Eintrag No. 654 — Schreck vorm gestrigen zu Bett gehen: der Bildschirm meines in die Jahre gekommenen Klappapfels spinnt wieder, sprich: bleibt dunkel, und gibt erst nach längerem Herumjustieren und Vorsichtig-Sein ein Bild wider. Da dieser Monitorfehler von Anfang an diesem iBook und seinen Laufband-Geschwistern zueigen war, hat die entsprechenden Reperaturkosten bisher anständigerweise immer Apple übernommen. Aber ich kann mir aus Zeitgründen nicht leisten, ohne Mac zu sein, also werde ich heute in die Stadt müssen, und mir einen neuen kaufen.
Lektüre: Letzte Woche habe ich bereits auf einen Auszug des Buches »Die Drogenlüge« von Mathias Bröckers hingewiesen. Mittlerweile habe ich das Buch gelesen (derartige Sachbücher eignen sich hervorragend als Lektüre auf dem Arbeitsweg). Ich kann den Band empfehlen, auch wenn für mich selbst kaum etwas neues darin zu finden ist. Was Bröckers aber leistet, ist eine breit gefächerte und gut argumentierte Übersicht der Entwicklung der modernen Prohibitionspolitik, ihrer fatalen Auswirkungen auf die (globale) Gesellschaft, und Ausblicke auf mögliche Alternativen zu geben. — Die vielleicht provokanteste Geste des Buches ist die Verdeutlichung, wie Junkies und Kleindealer in aller Welt ihren nicht unerheblichen Teil dazu beitragen, die spekulierende Finanzwelt der Börsen mit Energie zu versorgen (S. 50):
{W}as würde passieren, wenn {Heroin & Kokain} ab morgen legal verkauft würden? Die Margen {des Importgeschäfts mit diesen Agrarprodukten} würden auf das Niveau von {…} Zuckerimport sinken und 250 Milliarden – zwanzigmal aufgepoppt wären das fünf Billionen Dollar Börsenwert – gingen der Wall Street per anno verloren.
Ich habe dieses Zitat etwas vereinfacht, denn Bröckers greift hier eigentlich auf ein Erklärungsmodell der US-Ökonomin Catherine Austin Fitts zurück, in dem sie zwei Agrarprodukt-Importeuere vergleicht: Dave, der Heroin & Kokain ins Land holt, und Sam, der mit Zucker handelt. — Hier geht es zu den drei Teilen von »Narco-Dollars for Beginners«, in denen Fitts erklärt, wie Drogengelder Finanzwelt, Politik und Gesellschaft regieren:
Sonst: Im Bett zum Einschlafen lese ich den ersten Band der Comicfassung von »Prinzessin Nausikaä« und bin in der letzten Woche 80 Seiten mit Thomas Pynchons »Die Enden der Parabel« weitergekommen.
Jetzt muss ich erstmal los, mir einen neuen Computer holen. — Circa 2 Stunden später: Bin also nun Besitzer eines neuen MacBook Pro (13 Zoll), inkl. eines kleinen Wacom Bamboo Drawpads (will doch mal gucken, wie sich damit in Zukunft digitale Kolorierung meiner gescannten Zeichnungen bewerkstelligen lässt). Bis ich alle Dateien und Programme, die ich täglich nutze, übertragen habe dauert es noch. Mir fehlt schon mal das richtige Firewire-Kabel, weil das Pro einen kleinen, mein altes Bookie aber einen großen Anschluss hat. Dennoch: übermorgen, wenn ich zum Gründungskongress der Gesellschaft für Fantastikforschung fahre, wird der neue Mac mich begleiten. — Das erste, was nun nebenbei auf dem neuen Mac läuft, ist die Jury-Diskussion des Warwick Prize for Writing 2009 (die Diskussion gibt es als iTunes University-Film). Gewonnen hat damals Naomi Kleins brillant-verstörendes Sachbuch »Die Schock-Strategie«, und in der Jury wirkten zwei uns Phantastikfreunden vertraute Herren: China Miéville und Ian Steward.
Nur tote Kulturen verändern sich nicht. Wir können heute definieren, wodurch die byzantinische Kultur sich definiert – aber nur, weil sie untergegangen ist.
Seit Kindheitstagen liebe ich gute Sachbücher, Artikel und Sendungen zum Thema Natur, Wildnis, Flora und Fauna. Da freute ich mich jeck, die Website von Florian Schulz: Visions of the Wild entdeckt zu haben. Im Galerie-Bereich kann man eine Menge feiner Photos bewundern, und in der Multimedia-Abteilung gibt es zum Beispiel einen ergreifenden Bericht dazu, wie anstrengend es ist, 72 Stunden in einem Versteck auszuharren, um Schnee-Eulen in Alaska abzulichten.
Einem Hinweis von Andrea verdanke ich Bekanntschaft mit dem erstaunlichen Angebot des »Boston Globe«: The Big Picture. Einmal monatlich werden 40 Photographien zu einem bestimmten Thema aus dem Bestand aller möglichen namhaften Bildagenturen zusammengestellt. Da kann man sich amüsieren, über die Vorliebe dieser amerikanischen Redakteure für das größte Drogenfest der Welt, das Oktoberfest 2010, staunen über atemberaubende Wetterbilder mit Blitzen, und Science Fiction-Geeks können Dank der (bisher drei) Roboter-Galerien ins Schwelgen geraten.
Noch mal aus »Der Freitag«, diesmal ein Artikel von Fokke Joels im Zusammenhang mit dem diesjährigen Buchmessegastland Argentinien: Ein Leben für die Bücher. Es geht um niemand anderen als einen von mir innig verehrten Großphantasten, Jorge Luis Borges, und vor allem um dessen Kurzgeschichte »Deutsches Requiem« (zu finden im Erzählungsband »Das Alph«, Fischer Taschenbuch)
ZUCKERL
George Lucas hat sich für seine »Star Wars«-Saga unter anderem vom feudalen Japan inspirieren lassen. Die Künstler der Spoke-Studios zeigen nun, wie sich einige vertraute Star Wars-Figuren im Stile klassischer japanischer Kunst ausnehmen: Ninja Star Wars.
»College Humor« zeigt, wie es aussähe, wenn »Sin City«-Schöpfer Frank Miller sich historischer Persönlichkeiten gewidmet und Comics aus ihren Taten gemacht hätte: Frank Miller Makes History Awesome.
Ein erstaunliches graphisches Spielzeug, mit dem jeder auf die Schnelle becircendes Augendope zusammenklicken kann: The Endless Mural.
Die Animationshelden des Aardman-Studios (der Heimat von »Wallace & Gromit«) haben für einen Werbespot den kleinsten Trickfilm der Welt gestaltet. Bei Ufunk gibt es einen Artikel zu diesem Film: »Dot«, inklusive einem ›Making-of‹.
Das Ende macht heute wieder mal das neuste RSAnimate-Filmchen. Diesmal wurde der Vortrag »Where Good Ideas Come From« von Steven Johnson illustriert.
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Eintrag No. 651 — Bin seit letzter Woche allein zuhause, denn Andrea brach zu ihrem Jahresurlab und Richtung Waldviertel auf. Am Wochenende, als ich von meinem Brotjob frei hatte, legte ich eine Übersetzungssession hin (heisst: von Freitag auf Montag nur zwei Mal ins Bett gegangen). Ich bin unfassbar dankbar für das Projekt. Kurzgeschichten, die mich wirklich erfreuen, von einer Vielfalt, die mich begeistert und beeindruckt zu übersetzten fühlt sich nun mal nicht wie ›Arbeit‹.
Nachteil (= Lektüre): Bin selber kaum zum Lesen gekommen, außer, dass ich mir die deutsche Ausgabe von »The City & The City« besorgt und darin herumgeblätert habe, um knifflige Stellen zu prüfen. Soweit ich gesehen habe, kann ich absolut nichts zum Bemäkeln an Eva Bauche-Eppers deutscher Fassung von »Die Stadt & Die Stadt« finden und empfehle den Roman allen, die gerne mal eine gelungene Mischung aus Krimi und Phantastik lesen wollen. Ich denke, ich kann es wagen, dieses Buch jetzt schon zur — leider! — unterschätztesten Neuerscheinung der Saison auszurufen, denn ›Dank‹ des schröcklichen Umschlagbildes und der kümmerlichen Platzierung in den Regalen (wenn meine Umschau in den Frankfurter Buchhandlungen halbwegs repräsentabel ist) wird sich kaum herumsprechen, wie gut dieser Roman ist.
Film: Immerhin war ich letzte Woche im Kino. Leider war ich so dumm, mir »The Sorcerer's Apprentice« anzutun. Ein langweiliger, vorhersehbarer und peinsam-harmloser Streifen. So etwa 3 oder 4 Punkte von 10.
Ganz interessant dagegen meine DVD -Sichtung von Christopher Nolans Erstling »Following«. Als kleiner, fieser Krimi durchaus gelungen (und als S/W-Film sowieso), wenn auch Nolan hier schon durch seine super-ernste und (unter)kühl(t)e Inszenierung leicht nervig auffällt, die auch seine späteren Filme meist kennzeichnet. So etwa 6 bis 7 von 10 Punkten
Schlimmer noch ist allerdings das Verhältnis von demokratischem Staat und wirtschaftlicher Macht, das hier zum Ausdruck kommt: {…} Der Geheimvertrag ist das Eingeständnis, dass der demokratische Staat gegenüber den wirtschaftlich Mächtigen nicht mehr das „Gewaltmonopol“ hat, das heißt sich nicht mehr mit hoheitlicher Macht durchzusetzen vermag, sondern dass er bestenfalls noch Verhandlungspartner gegenüber wirtschaftlicher Macht ist. {…} Da sitzen also auf der einen Seite die Regierung und auf der anderen Seite die Konzernbosse und klären per Telefon die Konditionen; und das Parlament darf dann bloß noch den geheimen Deal sozusagen der demokratischen Form halber absegnen.
Diesbezüglich habe ich mich bei ›lobbycontrol‹ der Unterzeichnungs-Aktion angeschlossen, man möge doch anstandshalber das Atom-Geheimabkommen widerrufen!
›ad sinistram‹ nimmt Sprachpansch in der Rubrik ›nomen est omen‹ unter die Lupe: »Gebär- und Zeugungsstreik«. — Ich verstehe ja folgendes nicht: wenn es einerseits zuviele Menschen auf der Welt gibt, und Menschen aus schlimmen Gegenden, wo das Überleben äußerst mühevoll ist, wegwollen, warum regen sich dann andererseits irgendwelche Anzugträger darüber auf, dass die ›richtigen Frauen‹ zu wenig gebähren? — Okey, ist sicherlich richtig, dass sich Akademikerinnen (zumindest wenn sie selbst einen gut bezahleten Job haben oder mit dem Gatten eine gute Partie gemacht haben) eher bessere Kinderpflege und Schulen leisten können. Das bedeutet aber nur, dass die Qualität der Kindererziehung stärker vom privaten Geld der Bürger und den Möglichkeiten, die es eröffnet abhängt, als vom Geld der staatlichen Gemeinschaft. Das fügt sich mit der Theorie, der ich anhänge, dass ein langfristiges Ziel ›des Kapitals‹ ist, den Bereich der Bildug zu ökonomisieren, und dass es bei diesem Ansinnen auf einem erfolgreichen Weg ist.
Nathalie Roller schrieb am 12. September für ›Telepolis‹ einen löblichen Artikel über grüne Krieger in den heutigen Metropolen: Die Gartenguerilla erobert die Städte.
(Deutschsprachige) PHANTASTIK-FUNDE
Neustart des Magazins für interantionale Science Fiction: Inter Nova. Ich wünsche viele interessierte Leser!
Wieder ein Umsonst-Lesetip für alle, die noch zuviel Zeit haben: Digital Comic Museum.
Ein youtube-Filmchen, in dem Daten augenfällig aufbereitet wurden, und das damit höhere Zusammenhänge anschaulich macht. Scott Manley Asteroid Discovery from 1980 - 2010. Scott Manleys Seite beim Armagh Obsertvatorium bietet weitere wissenschaftliche Animationen zum Thema Asteroiden.
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Musik: In einer Nostalgie-Anwandlung habe ich mir den Soundtrack von »The Hallelujah Trail« (auf Deutsch bekannt als »Vierzig Wagen Westwärts«) beim ›Musikladen‹ bestellt; — mir bei iTunes die ebenfalls von Elmer Bernstein komponierten »Main Title« von »The Great Escape« (= »Gesprengte Ketten«) runtergeladen; — sowie die (für mich) drei wichtigsten Stücke von Bernard Herrmann für Hitchcock: »North by Northwest – Main Title« (= »Der Unsichtbare Dritte«), »A Portrait of Hitch« (= Suite zu »Immer Ärger mit Harry«) und natürlich die Suite zu »Psycho«.
Für das neue Album »Bring mich nach Hause« von »Wir sind Helden« erst ein Mal Zeit gehabt. Kann grob sagen, dass ich mit diesem Album nicht so gut zurecht komme wie mit den drei Vorgängern. Einige Songs finde ich sogar richtiggehend nervig (»Meine Freundin war im Koma…«, Klavier klingt zudem verdächtigt nach »Mad World«). Am besten gefällt mir derweil »Kreise». — Naja, ich verenge mich musikalisch immer mehr. Pop hat es in den letzten Monaten/Jahren immer schwerer bei mir. Kann sein, dass ich in 5 Jahren nur noch Bach oder Savall höre.
NETZFUNDE
Andreas längere »Reiseberichte«-Einträge wurden deutlich seltener, seit sie für die F.A.Z. arbeitet. Aber hier ist wieder eine von den prächtigen Gemmen, einer jener Einträge, die für den guten Ruf von Frau Diener als einer der besten Bloggerinnen sorgen: der böse könig mit dem muni, über das Schweizer Schwinger-Fest in Frauenfeld.
Kolibris gehören zu meinen Lieblingstieren und so freute ich mich über den Hinweis von ›mentalfloss‹ zu einer Doku über diese Superhelden der Natur zu stolpern. Um genau zu sein, ist das ein kurzer Bericht der Naturfilmerin Ann Prum über die eigentliche Doku, die man bei PBS als Stream gucken kann: Hummingsbirds: Magic in the Air (leider in Deutschland gesperrt, aber vielleicht weiß ja der ein oder andere Molochronik-Leser, wie man diese Sperren umgeht und hat dann seine Freude an der Doku).
Vorletzte Woche habe die »Inception«-Besprechung von Peter Brinkemper aus »Glanz & Elend« empfohlen. Mittlerweile habe ich noch einige ältere Beiträge von Brinkemper gefunden, die sich auch unbedingt lohnen:
Lustige Zusammenstellung zur Kniffelei, das Science Fiction-Genre zu definieren, liefert Charlie Jane Anders für »io9«: How many definitions of science fiction are there? — Die Kommentare sind lustig.
(Deutschsprachige) PHANTASTIK-FUNDE
Ganz vergessen hier zu verlinken! Oliver Kotowskis Phantastische Weltreise ging ja weiter. Hier also der vierte Zwischenstopp: Asien und Ozeanien, mit Empfehlungen zu Büchern von Mo Yan, Amitav Ghosh, Xiaolu Guo, Hwang Sok-yong, Haruki Murakami und Rosie Scott.
Auch wenn ich selbst nix mit Steven Eriksons großem Fantasy-Epos »Malazan Book of the Fallan« anfagen konnte (und nach ca. 200 Seiten den ersten Band weggelegt habe), finde ich Olivers Vorhaben großartig, seine Lektüre der über 10.000 Seiten in einem eigenen Blog, dem Malazan-Tagebuch zu protokollieren. — Ach ja: Ich selber verschenke Band 1 und 5!
ZUCKERL
Wer »Calvon & Hobbes« und/oder Bösewichter aus dem DC-Superheldenuniversum mag, wird an diesem kleinen Comic seine Freude haben: »Joker & Lex«.
Corey Vidal hat selbst-viert ein schönes John Williams Medley eingespielt. Der Text ist »Star Wars« gewidmet und verherrlicht größtenteils Wookies. Die Musik aber stammt von den Williams-Scores zu (natürlich) »Star Wars«, aber auch »Jaws«, »Close Encounters«, »Raiders of the Lost Ark«, »E.T.« und »Jurassic Park«.
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