John Dowland: »Unquiet thoughts«
(Literatur, Lyrik) – Text und Übersetzung eines Liedes des englischen Renaissance-Komponisten und Lautisten John Dowland (1563-1626).
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Unquiet thoughts, your civil slaughter stint
and wrap your wrongs within a pensive heart:
and you: my tongue that makes my mouth a mint,
and stamps my thoughts to coin them words by art,
be still: for if you ever do the like
I'll cut the string that makes the hammer strike.
But what can stay my thoughts they may not start,
or put my tongue in durance for to die?
When as these eyes, the keys of mouth and heart,
open the lock where all my love doth lie;
I'll seal them up within their lids for ever:
so thoughts, and words, and looks shall die together.
How shall I then gaze on my mistress' eyes?
My thoughts must have some vent else heart will break.
My tungue would rust as in my mouth it lies,
if eyes and thoughts were free, and that not speak.
Speak then, and tell the passions of desire;
which turns mine eyes to floods, my thoughts to fire.
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Unruhige Gedanken, spart mit eurer höflichen Metzelei
und wickelt eure Fehler in ein nachdenkliches Herz:
und du: Zunge, die aus meinem Mund ein Prägeamt macht,
und meine Gedanken zu kunstvollen Wort-Münzen stempelt,
sei still: denn wenn du noch einmal solches tust,
werd ich den Riemen kappen der den Hammer schlagen läßt.
Doch was bleiben kann, wissen meine Gedanken noch nicht,
soll ich meine Zunge also vertrösten bis zum Sterben?
Wenn diese Augen – der Schlüssel des Mundes und des Herzens –
das Schloss öffnen worin all meine Liebe wohnt;
werde ich sie hinter ihren Lidern für ewig versiegeln:
so sollen Gedanken, und Worte, und Blicke zusammen sterben.
Doch wie soll ich die Augen meiner Dame schauen?
Meine Gedanken brauchen ein Ventil, sonst platzt das Herz.
Meine Zunge würde in meinem Munde liegend einrosten;
wären Augen und Gedanken frei, und nichts dürfte gesprochen werden.
Sag nun, und erzähl von Leidenschaften der Sehnsucht;
die meine Augen fluten, und meine Gedanken entflammt.
Aus »The First Booke of Songs«, 1597.
John Dowland: »Can she excuse my wrongs«
(Literatur, Lyrik) – Text und Übersetzung eines Liedes des englischen Renaissance-Komponisten und Lautisten John Dowland (1563-1626).
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Can she excuse my wrongs with virtues cloak?
Shall I call her good wenn she proves unkind?
Are those clear fires which vanish into smoke?
Must I praise the leaves where no fruit I find?
No no: where bodies do for shadows stand
thou may'st be abus'd if thy sight be dim.
Cold love is like to words writen on sand
or to bubbles which on the water swim.
{2 x} Wilt thou be thus abused still,
seeing that she will right thee never?
If thou can'st not o'vercome her will
thy love will be thus fruitless ever.
Was I so base, that I might not aspire
unto those high joys which she holds from me?
As they are high, so high is my desire:
if she this deny, what can granted be?
If she will yield to that which Reason is
it is Reason's will that Love should be just.
Dear make me happy still be granting this,
or cut off delays if that I die must.
{2 x} Better a thousand times to die,
than for to live thus still tormented:
Dear, but remember it was I
who for thy sake did die contented.
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Kann sie meine Fehler mit dem Mantel der Tugend verbergen?
Sollte ich sie loben wenn sie sich als unhöflich erweist?
Sind das klare Feuer dort, die im Rauch verschwinden?
Muß ich die Blätter loben, wo ich keine Früchte finde?
Nein nein: wo statt Körper Schatten sind,
wirst du bei schlechter Sicht vielleicht mißbraucht.
Kalte Liebe ist wie in Sand geschriebene Worte,
oder Blubberblasen die auf dem Wasser schwimmen.
{2 x} Willst du dich weiter so mißbrauchen lassen,
wissend, daß sie dich nicht gerecht behandelt?
Wenn du ihren Willen nicht überwinden kannst,
wird deine Liebe ewig so fruchtlos bleiben.
War ich zu mau, um nicht aufzusteigen
zu den hohen Freuden, die sie mir vorenthält?
So hoch wie sie sind, so hoch ist mein Verlangen:
verweigert sie mir diese, was gilt denn dann noch?
Gibt sie dem nach was die Vernunft gebietet.
Der Wille der Vernunft sagt, daß die Liebe gerecht sei.
Liebste, mach mich glücklich und gewähre mir das doch
oder beende Verzögerungen, wenn ich denn sterben muß.
{2 x} Besser ist's tausend Tode zu sterben
als so gequält weiter leben zu müssen:
Liebste, erinere dich aber daran, ich war's
der Dir zuliebe zufrieden gestorben ist.
Aus »The First Booke of Songs«, 1597.
John Dowland: »Tell me, true Love«
(Literatur, Lyrik) – Text und Übersetzung eines Liedes des englischen Renaissance-Komponisten und Lautisten John Dowland (1563-1626).
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Tell me, true Love, where shall I seek thy being,
in thoughts or words, in vows or promise-making,
in reasons, looks, or passions never seeing,
in men on earth, or women's minds partaking.
Thou canst not die, and therefore living tell me
where is thy seat, why, doth this age expell thee?
When thoughts are still unseen and words disguised:
vows are not sacred held, nor promise debt:
by passions Reason's glory is surprised,
in neither sex is true Love firmly set.
Thoughts feign'd, words false, vows and promise broken
made true Love fly drom earth, this is the token.
Mount then my thoughts, here is for thee no dwelling,
since Truth and False live like twins together:
believe not sense, eyes, ears, touch, taste or smelling,
both Art and Nature's forced: put trust in neither.
One only she doth true Love captive bind
in fairest breast, but in a fairer mind.
O fairest mind, enrich'd with Love's residing,
retain the best; in hearts let some seed fall,
instead of weeds Love's fruits may have aviding;
at Harvest you shall reap increase of all.
O happy Love, more happy man that finds thee,
most happy Saint, that kepps, restores, unbinds thee.
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Wahre Liebe, sage mir, wo soll ich dich suchen,
in Gedanken oder Worten, in Versprechen oder Schwüren,
in Vernunft, Aussehen, oder nie gekannten Leidenschaften,
in Männern auf Erden, oder den Gedanken der mitfühlenden Frauen.
Du kannst nicht sterben, und also lebendig sage mir
wo du bist, warum dich diese Zeiten verstoßen haben.
Wenn Gedanken noch unerkannt und maskiert die Worte sind:
wenn weder Schwüre heilig, noch Versprechen bindend sind:
von Leidenschaften der Ruhm der Vernunft überrascht wird,
in keinem der Geschlechter die wahre Liebe fest verankert ist.
Gefälschte Gedanken, geheuchelte Worte, gebrochene Schwüre und Versprechen
haben die wahre Liebe von der Erde fliehen lassen.
Auf, weiter meine Gedanken, hier ist für Euch kein bleiben,
seit Wahr und Falsch wie Zwillinge zusammenleben:
glaub nicht Sinnen, Augen, Ohren, Berührung, Geschmack oder Geruch,
ob durch Kunst oder Natur erzwungen: vertraue beidem nicht.
Besser noch als von einem aufrichtigen Herzen wird
wahre Liebe nur von einem aufrichtigen Geist gebunden.
O aufrechter Geist, durch der Liebe Aufenthalt bereichert,
sichere das Beste; laß einige Samen in Herzen fallen,
statt Unkraut sollen die Früchte der Liebe überdauern;
im Herbst wirst du gesteigerten Ertrag von allen ernten.
O glückliche Liebe, glücklicher der noch der dich findet,
glücklichster Heiliger, der dich bewahrt, erneuert und entfesselt.
Aus »A Pilgrims Solace – The Fourth Booke of Songs«, 1612.
John Dowland: »In darkness let me dwell«
(Literatur, Musik) – Die drei (plus zwei) Bücher der Lieder (»Booke of Songs 1-3«, »A Pilgrims Solace«, »A Musicall Banquet«) des englischen Renaissance-Komponisten und Lautenmeisters John Dowland (1563-1626) gehören zur von mir wohlgeschätztesten Musik und Lyrik.
Es beruhigt mich, über Andrea von Anglisten zu hören, die es schade finden, daß Dowland akademisch durch den Rost fällt. Denn: die Musikwissenschaftler meinen, um die Texte sollen sich die Anglisten kümmern weil Lyrik; die Anglisten nehmen an, die Musikwissernschaftler sollten sich um Dowland kümmern, weil Musik.
So gibt es bis heute keine Übersetzungen von Dowland im Netz und deshalb fang ich jetzt mal damit an.
Folgende erste Dowland-Übersetzung von mir hat nichts mit meiner derzeitigen Stimmung zu tun. Aber Jammern ist ja Mode und ich will gerne den Jammeranten stilvolle Handhabe zum Jammern reichen.
Ich hoffe, ich schaffe es für die Molochronik eine Reihe mit Dowland-Übersetzungen zu etablieren.
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In darkness let me dwell,
the ground shall Sorrow be;
the roof Despair to bar
all cheerful light from me,
the walls of marble black
that moisten'd still shall weep;
my music hellish jarring sounds
to banish friendly sleep.
Thus wedded to my woes
and bedded to my tomb,
O let me living die,
till death do come.
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In Finsternis laßt hausen mich,
der Baugrund soll die Sorge sein;
das Dach Verzweiflung soll abhalten
alles heitere Licht von mir,
die Mauern aus marmorner Schwärze
sollen – immer noch feucht – weinen;
meine schnarrende Höllenmusik erklingt,
um freundlichen Schlummer zu bannen.
Somit vermählt mit meinem Leid
und in mein Grab bettet,
Oh laßt lebend sterbend mich,
bis daß der Tod kommt.
Aus »A Musicall Banquet« von 1610.
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Empfehlenswert finde ich die Aufnahmen:
• »John Dowland – The Collected Works«: The Consort of Musicke unter der Leitung von Anthony Rooley; Editions de L'Oiseau-Lyre, Decca. — Ensembleaufnahmed er Olympierklasse.
• »A Musical Banquet«: Andreas Scholl, Markus Märkl, Christophe Coin; Decca. — Solo-Gesang-Aufnahme von unserem Meister Scholl.
• »In Darkness Let Me Dwell«: John Potter, Stephen Stubbs, John Surman, Maya Homburger, Barry Guy; ECM. — Moderner, expressiverer Ansatz mit Saxophon und Zupfbass.
Am Beispiele von »X-MEN«
(Alltag) - Warum meide ich beim ersten Besuch eines anglo-amerikanischen Filmes im Kino die deutsche Synchronosiation? Weil die Übersetzung manchmal nicht nur schluderig und husch-husch gemacht ist, sondern dabei sogar willentlich Sinn verfälscht wird.
Ich bin fast aus dem Sessel gerutscht, als ich heute folgenden Fall von ideologischer Weichzeichnung durch Eindeutschung erlebte. Gleich der erste Satz von X-XEN (aus dem Jahr 2000) lautet im Original:
"Mutation - it is the key to our evolution. It has enabled us to evolve from a single cell organism to the dominant species on the planet."
Die deutsche Stimme von Patrick Steward alias Prof. X darf aber nur behaupten:
"Mutationen sind der Schlüßel zu unserer Evolution. Sie haben es uns ermöglicht uns von einzelligen Organismen zur komplexesten Spezies des Planeten zu entwickeln."
Das verschiebt den Inhalt des Prologes und lenkt vom zentralen Thema ab: das Schachspiel um Kontrolle und Macht zwischen den guten bzw. bösen Parteien bei Menschen und Mutanten. Ich frage mich nur, warum dominant abgewandelt werden mußte in komplex. Ist es in Deutschland nicht zumutbar, daß in einer Fiktionsblase die Stellung des Menschen als Herrscher darzustellen, als Hauptakteur, als Verbreitungs- und Anpassungsprotagonist auf dem Planeten eben dominiert, führt, alle anderen Arten überragt. Ist man sich der Riesenlatschen des menschlichen ökologischen Fußabdrucks in Deutschland schon derart schmerzlich gewärtig, daß in einer biologistischen Romantik der Erfolg einer Artentwicklung eben in Komplexität (Zier, Feinheit, Verständnis) und nicht in Vorherrschaft ausgedrückt wird. Oder steckt Rumsfeld und sein Desinformation-Kader hinter solchen Begriffsverwandlungen?
Und überhaupt: man sagt auf Deutsch nur in Fachkreisen und als Genbildhauer a la Mabuse und Frankenstein Spezies. Normale Menschen oder gebildete doch stilbewußte Mutanten würden das englische species ganz einfach mit Art übersetzten.