molochronik

Molos Wochenrückblick No. 32

Eintrag No. 682 — Diese Woche mal mehr Kunst, Literatur & Zuckerl und weniger Politik & Religionskritik. Privat tut sich nicht so viel. Ich bossle an meinem Eintrag zu den »Alien«-Filmen, & übersetzte Texte aus dem Amerikanischen. Beobachte misstrauisch, wie die Sonne an einem Tag bei niedrigen Temperaturen scheint, am nächsten Tag der Schnee bei noch nierigeren fällt, am übernächsten wieder alles wegschmilzt, als ob nichts gewesen wäre. — Die Enten am Main scheinen in den Wintermonaten von Jahr zu Jahr übermütiger zu werden, was ich ganz allgemein für ein gutes Zeichen halte, es fragt sich nur, ob es auch ein gutes Zeichen für die Menschheit ist.

Lektüre: Wie gehabt, Mervyn Peakes »Gormenghast« und Arno Schmidts »Zettel’s Traum«. Bei Schmidt bin ich mit dem ersten Teil von sechs durch und schnitze nun an meinem zweiten Lesebericht. — Neu hinzugekommen sind Comic-Sammelband 2 und 3 der achten »Buffy«-Staffel, sowie »Leibnitz - Leben, Werk, Lehre« von Kuno Fischer. Letzteres natürlich angeregt von Stephensons »Barock-Zyklus«, in dem Leibnitz eine wesentliche Rolle spielt. Unterwegs genieße ich seit einigen Wochen die englische Hörbuchfassung und hörte am Wochenende zum Beispiel die wunderschöne Stelle aus dem zweiten Band »The Confusion«, wenn Leibnitz den jungen Mathematiker und Newton-Adepten Fatio durch die Bibliothek von Schloss Wolfenbüttel führt, ihm ein Bücherrad zeigt und dabei die Unzulänglichkeiten linearer Ordnungssysteme erklärt

Netzfunde

  • Friedhelm Rathjen erzählt für ›Die Zeit‹ davon, wie es damals war, als »Zettel's Traum« als Faksimile-Druck erstmals erschien: PoePos Trauma.
  • Gigantische Neuigkeit. Eines der besten Bücher, die ich in diesem Jahr gelesen habe, war die englischsprachige Ausgabe von Wu Ming: »Manituana«. Wu Ming ist ein italienisches Autorenkollektiv, das vor Jahren unter dem Namen ›Luther Blissett‹ auch in deutschen Landen beachtlichen Erfolg mit dem in der Reformationszeit angesiedelten Agenten-Thriller »Q« verbuchen konnten. Ich verstehe absolut nicht, warum kein deutscher Publikumsverlag sich für die nachfolgenden Romane dieser dollen Autoren zu interessieren scheint. — Der obige Link bringt Euch zu Umsonst-Versionen von »Manituana«, dem ersten Teil eines Triptychs über die Heraufkunft der modernen Welt, in dem das Dreieck Nordamerika, Europa und Afrika die Schauplätze sind. In »Manituana« wird die Anfangsphase des amerikanischen Unabhänigkeitskrieges geschildert, größtenteils aus der Sicht der Bewohner der Six Nations, besonders aus der friedlich sich miteinander vermischenden Indianer und englischen Kolonisten.
  • Die Entwicklungen um Wikileaks interessieren mich natürlich auch, aber statt selbst etwas zu kommentieren, beschränke ich mich diese Woche darauf, auf die Übersicht Wikileaks und die Pressefreiheit von ›Perlentaucher‹-in Anja Seelinger hinzuweisen.

(Deutschsprachige) Phantastik-Funde

  • Frohe Kunde erreichte mich über den für 18. Januar 2011 angesetzten Neustart der Bibliotheka Phantastika. Sehnlichst vermisst habe ich neue Rezensions-Einträge. Ich freue mich schon sehr darauf, was das neue Team bieten wird. Erstaunlich finde ich, wie professionell allein schon der Trailer ist. Immerhin ist die BibPhant eine private Unternehmung und kein Marketing-Heckmeck.
Zur Erinnerung: Hinweise auf bemerkenswerte deutschsprachige Internet-Beiträge zum Thema Phantastik (in allen ihren U- & E-Spielarten) bitte per eMail an …

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Wortmeldungen

Rüge

Zuckerl

  • Naturkunde von ›National Geographic‹ Ten Weirdest New Animals of 2010: Editors' Picks.
  • Hübsch unheimliches Online-Comic auf der flickr-Seite von Aeron Alfrey:Junji Ito: Thing That Drifted Ashore.
  • Zwei irre Link-Tips von Harald S. haben mich erreicht (1000 Dank dafür!): Einmal die steampunkig ausgestopften Tiere der Künstlerin Lisa Black; — und zum zweiten absolut beunruhigend grotesken aber auch faszinierend schönen Möbel-Kreationen von Michel Haillard.
  • Mein Vergnügen erregt der Künstler Rob Sato, weil er Phantastik jenseits der glatten Marketing-Formeln bietet. Auch so einer, der ein geeigneter Bas-Lag-Illustrator wäre.
  • Auch diese Woche wieder ein Daddel-Tipp aus dem ›Newgrounds‹-Fundus: Zombie Trailer Park. Ich schaffe einfach Stage 4 nicht.
  • Zum Team des wunderbaren ›That Guy With The Glasses‹-Portals gehört ›Spoony‹, dessen Filmverrisse mir bisher ab und zu schon ganz gut gefallen haben, aber nun hat er sein erstes Meissterwerk abgeliefert, indem er furchtlos »Highlander: The Source« auseinander nimmt.

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Molos Wochenrückblick No. 31

Eintrag No. 680 — Bald schon Mitternacht, aber noch istDienstag und damit nicht zu spät für einen Wochenrückblick. Diese Woche wieder mit Links..

Lektüre: Zehn Seiten noch in »Zettel’s Traum«, und ich bin mit Teil I (»Das Schauerfeld oder die Sprache von Tsalal«) von VI fertig und damit bei Seite 138 von ca. 1500. Ich kann sagen, dass ich (immer noch) vergnügt vor mich hinlese.

Sehr fein finde ich, dass die ›Arno Schmidt Stiftung‹ mittlerweile mit dem »Zettel'sTraum«-Beispielheft ein nützliches PDF anbietet, in dem präsentiert wird, was typographisch in dem Buch an spannenden Dingen abgeht. Unvermeidlich werden einem dabei natürlich einige Beispiel-Seiten geboten, anhand derer man sich als Unbedarfter mal angucken kann, wessen Wahnsinns kesse Beute Arno Schmidt wohl war, als er ZT geschaffen hat. Ich habe ja weniger meinen Spaß damit, »Zettel’s Traum« als Mega-Kreuzworträtsel anzugehen, sondern eher auf eine Art die …

… die auch Denis Schenk erfrischend schildert, wenn er sich als »Zettel'sTraum«-Veteran outet, und für »Druckfrisch« dieses Trumm empfiehlt. Wunderbar respektlos (respektlos, wie es nur echte Fans sein können / dürfen) meint er nicht ganz unrichtig:

Es (= »Zettel'sTraum«) ist ein typisches Produkt der fortschrittsgläubigen Moderne, man könnte auch sagen eines typisch männlichen Wer-pisst-am-höchsten-Denkens in der Kunst.
Dank an Markus M. für den Hinweis!

In eigener Sache: Frank Weinreich bespricht für sein ›Polyoinos‹-Blog Simon Spiegels »Theoretisch Phantastisch« sehr begeistert und findet sogar nette Worte zu meinen Illustrationen. Das macht mir Mut!

›SchönerDenken‹ hat mit »Der Maulwurf in der digitalen Welt« nun ein Potpourri aus den Beiträge ihrer Moleskin-Blogparade (bei der ich auch mitgemacht hatte) zusammengestellt.

Netzfunde

  • Christenschande: Frohe Botschaft (=Fantasy) offenbaren, aber widerliche Wirklichkeit unter den Teppich kehren (wenn ’se der eigenen Firma schaden könnt): Thorsten Stegemann hat für ›Telepolis‹ mit Vertuschen im Namen des Herrn über das Gutachten betreffs der Missbrausfälle in der Erzdiözese München und Freising berichtet. — Für die ›Junge Welt‹ hat Gerd Feldkamp das »Violettbuch Kirchenfinanzen« von Carsten Frerk gelesen: Glaube und Geldgier.
  • InfoWarScharmüzel: Ines Kappert kommentiert für das Gruppenblog ›Lesen was klüger macht‹ die Entwicklungen zum Thema ›Abbau des Geheimnisse-Stau‹: Wikileaks maßt sich an, Öffentlichkeit anders zu definieren. — Ich selbst habe im Lauf der letzten Woche dem hoffentlich noch abwendbaren, behämmerten Alterskennzeichnungs-Ideen als 2945-ster mein »Nein« erteilt: JMStV ablehnen!. Mein Kommentar dort: Weltfremdes und kontraproduktives Vorhaben, der neue JMStV. Höchstens dazu gut, dass man wieder mal deutlich vorgeführt bekommt, wie sehr Politiker (bzw. jene, in deren eigentlicher Absicht sie handeln) sich vor ›dem Internet‹ fürchten. Ergänz hier: Aber natürlich eine wonnevolle Aussicht für alle, die mit juristischen Kung-Fu als moderne Wegelagerer anderen das Geld abpressen, sowie für die Entwickler & Vermarkter von Kontroll-Technologie.
  • Geheimniskrämerische Wohltäter: Die ›Frankfurter Rundschau‹ berichtete am 27. Nov. kritisch über Stephanie zu Guttenbergs Verein: Im Spendensumpf und ›Twister‹ konnte am 01. Dez. dann in ihrem Artikel bei ›Telepolis‹ ›Innocence in Danger‹ und deren ungewohntes Schweigen ergänzen, dass IoD lieber Journalisten verklagt, als Transparenz vorzuleben. (Nebenbei: die Gutenberg habe ich bereits auf einen Notizzettel gezeichnet. Die kommt also bald in meiner Fetzenschädel-Reihe.)
  • Zur Abwechslung Kultur: ›TAZ‹ brachte einen nettes Texterl von Nina Ernst über Geschichte in Computerspielen: Aus Fakten wird Fiktion - manchmal. — Ich finde, dass viel zu selten über den ›anderen‹ großen ›Iconic Turn‹ gesprochen wird, der seit dem Aufstieg der Massenmedien abgeht. Über den Wandel von der Schrift-zur Bild-Kultur salbadert schnell mal jemand, aber die Verdrängung der Erzähl- durch die Spiel-Kultur wird vergleichsweise selten thematisiert.
  • In ›Neues Deutschland‹ wurde ein begrüßenswerter Artikel von Martin Koch über die frühe Royal Society veröffentlicht: Zwischen Erkenntnis und Intrige.

(Deutschsprachige) Phantastik-Funde

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Zuckerl

  • Gigantisches Mutanten-Prügelei-Wüstenödnis-Endzeit-Comic, für umme! »Murderbullets« bei ›Orc Stain‹.
  • Bei ›Newgrounds‹ über The Game gestolpert. Taugt als Spiel eigentlich nix, sondern nutzt Spiel-Konventionen als Mittel zum philosophischen Kalauern. Also quasi Kunst oder Kabarett, oder so.
  • Auf dem YouTube-Kanal von apachepics gibt es eine zum Niederknien feine Hommage auf Chuck Jones, »Wiley Vs. Rhodes«, gedreht mit echten Leuten.

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Molos Wochenrückblick No. 29

Eintrag No. 677 — Am Samstag zum ersten mal Googles ›Straßenschau‹ ausprobiert. Schon mal 'ne geschmackliche Entgleisung, dass Google als Beispiel auf der ›Wie geht's‹-Seite die olle Siegessäule zeigt. Aber ab nach Frankfurt: Das Haus, in dem die Molochronik entsteht muss freilich verpixelt sein (damit man die Bombenwerkstatt im Hof nicht sieht). Sehr cool, sich wie ein Geist auf Trip die Straßen entlang zu klicken. Überhaupt ist die Straßenschau bemerkenswert gespenstisch: ich nähere mich auf der ›Am Brennhaus‹-Straße dem Südost-Eck des Altgriesheimer Parks, in Klicks von ca. je 5 Metern. Zuerst seh ich nur das Telefonhäuschen und wie ein Kerl mit grauem Pullover und Fahrrad an selbigen vorbeispaziert. Klick. Der Kerl nun im Gespräch mit einem anderen Mann mit scharzem T-Shirt, der auf einer Fahrradabsperrstange sitzt. Klick. Ein dritter Kerl mit rotem Shirt gesellt sich dazu. Klick. Nun ganz nah dran, der Mann in rot ist weg. Die anderen beiden sitzten lässig auf der Stange, der eine mit Fluppe in der Hand. Klick. Ich guck aus westlicher Sicht das Eck an, und holla, da ist der Kerl mit dem rotem Shirt wieder.

Durchaus schön, dass die Straßenschau eine meiner Lieblingsmauern im Viertel konserviert hat. ›Am Gemeindegraben‹, nahe der S-Bahnhaltestelle, gleich gegenüber einer Trinkhalle namens »Die Blechtrommel« ist diese sehr aparte Backsteinmauer, bis auf halbe Höhe aus dunklen Ziegeln gesetzt. Inzwischen wurde sie leider verputzt und sieht entsprechend fad aus.

Höhepunkt der Ironie: guck ich vom Paulsplatz / Braubachstraße in Richtung Südost, sehe ich ein Banner der Schirn Kunsthalle über den Zugang zum Römerberg gespannt. Und was für eine Ausstellung wurde da angepriesen, als der Google-Wagen sein Photo schoss?: »Die Totale Aufklärung«.

<img src="www.antville.org" align="right" style="margin-left:10px; margin--bottom:5px;"alt="Schuberzierbild von Arno Schmidts »Zettel’s Traum«, gesetzte Ausgabe der Arno Schmidt-Stuftung im Suhrkamp Verlag..">Lektüre: Dreissig Seiten weiter mit »Zettel's Traum« und damit jetzt knapp an der 100-er-Marke. Schön langsam beginnt sich ein steter Lesespaß einzustellen. Ich les das Trumm wärend ich Essen warm mache, oder auch auf dem Klo (kleine sportliche Übung in Kniebalance). Auch wenn ich 'ne Zielscheibe abgeben mag, von wegen, die ganzen Sex-Wortspiele von Arno Schmidt sind noch so was von verklemmten Altherrenzoten, yadder yadder yadder … ich steh dazu, dass mir dieses Riesenwerk Vergnügen bereitet. Freilich bin ich nich so begeistert über die ganzen Sigmund Freud-Anteile, aber einige Hypothesen dieser großen Analyse zum Werk und Wesen von Edhar Allan Poe scheinen mir doch plausibel zu sein. — Unbedingt empfehlen kann ich die die ersten ausführlicheren Einträge in Bonaventuras »Zettel's Traum lesen«-Blog, die sich beide lediglich der ersten Seite widmen: Seite 1 (1) und Seite 1 (2). Wenn der in dieser Ausführlichkeit weitermacht, dann stellt dieses Blog nicht weniger als eine echte Sensation dar. — Von der Rezensions-Front lässt sich diese ausführliche TAZ-Besprechung von Stephan Wackwitz vermelden: Neuentdeckung eines Dinosauriers. Wie heißt es dort so schön:

Die Wahrheit über Schmidts Spätwerk besteht wahrscheinlich darin, dass es, viel deutlicher als die meisten anderen inkommensurabel großen Bücher, beides zugleich ist. Große Kunst und kompliziert ausgearbeiteter Dachschaden. Und die Schwierigkeit und vielleicht Unmöglichkeit, sich zwischen diesen beiden Lesarten zu entscheiden, {…}
Und ich mag (unter anderem) genau dieses Flirren.

Mervyn Peake »Der Juge Titus«, erster Band der ›Gormenghast‹-Bücher. Neuausgabe bei Klett Cotta.Unterwegs verköstige ich derweil das erste der »Titus«-Bücher von Mervyn Peake in der Neuausgabe, »Gormenghast: Der junge Titus«. Ich habe »Gormenghast« vor ca. 15 Jahren schon einmal auf Deutsch, und vor ca. vier Jahren dann endlich mal auf Englisch gelesen. Weiterhin bin ich fasziniert davon, wie ungewöhnlich dieses Werk, wie spannend und bezaubernd es ist, obwohl (vor allem auf den ersten 200 Seiten) eigentlich ziemlich wenig geschieht. — Aber: desto länger ich die Umschlaggestaltung der neuen Ausgabe anguck, um so mehr enttäuscht sie mich. Immerhin ist der neue Schriftsatz nun sehr angenehm zu lesen. Die deutsche Erstaushabe war diesbezüglich ein Graus (aus einer Zeit, in der die Hobbittpresse viele schräcklich gesetzte Bücher produziert hat). — Und ich bin enttäuscht und somit grummelig auf die deutsche phantastische Internetgemeinde, denn bisher sind nirgendwo besprechende Rezis, Blog- oder Forumbeiträge zu der Neuausgabe aufgetaucht (wenn, dann hab ich sie übersehen, und will nichts gesagt haben).

Ansonsten: Hatte mal wieder drei Tage am Stück frei und mehr oder minder durchgemacht um ordentlich voranzukommen mit einem Übersetzungsprojekt (sehr feine SF- & Phantastik-Kurzgeschichten). — Zur Entspannung habe ich mir Folgen der zweiten Staffel von »Star Wars: The Clone Wars« gegönnt, der, wie ich ketzerisch juble, besten Inkarnation von ›Star Wars‹ für meinen Geschmack. Hier passen Anspruch, Form, Inhalt und Stil endlich kongenial zusammen.

Netzfunde

(Deutschsprachige) Phantastik-Funde

  • ›PhantaNews‹ hat ein ausführliches Interview mit der von mir sehr geschätzten Ju Honisch geführt: »Das was man selbst am meisten mag, macht man auch am besten«. Nicht nur, weil ich die ersten beiden Bände ihrer historischen Fantasyromane der (ich nenn die mal so) ›Fay-Welt‹-Romane probegelesen habe, lobpreise ich diese bei ›Feder & Schwert‹ erschienenen Bücher. Sie stellen in meiner Lektüreauswahl eine Ausnahme dar, da ich Reihen ja eher scheue. Aber die Mischung, die Ju da mit kurzweiligen Stil zusammenzaubert überzeugt mich (siehe meine Rezension zu »Das Obsidianherz«).
  • Catherynne Valente, Autorin von »Palimpsest« (würd ich gern testen, kam aber noch nicht dazu) zeigt sympathischerweise, dass man keineswegs auf andere Menschen angewiesen ist, um eine fetzige Diskussion zu führen. Man Frau alleine reicht. Zuerst lässt sie diese lange Uffregung vom Stapel, warum ihr die große Steampunk-Welle auf den Geist geht: Here I Stand, With Steam Coming Out of My Ears, rudert aber etwas erschrocken über die Heftigkeit ihres Zeterns mit Steampunk Reloaded zurück, und zählt dann schließlich auf, was sie asn Steampunk doch mag: 10 Things I Actually Do Love About Steampunk.
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Molos Wochenrückblick No. 28

Eintrag No. 675 — Der Wochenrückblick fällt link-mäßig diesmal mager aus. Grund: Ich war angekränkelt und bin neben dem Brotjob vor lauter Zeichnerei und Übersetzerei zu wenig gekommen.

Lektüre: Immerhin bin ich beim Lesen von Arno Schmidts Riesenwerk »Zettel's Traum« ein gutes Stück weiter. Mehr dazu in meinem zweiten Lektürebericht.

Jon R. Lansdale: »Kahlschlag«, Golkonda Verlag.Fertig gelesen habe ich Joe R. Lansdales »Kahlschlag« und bin überaus zufrieden damit. Auch hierzu hoffe ich, bald eine Rezension liefern zu können. Der Roman hat mir wieder Mal klar vor Augen geführt, was mir bei vielen Fantasy- und SF-Genrestoffen prinzipiell missfällt: nämlich, dass viele phantastischen Genre-Stoffe gleich mit der großen Schicksalskeule aufwarten und sich bei ihnen die Handlung mindestens um die Rettung der Welt und den Kampf gegen das absolute Böse dreht. »Kahlschlag« spielt dagegen ›nur‹ in einer kleinen Welt, der Sägewerksiedlung Camp Rapture und dem boomenden Ölfeld-Ort Holiday, irgendwo im Ost-Texas der 1930-Jahre. Äktschn-mäßig passiert zwar viel, und Lansdale versteht es, mit einem abwechslungsreichen & starken Figuren-Ensemble aufzuwarten, aber die Handlung dreht sich eben ›lediglich‹ darum, dass Menschen mit den harschen Bedingungen des ländlichen Lebens und den Widrigkeiten, die sie sich einander antun, zurande kommen müssen und versuchen, so gut es geht Recht und Ordnung zu wahren.

Nun lese ich seit dem Wochenende unterwegs »Gormenghast (1): Der junge Titus« von Mervyn Peake in der Neuausgabe, für die Alexander Pechmann die Übersetzung von Annette Charpentier überarbeitet hat, sehr zur Verbesserung des Buches, wie ich anhand der bisherigen Stichproben zu urteilen wage. Wenn alles so klappt, wie ich hoffe, dann werde ich Mervyn Peake neben Wolf von Niebelschütz zum Gegenstand meines Beiträges für das nächstjährige »Magira«-Jahrbuch machen.

•••

Film: Bin unglücklich in letzter Zeit. Das Angebot an englischsprachigen Filmen in Ffm ist seit dem Ende des »Turm Kino« dramatisch zusammengeschrumpft. Wahnsinnig gerne würde ich z.B. »Machete« von Robert Roriguiz sehen, aber der läuft nur in einem Kino, einmal am Tag (um 23:15!) und auf Deutsch. Muss ich also wieder bis zur DVD warten.

Auf DVD habe ich zwei Sichtungen vorgenommen: zum einen endlich »Walhalla Rising« gesehen. Im ›OliBlog‹ gibt es eine gute Rezension zu dem Film, und ich baue meinen dort platzierten Kommentar mal aus: Ich finde nicht, dass der Film keine Geschichte erzählt. Freilich erzählt er eine, sogar eine ziemlich komplexe, aber der Film erzählt eben nicht auf konventionelle Art. Neben der offensichtlichen Handlung (Kampf-Sklave befreit sich, tötet seine ehemaligen Peiniger, schließt sich zusammen mit einem Jungen einer Gruppe christlicher Wikinger an, die Jerusalem beistehen wollen; man treibt ziellos im Nebel umher, erreicht ein unbekanntes, wildes Ufer und sucht nach Halt und Ziel in der Fremde) tut sich schon eine Menge, aber eben non-verbal & betörend intensiv vermittelt durch die Bilder, den Sound und die Musik. Zudem wagt der Film offene Enden und Rätsel wie selbstverständlich unbeantwortet zu lassen.

(SPOILER/ Was geschieht mit den nackichen Frauen-Sklaven im zweiten Kapitel?; Oder wie kommt es, dass ein Wikinger von den Naturwilden aufgenommenen wurde? /SPOILER-ENDE)

Was als Argument schnell mal als billige Entschuldigung für schlecht gemachte Stories angeführt wird, will ich hier als Lob und Anerkennung anwenden: dass nämlich einiges, vieles sogar der Phantasie des Zuschauers überlassen wird. Und da der Film so gut gemacht ist, verführt er dazu, dass man sehr intensiv in die damalige Zeit eintaucht. Zumindest mir scheint, dass dieser Film ein gnadenlos realistisches Bild von etwas vermittelt, das in Genre-Stoffen schnell mal verniedlicht, verkitscht und verharmlost wird. — Punkte: Etwa 8 von 10.

Zweitens habe ich nun die lange (Extended Collector’s Cut) Fassung »Avatar« auf DVD. Obwohl die arg konventionelle Handlung, sprich: Vorghersehbarkeit, den Genuss schwächt, bin ich selbst überrascht, wie sehr mich »Avatar« begeistert. Schade nur, dass es in dieser Welt scheinbar (noch) nicht möglich ist, so einen Stoff bei dem Aufwand für Ab-16 oder Ab-18 zu produzieren. — Die ca. 20 Minuten längere Fassung meiner DVD beginnt in einer Megametrople auf der Erde. Sehr gut als Kontrast zur späteren Natur-Buntheit geeignet. Die Ankunft auf Pandora war alles noch der ›übliche SF-Genre-Bombast‹. Als der Rollstuhlfaherer Jake später dank seines frischangezogenen Avatar-Körpers genießt, wieder rennen zu können, hatte ich zum ersten Mal im Verlauf des Filmes dieses wunderbare erhebene Gefühl, weshalb man wohl in diese Art von Film geht: Kloss im Hals wegen ansteckender Freude an der Freude der Figur. Da hat es ›Klick‹ gemacht und der Rest funktionierte prächtig bei mir.

Der Weltenbau ist in jeder Hinsicht ein Wahnsinn!!! Sicherlich das beste auf diesem Gebiet seit LOTR, nur thematisch und stilistisch viel näher bei meinen persönlichen Vorlieben. Die Darsteller sind durch die Bank gut. — Der Star des Filmes ist für Stephen Lang. Mir ist der Schauspieler sonst nur noch prägnant als unglücklich verliebter schwuler Gewerkschaftsaktivist aus »Last Exit Brooklyn« in Erinnung (»Public Enemy« hab ich komplett verdrängt) und bin mehr als baff von seiner Darstellung des Security-Chefs. — Positiv aufgefallen ist mir zudem, dass es keine ›Bösewichter‹ gibt, sondern nur Figuren, die konsequent ihren eigenen Erfahrungen (Traumas?) gemäß handeln.

Ein Ärgernis ist für mich die zu weichgespülte Musik von James Horner, vor allem sein ermüdender Einsatz des Trompeten-Motivs, das Horner schon tausendmal als ›Gefahr in Verzug!‹-Zeichen eingesetzt hat (und ich finde es oberätzend, wenn man mitten in einem Film, hier »Avatar«, an andere Filme, z.B. »Krull« und »Willow« erinnert wird). Und ein, zwei Mal war der ›Eingeborenen‹-Schmalz etwas zu heftig für meinen abgebrühten Geist. — Punkte: Etwa 9 von 10.

Netzfunde

  • Peter Sloterdijk hat für ›SpOn‹ den Debatten-Text Der verletzte Stolz vorgelegt und macht damit wieder mal, was er gut kann, nämlich Antike und Gegenwart aufeinander beziehen und lässt dabei z.B. dem dummen Westerwelle-Geblah von der heutigen ›römischen Dekadenz‹ die Luft raus.
  • ›Telepolis‹ hat mit dem Wirtschaftswissenschaftler Franz Hörmann gesprochen: Finale Krise des Finanzsystems im nächsten Jahr?. Hörmann ist einer der sympathischen Vertreter seiner Zunft, da er gerade heraus feststellt, die Mainstream-Wirtschaftswissenschaften seien Quark, Herrschaftspropaganda und alles andere als Wissenschaft.

(Deutschsprachige) Phantastik-Funde

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Zuckerl

  • Wer noch Zeit zum Verschwenden hat, kann das effektiv mit dem Spieleportal von Newgrounds erledigen. Entdeckt über das lustige Sydney Shark.
  • Bei ›CartoonSnap‹ zeigt man ein altes, ziemliches schräges Jack Kirby-Comic: The Fourth Dimension Is A Many Splattered Thing(etwa: »Die Vierte Dimension ist ein vielgestaltig Ding«).
  • Lehrreiche Veranschaulichung von ›The Map Room‹: Zehn Jahrhunderte in fünf Minuten. Leider hat man vergessen, irgendwo die Jahreszahl einzublenden. Aber damit lässt sich dieser Clip formidabel für ein kleines Wissensquiz in trauter Runde verwenden.
  • ›Art & Letters Daily‹-Redakteur Denis Dutton hat 2009 »The Art Instinct« vorgelegt, und bei ›TED‹ gibt es nun einen ca. 15 Minuten langen Vortrag zu eben dem Thema dieses Buches: A Darwinian theory of beauty (›Eine darwinistische Theorie der Schönheit‹). Glorioserweise hat RSAnimate-Künstler Andrew Park mitgeholfen, die Theorie zu veranschaulichen!
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Molos Wochenrückblick No. 27

Eintrag No. 671 — Letzten Donnerstag auf dem Heimweg nach der Arbeit. Fast 23:00 Uhr, finster, sehr kühl, leichter Nebel. Dreihundert Meter von meinem Heim entfernt kommt mir eine rot-weiße Katze auf dem Bürgersteig entgegen. Sie will mir & ich ihr ausweichen, und so versperren wir uns gegenseitig den Weg. Noch zwei Mal machen wir Ausweichmanöver und blockieren uns. Dann bleibe ich schließlich stehen, mache einen Schritt zur Seite. Die Katze guckt mich an, nickt und geht an mir vorbei. — Soll noch mal einer behaupten, wir Menschen wären was Besonderes.

Lektüre: Ausgesprochen große Freude mit Joe R. Lansdales »Kahlschlag« (habe hier berichtet, warum ich den Roman im Hause habe).

Schuber-Cover der gesetzten Ausgabe von »Zettel’s Traum«; 2010 bei Arno Schmidt Stiftung / Suhrkamp.Im Zuge meiner Lektüre von Arno Schmidts »Zettel’s Traum« (= ZT) habe ich mich zu einem Kommentar in dem ›Schauerfeld‹-Blog verleiten lassen. — (Habe den Kommentar zum ersten Lektürebericht zu ZT ausgebaut.) — Derweil sei noch mal vermeldet, dass ich die beiden Lese-Blogs zu diesem Riesenwerk, ›Schauerfeld‹ und ›Zettel’s Traum lesen‹, aufmerksam verfolge. —— Ach ja, beim Suhrkamp-Verlag gibt es einen feinen einführenden Text von Susanne Fischer als PDF. —— Schließlich möchte ich noch auf die informative (und stellenweise amüsanten Einblick in das Schmidt-Leser-Biotop gewährende) Rezension von Jan Süsselbeck für ›Literaturkritik.de‹ hinweisen: Still he’s rowling along. Obwohl … entweder bin ich ein totaler Freak, oder Herr Süsselbeck liegt etwas daneben. Er schreibt z.B., dass »niemand ZT einfasch so liest« und ich tue genau das, auch wenn ich wahrscheinlich Monate dafür brauchen werde. Und wenn Süsselbeck, sich auf einen spontanen Ausspruch Peter Kurzecks berufend & diesem recht gebend, meint, dass »{d}ie meisten Leute Arno Schmidt aus {den} falschen Gründen {lesen}«, dann wüsste ich natürlich gerne, was a) diese falschen Gründe sind und wie b) denn richtigere Gründe für AS-Lektüren aussehen. Das wird leider nicht ganz klar. Trotzdem: gute Rezi.

Netzfunde

  • Für ›Der Freitag‹ schrieb Michael Jäger einen Artikel über die große Problematik, wie man von der unseligen Knechtung der Menschen durch das Auto wegkommen könnte: Der halbierte Bürgersteig.
  • Eine weitere Folge aus der begrüßenswerten Stilkunde-Reihe von ›Stilstand‹-Blogger Klaus Jarchow: Lob des Monotonen, diesmal anhand von Charles Dickens veranschaulicht.
  • Mit der jetzigen rot-gelben Regierung tritt der Mißstand des Entscheidens ohne Mitsprsche derer, die damit leben müssen / sollen wieder merklich gehäuft zu Tage. Da ist es gut, dass Max Steinbeis für ›Carta‹ mal Zehn Thesen zum Problem intransparenter Gesetzgebung zusammengestellt hat.
  • Ach ja: es gibt jetzt eine Wiki-Beobachtungs-Seite und ein dazugehöriges Wiki Watch-Blog. Die Dominanz der ›löschgeilen‹ Admins in der deutschen Wikipedia halte ich für eine der traurigeren Entwicklungen des deutschsprachigen Internets. Ich selber mache im deutschen Wiki nur noch Kleinigkeiten (wie Biographien ergänzen).

(Deutschsprachige) Phantastik-Funde

  • Dank des Hinweises von Molochronik-Leser Niklas kann ich hier einen Link zu einem langen (ausnahmsweise englischsprachigen) Interview mit Franz Rottensteiner anbieten, mit dem das englischsprachige Blog ›A Journey Around My Skull‹ gesprochen hat: View From Another Shore. Über Rottensteiner mag man (andere) sich streiten können, aber ich schätze den Mann sehr und bin der Meinung, dass der Niedergang von Suhrkamp schon mit der Einstellung der von Franz herausgegebenen Phantastischen Taschenbuch-Reihe des Verlages begonnen hat. — Sehr fein finde ich, dass das Interview auch einige Graphiken aus Herrn Rottensteiners Sammlung zeigt.
  • Bandit berichtet für ›PhantaNews‹ ausführlich über die TV-Verfilmung der exzellenten Comics »The Walking Dead« (deren ersten superdicken Sammelband ich vor einiger Zeit verköstigt habe und meisterlich finde): »The Walkind Dead« – seziert und gespoilert.
  • Ganz besonders habe ich mich über diesen Fund bei ›Steampunk-Welten‹ gefreut. Anlässlich des Carl Sagan Tages am 6. November hat Matthias eine Würdigung über diesen großen Wissensvermittler geschrieben. Etwas älter, aber auch einen Klick wert, ist dieser Eintrag im selben Blog zu einer meiner Allzeit-Favoriten-Serien: Carl Sagans »Cosmos«.
Zur Erinnerung: Hinweise auf bemerkenswerte deutschsprachige Internet-Beiträge zum Thema Phantastik (in allen ihren U- & E-Spielarten) bitte per eMail an …

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Zuckerl

  • So kann Musikkenntnis vermittelt werden, wenn man mit dem Internet Sinnvolles anstellt: A Symphonic Revolution – Ludwig van Beethoven: 'Eroica', erstellt für die San Francisco Symphoniker.
  • Bei ›Unreality‹ gibt es ein saukomisches Filmchen darüber, wie es aussähe, sich ein Erdnussbutterbrot mit Marmelade zu machen, wenn das ganze ein Quicktime-Boss-Kampf in einem Hacken & Schnezeln-Spiel wäre: Kratos Makes a Peanut Butter and Jelly Sandwich (zur Info: Kratos ist die Spielerfigur der »Gods of War«-Reihe).
  • Atemberaubend finde ich diese lustig-unheimlichen Zeichnung von Abner Dean aus seinem 1947 erschienenen Band: What Am I Doing Here?. Überraschend, wie zeitlos diese Witzebildchen sind, und wie erstaunlich freizügig sie für die damalige Zeit anmuten.
  • Alexander Lehmann hat wieder einen seiner wunderbaren Filmchen ins Netz gestellt. Diesmal zu einem Thema, wo uns ja allen die Halsadern anschwellen, dem verfluchten Politikmachen durch Geld und Vitamin-B: Lobbyismus für Dummies.

x3: Lobbyismus für Dummies from alexanderlehmann on Vimeo.

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Molos Wochenrückblick No. 26

Eintrag No. 668 — Dem Kalender nach sollte es kälter werden, aber das Wetter tüdelt herum, als ob es einen zweiten Frühling anpacken möcht. Mein Immunsysthem spinnt entsprechend, meine Glieder knacken, meine Muskeln knirschen, und mein Nasen- & Stirnhöhlenbereich fühlt sich an wie etwas, das auf der Rückbank eines havarierten Autos vetrocknet. Trotzdem (leider — GOttseidank): zum richtig krank werden reicht es nicht.

Lektüre: Mit »Behemoth« von Westerfeld & Thompson bin ich fertig. Kurzweilig, wunderschön dank der Illustrationen, diesmal mit einer Prise gelungener Niedlichkeit & Liebeswirren. Und obwohl mir dieser zweite Band der »Leviathan«-Trio gut gefallen hat, haben sich merklich Ermüdungs- und Routineeffekte eingestellt, die mich daran hindern ein natürlicher Freund von Serien- & Mehrteilerwerken zu sein .

Unterwegs ansonsten zur Abwechselung mal wieder was kurzes von Peter Sloterdijk: »Scheintod im Denken. Von Philosophie und Wissenschaft als Übung«. Bisherige Lieblingsstelle (S. 79):

Die Spätantike erlebte schießlich den Untergang der Philosophie in der Theologie. {…} Fürsten sind an Priestern, nicht an Philosophen interessiert. {…} Monarchen ist nicht an Schülern gelegen, sondern an Gefolgschaften. {…} Der praktische Wert der »Geistigen« beschränkt sich in dieser Zeit aufs Untertanenmachen von innen.

Marian Bantjes: »I Wonder« Zu dem Bestand exoribitant schöner und ungewöhnlicher Bücher im Haushalt hat sich »I Wonder« der Typographin und Graphic Designerin Marian Bantjes gesellt. Auf Bantjes bin ich schon vor einigen Monaten aufmerksam geworden durch den TED-Talk »Intricate beauty by design«, für mich als Amœnokrat natürlich von besonderer Bedeutung. »I Wonder« ist eine Wunderkammer der modernen Ornamental-Gestaltung. In 13 Abschnitten denkt Bantjes über so verschiedenen Dinge wie Staunen, Verwunderung, Politik des Ornamementes, Erinnerungen (Photos und Schmierzettel), Heraldik, Firmenlogos, Ehre und Bedeutung nach. Am allerbesten aber finde ich »The Alphabet: A Critique«. In diesem merklich flappsigen Text kommentiert sie jedem Buchstaben und spannt dabei die ulkige Phantasie auf, dass ein anonymes Font-Studio der Altvorderen in Gemeinschaftsarbeit das Alphabet gestaltet hätten.

Ansonsten bin ich mit »Zettels Traum« Arno Schmidt bis etwa Seite 50 vorangekommen. Dän Pagenstecher doziert und das Übersetzerpärchen Paul und Wilma und deren Tochter Franziska lauschen, nicken, geben Widerworte zu den Ethym-Thesen von Dän, und seinen Theorien dazu, was den guten alten Edgar Allan Poe an unbewussten Impulsen und Prägungen zu seinen Texten getrieben hat. Ein Hase sprang bereits herum und Rehe wurden gesichtet. Also: eigentlich nix los, und dennoch, Dank der ungewöhnlichen Schreibe von Schmidt ist das ganze erstaunlicherweise unterhaltsam zu lesen. Wenn ich mein jetztiges Lesetempo beibehalte, dann bin ich in etwa einem Jahr mit diesem Trumm fertig.

Netzfunde

  • ›Junge Welt‹ die Erste: In einem ausführlichen Dossier wird eine der widerlichsten Entwicklungen der gegenwärtigen Jurispudenz beleuchtet: Denn sie wissen was sie tun, legt dar, wie deutsche Rechtsgelehrte sich an dem Projekt beteiligen, in der westlichen Moderne die Folter wieder zu legitimieren.
  • ›Junge Welt‹ die Zweite: Dass sich die Katholen, ihren eigenen öffentlich verlautbaren Moralansprüchen zum Trotz, zeihenswerterweise mit kriminellen Milieus gemein machen, ist zwar altbekannt, wird aber in diesem Text von Gerhard Feldbauer trefflich zusammengefasst: Gottes Bankster
  • Ganz grob (im Sinne von: hinfort mit den Privilegien gewährenden Staats-Samthandschuhen gegenüber den organisierten Kirchen) passt dazu thematisch ein Interview, dass die ›Jungle World‹ mit Michael Bauer führte, dem Sprecher des im Werden befindlichen Arbeitskreises Laizistischer Sozis: »Genossin Nahles will uns ausbremsen«.
  • Die frohe Kunde, dass letzte Woche (endlich) eine sich auf Lobbyismus spezialisierende Wikipedia ihren Betrieb aufnahm, wird unter anderem bei ›Telepolis‹ verbreitet: David gegen Goliath. Und hier geht es zu der Lobbypedia.

(Deutschsprachige) Phantastik-Funde

Zur Erinnerung: Hinweise auf bemerkenswerte deutschsprachige Internet-Beiträge zum Thema Phantastik (in allen ihren U- & E-Spielarten) bitte per eMail an …

molosovsky {ät} yahoo {punkt} de

… schicken. — Willkommen sind vor allem Hinweise zu Texten, die wenig beachtete Phantastikwerke behandeln (z.B. also Einzelwerke statt Seriensachen), oder die über Autoren, Theorie und Traditionsentwicklungen berichten.

Zuckerl

  • Das ›Old Hollywood‹-Blog hat ein altes Absage-Formular der Essanay-Studios ausgebuddelt, das köstlich unfreiwillig komisch-gruselig von der Praxis der frühen Filmindustrie erzählt.
  • Die ›Galerie 1988‹ aus Kalifornien bietet ätzende Zeitgenossenschafts-Kritik in Form von 55 fiktiven Straßenschildern der TrustoCorp: The New America.
  • Lobenswerte Photobuch-Idee: Der englische ›Telegraph‹ präsentiert mit einer Bilderstrecke eines Kostprobe des Photobandes Where Children Sleep von James Mollison. Solche Dokumente sagen mehr über die Schlechthinigkeit der Welt als 1000 kluge Worte.

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Molos Wochenrückblick No. 25

Eintrag No. 666 — Räume am Sonntag im Billy mit den gebundenen Schinken Zeugs aus der ersten in die zweiten Reihe, um Platz zu schaffen für Sachen, zu denen ich öfters greife, oder denen ich mich auf absehbare Zukunft vermehrt widmen will. Da fällt mir »Das Kritikon« von Gracian aus zwei Meter Höhe auf das Nachschlagwerk-Arbeitsregal, dass es die Dübel aus der Wand reisst. Perdauz aber auch, das Bookanier-Dasein ist gefährlich.

Lektüre: Auf dem Klo »Transmetropolitain«. — Unterwegs abwechselnd immer noch »Behemoth« von Westerfeld und Thompson, sowie zur Beschallung der »Barock-Zyklus« (engl.) von Stephenson. Bin mittlerweile im dritten von 8 Büchern angekommen. — Seit dem letzten Dienstag lese ich nun schließlich zu Hause, am Abend, endlich »Zettel's Traum« von Arno Schmidt, dem letzten Buch der Werksausgabe das mir fehlte, & auf das ich ca. 20 Jahre gewartet habe. Natürlich auch für Phantasten interessant, denn es wird (schier endlos) über Edgar Allan Poe doziert und gestritten, und es finden Verwandlungen und Poetisierungen längere Gedankenspiele statt. Nützlich für Leuts, die mehr zum Buch wissen wollen, ist dieser Prospekt des Suhrkamp Verlasges. Wenn alles klappt, dann werde ich hie und da ein wenig aus meiner Wanderung durchs »Zettel's Trumm« (Spitzname © Andrea) berichten. Ich schaffe pro Abend etwa zwei bis vier Seiten dieses Werkes. Hier derweil schon mal ein bildungsbürgerlich-gemütliches Stillleben mit Single Malt und Nüsschen. »Zettel's Traum«-Stillleben mit Single Malt und Nüsschen.

Netzfunde

  • Anna Gielas hat für ›Der Freitag‹ einen lesenswerten Text über die frühe Royal Society, bzw. deren Vorgänger, Invisible College geschrieben: Gezeter, Trotz, Duellpistole.
  • Endlich! In der SPD versucht sich ein laizistischer Arbeitskreis zu formieren: Soziale und demokratische LaizistInnen. Ich drücke die Daumen! Wenn Ihr mal rausbekommt, was Eremitenhäuser sind, und warum die eine Millionen € im Jahr brauchen, dann gebt mir bescheit.
  • Nochmal ›Der Freitag‹: Längeres Gespräch mit Susie Orbach »Wir modellieren Körper«, worin dann auch auf das sehr erstaunliche Any-Body-Blog verlinkt wird. Leute davon zu überzeugen, ihren Körper modifizieren zu müssen, bzw. erstmal dafür zu sorgen, dass Menschen sich mit / in ihren eigenen Körper nicht wirklich zuhause fühlen, ist eines der fundamentalsten und perfidesten Herrschafts- & Unterdrückungs-Instrumente die es gibt (und eines der ältesten).

(Deutschsprachige) Phantastik-Funde

  • Die Damen & Herren der deutschen Steampunker.-Site ›Clockworker‹ waren Im Salongespräch: Oliver Plaschka. Oliver ist einer der ganz wenigen deutschsprachigen lebenden Genre-Phantasten, die für mich in die Suppe kommen. Seine »Die Magier von Montparnasse« fand ich richtig gut, mit »Fairwater – Die Spiegel des Herrn Barthalomew« bin ich zu 1/3 fertig und finde es ganz apart, und ich freue mich schon darauf »Der Kristallpalast« zu lesen.
  • Bin im Lauf der letzten Woche wieder von einem Agentur-Menschen angeschrieben worden, der einen Linktausch vorschlägt. Wiederum für eine Verlags-Portal- & Onlinebuchhandel- & Social Netwörk-Site. Diesmal aber für eine ganzer Reihe Verlage, die ich sehr schätze, wie Edition Nautilus, Reprodukt, Kein & Aber. Also, ganz umsonst, hier ein Empfehlungslink auf den Eintrag zu Kurt Vonneguts »Ein dreifach Hoch auf die Milchstraße« (inkl. drei Leseproben) im ›Tubuk‹-Blog.
  • Für den ›Tagesspiegel‹ jubelt Lutz Göllner über Verhängnisvolle Freundschaften, sprich »20th Century Boys« von Naoki Urasawa.
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Wortmeldungen

  • Habe mich im lauf der letzten Woche noch ein paar Mal in dem Exploitation SF-Thread bei ›SF-Netzwerk‹ gemeldet.

Zuckerl

  • ›BoingBiong‹ weist auf Joe Jubnas Schemakarte zu Japanischen Konsolen-Rollenspielen hin: The Japanese RPG formula. Köstlich, und zugleich geeignet als Beweiststück in meinem ewigen Prozess, warum ich mit den allermeisten Franchise-Sachen nix anzufangen weiß, denn was sich auf solche Karten zusammendampfen lässt, kann (in meinen Augen) nicht allzuviel taugen.
  • ›IO9‹ hat eine begrüßenswerte Top-20 mit die Welt rettenden Bibliothekaren zusammengestellt: 20 heroic librarians who save the world.
  • Unglaublich aber wahr. Bei ›Life‹ hat man eine alte Photo-Reportage ausgebuddelt, wie einst, im Januar des Jahres 1941 in den Wäldern des US-Staates Mayland, eine Gruppe Leuts (unter anderem William Seabrook) mit einem Voodoo-Ritual dafür sorgten, dass die Nazis den Krieg verlohren: Putting a Hex on Hitler, 1941.

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Molos Wochenrückblick No. 24

Eintrag No. 662Film: Hinke ja arg weit hinterher, was das Liefern von Film-Rezis oder zumindest Film-Kurzreszis angeht. Also hohle ich mal nach, zumindest von meinen jüngsten Kino-Besuchen zu berichten

Vor ca. zwei Wochen war ich in »Ponyo – Das große Abenteuer am Meer«, und wieder mal bin ich überwältigt von der Macht, die ein ›Studio Ghibli‹-Film über mich hat. Der Film richtet sich unverkennbar zuerst mal an Kinder von etwa 4 bis 7 Jahren, aber wie meine Begleiterin Andrea so trefflich sagt: »Bei einem Miyazaki-Film dauert es etwa zwei Minuten, und ich bin wieder am Staunen wie eine Fünfjährige«. Wie immer bin ich mitunter am meisten von den stillen Momenten fasziniert, wenn ›eigentlich‹ nix passiert. Die kann Regisseur Miyazaki inszenieren, wie kaum jemand sonst. Und fast das Herz gesprengt hat mir natürlich der große Äktschn-Höhepunkt, wenn Ponyo auf wilden Meerenwogen parallel zum einem Auto der Küstenstraße folgt. — Kurz: ca. 9 bis 10 von 10 Punkten.

Und dann hatte ich letzte Woche Gelegenheit, mir den neuen David Fincher »The Social Network« anzuschauen. Wieder erstaunlich, wie mühelos Fincher sich in einem neuem Genre tummelt. Im Grunde funktioniert »The Social Network« wie ein Theaterstück oder ein Woody Allen-Film. Leute sitzen herum und reden, nicht zu knapp. Der Film veranschaulicht gelungen, wie man als Macher eines Projekt getrieben wird von dem Verlangen, etwas gestalten und bewegen zu wollen, und natürlich, wie im Zuge des Begehrens, Ruhm und Geld anzuhäufen im juristischen Slalomlauf so manche Freundschaft auf der Strecke bleibt. Dass freundschaftliche Bindungen der Erschaffung einer sozialen Netzwerk-Plattform geopfert werden, ist nur die offensichtlichste Ironie des Filmes. — Wertung: ca. 7 bis 8 von 10 Punkten.

Ach ja: Chester A. Bum findet natürlich auch wieder mal, dass »The Social Network« der beste Film ist, den er je gesehen hat.

Netzfunde

  • Interessanten Einblick in den Buchkaufhaushandel bietet das Hugendubel Verdi Info-Blog. Besonders gefallen mir die ›Sprachlos‹-Einträge, die ergreifend den Frust engagierter Buchverkäufern, die bei Hugidubi arbeiten, bebildern.
  • Für ›Jungle World‹ legt Alex Feuerherdt mit Hauptsache Religion einen feinen Kommentar zu den derzeit abgegeben Profilierungsschwachsinn der ›C‹-Parteien vor.
  • Apropos ›jüdisch-christliche Wurzeln‹: Jeder, der sich auch nur halbwegs mit Kultur- und Religionsgeschichte beschäftigt, und dabei nicht durch Interessens-Doktrinierungen gehirngewaschen wurde, weiß, dass die Rede vom ›jüdisch-christlichen‹ Fundament des Hauses Europa einfach Quatsch ist. Man konsultiere einfach mal ein Kulturgeschichtswerk, in dem Begriffe wie ›Volksreligion‹ und ›Elitenreligion‹ vorkommen. (Zum Beispiel »Lebensformen Europas« von Wolfgang Reinhard.) — Über Holger Kleins Stackenblochen-Blog fand ich meinen Weg zu einem Kommentar von Don Alphonso in seinem F.A.Z. Stützen der Gesellschaft-Blog, den ich gerne auch hier zitieren möchte:
    Christliches Abendland heisst immer: Ich bin zu blöd, die Schattenseiten der letzten 1200 Jahre zu kennen.
    Jüdisch-Christliches Erbe heisst oft mitunter: Ich finde es geil, mein Herrenrassentum so zu verkleiden, dass ich mich notfalls auf Deinen Antisemitismus rausreden kann, wenn Du mich für den stinkenden Fascho hältst, der ich bin. Dabei wird es schwer sein, einen Juden zu finden, der sich auf dieses angebliche Erbe berufen möchte: Als ob es noch nicht genug Geschlichtsklitterung und Fälschung in dem Bereich gegeben hätte.
    Klar gesagt: Es gibt kein jüdisch-christliches Erbe. Die allerwenigsten, denen das aus dem Maul trieft, kennen vom Judentum mehr als die Kipah. Christentum und Judentum sind allein schon wegen der Frage des Messias absolut unvereinbar gewesen, und das Verhältnis hat sich von 800 bis 1945 dann auch merklich verschlechtert, um es höflich zu formulieren.
  • Auch wenn ich, nein: gerade weil ich ja ein bekennender und überzeugter Atheist bin, kann ich nur den Kopf schütteln über diesen Blödsinn: Nicht nur Kirchenaustritt, auch Enttaufung möglich. Zugegeben: nachdem viele ja ohne gefragt zu werden als Kleinkinder getauft wurden, fände ich es nur angebracht, wenn es die Möglichkeit gäbe, sich als Erwachsener, der eine entsprechende Weltsicht angenommen hat, zeremoniell Ent-taufen lassen zu können. Andererseits kann man das ja auch selbst gestalten und vornehmen, sei es alleine, oder im Kreise entsprechend Gleichgesinner. Ohne, dass man einen umgemodelten Föhn kaufen muss. — Durchaus originell finde ich allerdings den im Artikel vorgeschlagenen Gerbauch der Verse von Catull (aus »Carmen 85«) als Ent-Taufungs-Formel, auch wenn diese Zeilen, typisch für diesen römischen Dichter, etwas zu zerknirscht für meinen Geschmack sind:
    Odi et amo. Quare id faciam, requiris Fort Asse? Nescio, sed fieri Sentio et excrucior.
    Ich hasse und liebe. Du fragst vielleicht, warum ich das tue. Ich weiß es nicht, aber ich fühle, dass es geschieht und ich quäle mich.
  • James Buchan schrieb für ›guardian‹ eine lesenswerte Besprechung des Buches The German Genius: Europe’s Third Renaissance, the Second Scientific Revolution and the Twentieth Century von Peter Watson.
  • Und Marc Fabian Erdl jubiliert in ›Der Freitag‹ ausführlich über die erste komplette deutsche Ausgabe der geheimen Tagebücher von Samuel Pepys (einer durchaus wichtigen Nebenfigur in Neal Stephensons »Barock-Zyklus«): Geiler Bock, Staatsbeamter.
  • Der großartige Jeff Vandermeer berichtet in seinem Blog flappsig aber erhellend davon, wie sein diesmaliger Anlauf Thomas Pynchons »Gravities Rainbow« (dt. »Die Enden der Parabel«) zu lesen nun vergnügt von statten geht: This Book Is Restoring Mah Brain Powers to Mah Brain und Reading Gravity’s Rainbow: First 75 Pages, Initial Contact. Ich selber gurke derweil irgendwo auf Seite 300 herum, und kann mich nicht so recht entscheiden, ob ich den Roman auf Englisch oder Deutsch lesen soll und pendle entsprechend zwischen beiden Sprachen.
  • Für ›Telepolis‹ liefert Jens Wernicke mit Demokratie als Standortnachteil eine Zusammendampfung des langen Beitrages Lahme Dame Demokratie – Kann der Verfassungsstaat im Systemwettbewerb noch bestehen? von Herfried Münkler aus ›Internationale Politik‹. Einfach nur gruselig, wie deutsche CDU (sic!)-Ministerpräsidenten die entmündigende Projektdurchsetzung von islamischen Nicht-Demokratien bewundern.
  • Da beleibt mir nur, mich der Hoffnung anzuschließen, die Daniel Domscheit-Berg für ›Der Freitag‹ in seinem Text Der gute Verrat zur Sprache bringt, nämlich, dass als Ausgleich für solche Sehnsüchte der Gestaltungsmächtigen in Zukunft vermehrt mutige Geheimnisverräter rechtzeitig zur Kenntnis genommen werden, und dass die Anerkennung von solchen Petzer-Helden zunehmen wird.

(Deutschsprachige) Phantastik-Funde

  • Klaus Jarchow liefert seinem ›Stilstand‹-Blog einen feinen kleinen Text über die Tugend von die Phantasie kitzelnden Leerstellen in Texten, Ehret die Lücken!, illustriert anhand der Geschichte »Die Grube und das Pendel« von Edgar Allan Poe.
  • Holger M. Pohl hat eine neue Kolumne für ›Fantasyguide‹ verfasst: Proll vs. Niemand. Auch wenn mir HMPs Text ein wenig zu gehässig geraten scheint, finde ich es trefflich, wie er die in SF-Genrekreisen typische Erregung einiger über den Erfolg anderer kommentiert. Stein des Anstoßes war dieser Thread bei SF-Netzwerk: Kritik an SF Neuerscheinungen, Iwoleit vs. Heitz oder schaden Autoren wie Heitz der SF?, aus dem dann dieser allgemeinere Thread hervorging: Exploitation SF, Annäherung an ein Phänomen. Ich denke ja, es ist unfair, sich bei der Klage über die Verflachung des geliebten Genres lediglich auf die erfolgreichen Autoren einzuschießen. Immerhin ist es das Zusammenspiel von Autoren-Ambition, Programmgestaltung und Vermarktungstrategien der Verlage, sowie der Nachfrage von Kunden, die dazu führen, dass enervierend seichtes Zeugs das Feld dominieren.
  • Noch einmal SF-Netzwerk, wo in diesem Thread Übersetzungen, Beurteilung von Romanübersetzungen einige kluge Ausführungen zur Kunst des Übersetzens zu finden sind.
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Zuckerl

  • Wie immer empfehle ich das neuste RSAnimate-Filmchen. Diesmal illustrieren die Meister von ›cognitive media‹ einen Vortrag von Sir Ken Robinson zum Thema Changing Education Paradigms, und besonders gelungen finde ich, wie das noch übliche Schulsystem mit der Logik von Fabriken verglichen wird.
  • Sobald ich mein PayPal-Konto entsprechend aufgepimpt habe, werde ich das hier bestellen: The Science Tarot. Obwohl ich mit ›Eso-Kram‹ nichts mehr (oder nicht mehr viel) am Hut habe, hege ich immer noch eine Schwäche für originelle Tarot-Karten. Ich verstehe das Tarot als eine Art interaktives Comic, das sich immer wieder zu neuen Geschichten auslegen lässt.
  • Mike Shaughnessy hat für ›BoingBoing‹ einen bewegenden Text zum Thema ›der Blick von Immigranten auf die neue Heimat‹ geschrieben, und es geht nicht um Muslime in der westlichen Welt, sondern um einen Deutschen in Amerika: My Man Anton Schutz: An Immigrant's View of the New York.
  • Dem ›Wall Street Journal‹ hat der geniale Scott Adams — der als Schöpfer der »Dilbert«-Strips dafür sorgt, dass Büromalochern dank Humor emotionelle Gesundheit bewahren — ein Interview gegeben: How to Write Like a Cartoonist.
  • Als sichere Weihnachtsbeglückung für mich darf ich mich auf den nächsten Film der Coen-Brüder freuen: True Grit, und ich bin schon sehr gespannt, wie sich dieser Rache-Western machen wird. Hier der bisher zweite, längere Trailer.

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Molos Wochenrückblick No. 23

Eintrag No. 661Habe mit Hilfe von ›Google Font‹ (genauer: den Schriften ›IM Fell Great Primer‹ {für Überschriften}, ›IM Fell English‹ {für Fliesstext} und ›Cantarell‹ {für Zitate}) die Molochronik aufgehübscht. Hoffe, auf Euren Browsern kommen die neuen Schriften genauso fein rüber, wie bei mir. Während der letzten Woche gabs vielleicht für den ein oder anderen Eurer Browser Darstellungsprobleme, die aber inzwischen behoben sein dürften. — (Nebenbei: Habe bis gestern nicht gewusst, dass der Windows-Explorer eine ›Kompatibilitätsansicht‹ hat. Sozusagen eine Schwimmflügelfunktion für Seiten, die der Explorer nicht gescheit darstellen kann. Schmunzeln streichelt meine Wangen.)

Lektüre: Zwei mal Science Fiction dieser Tage, genauer, Science Fiction-Spielarten.

Einmal Steampunk für Jugendliche von Scott Westerfeld (Text) und Keith Thompson (Illus) deren zweiter Band der »Leviathan«-Trio frisch bei mir eingetrudelt ist: »Behemoth«. Charlie Jane Anders zeigt bei ›io9‹ einige der wundervollen Illustrationen von Keith Thompson: Even Stranger Creatures… (auf Thompsons eigener Website tut sich derzeit nicht viel Neues, da er, wie es heißt, bei einer Filmproduktion mitschwitzt. Bin ja mal gespannt, welchen Streifen er mit seinem Design veredelt!), und für ›Boing Boing‹ hat Cory ›Little Brother‹ Doctorow eine knackige Empfehlung mit so gut wie Null Spoilern geschrieben.

Zum zweiten habe ich mir am Wochenende auf dem BuCon in Dreieich bei Herrm Autor höchstselbst »Tentakelschatten« besorgt, Auftakt einer Militär-SF-Trio, und von Dirk van den Boom signiert mit dem Sprüchlein »Nein Molo, das ist nicht niveauvoll«. — Ich muss zugeben, dass Militär-SF eigentlich nicht unbedingt mein Ding ist. Zudem ist mir fast schon peinlich zu gestehen, dass mir einige von Dirk van der Booms Foren-Kommentaren kreuzunsympathisch sind. Dennoch: immer und immer wieder habe ich Gutes über die Tentakel-Trio gehört, von der Dirk selbst verspricht, dass sie Aliens, Wummen und Titten Ärrrotik bietet (so von wegen ›Chicks with Guns‹). Und somit darf ich nicht wenig überrascht verkünden: hab als Arbeitswegslektüre bereits gut die Hälfte der ca. 200 Seiten weggeschlürft und bin angetan von Dirks Schreibe! — Stimmt schon: niveauvoll ist »Tentakelschatten« nicht, aber eben flott und straff geschrieben, alles andere als dumm oder (was ich ja befürchtet hatte) zu glatt gefällig ausgedacht, ergo: eine sehr kurzweilige Lesefreude. Hätte eigentlich locker mal von einem großen Publikumsverlag verlegt werden können (wenn die Eier hätten).

Netzfunde

  • Für Literaturkritik.de‹ hat Fabian Kettner eine lesenswerte Rezension zum Opus Magnus »Ein Vertrag mit Gott« von Graphic Novel-Stammvater Will Eisner geschrieben: Die Ur-Graphic Novel.
  • Nun ist »Zettel's Traum« von Arno Schmidt endlich endlich endlich in gesetzter Form erschienen (auch wenn ich noch auf mein Exemplar warte), und der Suhrkamp-Verlag hat eine Mannschaft Autorinnen & Autoren schangheit, die im ›Schauerfeld‹-Blog von ihren Lektüreabenteuern mit diesem Riesentrumm von einem Buch berichten. Da gibts natürlich selten dämliche oder am Thema vorbeitrudelnde Texte, aber exemplarisch gelungen ist z.B. dieser Eintrag von Andreas Platthaus.
  • Diesen offenen Brief von Henryk M. Broder und Reinhard Mohr an Christian ›NMP‹ Wulff kann ich nur zustimmend abnicken und »Genau, genau, genau« murmeln: Gehören wir Ungläubigen auch dazu? (und ich bin ja sonst kein Freund der Schreibserlei von Broder und / oder Mohr).
  • Douglas Coupland macht einem die miesen Zukunftsaussichten zu einem Vergnügen mit seinen A radical pessimist’s guide to the next 10 years . Besonders spooky finde ich seine Prognose, dass die beiden Pole des kommenden Alltags durch Gefängnis und / oder Shoppen markiert sein werden.
  • Ted Chiang ist mir vor einigen Monaten aufgefallen als brillanter Kurzgeschichtenautor, der erstaunliche Vielfalt und Gedankenfeuerwerke an den Tag legt. Letzte Woche erschien als BonBon eine neue Geschichte von ihm auf der ›Subterranpress‹-Website: »The Lifecycle of Software Objects«.
  • Ach ja, es war ja Buchmesse, die aber diesesjahr bis auf den Dreieich-BuCon an mir vorbeiging. Hier könnt ihr Andrea Dieners ›F.A.Z.‹-Fazit zur Messe lesen: Angenehm stillgestanden , und neben dem wie immer unübertrefflichen Don Alphonso hat sie im Buchmesse-›F.A.Z.‹-Blog ›Überdruck‹ von der Messe berichtet.

Phantastik-Funde

  • Auf dem Gründungskongress der Gesellschaft für Fantastikforschung habe ich Clemens Ruthner kennen- und wertzuschätzen gelernt. Clemens unterhält eine stoffreiche Website; ich verlinke hier auf sein PDF-Angebot Niemandsland: Academic Writing. Ganz besonders gefreut hat mich freilich sein Text zu Alfred Kubins »Die andere Seite«.
  • Schon seit einiger Zeit läuft eine kurzweilige Beitragsreihe bei ›Schöner Denken‹. Die ›Serienflittchen‹ gucken die vielleicht beste aller (zumindest meine Lieblings-)SF-Serie(n), Joss Whedons »Firefly«. Ganz besonderen Fetz bringt diese Blog-Reihe, weil das Serienflittchen-Team sich die Mühe macht, zu jedem Beitrag kuriose Fan-Links auszubuddeln.
  • Es ist vollbracht!!! Oliver Kotowski führt seine phantastische Weltreise auf ›Fantasyguide‹ (nebenbei: Gewinner des Deutschen Phantastik Preises als ›Beste Internetseite‹) mit der atlantisch-anglo-amerikanischen Sphäre zu Ende: Sechster Zwischenstopp: Nordamerika und Großbritannien, und bespricht dabei Werke von Salvador Plascencia, Kelly Link (Yeah!), Matt Ruff (Doppel-Yeah!!), Margaret Atwood, Antonia S. Byatt (gute Wahl!) und Terry Pratchett.
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  • Zwei Links aus dem immer einen Besuch lohnenden Blog des Künstlers und Designers John Coulthart, beide Male zum Werk des Illustrator Sidney Sime: einmal zu Kurzgeschichten des Phantastik-Klassikers (und eines speziellen Liebelings von mir) Lord Dunsany, und dann zu einer wüsten Haschisch-Phantasmagorie von HE Gowers.
  • Endlich mal was richtig Lustvolles, was sich aus Lego-Steinchen basteln lässt: Lego for Adults. Verstörenden Effekt haben diese Werbemotive. Als ob sich die Strip-Club-Hupfdolen aus dem alten »Duke Nukem« in der Echtwelt materialisiert hätten.
  • Hatte lange keinen »Star Wars«-Kram mehr hier. Also bitteschön, viel Spaß mit diesen nostalgischen Ansichtspostkarten.
  • Vielen Dank an Gero, der mich beim BuCon in Dreieich auf den Fantastik-Künstler Raymond Swanland hinwies. Ganz besonders beeindruckend finde ich die Arbeiten, die er als ›Personal Works‹ einstuft.
  • Ein Film, dem ich schon entgegenfibbere, ist »The Tempest« von Julie Taymor. Schon »Frida« und »Titus Andronicus« haben mich beeindruckt, und ich bin gespannt, wie sich Shakespeares letztes Werk machen wird, wenn Helen Mirren die Hauptrolle des Zauberers Prospero (hier freilich: Prospera) im Exil inne hat.

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Molos Wochenrückblick No. 22

Eintrag No. 658 — Die Reise nach Hamburg und der dortige Gründungskongress der ›Gesellschaft für Fantastikforschung‹ war eine wunderbare Sache. Meinen Bericht über den Eröffnungsabend habe ich noch während des Kongresses zustande gebracht (über den Rest berichte ich, sobald ich wichtigere Illustrations- und Textverpflichtungen abgearbeitet habe).

Lektüre: Kommt selten vor, aber die letzte Woche war ich ziemlich lesemüde. Doch wieder einmal hat der »BAROCK-ZYKLUS«-Virus mich erwischt. Dieses Riesenwerk von Neal Stephenson habe ich bereits jeweils einmal auf Englisch und Deutsch genossen. Am Mittwoch konnte ich dem Angebot einer kompletten englischen Hörbuchlesung nicht mehr widerstehen, und habe mir den ersten (»Quicksilver«) von 7 Teilen besorgt, also die ersten ca. 15 Stunden von insgesamt etwa 124 Stunden. Und ich kann sagen, die Lesung von Simon Prebble gefällt mir und ich bin (wieder mal) hingerissen. Ja, ich gehe sogar so weit, im Augenblick geneigt zu sein, dieses Riesenwerk als den bisherigen Lektürehöhepunkt meines Lebens einzustufen.

Ansonsten greife ich für Zwischendurch zu meinen neuen »Transmetropolitan«-Sammelbänden. Ist ewig her, seit ich die Abenteuer von Spider Jerusalem in Einzelheften gelesen habe. Stelle fest, dass diese gesellschafts-kritische Science Fiction-Satire immer noch beachtlichen Wumms hat. Nicht umsonst bewachen Spider und seine Mutantenkatze Missgeburt meinen Verstärker. NETZFUNDE

  • Im ›Guardian‹ erzählt der unvergleichliche Stephen Fry unhaltsam und geistreich wie immer, warum er, aus jüdischer Familie stammend, die Musik von Richard Wagner mag: Why Stephen Fry loves Wagner. Weitere gute Nachricht Mr. Fry betreffend: er wird in der Fortsetzung von Guy Richies »Sherlock Holmes« den älteren Bruder des Meisterdetektivs, Mycroft Holmes, geben.
  • Für ›Telepolis‹ berichtet Thomas Pany über die ertstaunlichen Ergebnisse eines US-Studie, derzufolge Atheisten besser über Religionen Bescheid wissen (als religionsgläubige Bürger).
  • Anlässlich der Biographie »Sarah: The Life of Sarah Bernard« liefert Graham Robb für ›New York Review of Books‹ einen unterhaltsamen Text über The Divine Sarah. Großes Schmunzeln erregte bei mir die Anekdote betreffs eines Ausspruchs von Alexandre Dumas den Jüngeren, der sinngemäß meinte:
    »Wissen Sie«, sagte er über die bekanntermaßen gertenschlanke Schauspielerin, »sie ist eine derart notorische Lügnerin, dass es mich nicht wundern würde, wenn sie in Wirklichkeit fett wäre!«
  • Sven Ahnert hat für die ›NZZ‹ ein Werkstattgespräch mit dem exzellenten Übersetzer Nikolaus Stingl geführt (der unter anderem meine Säulenheiligen Thomas Pynchon und Neal Stephenson ins Deutsche überträgt): Auf der Jagd nach dem richtigen Ton.

(Deutschsprachige) PHANTASTIK-FUNDE

  • Florian Schwebel hat für ›Lesen was klüger macht‹ einen ausführlichen Essay zum Thema Mythen (in/out) geschrieben. Ebenfalls lesenwert ist sein bereits etwas älterer Beitrag Das Ende des Fiktionsvertrags.
  • Es erstaunt mich immer wieder, wie groß und gut organisiert die Life-Rollenspiel-Bewegung hierzulande ist. Da gibt es zum Beispiel (bisher von mir nicht bemerkt) ein eigenes Webportal für Filme, auf dem nun die neue Reihe ›Das Phantastische Quartett‹ debutierte. In Folge 1 plauschen, moderiert von Anet Enzmann, Gesa Schwartz, Thomas Finn und Thomas Plischke über die immer wieder gern gestellte, und wohl nie endgültig zur Zufriedenheit aller beantwortbaren Frage: Was ist eigentlich Phantastik?. Das macht Freude, das bringt Laune. Ich sehe weiteren Folgen des ›Q4‹ gespannt entgegen.

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RÜGE

  • Richard Kämmerlings ist der neue leitende Kulturredakteur der ›Die Welt‹, und wie es sich anschickt, beginnt er seine Tätigkeit mit einem programmatisch-fordernden Text: Blühe, deutsches Faserland, in dem er sich wundert und beklagt, dass es immer noch keine (und das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen) ›Great German Novel‹ gibt, also ein Erzählwerk, das geeignet ist, ein Pendent zu Werken amerikanischer Autoren wie Jonathan Franzen zu sein. — Das ausführliche Ausdeuten, wie dünngeistig diese Forderungs-Jammerei ist kann ich mir sparen, denn das erledigte bereits Gregor Keuschnig von ›Glanz & Elend‹ mit seinem Beitrag Wiederbelebungsversuch an einer Leiche. Trefflich diagnostiziert Keuschnig:
    In Kämmerlings’ Traum spiegelt sich nämlich eine Sehnsucht, die disparate Gesellschaft- und Kulturentwürfe, ein Wesensmerkmal der Moderne, nicht zur Kenntnis nimmt. Wenn er schon den deutschsprachigen Kulturraum verengt auf das ›deutsche‹ respektive das ›ostdeutsche‹ — wie soll dann als Beispiel für eine zweihunderte Jahre gewachsene Einwanderungskultur wie die USA ein äquivalenter Roman entstehen können? Woraus speist sich die Annahme, dass Franzens Familie in irgendeiner Form repräsentativ für die USA ist? Da macht man sich ernsthaft Sorgen um Kämmerlings’ Amerika-Bild.

ZUCKERL

  • Habe das Blog des französischen Künstlers Sam van Olffen entdeckt. Wie Ann Vandermeer in einem ›io9‹-Beitrag trefflich beschrieb, bietet von Olffen schwindelerregende Kreuzungen aus Steampunk und Surrealismus.
  • Das ›Graphic Novel Info‹-Blog hat eine lobenswerte Übersicht zu verschiedenen Beiträgen über den von mir sehr verehrten Künstler Jaques Tardi zusammengestellt, anlässlich der Verfilmung von Tardis »Adeles ungewöhnliche Abenteuer«-Comics durch Luc Besson und dem Erscheinen des zweiten (und abschliessenden) Bandes »Elender Krieg«: Jacques Tardi in den Medien.

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