molochronik

»Ich Roboter, Du Zuschauer«

Eintrag No. 132 – »Das war nicht nur ein Mensch«, so lautet ein scherzhaft-beeindrucktes Gerücht über Isaac Asimov, »hinter dem Namen hat sich ein dutzendköpfiges Autorenkollektiv pseudonym zusammengetan.«

Er war ein Vielschreiber unter den Vielschreibern und betätigte sich als Roman- und Kurzgeschichtenautor ebenso erfolgreich und fruchtbar, wie als Sachbuchautor und Herausgeber von Anthologien. In meiner Bibliothek ist er nur noch in den beiden letztgenannten Funktionen vertreten, denn mit seiner erzählenden Prosa wurde ich nie recht warm. ••• Meine Skepsis gegenüber dem Erzähler Asimov festigte sich, als ich erfuhr, daß der junge SF-Autor bei der Gestaltung seines vielbändigen Foundation/Psychohistoriker-Zyklus sich weitestgehend an Edward Gibbons »Verfall und Untergang des römischen Imperiums« orientierte. •••

Die Verfilmung seiner Pinocchio-Cyborg-Variante »Der zweihundertjahre Mann« war für mich eine nervige Zumutung an Harmoniesüchtigkeit. Meine Hoffnungen ließen mich sehnen, daß »I Robot« nicht genauso ein Lapsus würde.

Mit dem Vorspann (wässrige und luftblasenverbubbelte Alptraumerinnerung des von Will Smith dargestellten Polizisten Spooner an einen »Auto versinkt im Fluß«-Unfall) wird dem mit Asimov nicht vertrauten Publikum das Fundament von dessen Robotergeschichten geliefert, die drei Gesetze der Robitik:

1. Ein Roboter darf mit seinen Handlungen oder Handlungsunterlassung keinen Menschen schädigen; 2. Ein Roboter hat den Anweisungen von Menschen immer Folge zu leisten, wenn nicht Gesetz 1 dabei gebrochen wird; 3. Ein Roboter hat sich um seine eigene Unversehrtheit zu kümmern, wenn dadurch nicht die Gesetzte 1 oder 2 verletzt werden.

»Three law safety« {in etwa: »Dreifache Sicherheit durch Gesetze«} lautet passend der Werbeslogan des Robot-Monopolisten United States Robotics (USR) im Film. Der Roboter-Schöpfer (Artifex und Vater) findet sich – wenige Tage vor der Massenauslieferung einer neuen Roboter-Generation – zu Tode gestürzt mitten in der Lobby des Hauptsitzes von USR. Der Robotern mißtrauende Spooner nimmt die Ermittlung auf, begleitet von einer kühlen Roboter-Psychologin (KI- und Interface-Desingerin). Selbstmord oder Mord durch einen vom Tatort flüchtenden Roboter, die Klärung dieser Frage bedroht den gründlichen Wunsch der Bürger des futuristischen Chicago, den mechanischen Dienern vollkommen vertrauen zu können. Dem Film gelingt es für meinen Geschmack zufriedenstellend, als Mainstreamvehikel unterhaltend die zivilisatorische Abhängigkeit von Technik und unsere Kontrollillusionen sie betreffend zu thematisieren.

Hard SF-Verköstiger und Asimov-Liebhaber muß aber die »Hänsel und Gretel«-simple Gestricktheit der Geschichte und die ziemlich lockere Treue zur Vorlage {ich sag nur: suggested by…} bitter aufstoßen, und man tut deshalb gut daran, »I Robot« als weiteres Lehrstück über Hollywoods Konventionen zu nehmen.

Schwächen: • konventionelle narrative-ironische Distanz, am deutlichsten anhand Will Smith-Charaktergestaltung zu erkennen. Peinlichkeit wegen pathetisch-katharsischer Überhöhrtheit, wie bei Tom Cruise in »Minority Report«, ist mir persönlich angenehmer, als nerven-beruhigendes Kalauern und Gewitzel; • dummer Spruch über Schießen mit geschlossen Augen einer mit Waffen unvertrauten Person; • Spooners nerviger babbelnder junger Kumpel; • blasse Musik;

Aber Panoramen, große und blick-verführende Wimmel-Bilder und Äktsch'n-Sequenzen funzen durch leicht überdurchschnittliche Könnerschaft, zu der aber die dramatischen und charaktergetragenden Passagen nicht aufschließen, trotz der fast durchwegs guten Nebendarsteller. ••• Roboter-Erfinder, Großmutter, Polizeivorgesetzter, USR-Tycoon, Sicherheitsleute und CGI-Figur Sunny … alle fein. •••

Pluspunkte: • die verschieden designten und ausgereiften Roboter-Typen, vor allem die neuesten Modelle und ihr einzigartiger Vertreter Sunny; • die (vor allem beim Showdown überhöht beknackte, somit satirisch archetekturkritische) Gestaltung des USR-Firmensitzes, des Vorplatzes und der ganzen Stadt Chicago, nebst pitoresker Hängebrücken-Ruine; • Bösewichter mit rot leuchtenden Herzen von der Stange; • Audi-Vehikel, die sich benehmen wie die guten alten Magnetquirler im Physikunterricht; • kritische Gags gegen die bedenkliche Praxis des Verbrennungsmotors; • Flucht aus einem Haus, während es abgerissen wird; • Kaffee und Katzen als entspannende Szenenbeigaben; • Medizin aus der Spraydose; • Ungeholfenheit mit Geräten, die man noch per Knopfdruck und nicht mit der Stimme bedient;

Robotische Fähigkeiten überbieten die menschlichen an Schnelligkeit, Wendigkeit und Robustheit, und so dient die neue cinematographische Grammatik der Bullet-Time {bekannt und Usus geworden durch die Matrix-Filme, aber z.B. für Kenner von Kolibri-Dokumentationen, Brain de Palma- und Eisenstein-Filmen ein alter Hut} als Zuschauer-Service, um angenhem Übersicht wahren zu können, bei den geschwinden Handlungen und Reaktionen bei Verfolgung, Kampf und Geballer. »I Robot« gehört somit zu den Filmen, in denen Gewalt und unmittelbare Gefahr in bewegtbildliche Achterbahngravitation aufgelößt wird und genossen werden können, wie die Replays von gelungen absolvierten PC-Spiel-Situation. Die zur ohnmächtigen Zeugenschaft herausfordernde Authentiziät von Gewalt, wie ich sie zuletzt beeindruckend bei »Master and Commander« empfunden habe, strebt der Film nicht an.

Wertvoll ist der Film sicherlich als für das Durchschnitts-Publikum verständliche Reflektion über die Segnungen und Gefahren von natur-mimetischer Technik. Das für die menschliche Selbstversicherung bedrohliche Motiv der ontologischen Emanzipation von Technik und Dingen klingt an, auch wenn in diesem Fall die luziferische Revolte der Roboter noch einmal abgewendet werden kann. Erstaunt hat mich deshalb das Ausklingen des im Großen und Ganzen netten aber harmlosen Films, denn ich bin nicht sicher, ob die letzte computergenerierte Panorama-Aufnahme eines trockenen Michigan-Sees mit vielen vielen ausgemusterten aber (eigen)motivierten Robotern der Hoffnung oder Furcht Ausdruck verleihen soll.

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