Geschichtliche Kopfschmuck-Gallerie
(Eintrag No. 402; Nostalgie, Jubiläumsschau) — Nachdem die 2000-Tage-Barriere in den letzten Tagen von der Molochronik durchbrochen wurde, will ich mal ein wenig nostalgisch schwelgen und zurückblicken auf die bisherigen Kopfleistenverzierungen.
Bei den Bilder, die breiter als 500 Pixel sind, führt ein Klick auf's Bild jeweils zur Ansicht in Orinialgröße.
Ich weiß gar nicht mehr, ob ich zu Beginn im August 2002 schon einen Kopfschmuck hier hatte. Optisch angefangen hat alles mit diesem Logo am 10. November 2002. Das Gekritzel auf der ›Wand‹ stammt aus dem »Großen Tohuwabohu«, der pinselschwingende Langhaar-Molo ist nicht von mir, von meinem guten Freund dem Superkoch A., der als Witzebildzeichner von Berlin aus die Welt beglückt.
Im zweiten Kopfschmuck vom 25. Februar 2004 hab ich als Hintergrundstruktur auf die »Kleine Improvisation« und bei dem Blamkopf auf meinen ›Psycho Hazard‹-Avatar zurückgegriffen.
Ganz minimalistisch hab ich mit dem Schriftlogo vom 28. März 2005 versucht, eine Schrift zu einem geklecksten Rinnsal zu verformen. Hat mich nicht lange überzeugt…
… und so folgte dann bald der Photomontage-Kopfschmuck vom 18. April 2005. Ja, ich hab so lange Wimpern. Nein, ich habe keine Kaffetasse im Auge. Von diesem Logo habe ich zig Variationen gemacht, war aber nie zufrieden mit der Schrift.
Am 27. September 2006 gabs dann den ersten Imagemap-Kopfschmuck, mit dem meine Versuche starteten, der Molochronik ein papierenes, buchartiges Gepräge zu verleihen.
Und hier die zweite Img-Map-Kopfzier, die seit Januar 2008 obsolet ist und durch die aktuelle Kopfzier ersetzt wurde:
Derzeit lauf ich mit Andreas Digicam herum, und fotographiere Rostleisten und Ziegelmauern, in der Hoffnung, bald mal ein anspruchsvolles Graphik-Gefrickel für eine umwerfend schöne Molochronik zu vollbringen.
»Trigardia«
(Eintrag No. 381, Juvenilia, Kifferkunst) — Heute bin ich ja nur noch und, aber einst, vor langer Zeit war der Molo auch wild, jung. Wenn respektabele Philosophen und »Spiegel«-Journalisten öffentlich-rechtlich rausposaunen können, wie toll das damals war, während oder kurz nach der 1968-Zeitenwende, will ich auch einen Bekenner-Beitrag leisten, und meine prinzipielle Symphatie mit der eingrauchten Avantgardegeneration von damals, also den entsprechenden heutigen alten Säcken und Säckinnen kundtun, mit diesem verkifften kifferkritischen A. Dürer, E. Fuchs-Nachäff-Tuschefederbild aus meiner Wiener Zeit.
Von wann (etwa frühe ›Grunge kommt in Europa an‹-Ära) es ist, oder wie groß das Originial ist (verschenkt für echtes Black Worm-Fleisch, durch das aber meine damalige Adlerschreibmaschine total neurotisch wurde, und sich im Wahn einem Bienenschwarm anschloß), kann ich nicht genau sagen, da war ich noch nicht so nüchtern wie heut, aber in etwa A2 groß und an einem Wochenende mehr oder weniger elaborierten Improvisierens entstanden (immer abwechselnd ein Stück Bleistiftvorzeichnung, dann Tuscheausziehung, Bleistiftwegradierung).
Von zwei weiteren »Trigardia«-Großzeichnungen hab ich die unvollendeten Originale noch. Da die aber riesig sind, ists fraglich, ob ich die hier ins Netzel bekomme.
Hier dafür noch ein Detail aus »Trigardia«.
Neil Gaiman in Leipzig als Gedächtnisprotokoll mit Skribbels
Eintrag No. 357 — Donnerstag war Neil Gaiman auf der Leipziger Buchmesse, um die deutsche Ausgabe seines neuesten Roman »Anansi Boys« vorzustellen. Hier einige Spökes vom Nachmittagstermin auf dem ›Schwarzen Sofa‹ in Halle 2, und der abendlichen Lesung im Spizz (hab dort gute Bandnudeln mit Riesengarnelen gegessen; angenehmes, lebhaftes Lokal mit Jazz- und Lesungskeller).
Gaiman ist ein Musterknabe was Buchpromotion, bzw. Kontakthalten zu seiner Fan-Base angeht. Üblicherweise geht er dabei so vor: »Zuerst lese ich ein Stück aus meinem neuen Roman, dann spielen wir ›Frage und Antwort‹ – wobei Ihr die Fragen stellt und ich antworte – und schließlich werde ich signieren bis mir die Hand abfällt.« Beim Signieren malt er in jedes Buch andere Kringel und ›dumme Sprüche‹. Für einen Kumpel habe ich ein »Good Omens«-Exemplar mitgenommen: »Sebastian, burn this book – Neil Gaiman« steht nun drin.
Gaiman wollte als Jugendlicher Rockstar werden, und wenn das nicht aufgehen sollte, dann halt Comicautor & Schriftsteller. Zum Rockstar hats nicht gereicht, aber Gaiman gehört zu jenen wenigen Schriftstellern, für den sich seine Zuhörer im anglo-amerikanischen eng in großen Räume zusammendrängen. Das lohnt sich, denn das sanfte, klare Englisch Gaimans ist eine Wonne für die Ohren; er wirkt wie jemand, der eigentlich im Herzen immer noch ein wild vor sich hinfabulierender Bub ist, und so versteht es vorzüglich, selbst die ödesten Dinge irgendwie kurzweilig zu erzählen (z.B. das Hin- und Her um zustande kommende Verfilmungen seiner Drehbücher).
Im folgenden nun ein Gedächtnisprotokoll einiger Frage & Antwort-Ping Pongs vom Leipziger Donnerstag.
Nachdem Gaiman lange den mit zweifelhafter Ehre behafteten Titel inne hatte, der Autor zu sein, der die meisten noch nicht verfilmten Drehbücher und Lizenzen in Hollywood verkauft hat, kommen nun in kurzer Folge bald drei neue Filme nach Stoffen von Gaiman in die Lichtspielhäuser. Seit gestern ist der Trailer zu »Stardust« online, einer romatischen Abenteuer-Komödie, in der ein junger Mann für seine Liebste einen Kometen holen will, nur entpuppt sich der Komet als junge Dame. Michelle Pfeiffer, Robert de Niro und Claire Danes spielen in dem ab Oktober laufenden Film mit. Bald darauf im November kommt dann der aufwändige CGI-Film »Beowulf« von Robert Zemeckis zu uns, und u.a. zogen sich Angelina Jolie und Anthony Hopkins dafür Motion Capture-Anzüge an und verliehen den Figuren ihre Stimmen. Und nächstes Jahr trumpft dann nach »Nightmare Before Christmas« und »James und der Riesenpfirsich« der exzellente Puppentrickzauberer Henry Selnik auf, mit der Verfilmung des gruseligen Kinderbuches »Coraline«, diesmal mit Musik und Songs von They Might Be Giants.
Viele Fans der Terry Pratchett und Neil Gaiman-Cooperation »Good Omens« würden sich über eine weitere Zusammenarbeit der beiden freuen, doch lange hieß es: »Nein, Terry ich werden keine Fortsetzung schreiben.« Aber vor einiger Zeit haben sich die zwei nach Langem wieder mal getroffen und sich dabei aus Fadesse auszumalen begonnen, was die »Good Omens«-Protagonisten mittlerweile wohl treiben könnten. Beide haben also schwer Laune darauf, die Abenteuer von Teufel Crowley und Engel Aziraphale weiterzuspinnen. Falls also Terry und Neil mal 3 bis 4 Monate gemeinsame Zeit (im gleichen Land) übrig haben, könnte vielleicht mal eines Tages ect pp ff … was ja besser ist, als »nie«.
An kommenden Projekten steht an…
- …das nächste Kinderbuch: Arbeitstitel »Graveyard« (Friedhof), von dem Neil meint, es sei bisher sein gruseligstes Werk. Ein Baby verliehrt seine Familie und wird von den untoten Einwohnern des naheliegenden Friedhofs großgezogen. Später, als das Kind größer ist, soll der Friedhof einem Bauvorhaben weichen, und die Lebenden entpuppen sich als weitaus furchterrender als die Friedhofstoten. Übrigens: auf der ganzen Welt hätten laut Neil die deutschen Reporter und Rezensenten am meisten Magengrummeln gehabt, mit dem Gruselfaktor von »Coraline«. Was die wohl erst zu »Graveyard« sagen, fragt sich Neil.
- …das nächste Comic: nach »1602« und »Eternals«, die Neil auf Wunsch von Marvel geschrieben hat, möchte er nun lieber als nächstes wieder ein Comic machen, daß auf seinen eigenen Ambitionen beruht.
- …und dann wird am nächsten Roman für Erwachsene gearbeitet. Inhalt noch unbekannt. Neil erzählt, daß er sich vorkommt, wie ein Flugverkehrs-Dirigent. »Am Himmel kreisen mehrere Ideen in der Warteschleife, und die schwierige Aufgabe ist, daß ich mich entscheiden muß, welches dieser vielen Flugzeuge ich als lächstes einer Landebahn zuweise«. Neil wünscht sich, entweder mehr Zeit, oder mehrere Körper zu haben, um all die Projekte durchziehen zu können, die ihn interessieren. Auf die Frage, ob der nächste Roman eine Fortsetzung (z.B. von »Neverwhere«, »Stardust« oder »American Gods«) oder etwas ganz neues wird, antwortete er: »Gewöhnlicherweise, vor die Wahl gestellt, entscheide ich mich dafür, etwas neues zu machen. Falls ich damit dann zu große Schwierigkeiten habe, kann ich immer noch zu bereits bestehenden Stoffen zurückkehren.«
Am Abend im Leipziger Spizz dann eine wirklich schöne Lesung, mit einem hochaufmerksamen Publikum, das an den richtigen Stellen gelacht hat. Abwechselnd lasen Gerd ›The Piano Has Been Dringking‹ Köster und Neil englisch/deutsch aus »Anansi Boys«. Der schüchterne Fat Charlie und sein neu in dessen Leben trudelnder bisher unbekannter Bruder Spider brechen zu Wein, Weib und Gesang auf, um ihren grad verstorbenen Vater zu betrauern. Großen Applaus gabs für Gerd Köster, der wie ich finde, Gaimans Prosa sehr treffend las.
Die meisten Fragen der abendlichen Lesung drehten sich um Verfilmungen, geplante und geplatzte. Neil erzählt ja gern von seinen Erfahrungen mit Hollywood, einer ganzen Stadt (nicht nur einem Haus, we im »Asterix erobert Rom«-Film), die Leute verrückt macht. Nichts läuft dort so, wie man denkt, und wenn etwas zustande kommt, dann völlig unverhergesehen. Beispiel: Vor einigen Jahren schon, haben Roger Avery und Neil zusammen ein Drehbuch nach der altenglischen Sage »Beowulf« geschrieben, Avery sollte Regie führen, eine Herzensangelegenheit für ihn. Schnell war alles beisammen für Dreamworks mit Robert Zemeckis als Produzenten, das Budget stand, es konnte losgehen, bis ein Anruf von ganz oben den Film kippte. Jahre später nimmt Zemeckis wieder Kontakt mit Neil und Roger auf, und meint, er selbst würde »Beowulf« gerne als CGI-Film machen, das Drehbuch ginge ihm nicht mehr aus dem Kopf. Neil erzählt: »Das ist ja schön, sagte ich zu Robert, aber Roger träumt schon seit seiner Jugend davon ›Beowulf‹ zu verfilmen. Nu, meint Robert, wir heben Euch einen Heuwagen mit Geld. Okey, sagte ich, ich werde versuchen Roger zu überzeugen. Roger hörte sich das Angebot an und wir teilten dann Robert mit, daß Roger als Regiesseur für ›Beowulf‹ vorgesehen ist, immerhin ist es sein sehnslichster Wunsch usw. Also gut, sagte Robert, zwei Heuwagen mit Geld. Ja, also, meinte Roger darauf, das ist schon sehr verlockend, tja, wenn außer mir jemand den Film machen sollte, dann wärest Du Robert unser erster Wunschkandidat, aber ich möchte doch selber dringend diesen Stoff verfilmen. Robert: Drei Heuwagen. Roger: Okey.«
Eine Leserin, die »Neverwhere« drei mal angangen mußte, bis sie hineinfand und den Roman dann mit großem Genuß fertiglas, fragte, wann Neil ein Buch aufgibt und weglegt. Tatsächlich hat Neil erst spät gelernt, schwache Bücher abzubrechen. Er hat sich immer vorgestellt, daß ein strenger Engel, der zugleich Bibliothekar ist, eine Liste führt, und einen bösen Vermerk einträgt, wenn Neil ein Buch nicht brav fertigliest. Dann aber, 1991 oder so, war Neil einer der Juroren für den Arthur C. Clarke-Award und mußte deshalb alle in diesem Jahr in England erschienenen neuen SF-Bücher lesen. Da hat er dann gelernt, Bücher wegzulegen, nein, sogar lustvoll in die Ecke zu pfeffern. »Ein Buch das nach dem ersten Kapitel nicht in die Pötte gekommen ist, wird wohl auch nicht mehr viel besser werden.«
Pflichtfrage, da Neil in Leipzig weilt: Ob er schon mal was von Goethe gelesen habe. »Oh ja«, sagt Neil. »Aber nicht etwa, weil ich mir Goethe speziell vorgenommen hätte, sondern weil ich ein inniger Bewunderer des irischen Illustrators Harry Clark bin, und eben rauskriegen wollte, worum es im »Faust« vom Goethe geht, den Clark so wunderschön bebildert hat.«
Meine Frage schließlich bezog sich auf Neils Praxis, seine Erstentwürfe händisch in Blanko-Kladden zu schreiben. Ganz früher hat Neil mit Schreibmaschine gearbeitet, und manchmal Probleme damit gehabt, schöne weiße Papierbögen zu zerstören, indem er sie mit Buchstaben volltippte. Als Neil auf Textverarbeitung umstieg, fand es gar nicht mehr problemtisch auf dem Computer zu schreiben, denn da werden ja nur so Elektronen herumgeschubst. Aber, irgendwann machte es Neil zu schaffen, daß es auf einem Computer keine richtigen Schritte mehr zwischen der ersten und der letzten Fassung mehr gibt, sondern er an einer sich ständig wandelnden x-ten Fassung rumfuhrwerkte. Außerdem fand er es bedrückend, den schönen weißen Bildschirm zu zerstören. So sei er also wieder zum Schreiben mit der Hand zurückgekehrt, was den nicht zu unterschätzenden Vorteil mit sich brachte, daß in einer Kladde keine iChat-Fenster aufgehen, oder Links von Freunden 20 superinteressante und von der Arbeit ablenkende Websites aufpoppen lassen.
Hat Spaß gemacht, mal Fan zu spielen und einem verehrtern Künstler entgegenzureisen. Idolen zu begegnen endet ja schnell mal als Enttäuschung. Neil Gaiman aber bestätigte und stärkte den Zauber, den er aus der Ferne schon seit über 10 Jahren nur mit Worten auf mich wirkt.
Molosovskys Literatur-Würfel
Eintrag No. 332 — Mir z.B. cartesianische Systeme über mögliche Literatur-Räume zu basteln, macht mir ziemlichen Spaß.
Folgendes hab ich mal angedacht, um generelle inhaltliche, stilistische Eigenarten von Texten darzustellen:
- —Harmonisch (Einklang, narrativ gesehen: Plausibel, angenehm, wohlklingend)
—Disharmonisch (›Missklang‹, narrativ gesehen: Verrückt, unangenehm, unbehaglich klingend);
- —Homophon (vertikale Ausrichtung mit Melodie oben auf, Rest begleitet drunter gefügt; narrativ gesagt ›Spannungsliteratur‹)
—Polyphon (horizontale Ausrichtung mit mehreren selbstständigen Stimmen, narrativ ›Facettenliteratur‹);
- —Objektiv (Orientiert sich ›Weltenbau-mäßig‹ an möglichst allgemeinen, gültigen ›realistischen‹ Konventionen)
—Subjektiv (Spiegelt das Weltverständnis- Empfinden von kleineren Gruppen oder Einzelnen wieder).
Es gibt natürlich noch eine große Menge weiterer Gegensatzpaare, die man eigentlich ganz fein zu solchen Koordinatenknäul zusammenknüpfen könnte. Die Art wie Raum (stationär oder mobil) , Zeit (linear oder nonlinear) und Körperlichkeit (Herr/Lust oder Sklave/Leid) behandelt werden.
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Dank an M. im BibPhant-Forum für die Anregung.