Eintrag No. 709 — Doppelnummer, damit die Wochenzählung nicht aus dem Tritt kommt.
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Lektüre: Große Freude bescherte mir »How to Live Safely in a Science Fictional Universe«, der schmale, aber keineswegs schale, Debütroman des jungen amerikanischen Autors Charles Yu. Hier meine grobe Übersetzung des Klappentextes:
In einer Minute wird Charles Yu sich umbringen. Wieder einmal.
Charles arbeitet als Zeitmaschinen-Reperatur-Techniker. Er hat eine Lizenz zum Instandsetzen aller chronogrammatischen Fahrzeuge der T-Klasse, ist angestellt bei Time Warner Time, und verrichtet seine Arbeit aus dem Unter-Universum 31 heraus, einer etwas kaputten, unfertigen Raum-Zeit-Struktur & Unterhaltungskomplex. Der Job sollte eigentlich super sein: er hat seine eigene TM-31-Zeitmaschine die auf dem neuesten Stand der Technik ist; er darf sich sein Betriebssystem selbst aussuchen (er wählt TAMMY – kastanienbraunes Haar, dunkelbraune Augen hinter Bibliothekarinnen-Brille und eine Stimme wie die einer Prinzessin); er hat eine coole, gefährlich aussehende Wumme (eine paradox-neutralisierende Waffe); und er hat einen imaginären Hund namens Ed.
Warum steckt Charles nun so in der Klemme? Er ist (was sich mit einer Zeitmaschine leicht machen lässt) die längste Zeit eines Jahrzehntes seiner Arbeit und seinen Programm-Chef Phil (Microsoft Middle Manager 3.0) aus dem Weg gegangen. Er hat stattdessen die Zeit genutzt 39 alternative Versionen seines Ichs auszuspionieren (und entdeckt, dass 35 davon totale Arschlöcher sind). Und er hat sich sozusagen in TAMMY verliebt, was schlecht ist, denn dafür hat sie kein Modul.
So gesehen ist es vielleicht nicht überraschend, dass er, als er einem seiner Ichs aus der Zukunft begegnet, diesem in den Bauch schießt. Für einen Zeitmaschienen-Reperatur-Techniker ein Anfängerfehler. Nun ist Charles in einer Zeitschleife gefangen, dreht sich für immer im Kreise. Alles was er hat, in ein in braunes Papier eingewickeltes Buch, das ihm sein zukünftiges Ich geben wollte, als Charles ihn erschossen hat. Es heißt »Wie man unbescholten in einem Science-Fictionalem Universum lebt«. Und er, Charles, ist der Autor. Und irgendwo in dem Buch verbirgt sich die Information, die Charles retten könnte.
Kurz: Metaphysische & metafiktionale Kniffe en masse erwarten den Leser. Vorsicht: der plauderhafte, undisziplinierte Gedankenstrom-Stil (sprich: immer wieder laaaange, scheinbar planlos umherschweifende Sätze) und Aufbau (wenig Äktschn, viel Reflektion) sind sicherlich nichts für jedermann. Das Buch ist größtenteils eine autobiographische Selbsterforschung von Charles, die immer wieder unterbrochen wird von knappen sachlichen Einträgen eines Glossars zum Titel-Thema des Buches. — Mir hat allerdings sehr gefallen, wie der Roman das Motiv der Zeitreise nutzt, um anregende Überlegungen (fast möchte ich sagen: Meditationen) zum Thema Bewußtsein, Selbsterkenntnis und Erinnerung auszubreiten. — Ich wünsche der deutschsprachige SF-Gemeinschaft, dass dieser Roman übersetzt wird (und bringe dem, der die Übersetzung leisten soll jetzt schon mein kollegiales Mitleid entgegen).
Marcus Hammerschmitt berichtet für ›Telepolis‹, mit welchen empörenden Umtrieben in USA versucht wird, den öffnetlichen Büchereien Geld abzuknöpfen: Die Plünderer kommen.
Ich mache derzeit eine heftige Stanley Kubrick-Phase durch, erwerbe als Schnäppchen seine Filme auf Blue Ray, gönne mir die ganzen Dokus nebenbei. — Hier eine Auswahl der Photographien, die der junge Kubrick für das ›Look Magazine‹ angefertigt hat: Chicago, im Archiv der ›Library of Congress‹. — Hier einige Aufnahmen, die im italienischen ›Vogue‹ anlässlich einer Ausstellung gezeigt werden. — Hier eine plauschige Talkrunde mit Kubrick-Witwe Christiane, Freund, Produzenten (ergänz: & Schwager) Jan Harlan und Kollegen-Bewunderer Martin Scorcese in der »Charlie Rose«-Show anlässlich des Dokumentar-Portraits »A Life in Pictures« (welchselbigen man hier gucken kann).
Beim Stöbern entdeckte Natur- und Menschenkunde: Das Tree of Life-Web Projekt; — und das Antropolgi-Blog. Muss ich noch prüfen, machen aber beide einen sehr interessanten ersten Eindruck.
(Deutschsprachige) Phantastik-Funde
Anubis hat in seinem Blog ›Lake Hermanstadt‹ eine lesenswerte Rezension zu Thomas Plischkes »Die Zwerge von Amboss« geschrieben. Mein Urteil zu dem Buch ist ja eher kritisch, aber ich finde, Anubis bringt die Stärken des Romanes von Thomas Plischke fair und ohne peinliche Lobhudelei gut auf den Punkt. Muss ja nicht jeder meinen Geschmack haben.
PDF-Link:Fandomobserver 262 ist da. Redakteur: Florian Breitsameter. Noch keine Zeit gehabt, ausführlicher zu lesen … leider.
›Der Standard‹ sollte eigentlich mal einen Preis der deutschsprachigen Phantastik-Szene dafür bekommen, die einzige (mir bekannte) große Zeitung unserer Zunge zu sein, die (im Internet) eine hochqualitative und anregend zu lesende Science Fiction & Fantasy-Rundschau pflegt. Neueste Ausgabe, zusammengestellt von Josefson: Die Wiederentdeckung des Menschen mit Rezensionen zu Büchern von Cordwainer Smith, Paolo Bacigalupi, Gerd Ruebenstrunk, Jack McDevitt, Adam Roberts, David & Leigh Eddings, Karl Schroeder, Sergej Lukianenko, Neal Asher, Patrick Lee, Edmond Hamilton, Kevin Shamel.
Zuckerl
Den derzeit teuersten Schießprügel der Welt stellt ›BornRich‹ vor: VO Falcon Edition. Zu haben für ca. 620.000 €. Natürlich alles handgemacht.
Für etwas weniger Kohle bekommt man schon den Playmobil Apple Store bei ›Think Geek‹ für seinen Nachwuchs.
So muss Pop-Art, bzw. Agitpop, bzw. Straßenkunst heute gehen: die Italienische Gruppe orticanoodles hat es Dank ausgefeilter Stencil-Technik richtig druff. Meine Lieblinge: der Adi mit verschiedenen Färbungen (u.a. US-Fahne) Pop Never Dies und der Sepp (auch bekannt als Pipst, Pupst oder Papst) auf der Grafik The Black Pope.
Der Schweizer Architekt Michael Hansmeyer zeigt, wie man mit dem Rechner komplizierte Schönheit schafft.
Adam Wheatley kombiniert nette Gegenstände mit Waffen.
Ein ganz großes Bonbon für alle, die wie ich den Anime-Meister Hayao Miyazaki verehren: Das englische ›Ghibli‹-Blog präsentiert »Mononoke Hime« aus dem Jahre 1980, ein bezauberndes Bilderbuch-Comic.
Für die ›Los Angeles Times‹ schildert Tony DiTerlizzi (mir aus »Plainscape«-Zeiten, heute den meisten wohl als »Spiderwick«-Macher bekannt), durch welche blöden Dusseligkeiten es in den 1960er-Jahren nicht dazu gekommen ist, dass der Illustrator- & Bilderbuch-Legende Maurice Sendak (am bekanntesten für das Kinderbuch »Wo die wilden Kerle wohnen«) Tolkiens »Der kleine Hobitt« bebildert: A masterwork that could have been.
Eintrag No. 688 — Das neue Jahr beginnt damit, dass ich den Schnupfen habe. Ich sag ›den Schnupfen‹, denn ich habe immer den selben, also triefende Nase und trockenen Hustenhals.
Gestern in der Arbeit an einer Kommunikationsschulung teilgenommen. Wie immer finde ich solche Lehreinheiten unterhaltsam, wenn es um solche Dinge wie das Eisberg- und das Vier-Ohren-Modell geht. Beim Rollenspiel fällt mir wie immer auf, dass man da seltsamerweise nervöser ist, als in tatsächlichen Situationen. Als Sicherheitsmitarbeiter in einer großen renommierten Kunsthalle haben meine Kollegen und ich natürlich viel Kontakt, noch dazu mit einer großen Vielfalt verschiedenster Milieus: Kunst-Besucher aller Art (Alte & Junge, Familien & Hedonisten, konservative Kulturbürger & mitgeschleppte ›Prolls‹, Einheimische, Durchreisende auf Suche nach Abwechslung und Touristen aus aller Herren Länder); Studenten-, Schul- & Kinertagesstätten-Gruppen; hinzu kommt der Mikrokosmos aus dem Haus selbst, also studierte Kunstgeschichtler, Presse-, Marketing- Technik-, Organisations- & Verwaltungsleute; plus das verschiedenste externe Boten-, Handwerker-, Auf- & Abbau-, Dienstleister- & Reinigungs-Personal, sowie alle möglichen ›Exoten‹, die bei uns durch müssen um ihr Ding zu erledigen (z.B. Leute vom Umwelt- oder Vermessungsamt, die zu ihren bei uns zugänglichen Kontroll-Geräten & -Punkten müssen); und zuletzt natürlich die Wild Cards, also Kiffer, Alkies, Obdachlose die sich im und um’s Haus rumtreiben & ›Spinner‹, die ihre paranoide Propaganda unter die Leute bringen wollen. Und was am Telefon abgeht, will ich hier gar nicht en Detail aufzählen (immer eine spaßige Herausvorderung z.B. mit Anrufern aus der Ferne, die kaum Englisch können, zu sprechen). — Wiegesagt seltsam, dass es mich keineswegs nervös macht, mit all diesen Menschen professionell, sachlich und verständnisvoll umzugehen, wenn die mal Hilfe brauchen oder Schwierigkeiten machen, aber wenn ich dann im Rollenspiel einen Galeriebesucher darstellen soll, der in der Ausstellung telefoniert und sich wirsch verhält als er gebeten wird, mit seinem MobTel die Ausstellung zu verlassen, überwältigt mich peinliche Nervösität und Aufgeregtheit.
Lektüre: Habe zwei Bücher angefangen. Zum einen den ersten SF-Roman von Jakob Arjourni »Chez Max«, der im Paris des Jahres 2064 spielt und weiterspinnt, wie sich der seit IX.XI entfachte Anti-Terror-Überwachungswahn vielleicht entwickeln könnte. Arjourni verehre ich ja für seine in Frankfurt angesiedelten Kayankaya-Krimis und ich staune, wie makellos und scheinbar einfach seine Prosa ist. — Das andere angelesene Buch ist mein erster Roman von Haruki Murakami: »Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt«. Obwohl ich 5 von 40 Kapiteln hinter mir habe, bin ich noch etwas ratlos, wenn auch nicht uninteressiert. Zwei verschiedene namenlose Ich-Erzähler in zwei verschiedenen Welten interagieren mit namenlosen Figuren. Viel Gedankentext, wenig Handlung. Mal schauen, ob ich mich dem vielfachen Lob für Murakami anschließen kann. Bisher bin ich etwas unterbeindruckt.
Google spült euch {= Internet-Auftritten der Zeitungen} die Hälfte eurer Besucher auf die Seiten und jetzt sollen sie dafür bezahlen? Das ist in etwa so, als würde ein Restaurantbesitzer Geld von den Taxifahrern verlangen, die ihnen Gäste bringen.
Richtiggehend monströs und unheimlich ist die rückwärtsgewandte Beton-Mentalität, welche die neue ARD-Vorsitze Monika Piel in einem Interview mit dem ›Tagesspiegel‹ offenbart: »Die ARD steht für eine Allianz gegen Google bereit«. Unter anderem lässt sie folgenden entsetzlichen Satz vom Stapel:
Den Geburtsfehler des Internets - kostenlose Inhalte - zu beseitigen ist aber schwierig und langwierig.
Ich kann ja verstehen, dass der Strukturwandel, den das Internet mit sich bringt, eine Herausforderungen für jene Anstalten ist, die ihre Formatierung vor diesem Wandel erfahren haben und dass Menschen wie Frau Piel viel Verantworung und Probleme zu jounglieren haben. Aber einfach mal so lapidar alle Personen, die Inhalte (womöglich sogar qualitativ gute Inhalte) einfach umsonst ins Netz stellen als Teil eines Geburtsfehlers zu bezeichnen, ist mehr als nur ein starkes Stück Polemik. — Entsprechend notwendige Replik hat Marcel Weiss für ›Neunetz‹ geschrieben (und umsonst ins Netz gestellt!): Wirre Aussagen zum Medienwandel von der neuen ARD-Vorsitzenden.
(Deutschsprachige) Phantastik-Funde
Folgendes ist eigentlich keine Phantastik, aber da Thomas Plischke ein Phantast ist, bringe ich die Meldung in dieser Rubrik: Thomas hat das »Vater Unser« auf das Internet umgedichtet. Ich bin zwar mit dem ›Amen‹ nicht ganz glücklich, aber der Rest ist so superb, dass ich ihn zur Gänze zitiere:
Netz unser,
das du bist im Äther,
gepriesen werde dein Name.
Lass durch dich
Unseren Willen geschehen,
online wie offline.
Unsre täglich Info gib uns heute,
und vergib uns unsere Flames,
wie auch wir vergeben unseren Flamern.
Und führe uns nicht nur zu Pornos,
sondern erlöse uns aus unserer Ohnmacht.
Assange.
Zuckerl
Wunderschöne Online-Comics habe ich aufgestöbert: Atemberaubend exquisit gestaltet ist das erste Kapitel der »Wormworld Saga« (»The Last Day of School«) von Daniel Lieske. Zum einen gefällt mir, wie Lieske auf den Spuren von Michael Ende wandelt, zum anderen, wie er typisch deutsche Szenen gestaltet. Ich bin sehr gespannt, wie es weiter geht (und es gut, dass Lieske einen Flattr-Button hat!)
Ausgesprochen originell finde ich Vitaly S. Alexius»Romantically Apocalyptic«, kleine, absurde Sketche aus einer völlig kaputten Welt des Jahres zweitausend-irgendwas-irgendwas. Zudem bezaubert mich der Medienmix, aus dem Alexius seine Bilder gestaltet.
(Eintrag No. 549; Alltag, Woanders, Literatur, Phantastik) — Erstmal einige Links zum Blog von Thomas Plischke (ja, dem Mann, dessen »Die Zwerge von Amboss« mich so (wenn auch nicht ganz vergnügungslos) ›verstört‹ hat). Seit einiger Zeit führt Plischke die quixot’sche Lanze der (ab und zu arg spöttisch-flappsigen) Erwiderung gegen Flachdenk-Artikel der großen Medien & des Feuilleton in Sachen Fantasy und Phantastik.
Ich bin (als mehr oder minder unfreiwiller Phantastik-Elitarist) zwar mit Plischkes Polemiken gegen dumme phantastik- und fantasyskeptische-Artikel nicht immer ganz glücklich, da Plischke darin Autor(innen) wie Stephenie Meyer verteidigt (die hat eh (zu)viel Erfolg, liefert aber Bücher von – für mich – äußerst zweifelhafter Qualität). Dennoch hier eine kleine Übersicht der Dummschwätzartikel und der Erwiderungen von Thomas:
Die Gegenaufklärung hält sich: Fantasy-Literatur und Computerspiele erfreuen sich ungebrochener Beliebtheit.
»Es geht schon wieder los« (26. März ‘09): Erwiderung auf einen Artikel von Armgard Seegers im »Hamburger Abendblatt«.
»Titus Arnu, die Fantasy und wir (diesmal mit einer Extraportion Vampir)« (3. April ‘09): In diesem Kontra zu einem abermaligen Text der »Süddeutschen Zeitung« steigert sich Plischke am Ende in eine ›Apologie‹ und Lobpreisung der Fantasy rein, die ich für als Fürsprache für dieses Genre für unzuträglich erachte. Was also machen mit dem Eskapismusvorwurf, der so oft gegen die Fantasy und Phantastik erhoben wird? Plischke bietet da folgendes:
Der Eskapismusvorwurf an die Fantasy ist schlichtweg unfair, denn etwas umformuliert lautet er ungefähr: Warum lasst ihr euch durch das Bunte, das Exotische – und ja, auch durch das Rückwärtsgewandte und Vereinfachende – so leicht verführen?
Meine Antwort sähe unter Umständen so aus: Weil gute Fantasy ein Versprechen abgibt, das sie erfüllt.
Sie verspricht den Tumult eines Basars statt der Ordnung einer Aldi-Filiale.
Das Spaßbad mit zwölf verschiedenen Rutschen statt des einfachen Freischwimmerbeckens.
Den Vollrausch anstelle eines Angeschickertseins.
Die Achterbahn mit vier Loopings, nicht das Kettenkarussell.
Gut möglich, dass man kotzen muss, falls man es übertreibt – und manche Menschen haben einen empfindlicheren Magen als andere oder leiden unter diversen Unverträglichkeiten –, aber das ist ein Risiko, das jeder mit sich selbst auszumachen hat. Mit dem Bluttrinken ist das übrigens ähnlich…
Für mich wird hier ›das Vergnügen‹ oder ›die Leselust‹ welche Phantastik- und Fantasyliteraturen zu bereiten vermögen zu knallig-einseitig auf ›Spaß, Gute Laune, Halligalli‹ verkürzt. Es ist ja mitnichten so, dass Fantasy und Phantastik nur von Anhängern einer ›unreflektierten‹ Spaßfraktion mit Genuß goutiert werden kann.
»Der Spiegel und die Fantasy« (4. Mai ‘09): Hier bietet Thomas einen zurückhaltender tönenden und solide durchdachten Leserbrief zu einem Artikel von Urs Jenny (dessen Text über den Fantasy-Boom zwar auch durch einige der üblichen Recherche- und Denkschwächen gezeichnet ist – z.B. dass der Amerikaner Ire C. S. Lewis wieder Mal zum Engländer mutierte –, der aber schon mal um einige Tacken besser ist, als die oben verlinkten Artikel von Weinhart, Seegers und Arnu.
Der Höhepunkt aber, der sich in dieser ganzen Angelegenheit in Thomas Plischkes Blog ereignet, findet sich in dem Linksammlungs-Eintrag »Es regt sich Widerstand«. Vor allem beim Wortwechsel zwischen dem von mir geschätzten Literatursachverständigen Ralf Reiter (vom »Inklusorium«-Blog) und dem Journalisten Thomas Klingenmaier (Autor des »Hauptfilm, Trailer, Extras«-Blogs für die »Stuttgarter Zeitung« und als tkl auch kommentierender Molochronik-Leser) wird sehr klug und erhellend das ganze seltsame Phänomen besprochen, warum es die Phantastik und ihre Genre (vor allem eben die Fantasy) immer noch so schwer haben in der Medien- und im Feuilltonlandschaft. Vor allem die analytische Zusammenschau von Klingenmaier ist es wert, zur Kenntnis genommen zu werden, wenn er diese sechs Punkte zusammenfasst: (1) die Konkurrenz der Themen; (2) die Konkurrenz der Autoren; (3) die Zugewinnrechnung; (4) die Themen-Redundanz; (5) das Schreckbild vom unreifen Leser; (6) die Wertungsungewissheit.
Zum anderen möchte ich darauf verweisen, dass es nun in der Bücherrundschau bei »Perlentaucher« auch eine Kategorie für Fantasy- und Science Fiction gibt. Ich habe vor einiger Zeit eine Leser-eMail an die Perlentaucherredaktion geschrieben, ob sie sich prinzipiell vorstellen könnten, neben ihrer Krimikolumne »Mord und Ratschlag« auch eine Phantastik-Kolumne anzubieten. Die Antwort lautete, dass man durchaus gerne machen würde, aber leider nicht genug Kapazitäten dafür hat. Naja. Vielleicht ändert sich das ja mal.
Zum Abschluss zitiere ich (wieder Mal) aus Umberto Ecos »Der Name der Rose«, wo gezeigt wird, dass Eskapismus und nerdiges Geektum keineswegs allein eine Sache von jugendlichen (oder nicht erwachsen gewordenen) Fantasy-Fans ist. — Bei einer der nächtlichen Exkursionen in der geheimnisvollen Bibliothek meint William von Baskerville zu seinem Schüler Adson (S. 399):
»{…} es waren finstere Zeiten, in denen sich die Grammatiker mit abstrusen Fragen vergnügten, um eine schlechte Welt zu vergessen. Einmal, so heißt es, diskutierten die beiden Gelehrten Gabundus und Terentius vierzehn Tage und vierzehn Nächte lang über den Vokativ von ego. Am Ende griffen sie zu den Waffen …«
EDIT-ERGÄNZUNG: Im dem Roman gewidmeten Thread bei »Bibliotheka Phantastika« wies ich auf meinen Blogeintrag hin und kurz darauf hat Ole Johan Christiansen (= ›Buecherwyrm‹) meine ›Rezension‹ als mangelhaft bekrittelt. Im Zuge des Austauschs mit Ole im Forum eröffnete er mir einige interessante Einblicke zu den Intentionen der geplanten »Die Zerrissenen Reiche«-Reihe. — Ole mockierte sich nicht ganz unberechtigt über die Erstfassung dieser Rezi, auch wenn ich keineswegs mein Daumen runter zum Buch ›nur‹ an dem in meinen Augen mißlungenen sprachlich-metaphorischen Stil aufhänge. Zwecks Feinjustierung wurde diese Rezension um einige persönliche Schlenkerer ergänzt (die aber Molochronik-Stammlesern bekannt sein dürften).
Der Roman »Die Zwerge von Amboss« wird viel gelobt. Viele finden ihn deshalb doll, weil (angeblich) die üblichen rassischen Fantasy-Klischees ›konsequent‹ weiterentwickelt wurden. Mein Wohlwollen erntet das Entwicklerteam von »Die Zerrissenen Reiche« – Thomas Plischke und Ole Johan Christiansen – für ihre Ambition, Fantasy gegen den Strich zu bürsten und durchaus erkennbar (aktuelle) politische Probleme zu bespiegeln. Da ich vor Jahren selbst ein paar Fantasy-Pulpstories in der Amateurliga geschrieben habe, weiß ich wie schwer es ist, Fantasymaterial zu entwickeln das die Ketten der Fantasy-Hardcoretraditionalisten abschütteln will, beziehungsweise (allgemein nicht nur Fantasy betreffend) wie knifflig und anstrengend es ist, überhaupt zu wissen, was und worüber man schreiben will, welcher Art von Charakteren man Leben einhauchen möchte, welche Fragen, Probleme, Spannungen man auswählt, um daraus eine Handlung zu entwickeln. Auch wenn ich selber derzeit keinerlei Absichten hege, einen Fantasystoff zu schaffen, habe ich Respekt für alle Autoren, die den Fleiß und die Entschlusskraft inne haben, ihren Fantasyweltenbau durchzuziehen und ein Manuskript zu vollenden. Trotzdem lese ich dann die Früchte solcher Anstrengungen mit so etwas wie einen Blick durch die Konkurrenzbrille, da ich eben einige Jahre reichlich sowohl allein als in Gruppenarbeit an Fantasyweltenbauten gebosselt habe.
In »Die Zwerge von Amboss« steht die typische Bergbau- und Schmiederasse im Mittelpunkt der Handlung und an der Spitze des Wettstreits der Völker, weil der Zwergenbund über entscheidende Vorsprünge bei Rohstoffzugang und wissenschaftlichen Innovationen verfügt. Die meisten Zwerge haben sich der (atheistischen) Vernunft verschrieben und allem Aberglauben (z.B. die Geister der Ahnen betreffend) abgeschworen. Allerdings ist das ›Brudervolk‹ der Zwerge, die Halblinge, für alle entscheidenden ministerial-sekretärischen Aufgaben (einschließlich der inneren Sicherheit) zuständig. Begründet wird diese reichlich machtvolle Sonderstellung der Halblinge in diesem ersten Band nicht, und entsprechend schwachsinnig erscheint mir dieses Konzept, aber hey: das ist immerhin ›Fantasy‹, das lustige Genre, in dem man alles mögliche nach Rassen sortiert. Also: Zwerge machen den Staat, Halblinge den Strippenzieherstaat im Staate.
Viele Zwerge sind zwar mächtig, wohlhabend, leben in prächtigen Häusern und feiern aufwändige Jahresriten in den großen Städten (was in meiner Lesart ne matte Satire z.B. auf die DDR und andere sozialistische Systeme abgibt), aber das Volk wird immer unzufriedener. Zu den Hauptthesen des Romanes gehört, dass die wissenschaftlichen und produktionstechnischen Fortschritte in den Manufakturen zwar für mehr Wohlstand und Ertragssteigerung sorgten, aber auch dazu führten, dass weniger Arbeitskräfte gebraucht werden, weshalb viele Zwerge ohne Job und Einkommen, zumindest ohne wirkliche gesellschaftliche Aufstiegsmöglichkeiten zurückbleiben. Menschenflüchtlinge vom südlichen Kontinent der Zerrissenen Reiche, wo seit langem religiös motivierte Konflikte wüten, übernehmen die Rolle der unwillkommenen Einwanderer, Asylanten und Emigranten. — Leider setzt der Text des Romanes diese Ideen (für mich) vor allem mittels einer Anhäufung simpler Stammtischparolen, affiger Poserattitüden und (vor allem) schlechter Schreibe um.
In der Tat bin ich am heftigsten dadurch verstört, wie schlecht der Roman geschrieben ist. Oder haben sich gewisse Manierismen in einigen Rollenspiel- und Fantasy-Kreisen mittlerweile derart eingeschliffen, dass sie gar als Tugenden guten Erzählens gelten können? Da das Buch von vielen so gelobt wird, muss wohl zweiteres der Fall sein.
Dem für mein Empfinden rand- und bandlosen Metaphern-SalatMatsch widme ich mich noch ausführlicher in den Kommentaren zu diesem Haupteintrag, hier aber ein erstes Beispiel aus dem Prolog des Romanes, wenn wir den Zwergenherrscher Gorid Seher bei seiner Morgentoilette begleiten: Zahnschmerzen werden da beschrieben als ›dumpfer, pochender Schmerz, als habe sich eine Made in seine {Gorid Sehers} Wange eingenistet und fräße sich dort nun langsam dick und satt‹. Diese Prolog-Zahnschmerzen gemahnen zudem den Zwergenherrscher daran ›was er sich und seinen Volk bald an Opfern abverlangen würde‹.
Vielleicht rührt der gar so schlechte Eindruck, den dieser Roman bei mir macht, daher, dass ich zugleich einen großen Meister der gut geschriebenen (trashigen) Genre-Phantastik genieße: nämlich Kim Newman und sein »Die Vampire« (= Sammelband mit den drei Romanen »Anno Dracula«, »Der Rote Baron« und »Dracula Cha-Cha-Cha«). — Außerdem habe ich dieser Tage wieder mal ausführlicher in Michael Moorcocks ›Studie über epische Fantasy‹ – »Wizardry & Wild Romance« – geschmökert, und darin kommentiert Moorcock kritisch, wie die derivativen, glättenden und schematisierenden Praktiken der ›Spin off‹- und Rollenspiel-Kulturindustrie mit dem Ideenmaterial der ›Fantasy-Gründungsväter‹ (z.B. Tolkien, Howard, Leiber, Anderson) umgehen.
Wie gesagt folgt später noch entnervend viel mehr zu meinem Mißfallen aufgrund des sprachlich-stilistischen ›Sounds‹ von »Die Zwerge von Amboss«.
Jetzt erstmal Anmerkungen zum Inhalt.
Erste Hauptfigur ist der schon etwas ältere Ermittlerzwerg (›Sucher‹ genannt) Garep Schmied, der in der Stadt Amboss (Zentrum der Waffenindustrie) den Mord an einem Komponisten (und später anderen Opfern einer vermeindlich menschlichen Terroruntergrundtruppe) aufklären soll. Garep ist für mich ein wandelndes Abziehbild: ein grimmiger Ermittler, verbittert, weil seine Lebenspartnerin vor vielen Jahren starb und Garep mit der allseits aus anderen Fantasystoffen vertrauten Zwergendunkelsicht dem Erkalten ihrer Leiche zusehen musste (was ihn nebenbei bereits – schwuppdiwuppdi – zum großen Meister dieser Zweitsicht gemacht hat). Gareb betäubt seinen Welt-/Herzschmerz mit Drogen (Blauflechten), gilt aber trotzdem (wiederum ziemlich unbegründet) als einer der besten Sucher überhaupt (trotzdem hat er erstaunlicherweise noch nie etwas von durch von Menschen und Zwergen betriebenen Schmugglerringen gehört, welche die strengen zwergischen Ausfuhrverbote für Zwergenwaffen unterlaufen). Wenigstens läßt ihn sympathisch erscheinen, dass Garep anders als sein übereifriger Assistent Bugeg nicht viel auf das Hetzgerede der Massenmedien (›Rufer‹ genannt) über die ach so lästigen, faulen und parasitären Menschenflüchtlinge gibt. — Immerhin ein guter Ansatz der ersten Garep-Kapitel ist, dass hier Fantasy in Form eines städtischen Krimi geboten wird. Schade nur, dass weder die Stadt Amboss noch die Krimiathmo wirklich gut rüberkommt. Der Großteil der ersten Krimikapitel besteht aus ungelenken, überfrachteten Dialogen zwischen dem skeptisch-kaputten Garep, und seinem überambitionierten Assistenten Bugeg. — Garep gibt den an seinen eigenen Entscheidungen zweifelnden, tragischen Helden ab, komplett mit Junkie-Einlagen und gelegentlichen wehmütigen Momenten, wenn er seine selbstgewählte Einsamkeit in Frage stellt und sich nach Liebe sehnt.
Zweite Hauptfigur ist ein Mensch namens Siris, der in Gebirgsausläufern auf dem südlich des Zwergenbundes gelegenden Kontinents der Zerrissenen Reiche ein Leben als Monsterjäger führt. Hier sollen offensichtlich die nach Fantasy-Äktschn dürstenden Lesererwartungen gestillt werden. Dafür scheint ein einsam umherziehender, eine (in diesem Fall statt eines magischen Schwertes) zwergische Bratzschusswaffe tragender (Leone-Western-cooler) Ledermanteltyp perfekt geeignet. Die ersten Kapitel mit Siras, wenn er auf der Jagd auf ein Greifen-Pärchen ist, sind aber für meinen Geschmack einfach nur auffällig undurchdacht. Da schreibt dieser Siras zum Beispiel ein Jagdtagebuch, in welchem er (angeblich) nützliche Infos für spätere Aufträge bewahren will (über verschiedenes Monster-Großwild, dessen Verhalten und wie man es am besten erlegt). Aber was bekommen wir als Auszüge zu lesen? Oberflächliche Vermutungen und sehr skizzenhafte Notizen zu den Monstern, dafür aber massig persönliche Befindlichkeiten, schwurbelig formulierte Erinnerungen zu Siris Kindheit, viel vages Emo-Zeug. Später, auf Seite 226 wird mal erwähnt, dass Siris seit gut 10 Jahren dieses Tagebuch führt. Selbst wenn das Buch A-4 bis A-3 groß wäre und 500 Seiten hätte, könnte der Siris seine wortreichen Aufzeichnungen gar nicht sooo klein schreiben, dass bei seiner Logorhoe EIN Tagebuch reichte. — Dann, beim Kampf Mann gegen Greif gerät einiges vollends aus den Fugen. Da finden sich in einer Bergsiedlung einer von Unbekannten hingemetzelten Frömmlergemeinschaft ›eiserne Pflanzenstangen‹ (Rohstoffknappheit an Eisen kennen die wenigsten Klischeefantasywelten und so scheint selbst eine kleine Siedlung über derart viel Eisen zu verfügen, dass man Pflanzenstangen daraus macht) und ordentliche Vorgartenbeete. Das von Siras mit zwei Schüssen verwundete und flugunfähig gemachte Monster attakiert zuerst seinen Bedränger, nur um dann plötzlich und reichlich grundlos wieder von ihm abzulassen.
Siris hielt den Stil des Spatens umklammert und hoffte auf ein Wunder. {…} Nach bangen Minuten, die Siris wie eine halbe Ewigkeit vorkamen, entschärfte sich die Lage für ihn. Der Greif schickte ein letztes drohendes Fauchen in seine Richtung, um sich dann mit vorsichtigen Schritten rückwärts in Bewegung zu setzten. {…} Offenbar war man vor den Nachstellungen eines Greifen, der Beute geschlagen hatte, verhältnismäßig sicher, sofern man nur einen gewissen Abstand zu dem Räuber einhielt und ihn nicht reizte.
Zweimal mit einer Zwergenwumme auf einen Greifen ballern und ihm eins mit nem Spaten übern Schnabel dreschen gilt hier wohl nicht als reizen. — Im weiteren Verlauf des Romanes dient Siris vor allem als starker Muskel, wenn es gilt, Hindernisse zu überwinden indem jemanden aufs Maul gehauen wird, oder wenn hungrige Unterwegsmonster stressen. Zudem ist er der allen Aberglauben und Glaubensschmu abgeneigeste Charakter, ganz kampf- und überlebenserprobter Pragmatiker, und darf (ein paar Mal durchaus gelungen!) zur Erheiterung in ungeschicktem Zwergisch radebrechen.
Die dritte wichtige Hauptfigur der ersten Häfte ist der junge Zwerg Himek, ein so genannter ›Leiböffner‹ (ab und zu auch Heiler genannt, also ein in chirugischen Praktiken geübter Arzt), der zum Helfer des Zwergenwissenschaftlers Kolbner befördert wird. In einer geheimen Forschungseinrichtung assistiert Himek Kolbner bei dessen Experimenten zur Schaffung von superheldenmäßig aufgemotzen Halblingen (so ähnlich wie die militärischen Superkriegerlabore von William Stryker in der »X-Men«-Welt). Als Charakter fungiert Himek als Gegenpol zum vorurteilsverblendeten Bugeg. Himek hält die Ideale der zwergischen Aufklärungsvernunft hoch, will seinem ärztlichen Berurfsethos treu bleiben (sprich: seinen Patienten helfen statt sie für Experimente zu missbrauchen), und gerät dadurch immer mehr in Konflikt mit seinem Vorgesetzten Kolbner . — Kurz: Himek ist die positivste Identifikationsfigur, steht für normale (›menschliche‹) Durchschnittlichkeit vor allem dann, wenn er ab der zweiten Hälfte als Gefährte mit Siris unterwegs ist.
Ich kann mir vorstellen, dass aus »Die Zwerge von Amboss« ein durchaus lesenswertes Vergnügen hätten werden können, wenn es irgend jemanden gelungen wäre, die Autoren und den Verlag davon zu überzeugen, das Manuskript stilistisch zu polieren und vor allem zu straffen. Dann lägen mir statt 500 verlaberten Seiten voller ungeschickter Sprachwindungen und unplausibler Handlungswendungen nun ca. 320 Seiten mit knackig-süffiger epischer Fantasy vor.
{EDIT-ERGÄNZUNG: Beim Eingangs erwähnten Wortwechsel zwischen »Zerrissene Reiche«-Mitentwickler Ole Johan Christiansen und mir im Forum von »Bibliotheka Phantastika« kam es zu für mich überraschenden Einblicken, was die Intention und die Vermarktung des Buches angeht. — Ole wandte gegen meine Kritik des Metaphernmatsches ein, ich hätte ›den literarischen Stil‹ nicht erkannt, an den sich der Roman anlehnt, und er ist so freundlich, auf meine Frage nach der Natur dieses Stils zu antworten (von mir der Lesbarkeit wegen leicht formatiert hier wiedergegeben):
»Die Zwerge von Amboss«, ebenso wie die ganze Reihe, ist sprachlich deutlich an die englische Literatur des 19. Jahrhunderts mit ihren überbordenden Metaphern (insbesondere im Bereich der Tierwelt) und Sprache angelegt (denn in einem Fantasy-Äquivalent zur selbigen Zeit spielt die Reihe ja), wobei dies dann durch die derben Einschläge in Verbindung mit den tatsächlichen damaligen Lebensumständen gesetzt wird. Es ist also nicht so klinisch rein wie ein Dickens, vielmehr ist es eher (wie bei »Southpark« gesehen): »Dort lernt er alles, was ein Gentleman können muss: Tanzen, Säbelfechten und Fotzenlecken.«
Ich hab das dann zusammengedampft auf ›»Die Zwerge von Amboss« als »South Park«-derbe Fantasy-Parodie, geschmückt mit den antiquieten Sprach- und Metapherngirlanden des 19. Jhds?!?!‹
Das rückt den Roman freilich in ein ganz anderes Licht, und tatsächlich würde ich ihn anders beurteilen, wenn er mir (vom Verlag und besprechenden Fantasykreisen) entsprechend angepriesen worden wäre. Da nutzt auch Oles Erinnerung an die Weisheit ›Trust the tale, not the teller‹ nix. Aufmachung, Ankündigungen und Empfehlungen weisen den Eröffnungsband der »Die Zerrissenen Reiche«-Reihe aus als episches Fantasy-Abenteuer mit Krimi- und Politverschwörungselementen. — Derart irregeleitet, führte ich die (mich am stärksten mit Missfallen erfüllende) erzählerisch unökonomische Metaphernschwemme zurück auf (a) entweder Ungeschicklichkeit, oder (b) Unbekümmertheit der Autoren, oder (c) den Zuschnitt auf Lesererwartungen einer Fantasy-Zielgruppe, für welche die von mir bemäkelten Formeln und Klischees keineswegs Indizien für ›schlechten Geschmack‹ sind, sondern lesevergnügliche Qualitätsmerkmale. — Da in den positiven Rezis nirgendwo unterstrichen wird, dass »Die Zwerge von Amboss« vor allem als derb-satirisches Werk zu verstehen sind, sondern der Tenor dieser wohlwollenden Rezis eben meint, es würden Klischees fruchtbar ins Originelle und Spannende gewendet, zudem sogar angereichert mit kritischer politisch-gesellschaftlicher Relevanz, muss ich Vermutung (c) den Vorzug geben.}
Immerhin kann ich das Titelbild von Henrik Bolle loben. Richtig guter »Warhammer«-artiger Genre-Zwerg.
Thomas Plischke (und Ole Johan Christiansen): »Die Zerrissenen Reiche 1: Die Zwerge von Amboss«; 35 Kapitel in zwei Abschnitten, eine Karte; 492 Seiten; Piper Taschenbuch; ISBN: 978-3-492-26663-5.