Molos Wochenrückblick No. 62
Eintrag No. 733 — Keine Zeit. Keine Einleitung. Hier die Links.
Politik, Gesellschaft & Hochkultur:
- Reiche ›Telepolis‹-Beute diese Woche:
- In einem zweiteiligen Beitrag stellen Mathias Bröckers (siehe meine Kurzempfehlung zu seinem »Die Drogenlüge«) & Christian C. Walther ihr am 14. Juli erscheinendes Buch »11.9. Zehn Jahre danach« (wieder mal der lobenswürdige Westend-Verlag) vor: Teil 1: Ein Denkmal für Dick und Don und Teil 2: Aufklärung? Anklagen? Anzeigen? Fehlanzeige.
- Alexander Dill bickt zurück auf Das plötzliche Verschwinden der Initiative Finanzstandort Deutschland. Natürlich auch ein total überspanntes Verschwörungstralala.
- Find ich einfach nur (aufgemerkt, folgendes Wort verwende ich sehr selten) ›geil‹, wie Klaus Lindner, Michael Krämer, Wiebke Priehn für die ›Neue Rheinische Zeitung‹ in ihrer Expertise unabhängiger Juristen die hochinteressante Frage stellen, ob die Bertelsmann Stiftung ›gemeinnützig‹ im Sinne von §§ 52 ff. AO ist. Jeder, der auch nur ein bischen mitbekommen hat, was Bertelsmann so treibt, weiß, dass bei der Prüfung dieser Frage nur ein Ergebnis herauskommen kann: Ist sie nicht.
- Gratulation Andrea Diener! Zum zehnten Mal glänzt sie uns bereichernd als gewieft-launige und sachkundige Bachmann-Wettbewerbs-Kommentatorin. Hier geht es zum Bachmann-Wettlesen im ›Reisenotizen aus der Realität‹-Blog Tag eins; Tag zwei; und Tag drei. — Ich freue mich für Andrea auch über die das ausführliche Zitiertwerden ihres diesjährigen Klagenfurt-Bloggens beim Perlentaucher.
- Bei ›Schöner Denken‹ erfreut uns Goetz mit einer zweiteiligen Werkschau der Filme von Terrence Malick: Waghalsige Gratwanderungen (1): »Badlands«, »Days of Heaven« und Waghalsige Gratwanderungen (2): »The Thin Red Line«, »The New World«.
- Wunderbare Gemme im erstaunlichen Archiv von ›UbuWeb‹. Ein Dokumentaionsfilm aus dem Jahre 1983 vom englischen Cinematographen-Künstler Peter Greenaway: Four American Composers, über John Cage, Robert Ashley, Meredith Monk und Philip Glass.
- Hier das Archiv der kompletten Aufnahmen des 12-Stunden Interviews, das Francois Truffaut mit Alfred Hitchcock anno 1962 führte.
- Dank an Molochronik-Leser Felix, der mich auf Neo-Victorian Studies (*) aufmerksam gemacht hat. In deren Nummer 2:2 Winter 1009/2010 findet sich ein ausführlicher PDF-Artikel von Monika Piertrzak-Franger über eine meiner Allzeit-Lieblings-Graphic Novels: Envisioning the Ripper's Visions: Adapting Myth in Alan Moore & Eddie Campbell's »From Hell« (engl.; für reifere Leser). (*) — Nebenbei: Neo-Victorianer ist ein Begriff, den ich zum ersten Mal in Neal Stephensons »The Diamond Age« gelesen habe.
(Deutschrachige) Phantastik-Links
- Großartige Nachricht bei ›SF-Fan‹: »Encyclopedia of Science Fiction« – bald online und kostenlos!.
- Großartiger Essay bei ›Bibliotheka Phantastika‹: Die Redaktion hat unter dem hinreissenden Stichwort ›Metaflöz‹ Acht Argumente für Fantasy & Phantastik zusammengestellt, die flappsig in etwa so gehen:
- Beurteile ein Buch nicht nach seinem Umschlag! (Ja schon klar, dass viele Fantasy-Cover einfach nur ›würg‹ sind … das wurmt anspruchsvolle Fantasy-Leser mit Geschmack ganz besonders).
- Die großen Fantasy-Erfolge liefern keine gute Orientierung dazu, was Fantasy alles ist (bzw. sein kann). Ein bischen schwächelt dieses Argument finde ich, denn die großen Fantasy-Erfolge der letzten Jahre sind schon ziemlich typische Vertreter ihres Genres. Kommt halt darauf an, wie sehr man sich auf diese ›Ideal-Vertreter‹ kapriziert und von ihnen bei seinen Betrachtungen des Genres (ab)lenken lässt.
- Mythen, Romantik und überhaupt die ehrenvolle Ahnen-Traditionslinie des Genres!
- Zitier ich den anfänglichen Kernsatz ganz, denn dieses Argument ist m.E. kommt etwas schwach und verglückt rüber:
Fantasy erlaubt, Probleme der realen Welt durchzuspielen, ohne exakt an die Nachzeichnung realer Umstände gebunden zu sein oder irgendjemandem aus ebendieser realen Welt mit Schuldzuweisungen etc. auf die Füße zu treten – sei es, dass es um allgemeingültige Schwierigkeiten geht, die in Mittelerde ebenso auftreten wie in Mitteleuropa, sei es, dass bestimmte Dinge im weitesten Sinne symbolisch zu verstehen sind
Die Sache mit dem ›tritt niemanden auf die Füsse‹ wäre für mich eher eine Schwäche, statt eine Stärke.
- Fantasy ist eine ›Was wäre wenn?‹-Experimentierwiese. Hmmm, … ist das nicht jegliche Art von Fiktion?
- (Gute) Fantasy bietet den Reiz des ganz anderen, des Unbekannten.
- Zur Abwechslung eine geschwollene Umschreibung des Arguments, soweit ich es im Guten zu verstehen glaube: Fantasy gemahnt an die mythische Geworfenheit des Einzelnen in einer für diesen nur zum kleinsten Teil durchschaubaren Welt, die sich einem letztendlichen Verstehen sowie der vollkommenen Kontrolle entzieht. Gerade deshalb also bitte erst fühlen, denken und ethisch-moralische Folgen abwägen, dann drauf los handeln.
- Fantasy hat einen ästhetischen Wert. ›Jupp‹.
- Großartige Rezi im ›Fantasyguide‹-Blog: Oliver schweift denkanregend über »Kraken« von China Miéville ab. Wenn Extremisten verschiedener Weltanschauungen gemeinsam etwas unternehmen.
- Hoffnungsstiftende Nachricht im ›Feenfeuer‹-Blog: Die ›Phantastische Akademie e.V.‹ ruft den ›Seraph Literaturpreis‹ ins Leben.
Zuckerl: Popkultur & Kunst
- Der kalifornische Künstler James Jean ist ein unfassbar guter Zeichner, noch dazu einer, der sich gerne mit schrägerer Phantastik spielt. Bei uns dürfte er vielleicht den ein oder anderen bekannt sein als Coverzeichener für die Comic-Reihe »Fables« (hier z.B. für die Nummer 52 im Blog von James). Der eigentliche, mich umhauende Wahnsinn geht aber in seinen Moleskin- & Skizzenbuch-Arbeiten ab. Hier ein paar Beispiele:
- ein Flechtwerk-Elementar probt in einem Autowrack die Yorik-Szene aus »Hamlet«?
- Im Urlaub, in einem Tattoo-Laden;
- Im Krankenhaus;
- Letzte Woche erst entdeckt, diesen Klassiker der modernen Portrait-Photographie von Phill Toledano: die Gamers. — (Diese Aufnahme eines Daddlers, der kurz davor ist einen unerwarteten ›Epic Win‹ einzustreichen, wurde in einem TED-Vortrag von Jane McGonigal gezeigt, in dem es um weltverbesserung durch Anzapfen des Gamer-Potentials ging.)
- Kleines feines Portfolio der Typographie-Arbeiten von Stefan Chinof. Besonders gut gefallen diese drei Arbeiten: Questions; — Women; — Money.
- Zum Abschluss ein Trailer, den ich zuerst bei Stefan vom ›PhantaNews‹-Blog gesehen habe. Internationaler Zweieinhalbminuten-Trailer zum kommenden »Tim & Struppi«-Film. Ich bin so nervös. Hoffentlich versauen Spielberg und Jackson es nicht. Der Trailer lässt Hoffnung zu.
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