Tzvetan Todorov mit Genreschubladen-Kopf
Eintrag No. 649 — Das war eine schwere Geburt und hat mich daran erinnert, warum ich vor vielen Jahren gemerkt habe, dass ich nicht wirklich dazu tauge mit Graphik-Design und Illustrationen meine Brötchen zu verdienen. Gewisse Dinge kann ich ja locker aus dem Handgelenk schütteln, meine Improvisationen zum Beispiel.
Aber mein lieber Schwan, was für eine Tortur, wenn es nicht so einfach klappt!
An dem Titelbild für ein kommendes Buchprojekt über Todorovs Fantastik-Theorie habe ich Woche um Woche herumgeschustert und mich nur mit kleinen Hühnertapperl dem hier vorliegenden Ergebnis annähern können. (Ergänzung 13. November 2010: Zur Buchseite von Simon Spiegels »Theoretisch phantastisch. Eine Einführung in Tzvetan Todorovs Theorie der phantastischen Literatur«.) Und auch diese Illu ist stellenweise immer noch peinsam für mich: den Drachen links kann ich nicht ausstehen, bekomme ihn aber nicht besser hin und muss damit leben, dass irgendwann eben mal Schluss sein muss (dafür ziehe ich mich an dem SF-Motiv in der rechten Schublade hoch, dem einen Detail des Bildes, das mich rundum freut).
Wenn ich dazu komme und den Mut aufbringe, dann präsentiere ich die ganzen versauten Entwürfe und Zwischenschitte zu diesem Illu. Das Original ist keine Augenweide, denn es ist aus Stücken zusammengeklebt und benötigte entsprechend ausgiebige Digitalkosmetik.
Flattrn Sie diesen Eintrag, wenn Sie der Meinung sind, dass er etwas wert ist.
oliverj
Großes Tennis! Terrific!
molosovsky Besitzerin
Freut mich, Oli.
(Und lass Dir bloß nicht von meinem nörgelnden Berichten gescheiterter Leseversuche neuerer Epik-Fantasy-Serien die Stimmung für Malazan vermiesen.)
juyooh
Tolle Zeichnung! Was an dem Drachen stört ist, dass er keine Flügel hat.
molosovsky Besitzerin
Stimmt, Ju. Ist damit eigentlich auch kein Drache, sondern ein Lindwurm.
Savall
Doch, es ist nicht schlecht, Molosovsky. Nur immer auf die Proportionen achten. Die fehlenden Flügel sind nicht wichtig. Im Zweifelsfall schaue man auf Leon Benett oder Klaus Ensikat (Das Varus-Schlacht-Buch ist ein Referenz-Objekt; von meiner geringen Beteiliegung gänzlich abgesehen, ich liebe dieses Buch) . Machen Sie bitte so weiter, mir gefällt das.
molosovsky Besitzerin
Danke für die Aufmunterung, Savall. — Mit der Illu bin ich schon zufrieden, sonst würde ich sie (a) nicht hier reinstellen und hätte (b) lieber die Schmach auf mich gezogen, nix abzuliefern. Der Lindwurm ist (meiner Meinung nach) nur das eine Element, das nicht wirklich mit dem Rest der Illu harmoniert. Dafür bin ich ja sehr glücklich mit der Kolorierung und angesichts der vielen Versuche, dem Herrn Todorov Schubladen in den Kopf zu praktizieren, froh darüber, dass sie funktionieren.
Auf einer inhaltlichen Ebene allerdings ›sorge‹ ich mich darum, dass die Motive für Fantasy (Lindwurm), Horror (Totenschädel) und SF (Mond mit Raumschiff und Monolith) eventuell in die Irre führen, so wie ja auch die ursprüngliche »Einführung in die fantastische Literatur« wohl so manchen Leser in die Irre geführt und enttäuscht hat. Mit der für heutige Leser vertrauten Trias SF / Horror / Fantasy hat Todorovs Arbeit nämlich eigentlich herzlich wenig zu tun und ist entsprechend un-infoformativ. Freilich bleibt sein Text eine anregende Arbeit für alle, die sich mit einer bestimmten Phantastik-Tradition des 19. Jahrhunderts auseinandersetzten wollen. -- Ich beharre aber weiterhin auf meinem Standpunkt, dass das, was Todorov sehr theoretisch-idealtypisch mit ›Fantastik‹ nennt, eigentlich besser mit dem Begriff ›Ambivalenz‹ bezeichnet ist.
empfindungspirat
du bist einfach anhaltend soo gut, molo! :)
molosovsky Besitzerin
›Anhaltend‹ mit merklichen Stress-Pausen dazwischen. Dennoch: Danke für das Kompliment, Du Pirat!