Mittwoch, 8. Dezember 2004
Skribbel zu »Denotation Babel« …
… dem wahnsinnig-prophetischen Milleniums-Gedicht ausm Achtundneunzigerjahr von Helmut Krausser.
Hier meine Freude über das Stück, das Gedicht, das Klangkunstwerk »Denotation Babel«.
Babel Tower Flooded
Inspired by the poem »Denotation Babel« from Helmut Krausser.
Kritzelteich
(Improvisation) – Manchmal überleg ich mir ja, daß ich nur ganze Räume mit entsprechenden Mustern vollmalen müßte, um früher oder später auf der Dokumenta in Kassel zu landen. Handgemalter Minimalsmus, also Raportisierung der Chiropraxis beim Zeichnen als Stil der kenntlich gemachten friedlichen Lebenszeitaufzehrung ist ja nicht mehr so hip.
Scribble Pond
I sometimes wonder, if scribbeling like this on everything around me would lead me sooner or later to the Documenta in Kassel.
Cafehaus: das Gedicht
(Eintrag No. 165; Lyrik) — Gibt auch ein dazugehöriges Skribbel. Entstanden in den frühen Neunzigern in Wien … genauer: im damals unschlagbaren Floriani. Ein Muschelragout hatten die, da schwärm ich heut noch für.
•••
Der Mond fällt mitten in den Kaffee.
Sahne quillt aus deinem Ohr.
Schleim spricht und Herzen rascheln
den Rhythmus der Melone.
Die Blume saugt am Butterbrot.
Salzstangen rauchen Streichhölzer.
Haare hadern und Finger singen
die Hymnen des Tages.
Die Sonne panscht im Kakao.
Butter dämpft die letzten Worte.
Tinte tropft und Köpfe hüpfen
den Sarabande des Gemüts.
•••
& Zufahrt
Zum Menü der Verborgenen Orte
Nächster Verborgener Ort: Wüste
Vorheriger Verborgener Ort: Exodus
Cafehaus: das Skribbel
(Grafimente) – Das Paradies ist immer noch irdisch, nicht im Osten oder Westen, gar nicht in der Ferne, nein, das Paradies kann man in fast allen größeren Städten finden und sich reinsetzten, kaltes oder heißes zum Trinken bestellen, am Abend gerne auch Alkohol, gepflegt leicht oder exklusiv gereift, zum Essen Süßes und einfache Herzhaftigkeiten, Zeitungen und Magazine liegen herum, nicht immer frisch, nicht immer komplett, aber taugen schon zum Zeitverscheuchen, Lautsprecher brausen den Raum mit Musik voll, mal nette mal eigenartige kellnerhafte Engelswesen warten auf Wunschäußerungen der Gäste, Gespräche von anderen Tischen vergewissern das prinzipielle Vorhandensein von Artgenossen, Hände und Hirne ringen mit Schachfiguren oder Tarock, Straßengeräusche versuchen die Existenz der Welt nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, nur die kleinen Kläfferhunde stören und das ist schade: denn im Paradies darf man so eine Fußhupe freilich nicht einfach vor die Tür kicken.
Für mich ist ein Cafehaus ideal, wenn das Publikum von größtmöglicher Gemischtheit ist (bis auf Menschen mit besagten Kläffhündchen): Vormittags alte Menschen beim wöchentlichen Plausch, Schüler beim Schwänzten; Mittags dann Mittagsmenuverschnabbulierer und Arbeitspausenexilanten; durch den Nachmittag dann erschöpfte Einkaufsbummelanten und Einkaufsbummelantinnen; Abends dann Schwärmer und Fänger im im Meer der konvivial ausgetauschten Körperflüssigkeiten, extrovertierte Plappermörser lassen allüberall Egosplitter niederprasseln und Lauschohrphalanxen filtern sich das ihre an Vergnügen heraus.
Folgende Zeichnung entstand Anfang der Neunziger im Floriane zu Wien. Gibt auch ein schlichtes Gedicht von damals.
