molochronik

Umberto Eco: »Die Welten der Science-Fiction« — Zusammenfassung

Eintrag No. 85 — Als eröffnenden Paukenschlag zum Thema Zukunftsfiktionen hier das Eröffnungszitat von Brian W. Aldiss »Der Milliarden Jahre Traum«, Bastei Verlag (leider vergriffen).

The mirrors of the gigantic shadows which futurity casts upon the present…



{Die Spiegelbilder der riesenhaften Schatten, welche die Zukunft auf die Gegenwart wirft…}

— P. B. Shelly: »The Defence of Poetry«

Ich habe mir bisher nie die Mühe gemacht, meine einzelnen Geschmacks-Urteile als zusammenhängendes Gebilde zu betrachten: kurz, meine Poetik zu formulieren. Im Forum von SF-Netzwerk habe ich eine Diskussion um die Frage entdeckt, was gute SF sei, und das spornte mich an mal zu stöbern, was denn bisher dazu an brauchbaren Bestimmungsversuchen in meiner Bibliothek zu finden ist.

Ein kleiner Vortrag von Umberto Eco (gehalten auf einer Tagung 1984) kam mir ins Gedächtnis, und ich habe ihn herausgesucht, wiedergelesen und biete nun diese Zusammenfassung von »Die Welten der Science Fiction« in Über Spiegel und andere Phänomene (Deutscher Tadschenbuch Verlag, 1990, Seite 214 ff) an.

Gemeinsam mit der Zusammenfassung der Havard-Vorlesung »Mögliche Wälder« (und erst recht, wenn man Eco selbst kosultiert) hoffe ich allen Phantastik-Lesen ein wenig Handhabe liefern können, mit der sich ahnugslose Verächter und Geringschätzer von SF-, Horror- und Fantasyliteratur schön genüßlich in der Luft zerpflücken lassen.

Meine Anmerkungen {finden sich in kleiner Schrift eckig eingeklammert}, der Rest stammt aus dem Vortrag.

••• ZUSAMMENFASSUNG: »DIE WELTEN DER SCIENCE FICTION«: •••

Eco stellt erstmal klar, daß jedes erzählende Werk eine mögliche Welt konstruiert, verglichen mir der

realen, wirklichen, normalen

Welt in der wir leben, zu leben meinen, wie sie durch den Gemeinverstand, die Kulturelle Enzyklopädie definiert wird.

{Kulturelle Enzyklopädie: Damit ist das gesamte kursierende Wissen über die Welt gemeint, von entzifferten babylonischen Keilschriften bis hin zur Auskunft eines Menschen, den wir in einer fremden Stadt nach dem Weg fragen. Als Individuum gebietet man über etwa ein Zehntel eigenes Wissen, und verläßt sich ansonsten zu neun Zehnteln auf die Kulturelle Enzyklopädie. Wer noch nie in Frankreich oder England war und dennoch »Falsch!« ruft, wenn behauptet wird, daß der Eifelturm in London steht und der Trafalgar Square dem Louvre in Paris zu finden ist, vertraut offensichtlich weitestgehend auf die Kulturelle Enzyklopädie. Figuren wie z.B. Agent Moulder aus der TV-Serie »Akte X« berücksichtigen darüber hinaus auch exotischere Gebiete der Kulturellen Enzyklopädie.}

Seit Alters her nun gibt es laut Eco eine realistische Erzähltradition und eine Gegentendenz, die das Konstruieren von möglichen Welten eben richtiggehend strukurell betreibt.

  • Realistisch illustriert Eco durch die Frage:
    »Was würde geschehen, wenn in einer biologisch, kosmologisch und gesellschaftlich ähnlichen Welt wie der unseren Dinge geschähen, die zwar nicht faktisch geschehen sind, aber die ihrer {der realen Welt} Logik nicht wiedersprechen?«

    {Siehe z.B. die populären ›Realismus‹-Welten von Hannibal Lector in den Büchern von Thomas Harris, das Vendig und Italien von Commisario Brunetti bei Donna Leon, Franz Biberkopf in Alfred Döblins »Berlin Alexanderplatz«, Annie Wilkes aus Stephen Kings »Sie« usw.};

  • und phantastisch durch diese Frage:
    »Was würde geschehen, wenn die wirkliche Welt nicht so wäre, wie sie ist, wenn also ihre Struktur anders wäre?«

    wobei als beachtete, bearbeitete Struktur gemeint sein kann z.B. die kosmologische Struktur (sprechende Tiere, animierte Gegenstände, Dimensionslöcher allerorten) oder die soziale Struktur (Idealgesellschaft wie bei Thomas Morus, Francis Bacon, Karl Marx), usw.

Nun unternimmt Eco eine — wie ich finde — sehr einfache und doch griffige Einteilung der Phantastik, in folgende vier Wege:

  1. ALLOTOPIE: Hier wird unsere gegenwärtige Welt als tatsächlich andersartig geschildert. Tiere können sprechen, oder es gibt Magie, Zauberer, Feen, Geister ect.. Eco beobachtet, daß wenn eine solche Welt erst einmal vorgestellt ist, zumeist nur noch der allegorische Bezug zur realen Welt beachtet wird. {Beispiele: »Watership Down« von Richard Adams, die Harry Potter-Bücher, Bram Stokers »Dracula«, Neil Gaimans »Neverwhere«, Matt Ruffs »Fool on the Hill«, Elis Kauts »Pumukel« usw.}
  2. UTOPIE: Hier wird geschildert wie die Welt sein sollte {einschließlich der wie es nicht sein sollte-Umkehrung der Dystopie}. Die utopische Welt ist irgendwo, vielleicht parallel zu unserer Welt, an einem fernem Ort, in der Vergangenheit oder Zukunft, aber normalerweise schwer zu erreichen von unserer Welt (z.B. Samuel Butlers »Erehwon«), wenn überhaupt.
  3. UCHRONIE: Entwirft mögliche Welten nach folgender Frage:
    »Was wäre geschehen, wenn das, was wirklich geschehen ist, anders geschehen wäre?«

    z.B. {Bush der Zweite die Wahl 2000 nicht gewonnen, oder} Julius Cäsar die Iden des März überlebt hätte. Seitenhieb Ecos auf Verschwörungstheorien:

    Wir haben sehr schöne Beispiele von uchronischer Historiographie zum bessern Verstädnnis der Ereignisse, aus denen die aktuelle Geschichte hervorgegangen ist.

    {Eco berichtet in anderen Texten von interessanten Begegnungen mit Lesern, die z.B. seinen Roman »Das Foucaultsche Pendel« für bare Münzen nahmen. — Beispiele für derartige Alternativ-Phantastik: »Vaterland« von Robert Harris, »Oscar Wilde im Wilden Westen« von Walter Sattersthwait, »Morbus Kitahara« von Christoph Ransmayr.}

  4. METATOPIE / METACHRONIE: Hier wird die mögliche Welt als künftige Phase der wirklichen Welt von heute entworfen — hier können wir endlich wirklich von Zukunftsgeschichte sprechen. Ausgenommen solche Zukunftswelten, die eigetlich eine Weiterführung der Gothic Novel oder Romance sind (in denen Burgen und Drachen durch Raumschiffe und Blobs ausgetauscht wurden), oder die unter Allotopie besser aufgehoben sind {wie »Flash Gordon«, »Star Wars«, »The Matrix«}.

Eco grenzt ab und wird genauer:

»SF nimmt stets die Form einer Antizipation an, und die Antizipation kleidet sich stets in die Form einer Konjektur, die anhand realer Tendenzen der wirklichen Welt formuliert wird.«

Die Science der SF kann dabei eben nicht nur naturwissenschaftlich (sprich: technisch), sondern auch humanwissenschaftlich (z.B. linguistisch, sozial- und kulturwissenschaftlich) sein. Über die SF als erzählendes Spiel auf dem Wesenskern der Wissenschaft: dem Konjektivverfahren.

{Konjektur: 1. Vermutung (veraltet); 2. mutmaßlich richtige Lesart; Textverbesserung bei schlecht lesbaren Texten.}

  • Beispiel Isaac Newton: Solange er seine Konjektur, Vermutung, Hypothese nicht auf die Probe stellt, bleibt sein Gravitationsgesetz lediglich das Gesetz einer möglichen Welt.
  • Beispiel Pierce (Semiotik-Pionier): Auf einem Tisch liegt ne Handvoll weißer Bohnen, daneben ein kleines Säckchen. Orientiert sich die Konjektur an abzeichnender Plausibilität (= der organischen Form, die eine mögliche Welt annimmt) wird gefolgert:
    »In dem Säckchen werden sich noch mehr weiße Bohnen befinden.«

    Dies bleibt eine Aussage über eine mögliche Welt, bis man im Säckchen nachschaut und feststellt, ob sich tatsächlich weitere Bohnen darin befinden {oder doch herausgebrochene Goldzähne vom einem nahen Schlachtfeld, oder ungeschliffene Rohdiamanten, oder grüne Erbsen, oder oder.}.

Diese Art in möglichen Welten zu denken ist auch Philosophen, Detektiven, Psychoanalytikern, Historikern (und vielen mehr) zu eigen. Angesichts des Beispiels von Pierce aber lautet die Frage der SF:

(Der Tisch wird als leer angenommen) »Was würde geschehen, wenn auf dem Tisch eine Handvoll Bohnen läge?«

oder besser noch: eine Handvoll kleiner grüner Außerirdischer {ja — Eco führt wirklich solche Gedankenspäße auf}.

Eco erläutert die umgekehrte Symmetrie von Wissenschaft und SF:

  • Wissenschaft muß ein mögliches Gesetz (Theorie) aufgrund wirklicher Befunde (Beobachtungen, Messungen, Fakten) entwerfen.
  • Von möglichen Befunden (Replikanten, Klone, Künstliche Intelligenzen) ausgehend, kann die SF versuchen wirkliche Gesetze (Menschlich ist… z.B. das Mitgefühl?) zu finden.

Kurz gesagt: wo die Wissenschaft ihre möglichen Welten irgendwann verifizieren, falsifizieren muß, kann die SF (und die Phantastik) dies ins Unendliche vertagen {wobei Fiktionen die emotionelle Abrundung einer Geschichte meist wichtiger oder zumindest ebenso wichtig ist, wie die Logikknotenaufdröselung}.

Zum Ende macht Eco auf die Fälle gegenseitiger Befruchtung und Verwandschaft von Wissenschaft und SF aufmerksam:

  • daß z.B. Orwell mit der »1984«-Zukunft warnt — die mögliche Welt zeigt sich als abschreckender Leichnam eines dann schon gestorbenen Patienten;
  • daß es den Moment gibt, wo der Unterschied zwischen forschender Intelligenz und künstlerischer Intuition verschwindet;
  • und schließt damit, daß die SF ein lebendes Beispiel der Verwandschaft von Phantasie und Wissenschaft ist.

ECO ENDE

•••

Meine Eindrücke: Für mich postuliert Eco die Plausibilität der aus der Gegenwart in die Zukunft extrapolierten möglichen Welt als klar ausgemachtes Kriterium zur Bestimmung guter SF. Oder ungeschwurbelt: In der realen Welt vorliegende Entwicklungen sollen weitergedacht werden und eine stimmige Geschichte darüber erzählt werden. Wobei stimmig hier als Platzhalter dient, der in weitern Betrachtungen — über den eigenen Geschmack bezüglich Stil, Sprache und Form — festgemacht werden müßte.

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Weitere grundsätzliche Beiträge zu Literatur, Science-Fiction, Fantasy und Phantastik:

Hurra, der zweite Roman aus der Welt Bas-Lag ist da

Eintrag No. 42 — China Mieville und sein Roman »Perdido Street Station« haben 2002 meine fast vollkommen erloschene Begeisterung für neue Fantasy/SF wiederbelebt. Ich dachte schon, ich finde nur noch auf dem Totenacker der Literatur mich nicht langweilende oder platt dünkende Genre-Phantastik.

Nun freue ich mich, daß der Bastei-Verlag auch den zweiten Roman aus der Welt Bas-Lag »The Scar« veröffentlicht. Eva Bauche-Eppers hat wiederum die Übertragung ins Deutsche besorgt, und ich habe nach den ersten Dutzend Seiten den Eindruck, daß ihr das anerkennungswürdig gelungen ist, bedenkt man die kurze Zeit (die das Verlagsgeschäft für eine Taschenbuchübersetzung einräumt). Immerhin ist China Mievilles Stil sprachlich und imaginativ recht komplex, überbordend und das Buch ein dickes (engl. Ausgabe: 795 Seiten). Leider konnte die sehr schöne Umschlagsgestaltung des Originals nicht übernommen werden, da der Roman in zwei Teile aufgespalten wurde (Band 1: »Die Narbe«, Band 2: »Leviathan«), aber immerhin wurden die deutschen Umschlagbilder von Arndt Drechsler diesmal passend zum Inhalt gestaltet.

Doch leider sind mir auf dem Weg von Bahnhofsbuchhandlung nach Hause auch schon wieder die ersten Ausreißer aufgefallen:

  • Das Impressum gibt an, daß der erste Band die Kapitel 1-20 enthält. Das letzte Kapitel des ersten Bandes ist aber das sechsundzwanzigste.
  • Der erste Satz im Original: A mile below the lowest cloud, rock breaches water and the sea begins. Daraus wird im Deutschen: Eine Meile unterhalb der tiefhängendesten Wolke mit ihren geblähten Schlechtwetterbäuchen, stürzt Fels lotrecht in Wasser und der Ozean beginnt. - Wie der unterstrichene Teil des Satzes sich aus dem, was da im Englischen steht ergibt, kann ich nicht ganz nachvollziehen … kreativ ist es aber schon.
  • Lustiger Sachfehler auf Seite 101 (dt) wo das englische pirates of pantomime übertragen wurde mit Piraten der Pantomime. In England gibt es in der Winterzeit um Weihnachten und Neujahr die Tradition, lustige Theaterabende zu veranstalten, z.B »King Lear And His Ugly Daughters«. Da wäre Faschings- von mir aus auch Karnevalspiraten besser gewesen. Die Welt Bas-Lag ist ja gehörig phantastisch, aber ich glaube auch dort, hätte eine Schauspieltruppe mit dem Schwerpunkt Piratenpantomome kaum Ruhm.

Aber, weg ihr Nörgelgedanken. Ich bilde mir ein deutlich zu bemerken , daß Frau Bauche-Eppers mit der vielstimmigen Sprache von Mieville vertrauter ist, als noch bei Perdido Street Station. Nicht oft kommt es vor, daß mir das Lesen einer Übersetzung dermaßen Spaß macht. Also ihr Fantasy-Recken und Phantastik-Gourmets: lauft in den Buchladen oder klickt euch diese Romane ins Postloch..

Was der Architekt sagt

Eintrag No. 28 — Die deutsche Synchro kenne ich nicht, aber Bekannte und Freunde versicherten mir, daß man ihr kaum folgen kann. Hier also mein Versuch einer eleganteren - wenn auch nicht lippenbewegungskongruenten — Eindeutschung des (Des?)Informationsschwalls vom Architekten in »Matrix Reloaded«. Ich freue mich über jeden Verbesserungsvorschlag.

Nebenbei: Das runde Monitorzimmer des Architekten kommt ganz kurz schon in »The Matrix« vor. Auf der DVD zu finden als Beginn des Kapitels ›Unable to speak‹, wenn wir von den vielen Monitoren aus drei Agenten (darunter Smith) beobachten, die Neo in ein Verhörzimmer bringen.

Ganz nebenbei: der den Architekten sehr fein darstellende Australier Helmut Bakaitis wurde 1944 in Lauban geboren, vor allem seine Stimme ist göttlich.

Architekt: Hallo, Neo.

Neo: Wer sind sie.

Architekt: Ich bin der Architekt. Ich erschuf die Matrix. Ich habe auf dich gewartet. Du hast viele Fragen und obwohl die bisherigen Ereignisse dich verändert haben, bleibst du doch unwiderruflich menschlich. Ergo wirst du einige meiner Antworten verstehen, andere nicht. Dementsprechend, während deine erste Frage am gebotensten erscheinen mag, begreifst du vielleicht (oder auch nicht), daß sie auch die irrelevanteste ist.

Neo: Warum bin ich hier?

Architekt: Dein Leben entspricht dem Rest einer nicht aufgelösten Gleichung, die der Programmierung der Matrix eigen ist. Du bist die Möglichkeit einer Anomalie, die ich trotz meiner ernsthaftesten Bemühungen nicht in der Lage war aus etwas, das ansonsten eine Harmonie mathematischer Präzision ist, zu eleminieren. Während sie weiterhin eine beharrlich vermiedene Belastung darstellt, tritt sie nicht unerwartet auf und entzieht sich damit nicht einer Kontrollmaßnahme. Was dich unerbittlich hierher geführt hat.

Neo: Sie haben meine Frage nicht beantwortet.

Architekt: Völlig richtig. Interessant. Das kam flotter als bei den anderen.

Bildschirm-Neos: Andere? Welche anderen? Wie viele? Antworte mir?

Architekt: Die Matrix ist älter als dir bekannt ist. Ich ziehe es vor, vom Auftreten einer innewohnenden Anomalie bis zum Auftreten der nächsten zu zählen, wonach dies hier die sechste Version ist.

Bildschirm-Neos: Fünf Versionen? Drei? Man hat mich belogen. Das ist Blödsinn.

Neo: Es gibt nur zwei mögliche Erklärungen: entweder hat es mir niemand gesagt, oder niemand weiß das.

Architekt: Genau. Wie du zweifellos begreifst, gehört die Anomalie zum System, verursacht Abweichungen sogar in den einfachsten Gleichungen.

Bildschirm-Neos: Du kannst mich nicht kontrollieren. Fick dich. Ich werde dich umbringen. Du kannst mich nicht alles tun zu lassen.

Neo: Wahl. Das Problem ist Wahl.

{Schnitt zu Trinity die gegen einen Agenten kämpft und zurück}

Architekt: Die erste Matrix die ich entwarf war von Natur aus ziemlich perfekt, ein Kunstwerk, makellos, großartig. Ein Triumph der nur mit ihrem monumentalen Scheitern vergleichbar war. Mittlerweile leuchtet mir die Unvermeidlichkeit ihres Untergangs ein, als Konsequenz der Unvollkommenheit die allen menschlichen Wesen eigen ist, deshalb gestaltete ich sie um, ausgehend von eurer Geschichte, um die wechselnden Ungeheuerlichkeiten eurer Natur genauer wiederzuspiegeln. Wie auch immer, ich wurde wieder durch Mißerfolg enttäuscht. Seitdem habe ich begriffen, daß sich mir die Lösung entzieht, da sie einen geringeren Verstand voraussetzt, oder womöglich einen Verstand, der sich weniger nach den Maßstäben der Vollkommenheit richtet. So stolperte jemand anders über die Lösung, ein intuitives Programm das ursprünglich geschaffen wurde, um bestimmte Aspekte der menschlichen Psyche zu erforschen. Wenn ich der Vater der Matrix bin, ist sie zweifelsohne seine Mutter.

Neo: Das Orakel.

Architekt: Ich bitte dich. Wie ich sagte, sie stolperte über eine Lösung, bei der 99,9 % aller Testpersonen das Programm annahmen, solange ihnen eine Wahl gelassen wurde, auch wenn sie diese Wahl lediglich auf einem fast unbewußten Niveau bemerkten. Obwohl diese Lösung funktionierte, war sie offensichtlich grundsätzlich fehlerhaft, da sie andererseits die innewohnende entgegenwirkende Anomalie schuf, die, falls nicht behandelt, das System selbst bedroht. Dementsprechend erzeugen unberücksichtigt jene, wenn auch eine Minderheit, die das Programm verweigern, eine eskalierende Wahrscheinlichkeit zur Katastrophe.

Neo: Das bezieht sich auf Zion.

Architekt: Du bist hier, weil Zion davor steht zerstört zu werden. Alle lebenden Einwohner werden terminiert, ihre ganze Existenz wird gelöscht.

Neo: Blödsinn.

Bildschirm-Neos: Blödsinn!

Architekt: Verweigerung ist die vorhersagbarste aller menschlichen Reaktionen. Jedoch, sei dessen gewiß, wird dies das sechste mal sein, daß wir sie {die Stadt Zion} zerstören, und wir sind äußerst tüchtig darin geworden.

{Schnitt zu Trinity die gegen einen Agenten kämpft und zurück}

Architekt: Die Aufgabe des Einen ist nun in die Quelle zurückzukehren, eine zeitweise Verbreitung des Codes den du trägst ermöglichend, das Hauptprogramm wiedereinführend. Danach ist es deine Pflicht 23 Individuen aus der Matrix auszuwählen, 16 Frauen, 7 Männer, um Zion wiederzuerrichten. Scheitern dieses Verfahren zu erfüllen, führt zu einem zerstörerischen Systemzusammenbruch der jeden an die Matrix Angeschlossenen tötet, was verbunden mit der Auslöschung von Zion letztendlich zum Aussterben der gesamten menschlichen Art führt.

Neo: Das werden sie nicht geschehen lassen, das können sie nicht. Sie brauchen menschliche Wesen um zu überleben.

Architekt: Es gibt Ebenen des Überlebens, die wir bereit sind zu akzeptieren. Wie auch immer, die relevante Frage ist, ob du bereit bist die Verantwortung für den Tod allen menschlichen Lebens auf dieser Welt zu tragen, oder nicht.

{Der Arichtekt schaltet Bilder von Menschen aus der ganzen Matrix mit seinem Kugelschreiber auf die Monitore}

Architekt: Deine Reaktionen zu beobachten ist interessant. Deine fünf Vorgänger wurden aufgrund ähnlicher Annahmen erschaffen, einer möglichen Affirmation, die dazu gedacht war eine tiefe Verbundenheit zum Rest deiner Art zu schaffen, um die Aufgabe des Einen zu erleichtern. Während die anderen diese Erfahrung sehr allgemein erlebten, ist deine Erfahrung um sehr vieles bestimmter. Vis-a-vis, Liebe.

{Schnitt zu Trinity die gegen einen Agenten kämpft und zurück}

Neo: Trinity.

Architekt: Übrigens, sie hat die Matrix betreten um dein Leben zu retten, um den Preis ihres eigenen Lebens.

Neo: Nein!

Architekt: Das führt uns schließlich zum Moment der Wahrheit, worin der grundsätzliche Makel sich letztendlich offenbart und zeigt, daß die Anomalie sowohl Anfang als auch Ende ist. Es gibt zwei Türen. Die Tür zu deiner Rechten führt zur Quelle und der Rettung von Zion. Die Tür zu deiner Linken führt zurück in die Matrix, zu ihr {Trinity} und zum Ende deiner Art. Wie du es angemessen ausgedrückt hast, das Problem ist Wahl. Aber wir wissen bereits, was du tun wirst, oder? Ich kann bereits die Kettenreaktion sehen, die chemischen Vorboten die das Auftreten von Emotionen signalisieren, eigens dafür geschaffen Logik und Vernunft zu überwältigen. Eine Emotion die dich bereits blind macht für die einfache und offensichtliche Wahrheit: sie wird sterben, und es gibt nichts was du dagegen unternehmen kannst.

{Neo geht zur linken Tür.}

Architekt: Grummelseufzt. Hoffnung, die vollkommenste menschliche Selbsttäuschung, sowohl die Quelle eurer größten Stärke, wie auch eurer größten Schwäche.

Neo: Wenn ich sie wäre, dann würde ich hoffen, daß wir uns nicht wiederbegegnen.

Architekt: Das werden wir nicht.

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Versäumen Sie nicht diese anderen Beisträge zur Matrix-Trilogie: • Material zum KapierenGedanken zu MATRIX

Philip K. Dick: Kurzgeschichten (2)

Eintrag No. 22

(Stories 14 bis 25 von 118)

War krank am Wochenende. Viel mehr als willenlos rumliegen und lesen war nicht. Deshalb heute hier auch schon der zweite Teil der Kurzinhaltsangaben aller 118 Kurzgeschichten meines Lieblings-Science-Fiction-Autors. - {Nach der zehnbändigen Ausgabe des Haffmans-Verlages. Hier zu Teil eins der Zusammenfassungen.}

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BAND ZWEI: Kolonie

14. Der unermüdliche Frosch: Professor Hardy und Grote wollen ihren Streit um ein Paradoxon Zenons mit experimenteller Vorrichtung klären. Groty fällt dabei durch die Moleküle, das Experiment schlägt fehl.

15. Die Kristallgruft: Drei terranische Saboteure entführen eine marsianische Ratzentrumstadt als Druckmittel für Freihandelszonenerweiterungsbestrebungen der Erde.

16. Das kurze glückliche Leben des braunen Halbschuhs: Doc Labyrinth erfindet eine Maschine, mit der gewöhnliche Gegenstände zum Leben erweckt werden, mittels des Prinzips der hinreichenden Belästigung.

17. Der Erbauer: Elwood baut ein riesiges Holzboot und wird deswegen von seinen Mitmenschen immer scheeler angeguckt. Ihm selbst ist auch unklar, wofür das Boot gut sein soll, bis der erste große Regentropfen fält.

18. Eindringling: Illegale Zeitsonden zeigen eine Erde in 100 Jahren mit blühenden Muhkuhwiesen, aber gänzlich menschenfrei. Agent Hasting soll den Störfaktor finden und schleppt den Grund (Schmetterlinge!) mit seinem Zeitwagen ein.

19. Zahltag: Zeitschleifenkrimi um einen Mann, dessen Gedächtnis über zwei Jahre Arbeit bei einer Firma gelöscht wurde, und der mit einer Handvoll Krimskrams als Bezahlung mehr anfangen kann, als mit 50 Tausend Credits.

20. Der Große C: Nachdem der Große C vor 50 Jahren das Atom vom Himmel holte und die Erde wüst machte, schickt ein Bunkermenschenstamm wie jedes Jahr einen jungen Mann zum Großen C, um die drei Fragen zu stellen.

21. Draußen im Garten: Für meinen Geschmack sehr unheimliche Eifersuchtsgeschichte, in der ein Mann zunehmend davon überzeugt ist, daß nicht er, sondern ein Erpel der Vater seines Sohnes ist. - {Variation auf das Thema: Leda und der Schwan.}

22. Der König der Elfen: Ein Tankstellenbesitzer aus der Provinz wird König der Elfen und erschlägt den großen alten Troll.

23. Kolonie: Der verzweifelte Kampf der Kolonie von Planet Blau mit Protoplasmalebewesen, die fähig sind, alle Gegenstände zu immitieren. Bitteres Ende, das Gaskammermulmigkeit beschwört.

24. Beutestück: Vier Terraner machen einen planlosen Probeflug mit vermeidlichen Überlichtgeschwindigkeitsschiff der gegenerischen Ganymedier. - {Schöne Homage auf Swifts Guillivers Reisen.}

25. Nanny: Über das Rüstungswettrennen in der Robot-Kindermädchenindustrie.

Philip K. Dick: Kurzgeschichten (1)

Eintrag No. 22

(Stories 1 bis 13 von 118)

Zum Filmstart von »Minority Report« hat der Heyne-Verlag fünf oder sechs Taschenbücher von Dick herausgebracht, darunter auch zwei Auswahlbände seiner Kurzgeschichten, die aber zusammen nur circa die Hälfte der Geschichten von Philip K. Dick enthalten.

Schade schade, daß es auf dem deutschen Buchmarkt nicht möglich ist, eine Entsprechung der fünfbändigen englischen Sammlung der Kurzgeschichten auf den Markt zu bringen... so als Paperback, für zusammen ca. 30 bis 50 Euros?

Bevor er unterging, hat aber der Haffmans-Verlag seine zehnbändige, gebundene Umsetzung der »Collected Stories« abschließen können. Diese Ausgabe habe ich inzwischen kompletamente und werde ihr folgend Zusammenfassungen aller 118 Philip K. Dick-Kurzgeschichten hier reinstellen.

Los geht's.

Nachtrag: Nochmal gezählt und Gesamtanzahl der Geschichten von 119 auf 118 korrigiert. Hier außerdem der Link zum zweiten Teil der Zusammenfassungen.

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BAND EINS: Und jenseits - das Wobb

1. Stabilität: Durch ein Zeitschleifenparadox gerät ein Erfinder (in Deutschland) immer tiefer in düstere Alternativwelten.

2. Roog: Ein Hund entwickelte eine Verschwörungstheorie gegen die Müllmänner und will sein Herrchen, wenn auch vergebens, darüber informieren.

3. Die kleine Bewegung: Kleine Spielzeug-Blechmänner wollen mittels Beeinflussung der Kinder die Weltherrschaft erlangen. Doch haben sie nicht mit dem Widerstand der Stofftiere gerechnet. - {Vielleicht eine Anregung gewesen für Toy Story von Pixar.}

4. Und jenseits - das Wobb: Raumschiffbesatzung kauft ein marsianisches Riesenschwein, Wobb genannt, als Proviant für unterwegs. Es entpuppt sich als gern philisophierende sehr hoch entwickelte Lebensform, die sich nur kurz in seiner Konversation unterbrechen läßt, als es geschlachtet und gegessen wird

5. Die Kanone: Heftige H-Bomben-Explosionen künden vom Untergangskrieg einer Zivilisation. Ein Raumschiff besichtigt den Ruinenplaneten und wird von einem automatischem Großgeschütz abgeballert, daß auf alles schießt, was fliegt. Inspiriert von alten Sagen, entdeckt die Besetzung einen Schatz unter der Kanone (= der Drache). - {Sehr Star-Trek-Classic-like, aber in den frühen Fünfzigerjahren geschrieben.}

6. Der Schädel: Zeitschleifenkrimi, in dem der angeheuerte Killer des unbekannten First-Church-Gründers sich in der Vergangenheit als eben dieser entpuppt.

7. Die Verteidiger: Roboter gauckeln den unterirdisch in Atombunkern lebenden Menschen zu deren Besten eine strahlenverseuchte Erdoberfläche vor. Außergewöhnlich optimistisches Ende!

8. Mr. Raumschiff: Alter Professor läßt sein Gehrin als zentrale Steuereinheit in einen Raumschiffprototyp einsetzen, setzt sich mit ehemaligen Schüler und dessen Exfrau ab um Garten Eden zu spielen.

9. Pfeifer im Wald: Auf der Asteroidengarnision Y-3 halten sich immer mehr Besatzungsmitglieder für Pflanzen.

10. Die Unendlichen: Nach der Untersuchung eines eigenartigen Asteroiden, durchleben alle Besatzungsmitglieder eine drastisch beschleunigte Evolution. - {Wer Meerschweinchen im Weltall mag, sollte diese Story kennen. Erinnert mich entfernt an den Plot von Clive Barkers Great and Secret Show.}

11. Die Bewahrungsmaschine: Doc Labyrinth hat einen Weg gefunen, Musikpartituren in Tiere zu verwandeln. Doch Mozartvogel, Bach- und Beethovenkäfer, Brahmsinsekt, Schubertschaf und Wagnertier verändern sich im Wald hinter Doc Labyrinths Haus auf unerwartete Weise.

12. Entbehrlich: Ein Mann wird zuerst Zeuge, dann Opfer eines uralten Krieges zwischen Insekten und Menschen, bei dem Spinnen eine besondere Rolle spielen.

13. Der variable Mann: Mit 99 Seiten eigentlich schon ein kleiner Kurzroman, der vom durch Wahrscheinlichkeitsberechnungen bestimmten Krieg der Terraner gegen die Centauri-Blockade handelt. Die manuelle Rückholaktion einer Zeitsonde befördert unvorhergesehen einen Gelegenheitsarbeiter aus dem Jahre 1914 in die zweihundert Jahre in die entfernte Zukunft, wo er zum entscheidender Faktor für die Entwicklung der Terraner wird.

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