Grenzübergang 2013 / 2014
Erstellt von molosovsky um 20:07
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Ich stecke fest und der diesjährige Jahresrückblick kommt nicht voran. Habe mich nun entschieden, dass ich via Twitter —
Molos Zwitscherei — bescheid gebe, wenn ich fertige Kategorien hier ergänze. Damit ihr geschätzte MolochronikLeser aber schon mal was habt, hier das bisherige
›Work in Progress‹.
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Willkommen bei meinem Jahresrückblick zu den edelsten Zeitverschwendungen, der explosivsten Unterhaltungsmunition, lindernsten Seelenmedizin & potentesten Bewusstseinshanteln des Jahres 2013.
Überflüssig zu erwähnen – aber sicherheitshalber hier noch extra betont –, dass dies meine persönlichen Favoriten des Jahres 2013 sind, & ich deshalb mit GOttgleicher Objektivität alle anderen Bestenlisten zunichte mache. Wenn Eure Lieblinge hier nicht aufgeführt werden, könnt Ihr ja zur Abhilfe Haare raufen & mit den Zähnen klappern. Vielleicht bringts ja was.
Titel, die ich nicht gesehen, gelesen, gehört oder gespielt habe, bleiben natürlich aussen vor. Vor allem bei den Filmen & Games wurde ich vieler Sachen, die mich brennend interessiert hätten, 2013 noch nicht habhaft (ganz besonders bitter beklage ich, dass der neuste in Deutschland anlaufende Ghibli-Zeichentrickfilm »Der Mohnblumenberg« in der ach so mondänen Metropole Frankfurt grad mal eine Woche in den Kinos war).
Die Sortierung folgt diesmal dem Alphabet (nach Autorennachnamen oder Titel), die Reihenfolge stellt also in sich keine Wertung dar (besondere Hervorhebungen wurden in die Kurzbeschreibung integriert).
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GUT BUCH (Prosa)
- »Pulsarnacht« von Dietmar Dath: Siehe meine Besprechung in diesem Blog. Spontane Kurznotiz nach Beenden des Buches: »Es ist für mich 100 x vergnüglicher, mich mit den Romanzumutungen von Dath abzurackern, als Spaß zu haben mit den mundgerechten Schreibformel-Ergebnissen eines Eschbach«
- »Nimmèrÿa 1: Geschichten aus Nimmèrÿa« von Samuel R. Delany: Meine erstes Buch von Delany mit dem er sich in meine oberste Fantasy-Liga katapultiert hat (in der sich auch Mervyn Peake, John Harrison & China Miéville befinden). Mit wunderschöner Sprache & erlesenem Stil schildern fünf Kurzgeschichten Schicksale größtenteils einfacher Leuz in einer gut geerdeten Fantasywelt (kann aber auch eine verschollene, unbekannte Vorgeschichtsepoche sein, wie ein fiktives akademisches Vorwort andeutet). Es geht um die Queste der Erkundung der eigenen Sexualität, um sozialen Wandel im Zuge sich ausbreitenden Handels & Geldwirtschaft, um Adelsintrigen, Drachenreiter & Befreiungen aus Verließen. Mich begeistert, wie scheinbar spielerisch Delany es versteht hohen Ton, philosophische Spekulation und gewöhnliches Leben zu vereinen. Freue ich schon sehr auf die weiteren Bände dieser deutschen Ausgabe der Geschichten aus Nimmèrÿa und anderer Bücher von Delany.
- »The Quantum Thief« (Jean le Flambeur #1)von Hannu Rajaniemi: Was für ein Debüt! Schon mal vom Start weg grandios, wenn ein Hi-Tech-SF-Thriller sich vor dem ehrenwerten Klassiker »Arsene Lupin« von Maurice Leblanc verbeugt. Hier gibt es alles, was das Herz begehrt: interessanten Weltenbau; entsprechend der vielfältigen ausgeklügelten Technik-Gadgets & Szenerien wohlfeile SF-Poesie. Die Handlung verläuft zweigleisig: a) ein Meisterdieb auf der Suche nach seinem irgendwo versteckten Selbst und b) ein idealistischer Amateurdetektiv soll einen Mord an einen Chocolatier aufklären. Die Äktschnszenen sind bombastisch, Humor- & Emotionseinlagen sind gelungen, die Schreibe ist komplex & kompakt und der Roman damit ein Feuerwerk der Vielfalt: Kurz: ein Spitzen-Titel der Lust auf mehr macht (Band zwei »The Fractal Prince« liegt schon bereit).
- Thomas Pynchon hat sich seit »Against the Day« in den letzten Jahren zu einem meiner Helden gemausert, zu einem der Autoren, von denen ich mich mit Freuden überfordern lasse. »Mason & Dixon« & »Gravity’s Rainbow« stehen mir noch bevor. Zweiteren habe ich mittlerweile drei Mal angefangen & stecke immer noch irgendwo in der Mitte. — Aber folgende beiden Romane habe ich letztes Jahr genossen:
• »Bleeding Edge«
• »Vineland«
- Neal Stephenson:
• »Zodiac«
• »Interface«
- Tad Williams: »The Dirty Streets of Heaven« (Bobby Dollar #1), ungekürztes engl. Hörbuch, gelesen von Joe May: Finde ich ja total toll, dass ich nach vielen, vielen Jahren mal wieder was von Tad Williams gefunden habe, was mir richtig gefällt (Mega-Verrisse schreibe ich nämlich eigentlich nicht so gern). Obwohl dieser Roman nicht mehr darstellt, als dass Herr Williams aufgeschlossen hat an die Mode, sich klassische Mythen, wozu auch der Fundus phantastischer Figuren & Themen der Bibel gehören, in zeitgenössischer Stadtlandschaft tummeln zu lassen (er ist nun also da angekommen wo »The Sandman«, die »Books of Blood«, »Hellblazer«, »Preacher« & mannigfache andere urbane Fantasy schon seit Jahrzehnten weilen), ist das Ergebnis doch eine sehr kurzweilige Freude. Krimi, Komik & Tragik, Spannung, ein bisschen Horror, dargeboten durch einen sich am Noir Krimi-Schnodder orientierenden Erzähler, eine gute Portion »Fuck You!« in Richtung religiöses Schwarz-Weiß-Denken, ein Engel der sich mit einer Höllenschönheit im Bett wälzt … und die Sache ist perfekte Kurzweil. — Habe leider noch nicht prüfen können, was die deutsche Fassung taugt & bin sehr gespannt, welche Umsetzung & Reaktionen Buch 2, »Happy Hour In Hell«, auf dem Deutschen Markt erleben wird, denn da dreht Williams richtig heftig auf und bietet (für seine Verhältnisse heftig krasse) Grausamkeit, Groteskerien, Blutorgien & Ekelsex, dämonische Frauen die mit bezahnten Muschies Männer vergewaltigen, bis zum wonniglichen Brechreiz.
- Desweiteren erwähnenswert & einen Versuch wert:
• J. R. R. Tolkien: »The Lord of the Rings«, ungekürztes Hörbuch gelesen von Rob Inglis:
• Suzanne Collins: »The Hunger Games«-Trio (»The Hunger Games«, »Catching Fire«, »Mockingjay«)
GUT BUCH (Sach)
- Frau (Andrea) Diener: Reiseberichte aus aller Welt für die F.A.Z.: Leider sind 2013 nicht so viele längere Texte von Frau Diener in der F.A.Z. erschienen, aber die zwei Texte aus Japan, »Die hüpfenden Holländer« und vor allem »Alles wird gut, sagt der spuckende Gott«, gehören zu meinen Lieblingsberichten, die Andrea bisher geschrieben hat. — Unbedingt auch bei Holger Kleins exzellenter Podcast-Reihe »Wer redet ist nicht tot« reinhören, wo es bisher drei lange, schöne, kurzweilige, leerreiche, amüsante Gespräche mit Frau Diener gibt:
»WR223: Frau Diener verreist nach China«;
»WR235: Frau Diener verreist in die Karibik«;
»WR250: Frau Diener verreist nach Katar«.
- Laurie Penny: »Fleischmarkt: Weibliche Körper im Kapitalismus« / »Cybersexism: Sex, Gender and Power on the Internet«:
- Jon Peterson: »Playing the World«:
- Jeff Vandermeer & Jeremy Zerfoss: »Wonderbook – The Illustrated Guide To Creating Imaginative Fiction«:
GUT COMIC
- Hiromu Arakawa: »Fullmetal Alchemist«:
- China Miéville: »Dial H for Hero«:
- Osamu Tezuka: »Buddah«, 8 Bände
:
GUT MUKKE
- »Random Access Memory« von Daft Punk:
- »The Last of Us« von Gustavo Santaolalla:
- »The Golden Age« von Woodkid:
GUT GAME (PS3)
Zum ersten Mal die Sparte ›Games‹ & hier kommt die alphabetische Sortierung voll sinnvoll zum Zug, denn mich bei diesen Titel entscheiden zu müssen, welches nun die anderen überragt, ist mir unmöglich. Alle Gold!
- »The Last of Us« von Naughty Dog: Immer wieder klopfe ich meine Gemütslage in Sachen Games ab, & komme stets zu dem Ergebnis, dass TLoU mein bisheriger Lieblingstitel aller Zeiten ist. Okey, der Multiplayer ist mörderschwer & ich inmitten lauter Kopfschuss- & Schleichkünstler eine absolute Nulpe. No Fun. Aber wer braucht Mehrspieler, wenn die Einzelspieler-Geschichte so überragend gut geschrieben & inszeniert ist. Das Genöle von Rezensenten, die meinen, TLoU wäre eigentlich arg flach & glänze nur darin, die Spieler ›emotionell zu manipulieren‹, entstammt zwar einer durchaus bedenkenswerten Kritik-Tradition, die 90° zur ›Effekt bewirkt Affekt‹-Programmatik des Urvaters der modernen Reisser-Poetik Edgar Allan Poe verläuft, aber völlig verkennt & entsprechend fehlurteilt, wie heftig & imho relevant die Tragödie ist, die dieses Spiel erzählt & spürbar macht. — Ein Mensch reisst nieder, weil er nicht loslassen kann; wird zum Zerstörer, weil er Nähe erzwingen will; raubt der Mehrheit die Hoffnung, weil er seine eigene Verzweiflung alleine nicht bewältigen kann. — Nicht nur die reisserischen, spektakulären, schockenden Sequenzen & Aspekte wurden hochwirkungsvoll umgesetzt, auch & gerade die umsichtige Sorgfalt, mit der die zarten (»You’re gonna so sing for me when we get through this«), kleinen (»Gnomes are super cute. Not Fairies though. They creep me out.«), beiläufigen (»Your watch is broken«) menschlichen Details platziert wurden, macht das Spiel für mich so groß. Überall subtil verteilte Spuren von Kindern & zerstörten Familien, der Härte des Überlebens in der Postapokalypse. und dann erst die Giraffen, der Schwan, der Hirsch, der Schneehase. — Taschentücher bereithalten.
- »Grand Theft Auto V« von Rockstar: Eingestanden, dass auch mich leichte Wehmut umflorte, weil der Titel nicht mit der Wirkmacht bei mir einfetzt, wie ich erwartet habe. Andererseits war meine Erwartung eben auch ungescheit heftig uffgedreht … eine Grundstellung, mit der man sich fast zwangsläufig einen Kick ins Gemüt reserviert. Doch trotz der ein oder anderen nervigen Nebenfigur, kleiner Macken des Einzelspieler-Modus, & des mich ziemlich frustrierenden, weil lahmarschigen Mehrspieler-Modus, wurde ich beschert mit einer überwältigend gestalteten Welt, vielen amüsanten Details, ‘nem flockigen Gameplay & mit Michael, Franklin & Trevor eine wuchtige Spielfiguren-Trio. — Sonderpunkte gibt’s für den coolen Soundtrack unter anderem mit Tangerine Dream. — Weitere Sonderpunkte gibt’s für Yoga als Minispieleinlage. Macht immer gute Laune, wenn Michael mit hochrotem Kopf wieder in die Senkrechte kommt.
- »Ni no Kuni« Take-5 & Studio Ghibli: Dummerweise habe ich »Ni no Kuni« gar nicht fertig spielen können, weil mein Speicherstand bei einem Crash verlorenging. Aber die ¾ der Geschichte, die ich absolviert habe, riechen locker (!) für einen Platz unter den Jahresbesten. Die Gestalter von Studio Ghibli & ihr Hauskomponist Joe Hisaishi brillieren darin, allen zu zeigen, wie umfassend doll ein Game daherkommen kann. Die Bossfights auf ›normal‹ brachten mich lustvoll zum Schmitzen. Besonders begeistert mich, wie die Story unerschütterlich auf Prinzipien des Ausgleich-Schaffens und der Harmonie-Verbreitung aufbaut. Hier kann man seine (völlig unironisch gemeint) Gutmenschen-Mukkis trainieren, und das sollten viel mehr große Titel wagen. — Zur Sicherheit Taschentücher bereithalten. — Genuss des Spieles kann dazu führen, dass man mit Decke als Umhang und Stecken als Schwert durch die Nachbarschaft rennt um Leuten zu helfen.
- »Ico« von Team Ico: Okey, ich hinke ein klein wenig hinterher, dass ich erst im vierten Quartal 2013 dazu kam, diesen Klassiker aus dem Jahre 2001 zu spielen. Ändert aber nix an meiner Begeisterung für dieses eigentlich sehr simple Spiel. Junge mit Hörnern & Mädchen in Weiß wollen aus einer gigantischen Burgruine entkommen. Rufen. Händchen halten. Schattenmonster kloppen. Kisten schieben. Klettern. Hebel umlegen. Was für eine überraschende Stimmungs-Melange aus kraftvoller Zärtlichkeit & unheimlicher Menschenleere. Habe nach über 10 Jahren sofort verstanden, was ein Freund damals meinte, als er mir »Gormenghast«-Fan dieses Spiel empfahl. — Für den Schluss unbedingt Taschentücher bereithalten.
GUT FILM
- »Django Unchained«: Herr Tarantino trifft stets meinen Geschmack & jeder seiner Flicks beglückt mich mit grandiosen Ideen, kreativem Erzählen, aufwühlenden Wendungen & Perspektiven, vor allem aber mit knackigen, langen Dialogen. Herr Waltz diesmal als heldenhaft guter Deutscher, Herr Caprio zu Abwechslung mal als egomanischer Herrenmensch & viele weitere Darsteller in hinreissenden Rollen. Zudem: angenehm humorig-launig diese engagierte Anklage des ansonsten missachteten Themas Sklaverei in USA.
- »The East«: Überraschungstreffer. Wollte eigentlich nur mal wieder einen Film mit der mich stets begeistern Ellen Page gucken. Trotz der enttäuschend konventionell-feigen Schlussvolte ein aufwühlender, ruhiger Film über die Rache der Leute mit zuviel Gewissen. Allein die Szene mit der Widerstandskämpfer-Initiation beim gemeinsamen Abendessen zog mir den Teppich unter den Füssen weg. So geht Publikumsbeschämung die inspiriert. — Ein halbes Taschentuch bereithalten.
- »Gravity«: Abgesehen von der umwerfen Achterbahnfahrt im All; den spektakulär perfekten Bildern & teilweise irre langen Kamereinstellungen; der überzeugenden Veranschaulichung, dass das Kaporresgehen von Dingen große Schönheit zeitigt; erstaunte mich hier, wie gut Frau Bullock sein kann, wenn man ihr entsprechend was zu tun gibt.
- »The Hobbit (2): The Desolation of Smaug«: Siehe meine Besprechung in diesem Blog. Kurzfassung: Bisher mein liebster Mittelerde-Rambazamba.
- »Jack Reacher«: Derzeit mit liebster Film mit Tom Cruise, was weniger an Herrn Cruise liegt (der hier schlicht gutes Handwerk abliefert), sondern der geschickten, angenehm altmodischen Inszenierung zu verdanken ist. Absoluter Hammer allerdings ist Werner Herzog (& seine leblosen, vor niederträchtiger List funkelnden Augen) als gieriger, strenger & grausamer Oberböser. — Siehe auch meine Rezension zu dem (hier nicht verfilmten) ersten Roman von Lee Child mit Titelhelden Jack Reacher.
- »Pacific Rim«: Auch Herr del Toro ist so einer, der bisher nichts abgeliefert hat, was mir missfällt. Guckt genau hin, wie edel, wahrhaftig & freudvoll stumpfe Prügeleien zwischen Riesenmonstern & Titanen-Roboterrüstungen sein können, wenn sie ohne dummes Ironie-Augenzwinkern, sondern mit viel Detail-Liebe & Choreographie-Können aufgeführt werden. Bienchen jeweils für Rinko Kikuchi als zarte aber wehrhafte Mako Mori; den feinen Stockkampf; & die allerliebst gestaltete fremdartige Welt, aus der die Monster kommen. — Mein persönlicher Lieblingsfilm des Jahres!
- »Silver Linings Playbook«: Sozusagen »Harry Meets Sally« für Leuz mit bipolarem Dachschaden (also MelanchoManiker wie mich, auch wenn ich bisher nur laienhaft von meinen Freunden diagnostiziert wurde). Nicht mehr als eine Gute Laune-Romanze, aber eben erfreulich herzhaft gegen das verständliche Theater anstänkernd, normal & brav sein zu wollen. Wenn schon normal sein, dann weil es einem selbst gut tut, nicht weil es ›die anderen‹ halt gern so hätten. Hut ab für das Tanzfinale, das mit all seiner Ungeschicklichkeit menschlich berührt. — Mindestens ein Taschentuch bereithalten.
- »12 Years A Slave«: Neben »The East« sicherlich der ernsteste, erwachsenste Film dieser Liste, & im Gegensatz zu »Lincoln« eine rundum gelungene, notwendige, schmerzliche, intensive & plättende Geschichtslektion. Auch die Inszenierung traut sich immer wieder Sachen aufführen, die man selten so konsequent gemacht vorgesetzt bekommt. Ein Meisterwerk. — Mindestens eine Packung Taschentücher bereithalten.
- Ebenfalls gut, wenn auch mit Abstrichen oder Vorsicht zu genießen:
• »The Conjuring«: Gute Gespensterfilme sind rar, aber hier wurde fast alles richtig gemacht. Herausragende Geräusch- & Klanggestaltung, sachte Steigerung, geschickte Kamera & überzeugende Darsteller — Bienchen für Lily Taylor — sowie eine Menge frischer Ideen lassen diese eigentlich ausgelutsche Formel knackig-firsch erscheinen.
• »Elysium«: Schade, dass Herr Blomkamp das Niveau nicht halten kann, das er mit »District 9« selbst vorgelegt hat. Aber immerhin trumpft Sharlto Copley als energischer Söldner & Judy Forster als skrupellose Präsidentin auf. Zudem immer noch einer der besten SF-Weltenbauten der letzten Jahre & unübersehbar sozialkritisch obendrein.
• »Hänsel & Gretel: Witch Hunters«: Sicherlich der behämmerste Streifen, der es auf diese Liste geschafft hat. Da aber hier Schwachsinn erstaunlich hoch gestapelt wird, gepaart mit haarsträubend planlosen Schauspielern & einer Schwemme lachhafter Gimicks ein kurzweiliges Vergnügen … vorausgesetzt man hat was zu Kiffen oder (wie in meinem Fall) Saufen.
• »How I Live Now«: Frau Ronan seh ich ja immer gern, & wenn schon Bürgerkrieggrauen & Atombombendystopie, dann bitte auch mal einfach aus der Sicht von Jugendlichen auf dem Land, die von den anspringenden Ausnahmezustand-Maßnahmen überrollt werden & ums Zusammenfinden & Überleben kämpfen. Mindestens ein Taschentuch bereithalten.
• »Iron Man 3«: Shane Black hat’s halt druff & deklassiert locker die Vorgänger-Teile. Überraschend, wie bissig so ein Megabudget-Vehikel die jüngere ›War on Terror‹-Zeitgeschichte kommentieren kann. Bienchen für Ben Kingsley der in diesem Film wieder Mal zeigt, wie groß seine Bandbreite ist.
• »I Spit On Your Grave«: Wollte dieses Remake eines stur durchgezogenen Schnetzlers eigentlich nur nebenbei gucken. Die ersten ca. 40 Minuten sind äußerst unangenehm, wenn eine Schriftstellerin ausführlich zuerst belästigt, dann psychisch & schließlich körperlich vergewaltigt wird. Der erbarmungslose Racheparkour mit seinen originell-grausamen Hinrichtungsmethoden entschädigt jedoch voll & hat mich begeistert. Der sadistische Feministen-Sympatisant in mir kam voll auf seine Kosten.
• »Lincoln«: Mit seiner ungehemmt aufdringlichen Absicht, hier ein schultaugliches Geschichtslehrstück abzuliefern nervt Spielberg freilich volle Kanne, aber das mindert nicht das Vegnügen, Herrn Lewis dabei zuzusehen, wie er sich in den beliebtesten Präsi der USA verwandelt.
• »Prisoners«: Die Kamera von Meister Deakins & die ruhige Musik von Jóhannson machen aus diesem beklemmenden Depri-Thriller um eine entführte Tochter etwas ganz Besonders. Bienchen für die Person, die sich am Ende als Bösewicht entpuppt. — Ganz toll & mich fibbern lassend: Regiesseur Denis Villeneuve wird die von mir ins Deutsche übertragene Geschichte »Geschichte Deines Lebens« von Ted Chiang verfilmen!!!
• »Rush«: Ich hasse Autos & noch inniger hasse ich Formel 1. Aber Daniel Brühls Portrait von Niki Lauda ist atemberaubend. Zudem wird eine beherzigenswerte Lektion über fruchtbare & schädliche Arten Rivalitäten zu pflegen geliefert.
• »The Worlds End«: Obwohl dies der schwächste Teil der ›Cornetto‹-Trio ist, wird hier vor dem Hintergrund einer clandestinen Alien-Invasion wieder mal die Geistlosigkeit provinzieller Bürgerlichkeit vorgeführt & zudem die Herausforderung des Erwachsenwerdens sowie Verzweiflung des Klammerns am Jugendlichkeitswahn veranschaulicht. Und Herr Pegg glänzt als ergreifender Tragikomiker.
• »World War Z«: Als Verfilmung der packenden, fiktiven Interview-Collage von Max Brooks freilich Mist, aber wenn man das mal außen vor lässt & den Film für sich nimmt, ein ganz vergnüglicher Zombie-Äktschnkracher, mit unverschämt wimmeligen & quirligen Untoten-Tsunamis. Bienchen für Daniella Kertesz als zähe israelische Soldatin.
GUT SERIE
- »Elementary«:
- »Legend of Korra«, Staffel 1 »Air«, Staffel 2 »Spirits«:
- »Person of Interest«:
- »Sleepy Hollow«:
- »Star Trek« (»Next Generation«, »Deep Space Nine«, »Voyager«, »Enterprise«):
- »Veronica Mars«:
- »West Wing« und »The Newsroom«:
BESTE/SCHLIMMSTE MOMENTE
- Twittern macht großen Spaß. Traue mich auch immer mehr auf Englisch zu schreiben.
- Kaum gebloggt. Molochronik hat darben müssen.
- Zum ersten Mal via Bildschirmtelefonie mit jemanden über große Strecke kommuniziert (Hi David!). — Würd ich gern öfter machen.
- Sommerurlaub in Berlin inkl. Übersetzerklause & Grillfest beim Golkonda Verlage.
- Einen Abend in Berlin angeregt mit einem sehr hellen Zehn(?)-Jährigen über Kosmologie, Wissenschaftstheorie & Mathematik ausgetauscht.
- Gäste im Herbst. Unter anderem wurde eine Kurzgeschichte geschrieben (wobei mir eine Zeichnung aus dem Ärmel geplumpst ist) & an einem Roman gearbeitet (ich durfte als Ideenabklopf-Gehilfe dienen) .
- Erschöpfte Verfassung meinerseits & Brüllangriff gegen meine Person führte zu schlaflosen Alptraumtagen & -nächten.
- PS3-Leseköpfe kaporres. Dann aber Wahnsinninsaktion von hilfreichem Freund, der sich darum kümmerte, dass Ersatz gestellt wird (im Zuge dieses Vorgangs ist mir die zweite Zeichnung des Jahres aus dem Ärmel geplumpst).
- BuCon in Dreieich. Michael Marrak wiedergetroffen! Spontan für Herrn Mäurer die zwei von Carl Amery herausgegeben G. K. Chesterton-Bände der SF-Klassiker-Reihe des Heyne-Verlages beim anwesenden Antiquariathändler besorgt.
- Musste Zähne knrischend aus Zeitgründen zurücktreten von dem Projekt, die zweiteilige Bastei-Ausgabe von »Perdido Street Station« für die im März 2014 bei Heyne erscheinende einbändige Neuausgabe abzuklopfen. — Konnte immerhin bescheid geben, dass ›theology‹ auf Deutsch nicht ›Theosophie‹ heißt.
- TV-Literaturkritiker Denis Scheck empfiehlt den von mir übersetzten Golkonda-Band mit Kurzgeschichten von Ted Chiang (»Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes«) sowohl auf der Buchmesse, als auch in seiner Sendung »Durckfrisch« als eines der besten Bücher des Jahres.
Lee Child: »Killing Floor« (Jack Reacher #1), oder: Der Gestank abgegriffenen Geldes
Angefixt durch den Film (Super-Grusel: »Die Toten Augen von Werner Herzog!«. Sonst: Klassisch ruhig und mit Geduld inszeniert. Die wenige Fressenschläge- & Autohatz-Äktschn kommt um so kraftvoller).
Freund David, großer Fan der Bücher, beglückt mich bald darauf mit dem ersten Roman als Geschenk per Post. Also reingeschnuppert in Originalfassung. Sehr bald vom Stil (die Massen kurzer Sätze; immer und immer wieder Rekapitulationen auch in kurzer Folge nach Erstinfo; stupides Ausbuchstabieren aller Handgriffe und Kleinkramigkeiten) eher angewidert.
Aber … (!) … eben doch auch reichlich schöne kleine Beobachtungen, Ideen, Wendungen, Originalitäten um mich bei Stange zu halten. Die Art der Faszination einem Porno nicht unähnlich (der Kurzsatzstil knetet Hirn halt doch weich; da kann höheres Ästhetikbewußtsein nicht lange gegen an).
Feiner, kräftiger Männerkitsch (als Kompliment zu verstehen, denn ich habe mich ja vergnügt). Einsamer Wolf. Nerven aus Titanium. Reueloser Schädlingsbeseitiger von widerlichen egoistischen Sadisten und skrupellosen Opportunisten. Schöne Träume der gerechtfertigten Gewalt. Frust-Therapeutikum.
Dann auch: angemessene weibliche Mitstreiterin in Gestalt einer Polizistin. Dezent geschilderter Sex. Verherrlichung des Hinterns.
Nicht zu vergessen: interessantes Setting. Kleinkaff. Fälschung. Alle geschmiert oder willig oder eingeschüchtert.
Überraschend: Ausflüge in Schilderung menschliche Nähe und Anteilnahme. Am besten gelungen: die alte schwarze Sängerin. Ach ja: Reachers Liebe für Blues! Ein harter Kerl mit Jukebox-Fähigkeit im geistigen Ohr (sehr sympathisch).
Kurz: Bravouröse Lösung der Problematik, wie man so übergroße Alphamännchenfastschonsuperhelden Feingefühl und humanen Respekt zeigen lassen kann (Hut ab dafür).
Fazit: Als Ganzes eigentlich nicht wirklich hoch gezielt, aber eben souverän getroffen. Also solide Unterhaltung und somit unerschütterliche drei Sterne. (Vier Sterne, wenn man das Buch ›nur‹ als schnelle Arbeitsweg-Bespaßung nutzt.)
Hab mir den zweiten Reacher-Thriller (»Die Trying«) schon als englisches eBook besorgt. Allein schon, um zu gucken, ob ich die Erzählperspektive aus 3. Person besser abkann, als (wie bei »Killing Floor«) aus 1. Person.
Danke David! Ein dolles Geschenk. Überlege nun Revanche.
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Lee Child: »Killing Floor« (Jack Reacher #1); US-Ersterscheinung 1997; 34 Kapitel auf 525 Seiten; Bantam Books Paperback; ISBN: 978-0-553-50540-5.
Grenzübergang 2012 / 2013
Erstellt von molosovsky um 15:40
in
Matt Ruff,
Nick Harkaway,
China Miéville,
Rob Reid,
Jesse Bullington,
Gail Carriger,
David Anthony Durham,
Lawrence Norfolk,
Elmore Leonard,
Charles Portis,
Ian Tregillis,
Felix Gilman,
Literatur,
Fantasy,
Phantastik,
Historischer Roman,
Science Fiction,
Vaginal Fantasy,
Krimi,
Thriller,
Weird Fiction,
Sachbuch,
Dietmar Dath,
Barbara Kirchner,
Evan Calder Williams,
Marxismus,
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Comic,
Graphic Novel,
Manga,
Akira Toriyama,
Jean-Pierre Filiu,
Brian Wood,
Guy Delisle,
Felicia Day,
Musik,
Amanda Palmer,
Punch Brothers,
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Lorne Balfe,
Trent Reznor,
Atticus Ross,
Film,
Kyle Kallgren,
H. P. Lovecraft,
Stieg Larsson,
Western Fantasy,
Humor,
David B.,
Jahresrückblick,
Liste
Es ist wieder soweit: Hier der Jahresrückblick meiner Lese-, Glotz- & Lausch-Glanzlichter.
Gut Buch (Prosa)
Erstmal: Ich werde mich bei dieser Liste auf jene Titel beschränken, denen ich auf meiner 2012-Goodreads-Seite vier oder fünf Sterne gegeben habe (was aber nicht bedeutet, dass die dort von mir mit ›nur‹ drei Sternen bewerteten Sachen lau sind … ich habe seit Jahren nix mehr gelesen, was ich richtig schlecht oder auch nur seicht & langweilig fand, weshalb meine Qualitätsmaßstabe mittlerweile wohl etwas verzerrt sind).
Dann: Muss ich bei der Reichskulturkammer dafür Abbitte leisten 2012 keine deutsche Prosa gelesen zu haben (hab zwar zig Texte im Buchladen oder im Netz angelesen, von denen konnte mich jedoch keiner verführen).
- »The Mirage« von Matt Ruff: ›IX.IX.‹ und ›War on Terror‹ auf den Kopf gestellt, in einer Alternativwelt, die irgendwann zur Zeit des Ottomanischen Reiches von unserer Realwelt abzweigte. Ruff beweist wieder einmal, dass er einer der besten derzeit schreibenden Weltenbauer ist, wenn er durchspielt, wie es wäre, wenn der arabisch-islamische (angeführt von den UAS = United Arab States) und der euro-nordamerikanisch-christliche Kulturraum (unser Hegemon sind ja die USA) ihre weltgeschichtlichen Rollen tauschen würden. — Großartig, wie die erzählenden Kapitel ergänzt werden durch Einträge der ›Library of Alexandria‹, dem Wiki dieser Alternativwelt. Viel Gelegenheit für Denkanregungen und Popkultur-Witzelein. — Doll fand ich, wie eigentlich immer bei Ruff, die große Bandbreite an Stimmungen und Themen. Da gibts Humor, Thrillerspannng, grandiose Äktionsequenzen, politische Satire, berührende familiäre Geschichten und nicht zuletzt geheimnisvolle Fantasy-Magie.
- »Angelmaker« von Nick Harkaway: Auch der zweite Roman (nach »The Gone-Away World«) von Nick rockt voll Pulle. Seine Virtuosität der Abschweifung entzückt mich, ebenso die Bandbreite der Stimmungen und Themen seiner ›Existenzialismus-Pulp‹-Romane. Hier müssen sich der nach Ruhe & Normalität sehnende Sohn eines legendären Londoner Gangsters und eine betagte Superspionin samt knorzigen Köter in einem apokalyptischen Plot gegen einen nach Apotheose gierenden Finsterling bewähren. Enthält neben vielem anderen eine wunderbare Verbeugung vor der ›Craftmanship‹-Ethik von John Rushkin; eine der pfiffigsten Sex-Szenen, die ich seit einiger Zeit gelesen habe; sowie Elephanten-Rachengel, U-Boot- & Eisenbahnabenteuer, apokalyptische Uhrwerk-Bienen, und eine wuchtige Hymne, wie geil es ist, mit einer Tommy-Gun alles kurz und klein zu ballern.
- »Year Zero« von Rob Reid: Als Hörbuch genossen und reichlich geschmunzelt und gelacht. Kommt 2013 mit extrem doofem Cover unter dem Titel »Galaxy Tunes®« als Heyne-Taschenbuch zu uns. Begeistert hat mich, wie es Rob Reid (als ›listen.com‹-Gründer und Internet-Unternehmer hat der Mann einfach Ahnung) gelingt, die Themen Urheber- & Lizenzrecht, also trockenes Juristen-Mumbo-Jumbo, in Form einer satirischen SF-Klamotte durchzuschütteln (nebst vielen trefflichen Späßchen auf Kosten der Popkultur und des Zeitgeschehens). — Für Musikfans die auch Science Fiction mögen eigentlich ein Muss!
- »Railsea« von China Mieville: Es zeichnet sich der Trend ab, dass Miéville bei seinen Büchern für junge Leser (dessen zweiter »Railsea« nach »Un Lun Don« ist) ungezügelter drauflos-abenteuert und -fabuliert, als bei seinen Stoffen für Erwachsene. Was als staunensreich-verquere Homage auf Melvilles »Moby Dick« anhebt (fanatische Kapitänin einer Jagdtmanschaft stellt mit Eisenbahn im Schienenmeer einem gigantischen fahlem Maulwurf nach) entwickelt sich zu einer wendungsreichen Meditation über die Natur des Erzählens, die Ethik von Besessenheiten und die Rechnungen, die einem für das Verfolgen von Wachsumsideologien präsentiert wird.
- »Alif the Unseen« von G. Willow Wilson: Lange Rezension gibt’s hier — Kurzfassung: Gelungene & durch Engagement glänzende Mischung aus ›Urban Fantasy‹, hAcktivim-Thriller, Bürgerrechts-Panorama und Liebesgeschichte. Wenn dieser Roman nicht fluggs von einem deutschen Verlag aufgegriffen wird, ist das ein gleissendes Zeichen dafür, dass die Programmgestalter dort einfach null Ahnung haben.
- Desweiteren kann ich als lesenswert empfehlen (bzw. dazu raten, nach den event. noch erscheindenden deutschen Übersetzungen Ausschau zu halten):
• »The Folly of the World« von Jesse Bullington: Nach »The Sad Tale of the Brothers Grossbart« und »The Enterprise of Death« der dritte Roman von Bullington. Ein schwules Verbrächerpärchen – ein ab & zu halluzinierender Schlagmichtot und ein skrupellose Pläne schmiedender Edelmann-Bastard – machen sich mit einem halbwilden Meisterschwimmer-Mädel auf, sich fette Beute zu ergaunern. Bullington traut sich Finten und Wendungen auszuführen, wie nur wenige. Im Mittelteil etwas planlos, aber als Ganzes sehr stimmungsvoll, sprachlich von großer Wucht (wo’s derb ist) und Schönheit (wo’s z.B. um das Setting geht, die überschwemmten Niederlande des 15. Jahrhunderts).
• »Soulless« von Gail Carringer: Einer meiner Ausflüge in das für mich sehr wundersame Genre der ›Vaginal Fantasy‹ (gepriesen sei Felicia Day für diesen nützlichen Genre-Begriff) und ich bin entzückt. Die Krimihandlung um Vampire, Werwölfe und ihre Gegener im viktorianischen England ist eher Stangenware und reichlich vorhersehbar, aber die stets für humorvolle Griffe bereite Sprache, sowie die stellenweise exzessiven Flirt- & Knutsch-Einlagen zwischen Heldin Alexia und Werwolfrudelführer Lord Maccon sind allererste Kajüte. — Muss unbedingt rumgranteln, dass die deutschte Übersetzung der Titel einfach nur furchtbar ist (ich muss dass hier einfach auflisten. Die englischen Titel der 5 Romane der ›Parasol Protectorate‹-Reihe heissen: 1. »Soulless«; 2. »Changeless«; 3. »Blameless«; 4. »Heartless«; 5. »Timeless«. Und daraus wurde auf Deutsch: 1. »Glühende Dunkelheit«; 2. »Brennende Finsternis«; 3. »Entflammte Nacht«; 4. »Feurige Schatten«; 5. »Sengendes Licht«) und dass die deutschen Coverbilder auch nicht sooo der Hit sind. — Ach ja: Dank an Ju für den Tipp!
• ›Acacia‹-Trilogy von David Anthony Durham (1. »The War With The Mein«; 2. »The Other Lands«; 3. »The Sacred Band«): Große Polit-Fabel auf Sklaverei, Rohstoffabhägigkeit, die Fragwürdigkeit ›gerechter Kriege‹, Völkerverständigung, Machterhalt und Bevölkerungsunterwerfung und nicht zuletzt darüber, die wie Kommerzfürsten alle gegeneinander ausspielen und bescheissen. Hätte durchaus noch einen Lektoratdurchgang vertragen können, denn teilweise is datt Janze ein bisschen sentimental, und mir sind in der englischen Originalfassung einige ungeschickte Wortwiederholungen aufgefallen. Dennoch: tolle, ›fast klassische‹ Fantasywelt, die den Mumm zeigt, so mancher Routine vors Schienbein zu treten und mit vielen Details gewohnte Klischees geistreich umzukrempeln (vor allem was Geschlechterrollen, Rassen & Kulturen betrifft). Dadurch z.B. einige sehr interessante weibliche Hauptfiguren. Mit Magie und Zauberwesen geht’s erst ab Band zwei so richtig los, dann aber mit Wumms (wo gekämpft wird) & allerliebst (wenn z.B. wunderschöne Vogelechsen-Drachen gezähmt werden und die dann auch noch Eier legen). — Nochmal »Mercie!« an Gero für seine Empfehlung auf dem Dreieich-Con 2012!
• »John Saturnall’s Feast« und »The Pope’s Rhinocerous« von Lawrence Norfolk: Hier geht es zur ausführlichen Rezension von »Ein Rhinozeros für den Papst«. Dauerte ›nur‹ ca. 16 Jahre gedauert, mich durch dieses reichlich vertrackt geschriebene Renaissance-Abenteuer zu kämpfen, hat sich aber dicke gelohnt. — »Das Festmahl des John Saturnall« ist der bisher zugänglichste Roman von Norfolk, auch weil er sich immer wieder eines etwas märchenhaften Duktus bedient (und die Stimmung hat mich streckenweise entfernt an Mervyn Peakes »Gormenghast« erinnert), bzw. Fantasy-Flair aufkommen lässt. Mit den Wirren der Cromwell-Zeit als Hintergrund wird der Aufstieg des Sohns einer Kräuterfrau/Hexe zum angesehensten Koch seiner Ära geschildert. Sehr gefallen hat mir die Behandlung von protestatischem Glaubens-Eifer und der Überlieferung von (römischer) Geschichte in Form von Legenden, bzw. wie sich Biblisches und Heidnisches in Legenden mixen zu neuen Rezepten können. Zudem ein feines Stück über Arbeit, in diesem Fall vor allem natürlich der, die in der Küche anfällt. Und die Liebesgeschichte geht auch ans Herz.
• ›Millenium‹-Trilogy von Stieg Larsson (1. »The Girl With The Dragon Tattoo«; 2. »The Girl Who Played With Fire«; 3. »The Girl Who Kicked The Hornet’s Nest«): Wenn das Ex- & Hopp-Mainstream-Unterhaltungsliteratur ist, dann gerne her damit, bzw, dann kann’s um den Geschmack ›der gemeinen Massen‹ sooo schlimm nicht bestellt sein. Selten hab ich dicke Dinger derart flott weggefräst. Nicht nur, dass Larsson mit Lisbet Salander eine atemberaubende soziopathisch angehauchte, ›Opfer schlägt zurück‹-AntiHeldin geschaffen hat, mir taugen auch seine Themen und seine Politik (AntiFa, AntiSexismus, Anti-Frauenhandel, Kritik an Selbstermächtigung von Geheimdiensten usw.).
• ›Raylan Givens‹-Geschichten von Elmore Leonard (Romane: »Pronto«, »Riding The Rap«; Kurzgeschichte: »Fire In The Hole«): Die TV-Serie »Justified« hat mich überzeugt, und da habe ich mir die Vorlagen besorgt. Leonards sparsame aber hocheffektvolle Prosa ist respektgebietend (Genial simpler Rat für alle Autoren, und ich fände es spannend, wenn sich mehr Fantasy-Schöpfer davon anregen ließen: »Lass die Stellen weg, welche von Lesern übersprungen werden«). Und schön zu sehen, wie fein sich Western-Athmo in die heutige Welt übertragen lässt. Bleibt zu beklagen, wie kümmerlich die Auswahl deutscher Leonard-Ausghaben ist, aber immerhin scheint sich nun Suhrkamp kümmern zu wollen (dort erschient 2013 der dritte Raylan-Roman, der einfach nur »Raylan« heißt, den ich auch noch nicht kenne).
• »Dog Of the South« von Charles Portis: Hingerissen von »True Gritt« habe ich mir alle anderen vier Romane von Portis besorgt. Dieser hier ist ein schräges ›Road Movie‹. Selten fand ich es so spannend, wenn geschildert wird, wie nix passiert, denn selbst dann weiß dieser Roman mit einer eigenartigen Mischung aus trockenem Humor, cooler Exzentrik, Melancholie und schierem Aberwitz zu überzeugen.
• »The Coldest War« von Ian Tregilis: Vielleicht noch besser als »Bitter Seeds«, der erste Band der ›Milkweed‹-Trio. Der zweite Weltkrieg ist vorbei, nun geht’s in die frühen Jahre des Kalten Krieges mit englischen Blutdämonen-Beschwörern gegen sowietische Götterelektron-Übermenschen. Hut ab vor einer beeindruckenden Orakel-Antagonistin, bzw. zwielichtigen Helferin auf der Seite der Guten, die aber leider so irre & unberechenbar ist, dass weder Leser noch Romanfiguren sich sicher sein können mit ihr. Viel Tragik, die Äktschn ist packend inszeniert. Erfreulich reif und berührend für diese Art grimmer Genre-Garn. Ich freu mich sehr auf den Abschlussband »Necessery Evil« 2013.
• »The Half-Made World« von Felix Gilman: Der Wilden Westen ist m.E. eine vorzügliche Fundgrube für Fantasywelten und Gilman formt aus zwei der kräftigsten Symbole der Epoche/des Genres die tragenden Säulen seines Weltenbaus. Es stehen sich gegenüber: die Heerscharen an Beamten & Soldaten von ›the Line‹ (dämonischen Eisenbahnmaschinen; verbreiten Industrie, Ordnung, Ausbeutung, Pharmazie; süchtig nach Treibstoff) und die Draufgänger-Banditen von ›the Gun‹ (über den Raum hinweg in Feuer-Beschwörungen konferierende Dämonen, die in Pistolen hausen und deren Träger Superkräfte verleihen; allesamt ziemlich anachrische und bluthungrige Knilche und Knilchinnen). Zwischen den Fronten haben einst die Leute von der Red Valley Republic versucht, einen dritten Weg zu finden, wurden aber aufgerieben. — Freut mich zu sehen, dass es mittlerweile einen weiteren Roman von Gilman gibt (»The Rise of Ransom City«), der in dieser Welt angesiedelt ist, und dass dieser anscheinend ähnlich wie bei Miévilles ›Bas-Lag‹-Büchern sowohl als Fortsetzung als auch als Einzelroman funktioniert.
Gut Buch (Sach)
- »Der Implex« von Dietmar Dath & Barbara Kirchner: Richtig dick, famose Herausforderung. Bin sicherlich ein gutes Stück zu dumm, bzw. zu ungebildet, was einige der Geistesgrößen betrifft, über die im Buch desöfteren referiert wird. Dennoch doll, vor allem dank reichlicher Beachtung der Phantastik als wichtige Sache für den sozialen Fortschrift.
- »Combined & Uneven Apocalypse: Luciferian Marxism« von Evan Calder Williams: Anhand von Filmen und anderen populären Medienwerken seit den 60ern/70ern bis heute untersucht der Autor, welche Erkenntnisse/Offenbarungen diese bieten bzgl. des Untergangs des Kapitalismus, sowie was danach kommt. Besonderes Augenmerk gilt dem sogenannten ›Salvagepunk‹ (mehr dazu hier unter Punkt 5), dem modernen Zombie-Mythos, sowie ruinöser Stadtlandschaften der dystopisch-apokalyptischen Science Fiction. Kurz: ein richtig knuffiges Gute Laune-Buch für stoisch-misantrophische Optimisten wie mich.
Gut Comic
- »Dragonball« von Akira Toriyama: Bin ich froh, dass mein neuer junger Brotjobkollege M. W. mir mehrmals in höchsten Tönen dieses 8000-Seiten-Manga empfohlen hat, bis ich zustimmte, er solle mir ruhig mal die ersten 5 (von 42) Bänden mitbringen, damit ich reinlesen kann. In vielerlei Hinsicht vielleicht die irrste, aufregenste, spassigste, süchtigmachenste & äktschnreichste Lektüre seit ich weiß nicht wann für mich. Zwar gibt es eine längere Strecke, die ein klein wenig eintönig ist, aber die Eintönigkeit besteht aus langen immer krasseren Mega-Kampf-Szenen die sich über mehrere hundert Seiten erstrecken ... also eigentlich kein schwerwiegender Minuspunkt. Ganz großartig immer die Slapstick-Humor-Einlagen; grandios die ausführlichen Kampfkunst-Tuniere; vom Stuhl gefallen bin ich über die ungezügelt niedlichen sexistischen Witzelein vor allem in den frühen Bänden (»Ich wünsche mir: eine Mädchenunterhose!«). Wahrlich: »Dragonball« ist ein fetziger Klassiker, und ich freue mich schon darauf, ihn ein zweites Mal wegzuschlürfen.
- »Die Besten Feinde« (Teil 1: 1783 bis 1953) von Jean-Pierre Filiu (Text) & David B. (Zeichnung): Diese Franzosen! Machen eine Sach-Graphic Novel in schwarz-weiß über die außenpolitischen Macheleukes der USA im Orient, reichern das ganze mit babylonischen Mythen an und veranschaulichen die diplomatisch-militären Knäul anhand surrealer Bildkompositionen. Da bleibt mir nur, mich auf Band 2 zu freuen.
- »DMZ« von Brian Wood (Autor) & diversen Künstlern: Hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Matt Ruffs »The Mirage«, insofern, als dass auch hier ein Alternativweltenbau geschildert wird, in dem die zeitgenössischen USA in einen neuen Bürgerkrieg gestürtzt sind und in dem New York als von Krisennarben & Kriegsgreul gebeutelte entmilitarisierte Zone portraitiert wird. Meisterhaft fand ich, wie Wood und sein Team zuerst Fronten und Parteien gegeneinander aufzustellen, um dann immer mehr die Grenzen zwischen Gut und Böse mit viel moralischen und tragischen Grau-Grau zu verschmieren.
- »Shenzhen« und »Pyongyang« von Guy Delisle: Eine Empfehlung von Andrea, für die ich sehr dankbar bin. Vordergründig eine Sammlung simpler autobiographischer Skizzen eines Franzosen, der zwecks seines Jobs für ein Animationsstudio in der Fremde die billigen Produktionskräfte beaufsichtigt. Mit großem Beobachtungs- & Erzähl-Können, kraftvollen einfach gehaltenen Zeichnung beschenkten die Bände mich mit einem Potpourrie kleiner Alltagsfreuen- & Absurditäten, menschlich anrührenden Momenten ... kurz: eine effektvolle Mischung aus Humor, Melancholie und Posie.
Gut Mukke
- »Theatre Is Evil« von Amanda Palmer: Endlich wieder ein Album von Frau Palmer auf der Höhe ihres Meisterwerkes »Who Killed Amanda Palmer?«. Kantik, pompös, melodiös, theatralisch, rau, melancholisch. Lieblingssongs: »The Killing Type« und »Want It Back«.
- »Lightning On The String, Thunder On The Mic« und »Rappalachia«von Gangstagrass: Noch eine Anregung durch die TV-Serie »Justified«, für die Gangstagrass die Titelmusik geliefert hat. Warum hat es so lange gedauert, bis jemand auf die Idee kam Rap und Country/Bluegrass miteinander zu verkuppeln. Lieblingssong: »Big Branch« feat. Tomasia.
- »Who Is Feeling Young Now?« von Punch Brothers: Was für die Veredelung der heimischen Volks- & Tanzbodnmusik die Biermösl Blosn ist, das leisten die Punch Brothers bezüglich des reichen Deltas, in dem Country, Folk, Bluegrass, Polka, Rock und was nicht noch alles münden. Lieblingssong: die Ballade »Clara« und das überfetzige Instrumentalstück »Flippen«.
- Ebenfalls großartig fand ich den »Assassins Creed III«-Spiele-Soundtrack von Lorne Balfe (stimmungsvoller Orchestral-Bombast aus der Hans Zimmer-Schule), sowie die Filmmusik zu »The Girl With the Dragon Tattoo« von Trent Reznor & Atticus Ross (experimenteller & sperriger als der im letzten Grenzübergang empfohlene Soundtrack zu »The Social Network«, aber ideal für kalte Tage).
Gut Film/Serie
Kinners, war das ein reichhaltiges Phantastik-Filmjahr! Vielleicht wird man einmal auf 2012 zurückblicken wie auf das ›Annus mirabilis‹ 1982. Ich führe die Filme hier ungefähr in der Folge auf, in der ich sie gesehen habe, bis auf den ersten, denn …
- … »The Cabin in the Woods« ist mein Lieblingsstreifen des Jahres. Locker, spritzig, stimmungsvoll, mit so dollen doppelbödigen Grundgerüst, dass man noch nicht mal die ersten 5 Minuten erzählen kann, ohne jenen, die nicht Bescheid wissen, den Spaß gehörig zu versemmeln. Selbst wenn der Film luschig wäre, enthält er eine der überwältigsten Großgemetzel-Szenen der mir bekannten Filmgeschichte (ich sag nur: alle Türen gehen auf).
- »The Girl With The Dragon Tattoo«, die David Fincher-Fassung. Ich finde schon die schwedische TV-Version sehr fein, aber Finchers exzellente Ausführung setzt nochmal einen drauf. Zudem muss ich zugeben, dass mir Maras komplexere Lisbet-Darstellung einen Tacken mehr taugt, als Rapaces herbere Interpretation der Figur.
- »War Horse«: Wie schieb ich letztes Jahr anhand von »Tim & Struppi«? Spielberg hat’s noch immer druff! Natürlich ist »War Horse« derart gnadenlos rührselig (auf eine allerdings knuffig-altmodische Weise), dass alles zu spät ist, was mir aber den ungewöhnlichen Reiz dieses ›Erster Weltkrieg aus Sicht eines Pferdes‹-Films nicht versauen kann.
- »Downton Abbey« Staffeln 1-3: Nachdem mehrere Mädels mich immer wieder darauf hinwiesen, wie großartig diese Adels- & Dienstboten-Saga ist, habe auch ich sie endlich entdeckt. Schon ungeheuerlich, wie weit sich Autor Julian Fellows traut zu gehen, um dramatische Höhepunkte rauszukitzeln. Wenn hier gestorben wird, räumt einen das richtig heftig weg. Da bleibt kein Auge trocken. Hier geht es zu einem exzellenten Lob auf die Serie von Andrea Diener für die F.A.Z.
- »Mad Men« Staffeln 1-5: Ja gugge mal da! Die Amis können also auch subtil, ruhig & auf leise humorige Weise kritisch mit ihren eigenen goldenen Zeitaltern & Milieus sein. Für mich das beste an der Serie: die gnadenlose Autopsie der affigen Selbstverherrlichung von Männchen, sowie das Ringen der Frauen im Egotrip-Grabenkrieg der Werbeagentur und deren Umfeld.
- »The Avengers«: Marvel-Comics sind mir ziemlich Wurscht, und die verschiedenen in diesem Film mündenden Vorläuferfilme über die einzelnen Helden fand ich zwar kurzweilig von ›ganz nett‹ (»Thor«, »Iron Man 2«) bis ›erstaunlich okey‹ (»Hulk« mit Edward Norton, »Iron Man 1« & »Captain America«), aber nicht sooo umwerfend wie manch anderer Superhelden-Sympathisant. Auch wenn »The Avengers« nicht vollkommen perfekt ist, macht er viel mehr richtig als falsch, und schafft es ergo locker, meinen fast schon verkümmerten Glauben an das große Popcorn-Sommerblockbusterspektakel wieder zu beleben.
- »Skyfall«: Hier geht zu meiner ausführlichen Rezension zu diesem ›Bond goes Potter‹-Film.
- »The Hobbit: An Unexpected Journey«: Ist es hochproblematisch aus dem schmalen Kinderbuch unter Anzapfung von Zeugs aus »Silmarillion«, »Unfinished Tales« & »History of Middle-earth« eine dreiteilige Filmflotte zu machen? Geschenkt. Ich finde, die Angleichung der ursprünglich unbedarfteren, kindlicheren »Hobbit«-Geschichte an den schicksalsgeschwängerten, düster-epischer Ton von »Der Herr der Ringe« ist überwiegend gut gelungen. Nach zweimaligen Begutachten im Kino bin ich sogar der Meinung, dass dieser erste »Hobbit«-Film besser ist, als die erste »LOTR«-Kinoversion vor 10 Jahren.
- »Dredd 3D«: Endlich haben wir einen Film-Judge Dredd, der dem englischen Comic-Klassiker gerecht wird. So ehrlich und geradeaus, wie ein Tritt in die Fresse. Schön zu sehen, dass es noch möglich ist, gut gemachten Brutalo-Krawumms mit Niveau serviert zu bekommen.
- »Coupled«, BBC-Serie: Empfehlenswert für alle, denen »Friends« zu zahm & süßlich ist. Vor allem die später durch »Leverage« international bekannter gewordene Gina Bellman brilliert als durchgeknallte Narzissa-Nudel.
- »American Horror Story«, Staffel 1: Großer Dank an Markus Pogopuschel für diesen Tipp! Statt eines ersehnten freidvollen Neuanfangs nach Umzug von Ost- an Westküste, gibts für eine dreiköpfige Familie verschachtelten Gespensterhorror und reichlich spinnerte Nachbarn. Ganz groß, wie mit einem Minimum am Blut und Gewalt ganz viel Gänsehaut verursacht wird.
- »Brows Held High: ›Melancholia‹«: Ja wirklich, diese zweiteilige Video-Besprechung über Lars van Triers Film finde ich so gut, dass ich sie zu den besten Filmen des Jahres zähle. Immerhin: Kyle Kallgren gelingt es angemessen ernst und gehaltvoll über das Tabu-Thema des Filmes (Depression) zu sprechen und dennoch gekonnt mit dem nötigen, weil schmackhaft machenden Humor, aufzuwarten. Also, Cinephile, überzeugt Euch: Hier geht’s zu Teil eins und hier zu Teil zwei.
- Kurze Erwähnungen haben auch verdient (ohne besondere Reihenfolge):
• »Cloud Atlas«: Bei soviel Ambition knickt natürlich so manches als albern und naiv vorn & hint runter. Trotzdem eine beeindruckende Leistung und ein großer Guck-Spaß.
• »Prometheus«: Die beste herbe Enttäuschung. Doofes Drehbuch, aber sehr schöne Bilder und brauchbare Stimmung. Die Kommentartonspuren von Regie & Drehbuch-Leuz auf der Blue Ray geben erhellende Einblicke in die Werdegänge beknackter Entscheidungen. Herr Scott, beim nächsten großen Genre-Flick bitte genauso viel Sorgfalt, Sensibiliät und Hirnschmalz ins Drehbuch investieren wie ins Design, versprochen? Dann klapps auch mit der Fan-Base.
• »Looper«: Science Fiction ist ein wunderbares Vehikel um dem nichts ahnenden Spektakel-Publikum unbequeme moralische Botschaften reinzuwürgen. Bravo!
• »Chronicle«: Siehe »Looper«, plus ich wähne hier nicht wenig Verbeugung vor einem meiner Lieblings-Klassiker der Supermutanten-SF (»Akira«). Zudem ein überzeugendes Beispiel, dass sich aus Wackelkamera & Found Footage durchaus Brauchbares machen lässt.
• »Juno«: Lustig, knuffig, schräg. Hach ... Ellen Page ist einfach unvergleichlich.
• »The Hunger Games« (Teil 1): Große Überraschung für mich, denn ich dachte eingangs, dass »The Hunger Games« auch nur so’n Young Adult/Mädchen-Schmu ist, wie die »Twillight«-Filmchen oder lahme Enten wie »I Am Number Four«, aber ich bin gebafft, wie gut diese erstaunlich harte Geschichte umgesetzt wurde. Gebt mir jederzeit medien- und sozialkritische Dystopie-Science Fiction in der sich Kiddies zur Bespaßung bzw. Einschüchterung der Massen gegenseitig abmurksen. Hab mittlerweile innerhalb von zwei Tagen auch das erste Buch von Suzanne Collins verschlungen und für vorzüglich befunden.
• »A Wyrd Documentary: Lovecraft – Fear of the Unkown«: Lebende Genre-Größen & Kenner wie Guillermo del Toro, Neil Gaiman, John Carpenter, Peter Straub, Caitlin R. Kiernan, Ramsey Campbell, Stuart Gordon, S. T. Joshi, Robert M. Price und Andrew Migliore plaudern über den Papst der Weird Fiction, des Horrors & der Dark Fantasy, unterlegt mit viel Bildmaterial der edelsten Lovecraft-Illustratoren.
Beste / Schlimmste Momente
- Seit April 2008, angeschafft zum Erscheinen von »GTA IV«, habe ich eine PS3, und bis vor kurzem spielte ich auf einem furznormalen Monitor, also mit Popelauflösung. Schimpft mich einen matten kleinen daddel-geilen Materialisten, aber ich freue mich narrisch über einen HDMI-fährigen PC-Monitor, der mir für umme überlassen wurde.
- Zweimal Golkonda-Freude: a) Der von mir übersetzte Band mit Kurzgeschichten von Ted Chiang, »Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes«, hat zwar nicht sooo viele, dafür aber ausnahmslos wohlwollende, ja sogar begeisterte Rezensionen für sich verbuchen können, und wurde in Foren von SF-Fan- und SF-Netzwerk von einigen Lesern als ein Lieblingsbuch des Jahres erwähnt. — b) Die erste Hellboy-Anthologie aus dem Jahre 1999, »Odd Jobs«, ist endlich auf Deutsch unter dem Titel »Die Rache der Medusa« erschienen, und als Hellboy-Fan war es für mich freilich Übertop, dass ich die hälfte der Übersetzungsarbeit übernehmen durfte.
- Bruder Hein grient: Aufsichts-Kollegin ist auf dem Weg zum Arzt auf der Straße tot umgefallen.
- Frust: Zusagen werden nicht eingehalten. Da macht Loyalität nicht so viel Spaß.
- Scham: Um Gefallen gebeten, der sich zu krasser Zumutung entwickelte.
Kino- & DVD-Schau: Kapitalismuskritik a la Tykwer, Liam Neeson gibt Mr. Gnadenlos, Tarantino zündelt mit Nazis
Eintrag No. 585
»The International«
Im Zeitalter des inflationären Einsatzes von Wackelkameras ist der ruhige, schwebende Kamerastil eines Tykwer-Films eine willkommene Abwechslung. »The International« erzählt mit der trockenen Art eines (im besten Sinne) »Tatort«-de Luxe vom Versuch eines Interpol-Ermittlers (herrlich zerknautscht: Clive Owen) und einer New Yorker Staatsanwältin, einer mächtigen, global agierenden Big Player-Bank ihre kriminellen Machenschaften nachzuweisen. Sehr angenehm ist dabei, dass hier keine üblichen Bösewichter finster herumglucksen, sondern die ›Bösen‹ als tödlich-pragmatische, aber im Grunde (allzu)menschliche Geschäftsleute gezeigt werden. — Der Film orientiert sich dabei an einem wahren Fall aus den Achtzigerjahren und es ist gruselig, wenn ein fiktiver italienischer Politiker nüchtern erklärt, dass es im Grunde darum geht, wer die Schulden von Waffendeals und großen Geschäftskrediten kontrolliert, denn wer die Schulden kontrolliert, kontrolliert alles andere.
Ein besonderes Zuckerl ist für mich auch das subtile Augenmerk, das Tykwer und sein Team der Inszenierung von Architektur widmen, sowie den verschiedenen Begegnungs- und Geschäftsprotokollen. Vor allem, was sehr schwer ist, eine Zufallsbegegnung auf den Straßen New Yorks wirkt glaubhaft. Dann bietet der Film auch einige äußerst gelungene Verfolgungssequenzen sowie eine effektvollen Ballerei an einem prominenten Ort. Und schließlich endet der Film mit einer überraschenden Pointe, die mich noch lange nach-schmunzeln ließ.
Fazit: Kühler Thriller mit gutem Ensemble der im Regen mit einem trügerischen Hoffnungsregenbogen in Berlin beginnt und in der blendenden Abendsonne der Wahrheit über den Dächern Istanbuls endet.
— 8 von 10 Punkten.
»96 Hours«
Ich muss Oli für seine Empfehlung danken (siehe Verknüpfung beim Filmtitel und Plakat), denn diese schnörkellose ›Einer gegen Alle‹-Gemme wäre mir sonst glatt entgangen. Es ist eine Wonne Liam Neeson als skupellosen Ex-SpecialOps-Agenten zu sehen, spielt der Mann doch in den letzten Jahren vornehmlich sanftere Typen. Nun also besucht er (endlich!) wieder das Rollenfach des ›Ruck-Zuck iss die Fresse dick‹-Rächers (wir erinnern uns mit Wonne an »Darkman«).
»96 Hours« nimmt sich am Anfang schön Zeit, uns Neesons Figur als verkrampften Ruhestand-Looser vorzustellen, der seiner Ex-Frau (ahhh, die Janssen, selbst als überspanntes Bitch noch hinreissend) und Teen-Tochter mit seiner Paranoia auf die Nerven geht. Wie er sich aber dann in Paris auf eigene Faust, alle Regeln missachtend, durch die Ränge eines albanisch-französischen Frauenhändlerringes kämpft, um seine entführte Tochter zu retten, ist eine wuchtige Schau. — Die Erbarmungslosigkeit des Helden ist eigentlich zutiefst unsympathisch und bei einigen Wendungen sogar abstoßend. Das kleine Wunder dieses Films aber ist, das wir trotzdem zu ihm halten und am Ende mit ihm fühlen.
Fazit: Jack Bauer kann so was von einpacken.
— 8 von 10 Punkten.
»Inglourious Basterds«
Vorweg (1): Ich mag Tarantinos Filme und finde auch den Popstar Quentin amüsant (meine Sympathien gründen etwas irrational auf dem Umstand, dass er ebenfalls am 27. März Geburtstag hat). — Vorweg (2): Obwohl ich durchaus querbeet Filme aus allen möglichen Epochen, Genres & Ländern verköstigt habe, bin ich doch weit davon entfernt, ein derartig ›belesener‹ Filmfreak zu sein, um alle Verweise, Zitate, Hommagen und Anspielungen eines hypertextgeilen Regiesseurs wie Tarantino zu bemerken. Ich denke aber nicht, dass dies zwingend notwendig ist, um seine Filme genießen oder verstehen zu können. — Vorweg (3): Ich will hier nichts groß von der Handlung des Filmes verraten, deshalb nur ganz allgemeine Stichpunkte.
Der Film ist ›Zwoter Weltkriegs-Fantasy‹, ein Märchen für große Kinder. — Es ist eine Wonne zu erleben, wie hervorragend sich eine Schaar exzellenter deutschsprachiger Schauspieler(innen) in so einem knackigen Film macht. Ein ähliches Vergnügen hatte ich so zuletzt bei Dietels »Schtonk!«. Neben dem vielfach gelobten Christoph Waltz will ich hier besonders Diane Krüger und August Diehl erwähnen. — Vorsicht: es wird sehr viel in verschiedenen Sprachen geredet (GOttseiDank) und ziemlich wenig geballert und geprügelt. Wer also einen atemlosen Äktschnfilm erwartet, wird wohl enttäuscht. — Verstörend: die Nazis sind durchwegs kultivierter, schneidiger als die Basterds. Der Ami Tarantino traut sich, die Amis als ziemlich grobgeschnitze Bullies zu portraitieren, die mit der Bauernschläue von Schnappsschmugglern gesegnet sind.
Fazit: Komplexes und zünftiges Äktschn-Komödien-Märchen über Nazis, Rachejuden, deutsche Widerstandskämpfer und Wendehälse.
— 9 von 10 Punkten.
•••••
10 + + + + + Maßstabsetztendes Meisterwerk; Olympisch.
09 + + + + Überwiegend exzellent; Packend.
08 + + + Bemerkenswert mit leichten Schwächen; Anregend.
07 + + Befriedigendes Handwerk; Kurzweilig.
06 + Unterhaltsam mittelprächtig; Akzeptabel.
Unsichtbare Grenze der absoluten Mittelmäßigkeiten
05 - Brauchbar mittelprächtig; ganz nett, aber insgesamt lau.
04 - - Überwiegend mittelprächtig; Anstrengend bzw. langweilig.
03 - - - Bis auf wenige Momente daneben gegangen; Nervig.
02 - - - - Ziemlich übeles Machwerk; Zeitverschwendung.
01 - - - - - Grottenschlechtes übles Ärgernis; Pathologisch.
»Peter’s Friends« & Hugh Laurie als Fabulator
(Eintrag No. 459; Film, Woanders, Phantastik & Komödie, Geheimagent) — Heute habe ich mich zum Jubel von Oli über »Peter’s Friends« in seinem Blog dazugesellt. Im Folgenden mein Kommentar von dort, plus einer kleinen Kostprobe des zum Niederknien dollen Räuberpistolen-Romanerstlings von Hugh ›Dr. House‹ Laurie.
Abgesehen vom Spaß den »Peter’s Friends« für’s Publikum bietet, finde ich, dass dieser Film (wie auch einige vergleichbare Werke von Woody Allen) jedem selbst-kreativen Phantasten als beherzigenswerte ›unphantastische‹ Inspiration dienen kann. Hier gibts keine Magie, nichts Wundersames, keine Gadgets, aber eben erfrischend, schockierendes, komisches, absurdes und weises Geschmenschel hochkonzentriert. — Unter anderem die Latte, die dieser Film vorlegt läßt mich (noch) zögern, selber als Fabulatur (professionell) hervorzutreten. Wenn, dann würde ich selbst zu gerne etwas vorlegen können, was Ernst und Alberei wunderbar versöhnt wie »Peter’s Friends«. Allein die Idee, wilde (Genre-)Phantastik zu betreiben, die aber zugleich so berührend einfach nur vom Auf und Ab des ›Person-Sein‹ erzählt, treibt mich seit Jahren um.
Im weitesten Sinne des Wortes ›Phantasie‹ (= sehen machen, erscheinen lassen) finde ich nämlich solche menschlich, allzu menschlichen Dramen überaus ›phantastisch‹, denn in bester Theatermanier werden hier unsichtbare, innere Vorgänge (Ängste, Hoffnungen, Irrungen und Überzeugungen) anschaulich gemacht.
Und nicht zuletzt brilliert Branagh ja auch mit seiner Regie, bzw. bietet der Film atemberaubende (Steady Cam-)Bildarbeit, z.B. bei der großen Ankunftsszene auf der Eingangstreppe zu Peters Haus.
Was Branaghs Ruf und Stellung angeht: an den Vorwürfen, dass dieser umtriebige irische Energiebolzen an einer übergroßen Portion Eitelkeit krankt, ist ja was dran; und auch, dass er nicht immer ein gutes Händchen bei seinen Projekten hatte. Ich für meinen Teil aber verzeihe diese Schwächen gerne einem, der es immer wieder so gut versteht seine Zuschauer mit seiner Begeisterung anzustecken. Wo ich echte Leidenschaft zu spüren meine, bin ich milde mit Kritik.
Und natürlich ist dieser Film für mich Kult, weil Hugh Laurie hier als Mundtrompeter brilliert.
Apropos Laurie: sehr empfehlenswert ist dessen (ich glaub) bisher einziger Roman »Der Waffenhändler« (antiquarisch als Haffmans-Buch zu haben; gut übersetzt von Ulrich Blumenbach! Aber was die Preise angeht, spinnen die Damen/Herren Anbieter da wohl derzeit heftig. Neuauflage als Taschenbuch tut Not, liebe Inhaber der deutschen Rechte.)
Mit »Der Waffenhändler« (»The Gun Seller«) reicht Laurie seinen Lesern einen betörenden Mix aus James Bond und P.G. Woodehouse, wenn Thomas Lang, Ex-Geheimagent, in eine üble Intriegenkiste verstrickt wird und sich zudem noch in die Tochter des Kerls verliebt, den er killen soll.
Da der Roman ja dereit schwerst vergriffen ist, hier als Trost und Probestückerl der Anfang:
Stellen Sie sich vor, Sie müssen jemandem den Arm brechen.
Den rechten oder den linken — spielt keine Rolle. Wichtig ist, Sie müssen ihn brechen, denn wenn nicht … egal, das spielt auch keine Rolle. Sagen wir einfach, wenn nicht, passiert etwas Furchtbares.
Nun frage ich Sie: Brechen Sie den Arm schnell — knacks, hoppla, ‘tschuldigung, kann ich ihnen beim improvisierten Schienen behilflich sein —, oder ziehen Sie die Sache genüßlich in die Länge, erhöhen ab und zu in winzigen Stufen den Druck, bis der Schmerz rosa und grün und heiß und kalt und ganz generell brüllend unerträglich wird?
Jawohl. Genau. Das Richtige, das einzig Richtige ist, daß Sie es möglichst schnell hinter sich bringen. Brechen Sie den Arm, holen Sie den Brandy, seien Sie ein guter Bürger. Eine andere Antwort gibt es nicht.
Außer.
Außer außer außer.
Was ist, wenn Sie die Person am anderen Armende hassen? Und ich meine hassen, richtig hassen.
Diese Überlegung mußte ich jetzt in Betracht ziehen.