molochronik

54 Fragen über Bücher und Literaturgeblogge

Ich bin mal voll die Sau und klaue einen Fragebogen, den die Heldinnen und Recken von »54books« (von denen ich einigen auf Twitter folge) für »mojoreads« beantwortet haben. Hab heut schon früh begonnen weiter meine Bude aufzuräumen, dann lang zu einer Wahnsinns-Compilation angezappelt und musste danach auch meinen Geist entrümpeln.

{Weiterlesen im neuen Blog molochronik reloaded.}

Der wüste Planet

Eintrag No. 322 — Bei SF-Fan stellt mephisto einige Fragen zu Frank Herberts epischer SF-Reihe »Der Wüstenplanet«. Hier meine Antworten.

Freiwillige Angaben (Optional)

Alter: Derzeit 34. Geschlecht: Immer noch männlich.

Fragen

Frage 1: Wie würden sie Science-Fiction Literatur (Kurzgeschichte, Roman usw.) mit eigenen Worten definieren ?Antwort: Fiktionen sind ausgedachte Geschichten (im Gegensatz zu Schilderunen wirklich vorgefallener Geschehnisse) und ›Science Fiction‹ sind entsprechend ausgedachte Geschichten, in denen im weiteren oder engeren Sinne wissenschaftliche Themen als Kern zu finden sind. SF kann, muß aber nich, Spekulationen und Prognosen über die nähere oder ferne Zukunft liefern. — Der Großteil der SF (vor allem in den neueren Medien nach dem Buchdruck) liefert in meinen Augen ›Fantasy‹ im SF-Gewand (siehe Subgenres Science Fantasy, Space Opera). — SF-Szenarien müssen nicht hauptsächlich auf den harten Wissenschaften gründen (Astrophysik, Technik, Energie, Informationstechnologie ect), sondern können auch Spekulationen auf den Feldern der wiechen Wissenschaften als Thema haben (z.B. Gesellschafts-, Kultur- und Wirtschaftswissenschaften).

Frage 2: Was macht für sie den Reiz an Science-Fiction (Literatur oder auch Film) aus?Antwort: Wie bei jeglicher Kunst, interessiert mich die Darstellung dessen, was man als menschlich umschreibt oder begreift. Bei Filmen sind freilich auch zu einem Gutteil explodierende Außerirdische und andere Äktschn-Ereignisse, die mich begeistern können. — Speziell die Darstellung von Alltag finde ich immer sehr spannend in der SF; leider widmet man sich dem nicht so häufig, bzw. ausführlich.

Frage 3: Lesen sie SF-Romane ? Wenn ja welche Art von Romanen oder Subgenres (z.B. Cyberpunk oder Military SF ) bevorzugen sie?Antwort: Ja, ich lese SF-Romane. Im Lauf der Zeit hatte ich wohl am meisten mit Cyberpunk und Steampunk meine Freude.

Frage 4: In welche Richtung wird sich der SF-Roman ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren entwickeln ? Stirbt das Genre vielleicht gar aus?Antwort: ich denke, daß die SF ›gewonnen hat‹, was aber vielleicht in einiger Hinsicht einen Phyrrus-Sieg darstellt. Vielerlei SF-Elemente und Themen sind mittlerweile von Nicht-SF-Genres assimiliert worden. Das Ringen um die Gestaltung der Zukunft läßt sich mehr oder minder offen beobachten; entsprechend sind Inhalte der SF in der Gegenwartswelt angekommen. SF ist mitunter der Anteil des weltweiten Selbstgespräches der Menschheit, in dem über die Wurzeln und anstehenden Probleme der sogenannten Globalisierung/Gloabalität locker flockig verhandelt werden (z.B. Imperialismus oder »Regeln für den Menschenpark«). Man darf davon ausgehen, daß ein nicht unerheblicher Zeck so mancher SF darin besteht, diesbezügliche Erwartungshaltungen zu fördern, sprich: Vorstellungs-Claims in den Köpfen der Individuen abzustecken (siehe z.B. Transhumanismus)

Frage 5: Ist ihnen Frank Herberts „Der Wüstenplanet“ ein Begriff ? Wenn ja haben sie den Roman gelesen oder eine Verfilmung gesehen?Antwort: Gelesen vor ca. 20 Jahren; damals als er ins Kino kam auch den Lynch-Film gesehen (den ich sehr gut finde), bzw. den ersten Brocken der TV-Verfilmnung mit Uwe Ochsenknecht mitbekomen (die ich sehr schwach fand).

Frage 6: Was gefällt oder missfällt ihnen besonders an dem Roman in Hinsicht auf Handlungsführung , Charakterisierung und Atmosphäre?Antwort: Skeptisch (bzw. leicht genervt) war ich wegen des ganzen Adels- und Militär- und Messias-Schmu des Romans. Nett dagegen fand ich die Idee des Spice und der Bene Gesserit-Schwesternschaft (sozusagen ein weiblicher Vatikan). Im Großen und Ganzen fand ich den Roman okey, auch wenn ich mich für dessen episches Gepräge nicht unbedingt erwärmen konnte.

Frage 7: Sehen sie in „Der Wüstenplanet“ gesellschaftskritische Ansätze ? Wenn ja welche?Antwort: Am bemerkenswertesten ist wohl die Abhängigkeit der galaktischen Zivilisation von dem Großraumreisen ermöglichenden Spice; was ich als Bespiegelung der irdischen Abhängigkeit der Avandgarde-Zivilisation von (fossilen) Energieträgern nehme.

Frage 8: Geben sie ein kurzes persönliches Statement zu besagtem Roman ab falls sie in den vorhergehenden Fragen ein Aspekt ausgelassen wurde den sie für wichtig erachten!Antwort: Unterm Strich ein beeindruckendes Epos, mir persönlich allerdings zu pompös und breitgetreten. Zudem finde ich, daß die Wüstenplanet-Reihe zu viele Fantasy-Elemente birgt. Pragmatisch läßt sich die Dune-Reihe zwar durchaus ohne Verrenkung als SF nehmen (Raumschiffe, Wunderwaffen, Großkonflikte), aber von unserer tatsächlichen Wirklichkeit ist die Reihe doch ziemlich losgelößt und bietet eben überwiegend Aristorkaten-Intrigen und Soldaten/Revoluzzer-Abenteuer, gewürzt mit monotheistischer Mystik. — Ich ordne die Reihe eher der Space Fantasy und Space Opera zu.

Frage-Stöckchen. Diesmal zu Literatur.

Eintrag No. 201 – Und wieder beehrt mich TH mit netten Fragen. Auf Englisch antworte ich nur knapp, und ich übersetzte die Fragen mal. Ich schreib ja auf Deutsch wegen meiner Legasthenie schon einen Stiefel nach dem anderen zusammen. Ich fürchte, wenn ich mit meiner englischen hit & run-Grammatik anfange, versteht kein Mensch mehr, was ich eigentlich antworten wollte.

You’re stuck inside Fahrenheit 451, which book do you want to be?

Stell Dir vor, Du bist in »Fahrenheit 451« ein Angehöriger des Widerstandes gegen die allgemeine Büchervernichtung. Welches Buch hast Du auswendig gelernt um es zu retten? ••••• Ich fürchte, mein chaotisches Hirn ist schlicht nicht fähig, einen längeren Text in sich aufzunehmen. Ich tu mich ja schon schwer damit Lieder zu lernen. Aber wenn das alles kein Problem wäre, und es also nur um die Motivation des Rettens geht, würde ich vielleicht »Tristram Shandy« von Laurence Sterne retten wollen, damit die was zu lachen haben.

Have you ever had a crush on a fictional character?

Warst Du jemals verknallt/verliebt in eine erfundene Figur? ••••• Oh ja, oft. Beispielsweise war ich als Teen in Julia aus »1984« von George Orwell verknallt, und in jüngerer Zeit in Bellis aus »The Scar« von China Miéville. Aber ich verknall mich schnell in gutgeschriebene Figuren. Ich überhaupt so ein Schnellverlieber. Einer der Gründe, warum ich so ein Misanthrop bin.

The last book you bought is:

Das letzte Buch, daß Du gekauft hast ist: ••••• »Lone Wolf & Cub – Band VIII« von Kazuo Koike & Gôseki Kojima (Panini Comics, Planet Manga). Wenn graphische Literatur nicht gilt, dann wäre es mein Fund im Stadtbücherei-Flohmarkt »Georg Christoph Lichtenberg 1742-1799 Wagnis der Aufklärung« (Begleitband zur Ausstellung in Darmstadt/Göttingen 1992, Carl Hanser Verlag), und wenn gebrauchte Bücher auch nicht zählen, dann eben »Die Tatsachen des Lebens« von Hans Peter Duerr (Suhrkamp), wie hier vermeldet.

The last book you read:

Das letzte Buch, daß Du gelesen hast ist: ••• Bin heute mit zwei Zwischendurch-Büchern fertig geworden. Dem Andreas Eschbach seinem »Der letzte seiner Art« (Lübbe) und der Justina Robson ihrem »Die Verschmelzung« (»Natural History«, Heyne). Beides ganz nette SF.

Five books you would take to a desert island:

Welche fünf Bücher würdest Du auf eine verlassene Insel mitnehmen? ••••• Vorausgesetzt, daß ich Schreibzeug und Papier zum Selberskribbeln und Fabulieren hab, und vorausgesetzt, es geht mir gut und ich also Werke wie »Autopathologie für Hypochonder mit beginnender Leichenstarre« und »Nehbergs Kompendium: Alles was man wissen muss um auf einer einsamen Insel zu überleben« nicht brauch. Dann würde ich also nur zur Kurzweil mitnehmen:

  1. »Kosmos« von Alexander von Humboldt (Die Andere Bibliothek, Eichborn);
  2. »Essays« von Michael de Montaigne (Die Andere Bibliothek, Eichborn);
  3. »Das Kritikon« von Baltasar Gracian (Amman);
  4. »Der Blaue Kammerherr« von Wolf von Niebelschütz (Haffmans-Taschenbuch im Schuber. Gilt als ein Buch, basta!);
  5. »Saki – Sämtliche Erzählungen« von Hector Hugh Munro (Haffmans).
Who are you going to pass this stick to (3 persons) and why?

An welche drei Leut wirst Du dieses Stöckchen/Staffette weiterreichen? ••••• Diesmal fallen mir sogar Blog-Kollegen und Blog-Kolleginnen ein, denen ich dieses Stöckchen gerne zuwerfen möchte: • Freilich an Andrea, weil die gleich nebenan sitzt und so ganz andere Sachen als ich ließt; • Auch meinen lieben Veteranenfreund David will ich diese Fragen gönnen, damit er einen Grund hat, mal wieder was über Literatur in seinem an genialen Collagen so reichen Blog zu schreiben; • Schließlich der Orts-Nachbarin Ju, die bestimmt das ein oder andere Buch kennt. Immerhin schreibt sie welche.

Doch noch ein Fragebogen

Eintrag No. 35 — Freund David hat zehn Fragen zum Thema Bücher beantwortet (hier) und schon bin ich animiert, meine eigene Prognose in den Wind zu schießen, daß es hier wohl kaum mehr als einen Fragebogen geben wird.

•••

1. Welches ist das längste und/oder langweiligste Buch, durch das Du Dich, aus welchen Gründen auch immer, erfolgreich hindurchgekämpft hast?

Tad Williams »Der Drachenbeinthron«-Fantasy-Saga. Vier mal ca. 700-800 Seiten oberöder Tolkien-Abschklatsch. Wollte wissen, was für Fantasy im Mainstream so gelesen wird.

2. Von welchem Autor/Autorin kannst Du behaupten: Von dem/der habe ich wirklich jedes Buch gelesen?

Matt Ruff (sind nur drei: Fool on the Hill / Sewer Gas & Electric / Set This House In Order); J.K.Rowling (sind nur fünf, die Harry Potter-Bücher eben); Laurece Norfolk (sind nur drei: Lempriers Wörterbuch / Ein Nashorn für den Papst / In Gestalt eines Ebers); Helmut Krausser (8 Romane, 2 Kurzgeschichtensammlungen, eine Anthologie, 2 Gedichtbände, 10 Monatstagebuchbände und ein Bilderbuch); China Mieville (wieder nur drei: Perdido Street Station, The Scar, King Rat); Arthur Schopenhauer (was es gibt: also Hauptwerke; Vorlesungen habe ich noch nicht so lang; Handschriftlichen Nachlaß suche ich noch)

3. Welches ist Dein liebster Klassiker (vor mindestens 50 Jahren veröffentlicht)?

Derzeit wohl Balthasar Gracian »Das Kritikon«, erschienen 1651.

4. Welchen Titel hast Du in den letzten Jahren sicherlich am häufigsten verschenkt?

Komme kaum zum Buchverschenken.

5. Von welchem Autoren würdest Du nie wieder freiwillig ein weiteres Buch in die Hand nehmen?

Martin Walser (Tod eines Kritikers gelesen und Auszüge aus Lebenslauf der Liebe, Mesmers Reisen).

6. Welches Buch hast Du mehr als zweimal gelesen?

Ulysses von James Joyce (3 mal englisch, 2 mal deutsch); Melodien von Helmut Krausser (3-einhalb mal und steigend); Welt als Wille und Vorstellung von Schopenhauer (derzeit beim zweitenmal); Unser Kosmos von Carl Sagen (mindetens 3 oder 4 mal seit 15 Jahren); Name der Rose und Foucaultsche Pendel von Umberto Eco (ersteres 3, zweiteres 2 mal). Man sollte öfter Bücher mehrmals lesen. Beim ersten Lesen weiß man doch gerade mal, worum es geht.

7. Welchen Titel hast Du erst nach einigen Seiten beiseite gelegt und dann tatsächlich später nochmals in die Hand genommen und durchgelesen?

Praktisch alle Bücher. Lese sehr viele Bücher gleichzeitig und nur ganz ganz ganz wenige sind dergestalt, daß ich sie ratz fatz an einem Stück von vorne nach hinten lese.

Bemerkenswert war aber »Thanatos« von Helmut Krausser. Das Buch hat nach ca 100 bis 200 Seiten begonnen, mich persönlich anzupöbeln, hat mich fertig gemacht, beschimpft, ausgespottet und ich mußte mich erst eine Weile zurückziehen um genug zu sammeln, dieses schwarze Buch weiterlesen zu können; entwickelte sich noch zu einer düster-euphorischen Lesereise.

8. Wenn man Dich drei Wochen in eine Mönchszelle in Klausur stecken würde, und Du darfst nur drei Bücher mitnehmen, welche drei Titel würdest Du wählen?

Drei Wochen ist doch lächerlich. Aber wenn ich könnte und da demnächst der dritte Teil erscheint nehme ich Peter Sloterdijk Trilogie Sphären (1. Blasen; 2. Globen; 3 Schäume).

9. Bei welchem Titel sind dir schonmal ernsthaft die Tränen (nicht vor Lachen!) gekommen, obwohl es doch nur ein Buch war?

Owen Meany von John Irving; Girlfriend in a Coma von Douglas Coupland; Göttliche Zwischenfälle (Biographie Philip K. Dick) von Laurence Sutin; Der Glöckner von Notre-Dame von Victor Hugo; Besessen von Antonia S. Byatt; ... ich weine, lache, wüte, häme gern schnell und laut beim Lesen.

10. Welches sonst recht erfolgreiche Buch ist Dir bis heute ein großes Rätsel geblieben, d. h. Du hast es einfach nicht verstanden?

Da es mir nicht um ›das Verstehen‹ geht, ›verstehe‹ ich diese Frage nicht ganz. Ich ›verstehe‹ für mich zwar, warum Tolkiens "Der Herr der Ringe" so erfolgreich ist, aber nicht verstehe ich, warum die neue schlechte verzerrende Übersetzung von Wolfgang Kerge so viele gekauft und gelesen wird, und finde den Tolkien insgesammt einen kuriosen Autor, mindestens so wichtig und marginal zugleich wie Joyce.

Ebenso »Minima Moralia« von Theodor W. Adorno. Sicherlich ein interessantes, gedankenanregendes Buch, doch dermaßen hermeneutisch, daß man nach einiger Zeit beginnt, seine eigene Nase zu suchen.

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