machtgeile Phoney (sözusagen ohngeföhr Groucho), der faule und subversive Smiley (Chico) und der phantasievolle und mitfühlende Fone (ein Harpo der aber reden kann) bieten, ist schlichtweg köstlichste Humoristik. Eigentlich sind die drei unglücklicherweise in eine große Fantasy-Geschichte gestolpert, und begleiten als Nebenfiguren die eigentlichen Epik-Protagonisten. Und dieses Erzählen aus der Sicht von buchstäblich planlos Dahergelaufenen, verleiht dem sich langsam entfaltenden Großdrama einen Kick, mit dem selbst für mich als Skeptiker gegenüber Schlachten- und Adels-Fantasy die große Abenteuer-Queste stabil trägt und beste Laune bereitet.

Zuckerl (1): Der Meister bloggt selber Jeff Smith berichtet selber grad hier aus Frankfurt von der Buchmesse. Einfach mal dort sich exemplarisch vorführen lassen, wie man als Autor und Künstler das Bloggen als Werkstatt- und Alltagsmeldungs-Medium/Nexus nutzen kann.

Zuckerl (2): Zahlenfetischismus Bei Tokyopop harrte man meiner Zählergebnisse! — ›Circa‹, weil ich gestern abend nur einmal die neun Bände durchgezählt hab, als Nach-Buchmessentrubel-Entspannung. — Für Kapitelübersicht-haben-Woller in Kleinschrift noch die Aufdröselung der Zahlen (sorry, daß ich die englischen Titel anführe, aber ich hab nun mal keine deutsche Ausgabe im Haus):

••• Teil eins: VENERAL EQUINOX • Band 1: »Out Of Boneville«; 142 Seiten, ca. 773 Kästchen. • Band 2: »The Great Cow Race«; 143 S., ca. 630 Kästchen. • Band 3: »Eyes Of The Storm«; 180 S., ca. 788 Kästchen. ••• Teil zwei: SOLSTICE • Band 4: »The Dragonslayer«; 182 S., ca. 899 Kästchen. • Band 5: »Rock Jaw«; 124 S., ca. 544 Kästchen. • Band 6: »Old Man's Cave«; 126 S., ca. 565 Kästchen. ••• Teil drei: HARVEST • Band 7: »Ghost Circles«; 158 S., ca. 673 Kästchen. • Band 8: »Treasure Hunters«; 140 S., ca. 604 Kästchen. • Band 9: »Crown Of Horns«; 229 S., ca. 984 Kästchen.

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