Eintrag No. 747 — Perry Rhodan feiert Fufzigsten?! Soll sein. Schön für die Rhodan-Fans … mir herzlich Wurscht. Vielleicht, aber nur ganz vielleicht, wenn eine angeschwipse Muse mir das Hirn durchwuschelt, werde ich mir den bald erscheinenden ersten Band des Neustarts der Reihe, »Perry Rodan NEO«, besorgen.
IX.XI. hat zehnten Jahrestag. Führt mir nur vor Augen, dass ich zu den sogenannten ›Verschwörungstheoretikern‹ gehöre, weil ich nicht dem traue, was die öffentlich-rechtlichen- und (sogenannten) Qualitäts-Medien über diesen Zerstörungsakt verbreiten.
Halt.
Stop.
Schon alles durcheinander.
Als jemand, der ziemlich früh der Meinung war, dass an den offiziell verbreiteten Erklärungen zum Anschlag etwas nicht stimmt, gehöre ich wohl zu den ›IX.XI.-Verschwörungstheoretikern‹. Andererseits ist das, was Mainstream-Medien und herrschende politische Kräfte an Erklärungen verbreiten selbst geeignet, als Verschwörungstheorie bezeichnet werden zu können … eben als ›offizielle Verschwörungstheorie‹. Und nun kann man sich nun lange gegenseitig zeihen, Anhänger der einen (paranoiden) oder anderen (gutgläubigen) Verschwörungstheorie zu sein. Bringt aber auch nicht viel.
Sinnvoll wäre schon eher, die ganze Angelegenheit mal wirklich ordentlich zu untersuchen, und nicht etwa, entscheidende Daten und Dokumente zu vernichten oder gar nicht erst heranzuziehen, bzw. wichtige Zeugen zu befragen, bzw. deren Aussagen zuzulassen. Wie ich vor einigen Wochen schon berichtete, bietet das Buch »9.11. Zehn Jahre danach« von Bröckers und Walthers eine schöne Übersicht zu den undichten und fragwürdigen Stellen der offizellen Version.
Ach ja, dieser ›Telepolis‹-Text von Marcus Klöckner ist ein schönes Beispiel für die Art, wie die Qualitätsmedien mit den (paranoiden) IX.XI.-Verschwörungstheorien umgehen: 9/11: Wie Kritiker zu Zirkusdarstellern wurden (= Eine Analyse des ›Die Zeit‹-Artikels Ein Wahn stützt den anderen von Jörg Lau).
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Lektüre: Mit großer Begeisterung nun fast die Hälfte von Neal Stephensons »Reamde« erreicht. Zur Struktur: Das Buch – die Atlantic-Ausgabe – hat 1042 Seiten besteht aus zwei Teilen: A) »Nine Dragons« (7 Kapitel, bzw. 142 Abschnitte), und B) »American Falls« (12 Kapitel, bzw. 142 Abschnitte), mein Dramatis Personæ (also Verzeichnis der Figuren mit Namen) zählt bisher 41 Figuren, und ich habe eine ganze Reihe Abschnitte hinter mir, die Szenenapplaus verdienen. Jupp, Stephenson gehört zu den wenigen Autoren, bei deren Büchern ich mitgehen kann, wie sonst nur bei Popkorn-Kino.
Die Handlung teilt sich bisher in zwei große Stränge. Zum einen wird die Geschichte von Richard Forthrast erzählt, dem ›schwarzen Schaf‹ eines gut situierten Farmerclans aus Iowa, der sich 1972 vor der US-Armee nach Kanada verkrümelt hat und mehr aus Zufall damit beginnt, durch den Schmuggel von Dope über die Grenze Geld anzuhäuften. Mit diesem Geld hat er in British Columbia ein hübsches Landschloß renoviert und betreibt es zusammen mit einem Motorradclub-Kumpel als Ausflugsziel für Ski- & Snow Board-Narren. Nach einigen ziellosen Jahren gründet Richard in den späten 80ern dann zusammen mit einem chinesischen Geschäftsmann eine Spiele-Firma und startet das Multiplayer Rollenspiel der Fantasywelt T’Rain. Ein Gutteil des Romanes dreht sich um die Entwicklung und wirtschaftliche Funktionswiese von T’Rain, und einige packende Abschnitte finden in der Spielewelt selbst statt.
Eine der erwähnten Szenen, die mich zum lauten Johlen und lustvollem Jauchzen brachte, schildert ein Arbeitstreffen der Story-Entwickler der T’Rain-Spielewelt. Richard hat zwei Fantasy-Autoren engagiert. Zum einen einen den angesehenen englischen Professor Donald Cameron, Mittelalter- und Sprach-Experte; zum anderen den amerikanischen Vielschreiber Devin Skraelin. Die beiden kriegen sich in die Wolle was die Schreibweise von Fantasy-Begriffen der T’Rain-Welt angeht, was in der sogenannten ›Apostropocalypse‹ mündet. Donald, ganz penibel auf Plausibilität und Schlüssigkeit bei der Entwicklung von Fantasy-Begriffen erpicht, deutet aus, dass die Art wie Devin mit Apostrophen um sich schmeißt Unsinn ist. Devin findet derart kleinkrämerische Begründungsambitionen Quatsch, denn Fantasy-Begriffe wie T’Rain, K’Shetriae oder D’uinn sollen einfach nur cool aussehen. — Dieser Gegensatz ift typisch für die Fantasy-Szene und spiegelt sich auch wider in einem Krieg zwischen zwei Spieler-Fraktionen auf T’Rain: Fantasy-Welten und deren Inhalte werden von Design-Teams entworfen und das Aussehen der verschiedenen Rassen, Klassen usw. richtet sich unter anderem nach bestimmten Farbpaletten. Die einen Spieler bleiben den klassischen Farbpaletten treu (= die ›Earthtone Coalition‹), andere Spieler basteln sich Modifizierungen um z.B. iheren Zwerg in schrillen Popfarben herumlaufen zu lassen (= ›Forces of Brightness‹).
Handlungstreibendes Element ist ein gemeiner Virus, eben REAMDE, der Computer von T’Rain-Spielern infiziert, dort dann alle privaten Daten verschlüsselt und die Opfer auffordert, eine Summe der Spieleweltwährung in einem bestimmten Gebiet von T’Rain abzuliefern. — Der zweite große Handlungsstrang folgt Richards Nichte Zula und ihrem Hacker-Freund Peter. Peter hat sich mit einem zwielichtigem Typen, Wallace, auf einen Handel mit Creditkartendaten eingelassen. Dummerweise ist Wallace ein begeisterter T’Rain-Spieler und seine IT-Anlage hat sich REAMDE eingefangen. Und richtig fatal ist nun, dass Wallace unter anderem wichtige Finanzdaten der russischen Mafia verwaltet, und diese durch REAMDE durch Geisel-Verschlüsselung unzugänglich wurden. Zula und Peter finden sich schneller als ihnen Lieb ist in der Gewalt von russischen Gangstern, denen sie helfen sollen müssen, die Virus-Programmierer zu finden. Es kommt zu einer großen Äktschn-Sequenz, mit ca. 230 Seiten schon ein Roman im Roman, in der chinesischen Sonderwirtschaftszonen-Stadt Xiamen.
Genug zu »Reamde« für heute.
Hier die Links.
Politik, Gesellschaft & Hochkultur:
Anlässlich der feinen Neu-Auflage von Egon Friedells »Kulturgeschichte des Altertums« und »Kulturgeschichte der Neuzeit« bei Diogenes, bringt ›Glanz & Elend‹ den Text Das Lebensrezept.
Weiland die Qualitätsmedien einen der brillantesten Großessays der seit langer Zeit erschienen ist tunlichst ignorieren (oder dumm-abfällig behandeln) , ich spreche von Georg Seeßlens und Markus Metz Buch »Blödmaschinen«, findet sich immerhin auf den Seiten von ›Literaturkritik.de‹ eine halbwegs faire und wohlwollende Besprechung von Thomas Neumann: Wie man blöd wird.
(Deutschsprachige) Phantastik-Links
Die neuste Ausgabe von Josefons SF- & Fantasy-Rundschau auf den Seiten des österreichischen ›Der Standard‹, Weird Weird West, behandelt diesmal Bücher von Allen Steele, Al Ewing, Jack Ketchum, Marcel Theroux, Armin Rößler & Heidrun Jänchen, Stephen Hunt, Brian Keene, Debra Doyle & James D. MacDonald, Steven Gould und Laird Barron.
Good News Everyone! Nick Harkaway, der mich mit seinem Debüt »The Gone-Away World« umgehauen hat, zeigt in seinem Blog das wunderhübsche Cover der UK-Ausgabe seines im März 2012 erscheinenden nächsten Romanes »Angelmaker«. — Und bei ›io9‹ kann man das ebenfalls ansehnliche US-Cover bestaunen, sowie zwei verschiedene kurze Waschzettel zum Inhalt.
Zuckerl: Popkultur & Kunst
Molo hat eine weiche Seite, vor allem wenn es um Natur geht. Hier mein neuster Desktopschmuck-Fund bei ›National Geographic‹: Hirsche in Japan, genauer in Nara, der erstaunlichen Stadt, in der Rehe als heilig gelten, und wo diese anmutigen Tiere deshalb frei herumlaufen.
Es gibt wenige Dinge, die mich so entzücken, wie locker-flockig dargebrachte wissenschaftliche Infos. Der youtube-Kanal von ›Minute Physics‹ bietet (auf Englisch) reichlich davon.
Phantastik jenseits der ausgelatschten Genre-Formeln 1: In seinem ›{feuilleton}‹-Blog bietet uns John Coulthart einen kleinen Einblick in das surrealistische Werk »Initiations In The Abyss« von Jim Hartem. Wer die Collage-Romane von Max Ernst mag, wird hier fündig.
Phantastik jenseits der ausgelatschten Genre-Formeln 2: Die Künstler Waone (= Wladimir Manzhos) und Aec (= Aleksei Bordusov) pflegen unter dem Namen ›Interesni Kazki‹ die schöne Tradition, Häuserwände mit bunten Motiven zu schmücken. In ihrem Blog Interesni Kazki kann man die Früchte ihres Schaffens am Objekt selbst bestaunen. Und auf der Website von ›All Over‹ werden einzelne Arbeiten der Ausstellung »Paranoya & Shtrihi geboten. Sei allen Phantastik-Fans von »Yellow Submarine« und Luigi Serafini empfohlen.
Zum Schluß etwas Video-Kunst von Johan Rijpma, der Verblüffendes mit Klebebandrollen anstellt: Tape Generations. Besonders hinreissend finde ich den Sound.
Eintrag No. 746 — Um der Verwirrung vorzubeugen: dieser Wochenrückblick umfasst drei Nummern der Zählung, damit die Zahlen mit dem Wochenfortlauf übereinstimmen. Im August hatte ich derart viel um die Ohren, dass ich drei Wochen Rückblickpause eingelegt habe.
Lektüre: Ich trachte ja zu vermeiden, bei Hugendubel (oder anderen Buchgroßkaufhäusern die auf üble & mächtige Weise auf den Markt einwirken ) Geld zu lassen. Aber wenn dann die Frankfurter Filiale (wieder Mal) auf den Erstverkaufstages-Termin des Verlages pfeifft und ich somit z.B. früher als üblich an den neusten Roman von Neal Stephenson rannkommen kann, mache ich eine Ausnahme. — Also, seit Samstag lese ich »Reamde« (setzt bei der Aussprache die Silben so: Re|am|de). Bisher habe ich in zwei Tagen etwa 200 der ca. 1100 Seiten bewältigt und bin begeistert.
Die ›Nachdenkseiten‹ präsentieren den bisher vielleicht gescheitesten Text, der im deutschen Netzl über die Unruhen in England geschrieben wurde. Götz Eisenberg: Die große Wut der Überzähligen.
Sehr löblich, wie die Mutter Beate Turner sich mal die Geschichtslehrbücher ihres Sohnes vorgeknöpft hat, und bass erstaunt war, mit welch verhamlosender Propaganda darin die mittelalterliche Geschichte des Christentums behandelt wird: Geschichtsunterricht missioniert subtil (beim ›Humanistischen PresseDienst‹).
Endlich wurde eines der fulminantesten und originellsten Werke des großartigen Douglas Coupland übersetzt und erscheint diesertage beim Tropen / Klett-Cotta Verlag. Anlässlich von »JPod« hat sich Jan Pfaff für ›Der Freitag‹ mit Coupland unterhalten: Out of Office.
— Und das Schweizer Fernsehen hat Coupland eine ganze »Sternstunde Philosophie«-Sendung gewidmet: Der ganz normale Wahnsinn unserer Zeit. Bilde ich mir es nur ein, oder ist Coupland derzeit der aussichtsreiche Kandidat des ›Philip K. Dick Ähnlichkeits-Wettbewerbes‹?
Für ›Literaturkritik.de‹ hat Fabian Kettner eine Rezi zu Will Eisners Graphic Novel »New York. Großstadtgeschichten« geliefert: Comic-Dramen der Großstadt.
Zuletzt ein feiner Text von Andrea Diener für den Reise-Teil der ›F.A.Z.‹, über eine kleine deutsche Stadt, die ihren jahrhundertealten Untergrund entdeckt. Es ist erst einige Tage her, seit ich bei der Komplett-Hörbuchversion von Neal Stephensons »Barock-Zyklus« die Passagen über den Londoner Untergrund in »The System of the World« wiedererlebt habe. Dies eingedenk fand ich Perspektiven der Stadt (6): Oppenheim – Bacchus in der Unterwelt besonders spannend.
(Deutschsprachige) Phantastik-Links
Kaum zu fassen, wie lange es gedauert hat, bis nun endlich einmal eine günstige einbändige Ausgabe des dollen, irren Psychodelic-, SF-, Verschörungstheorie-, Drogen-, Magie- & Sex-Klassikers »Illuminatus!« von Robert Anton Wilson und Robert Shea auf Deutsch erschienen ist. Entsprechend gibt es einen Eintrag im aktuellen Rowohlt-Magazin. — Kann gut sein, und ich veranstalte hier bald ein kleines Preisausschreiben, um Molochronik-Lesern Gelegenheit zu verschaffen, eines Bandes habhaft zu werden. Hier habe ich anlässlich des Todes von R. A. Wilson schon einmal kurz über diese Trio berichtet.
Bald kommt eine dicke englischsprachige Anthologie, von niemand anderem als Jeff Vandermeer (einem meiner liebsten lebenden Phantasten) zusammengestellt auf den Markt: »The Weird«. Im verlinkten Blogeintrag kann man schon mal das Inhaltsverzeichnis des dicken Schmöckers einsehen. Sehr erfreulich, dass Vandermeer bei seinem gut 100-Jahre umassenden Blick auf die ›verdrehte‹, ›seltsame‹ Phantastik neben Stories von bekannteren zeitgenössischen Autoren wie China Miéville, Michael Chabon, Kelly Link, Neil Gaiman, Stephen King und George R. R. Martin auch weniger bekannte aber exzellente Autoren wie William Browning Spenser oder Michael Cisco, sowie Klassiker wie Mervyn Peake, Julio Cortazar, Jorge Luis Borges, (natürlich) H. P. Lovecraft, Stefan Grabinski, Franz Kafka, Georg Heym, Gustav Meyrink, Saki und Alfred Kubin berücksichtigt.
Peter V. Brinkemper veranstaltet für ›Glanz & Elend‹ wieder eines seiner klugen Textfeuerwerke in Sachen Pop-Phantastik, diesmal bezüglich zweier neuer Superhelden-Flicks: »Green Lantern« vs. »Captain America«.
Unter anderem bei ›The Laughing Squid‹ wurde folgendes lustiges fiktives Produktbildchen verbreitet: Mac OS Maru, anlässlich der Veröffentlichung des neusten Apple-Betriebsystems Lion. Wäre irre, wenn die Apple-Menschen ihr nächstes Betriebssystem tatsächlich nach der berühmtesten und putzigsten Internet-Katzenberühmtheit benennen (über die es inzwischen sogar ein eigenes Buch gibt).
›Game Wire‹ berichtet über ein iPad-App, das im Herbst erscheinen soll, und das ich unbedingt haben will: die interaktive Ausgabe von Douglas Adams’ Hitchhiker’s Guide To The Galaxy. Mehr demnächst auf der Herrsteller-Seite zum App.
Wieder ein Mal »Calvin & Hobbes«-Zeugs: der famose Pulp-Künsteler Francesco Francavilla hat zwei Poster gestaltet, die Calvin & seinen Stofftiger Hobbes in ihren Phantasie-Rollen als Hard Boiled-Krimihelden zeigen: C & H Private Investigations.
Da ich viel um die Ohren hatte (habe) in den letzten (kommenden) Wochen, lese ich vermehrt Comics. Unter anderem habe ich mir endlich alle 10 Sammelbände des ätzend-satirischen SF-Garns »Transmetropolitan« von Warren Ellis und Darick Robertson besorgt (die ich damals, um die Jahrtausendwende, als Einzelhefte komplett gelesen habe).
— Passend dazu hier ein Link einer erotischen Zeichner-Sitzung der Dr. Sletchy’s Anti-Art School: Spider Is Our Hero. Überhaupt eine anregende Sache, diese Dr. Sketchy-Sessions (ich wünschte, es gäbe einen Ableger in Frankfurt. Vielleicht reise ich mal zu einem Termin in Berlin oder Hanover).
— Eine der Teilnehmerin der »Transmetropolitan«-Sitzung war die New Yorker Illustratorin Queenmob (= Anna-Maria Jung), von der mir auch diese Zeichnung mit Killer Kaninchen gut gefällt.
— Schließlich noch der Hinweis auf das »Transmetropolitan«-Art Book 2011, das erscheinen soll, sobald die durch Fans gespendete Finanzierung steht (und das zur Unterstützung des Comic Book Legal Defense Funds beitragen soll).
Derweil die neusten Folgen von »Futurama« auf Englisch laufen und die Zukunft der Serie bis auf weiteres gesichert ist, habe ich mich gefreut, dass für das ›Der Freitag‹-Alphabeth Ulrich Kühne diesem SF-Komik-Wahn einen Eintrag widmen durfte. — Durchaus erstaunlich auch die realistischen Skulpturen einiger »Futurama«-Figuren von artanis one bei ›Deviant Art‹.
Krass-geil sind diese Logos des T-Shirt-Vertriebes ›Amorphia Apparel‹: Monsters of Gork. Namen von Wissenschaftlern und Philosophen in der Form von bekannten Band-Logos. Mein Lieblinge: Machiavelli in Metallica-Style und Anais Nin in Form des Nine Inch Nails-Logos.
Eintrag No. 742 — Sorry sorry sorry. Habe vor lauter Begeisterung bei der Arbeit an meiner nächsten Übersetzung für Golkonda (von der ich noch nicht verraten kann, um was für ein Projekt es geht) und Einspringen für einen Kollegen bei meinem Brotjob vergessen, dass Dienstag war und entsprechend kommt dieser Wochenrückblick etwas verspätet (und rückdatiert).
Politik, Gesellschaft & Hochkultur:
Leider habe ich nicht die Energie, mit angemessener Sorgfalt auf den Terrorakt in Norwegen einzugehen. Hier aber ein ›Telepolis‹-Text von Rudolf Sturmberger, der meine Stimmung gut trifft: »Islamistischer Hintergrund« wird gerne genommen; Ein kleines Brevier zum Fernstudium für den angehenden Terrorismus-Experten. Neben dem Pavlow’schen Reflex einiger ›Äksbärten‹ und sonstigen Kommentatoren unserer ›Gwalidäts‹-Medien, die vor dem Bekanntwerden von Details der Taten von Breivik sofort lossülzten, dass freilich natürlich aber selbstverständlich nur islamistische Fanatiker so etwas kalkuliert Grauenvolles anrichten konnten, nervte mich besonders das plumpe Verteidigungsgebrabbel mancher überzeugter Christenmenschen, über das z.B. Florian Rötzer, ebenfalls für ›Telepolis‹, schreibt: »Christliche Fundamentalisten« gibt es nicht. Fast möchte ich wieder in eine der christlichen Kirchen eintreten, um deren Bude von innen mal richtig kritisch und befeuert vom heeeiligen Geist aufzumischen.
Der Anlass des ›Telepolis‹-Beitrags Katholische Ambivalenz und bärenhafte Dumpfheit von Reinhard Jellen ist eigentlich lediglich, dass Trikont (ein feines kleines CD-Label) eine neue Reihe über das kleine seltsame Volk der Bayern startet. Aber, ›hallo!‹, Jellig batzt die Allgemeinplätze über das urig-bayerische in der ersten Hälfte knallig zusammen zu einem kräftigen Sprachknödel. Sehr nett.
Wieder mal Lars von Törne, der für den ›Tagesspiegel‹ ein feines Comic lobt, diemal unter dem Titel Megan in den Städten das nun auf Deutsch (leider in zu kleinem Format) erschienene Großwerk »Local« von Brian Wood und Ryan Kelly. Hier geht es zu einer 24-seitigen Vorschau der englischen Fassung bei Oni Press.
›Superpunch‹ empört sich zurecht: Da kreiert eine Werbeagentur für ‘ne Paracetamol-Werbung ein irre detailiertes Skulpturen-Panorama, Paramex: End the Pain, das schön anzuschauen ist und bei dem es sich auch lohnt, sich die Zeit zu nehmen, all die kleinen Szenen zu entdecken (mein Liebling: links hängen Skelette von Hingerichteten, und dazewischen auch ein großer gehörnter Fisch). Das alles wäre wirklich schön und gut, hätte die Agentur nicht einfach nur offensichtlich das Werk des Künstlers Kris Kuksi abgekupfert (mit dem feinen Unterschied, dass Kuksi seine Skulpturen aus echtem Zeugs zusammenbaut und nicht photoshoppt)
Harry Potter ist nun auch als Film feddich. Gelegener Anlass um Euch zu zeigen, wie die Potter-Charaktere als Manga (via ›Burnred‹, unbekannter Künstler), oder als Disney-Version (bei ›lenneltan‹) aussehen könnten.
›Ufunk‹ präsentiert die Surrealistic Pillow-Photoserie von Ronen Goldman. Mein Liebling: Mann verteidigt sich mit Regenschirn gegen angreifenden Apfelschwarm.
Endlich vereint: Yoda und Kermit! Jetzt warten wir nur noch auf einer Duett-Fassung des Liedes »Grün sein, leicht sein ist es nicht«. — Und hier gehts zur Website des Künstlers Peter de Sève.
Stellt Euch vor, der unvergleichlich durchgeknallte Eugen Egner würde quietschebunte Pop Art-Cthulhu-Sachen machen: in etwa so wirkten die Sachen von Leong Wan Kok auf mich.
Traumatron Illustrations bietet ein ›flickr‹-Album mit sehr schönen Twin Peaks-Motiven! Gibt es auch als T-Shirts. Ich glaube, das hier ist bald meines.
Eintrag No. 734 — Wir sind immer noch beim ersten, dem nord-östlichen 80-cm Billy-Regal. Unter den Kunst-Bildbänden stehen die kleineren Bücher mit Meisterwerken der Zeichnerei.
Links beginnt es mit einer seltsamen dreibändigen verkleinerten Ausgabe eines eigentlich großen fetten Bildbandes über Leonardo da Vinci. Es folgen die jeweils zweibändigen Werke-Bände zu den Großmeistern Jacques Callot, Honoré Daumier, Grandville und Gustave Doré.
— dem folgt ein Buch mit Zeichnungen von Heinrich Vogeler, und dann kommt ein Quartett älterer kleiner Bildbände von 2001, jeweils im Schuber, die mir besonders wertvoll sind: vom großartigen Erzphantasten Max Ernst sowohl »Une semaine de bonté« als auch »La femme 100 têtes«, ein feiner Werke-Band zu Aubrey Beardsley, sowie ein erstaunlicher Ritt durch das Werk des phantastisch-erotischen Illustrators & Ex Libris-Spezialisten Franz von Bayros.
— Daneben dann die drei großen Werke des Kurt Halbritter. (Stelle erstaunt und erschüttert fest, dass es kaum etwas über oder von Halbritter im Netzel gibt!)
— Nach rechts tröpfelt es dann aus mit einzelnen Bänden verschiedener Art: ein Edward Gorey-Schnäppchen hie; zwei kleine Nikolaus Heidelbach-Büchleins da; natürlich »Die Drei«.
— ein ganz besonders irres und mich früh prägendes experimentelles Cartoon-Werk ist »Der Bus« von Paul Kirchner. Auch F. W. Bernsteins »Sternstunden eines Federhalters« möchte ich erwähnen.
Oben auf liegen drei meiner fünf Sammelbände der guten alten »Die Zeit«-Kreuzworträtsel »Um die Ecke gedacht« (man muss ja für das Alter vorsorgen); mittig dann ein paar Seyfried- und ein Crumb-Comic; rechts dann Van Goghs Briefe und zwei Tomi Ungerer-Büchleins.
Eintrag No. 651 — Bin seit letzter Woche allein zuhause, denn Andrea brach zu ihrem Jahresurlab und Richtung Waldviertel auf. Am Wochenende, als ich von meinem Brotjob frei hatte, legte ich eine Übersetzungssession hin (heisst: von Freitag auf Montag nur zwei Mal ins Bett gegangen). Ich bin unfassbar dankbar für das Projekt. Kurzgeschichten, die mich wirklich erfreuen, von einer Vielfalt, die mich begeistert und beeindruckt zu übersetzten fühlt sich nun mal nicht wie ›Arbeit‹.
Nachteil (= Lektüre): Bin selber kaum zum Lesen gekommen, außer, dass ich mir die deutsche Ausgabe von »The City & The City« besorgt und darin herumgeblätert habe, um knifflige Stellen zu prüfen. Soweit ich gesehen habe, kann ich absolut nichts zum Bemäkeln an Eva Bauche-Eppers deutscher Fassung von »Die Stadt & Die Stadt« finden und empfehle den Roman allen, die gerne mal eine gelungene Mischung aus Krimi und Phantastik lesen wollen. Ich denke, ich kann es wagen, dieses Buch jetzt schon zur — leider! — unterschätztesten Neuerscheinung der Saison auszurufen, denn ›Dank‹ des schröcklichen Umschlagbildes und der kümmerlichen Platzierung in den Regalen (wenn meine Umschau in den Frankfurter Buchhandlungen halbwegs repräsentabel ist) wird sich kaum herumsprechen, wie gut dieser Roman ist.
Film: Immerhin war ich letzte Woche im Kino. Leider war ich so dumm, mir »The Sorcerer's Apprentice« anzutun. Ein langweiliger, vorhersehbarer und peinsam-harmloser Streifen. So etwa 3 oder 4 Punkte von 10.
Ganz interessant dagegen meine DVD -Sichtung von Christopher Nolans Erstling »Following«. Als kleiner, fieser Krimi durchaus gelungen (und als S/W-Film sowieso), wenn auch Nolan hier schon durch seine super-ernste und (unter)kühl(t)e Inszenierung leicht nervig auffällt, die auch seine späteren Filme meist kennzeichnet. So etwa 6 bis 7 von 10 Punkten
Schlimmer noch ist allerdings das Verhältnis von demokratischem Staat und wirtschaftlicher Macht, das hier zum Ausdruck kommt: {…} Der Geheimvertrag ist das Eingeständnis, dass der demokratische Staat gegenüber den wirtschaftlich Mächtigen nicht mehr das „Gewaltmonopol“ hat, das heißt sich nicht mehr mit hoheitlicher Macht durchzusetzen vermag, sondern dass er bestenfalls noch Verhandlungspartner gegenüber wirtschaftlicher Macht ist. {…} Da sitzen also auf der einen Seite die Regierung und auf der anderen Seite die Konzernbosse und klären per Telefon die Konditionen; und das Parlament darf dann bloß noch den geheimen Deal sozusagen der demokratischen Form halber absegnen.
Diesbezüglich habe ich mich bei ›lobbycontrol‹ der Unterzeichnungs-Aktion angeschlossen, man möge doch anstandshalber das Atom-Geheimabkommen widerrufen!
›ad sinistram‹ nimmt Sprachpansch in der Rubrik ›nomen est omen‹ unter die Lupe: »Gebär- und Zeugungsstreik«. — Ich verstehe ja folgendes nicht: wenn es einerseits zuviele Menschen auf der Welt gibt, und Menschen aus schlimmen Gegenden, wo das Überleben äußerst mühevoll ist, wegwollen, warum regen sich dann andererseits irgendwelche Anzugträger darüber auf, dass die ›richtigen Frauen‹ zu wenig gebähren? — Okey, ist sicherlich richtig, dass sich Akademikerinnen (zumindest wenn sie selbst einen gut bezahleten Job haben oder mit dem Gatten eine gute Partie gemacht haben) eher bessere Kinderpflege und Schulen leisten können. Das bedeutet aber nur, dass die Qualität der Kindererziehung stärker vom privaten Geld der Bürger und den Möglichkeiten, die es eröffnet abhängt, als vom Geld der staatlichen Gemeinschaft. Das fügt sich mit der Theorie, der ich anhänge, dass ein langfristiges Ziel ›des Kapitals‹ ist, den Bereich der Bildug zu ökonomisieren, und dass es bei diesem Ansinnen auf einem erfolgreichen Weg ist.
Nathalie Roller schrieb am 12. September für ›Telepolis‹ einen löblichen Artikel über grüne Krieger in den heutigen Metropolen: Die Gartenguerilla erobert die Städte.
(Deutschsprachige) PHANTASTIK-FUNDE
Neustart des Magazins für interantionale Science Fiction: Inter Nova. Ich wünsche viele interessierte Leser!
Wieder ein Umsonst-Lesetip für alle, die noch zuviel Zeit haben: Digital Comic Museum.
Ein youtube-Filmchen, in dem Daten augenfällig aufbereitet wurden, und das damit höhere Zusammenhänge anschaulich macht. Scott Manley Asteroid Discovery from 1980 - 2010. Scott Manleys Seite beim Armagh Obsertvatorium bietet weitere wissenschaftliche Animationen zum Thema Asteroiden.
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