molochronik
Dienstag, 14. Juni 2011

Molos Wochenrückblick No. 58

Eintrag No. 721WICHTIGE DURCHSAGE: Mit der jüngsten Version der antville-Architektur gibt es neue Möglichkeiten:

1) Kann man sich nun auch zum Kommentieren anmelden, ohne sich bei antville selbst registrieren zu müssen. Wer ein Google, Twitter oder Facebook-Konto hat, kann ab jetzt auch dieses zur Anmeldung nutzen.

2) Gibt es nun auch eine Möglichkeit, mir direkt über eine Eingabemaske der Molochronik eine Mitteilung zukommen zu lassen: KONTAKT.

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Schöne Nachricht: Dem Literatur-Portal ›Literra‹ (genauer, Eric Hantsch, der selbst auch ein interessantes Blog führt: »Der dunkle Planet« Phantastik und lovecraft’scher Horror) gefallen meine Portraitzeichnung so gut, dass man sie für die Autoren-Seiten verwenden will. Als erstes wurde meine Zeichnung von Edmond ›Captain Future‹ Hamilton eingepflegt. — Freude!

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Ein schönes Sinnbild des Kapitalismus. Gehe auf dem Weg zur Arbeit frühmorgens in meine örtliche Sparkassenfiliale, um Geld abzuheben. Die Automatiktüren des Vorraums waren die Nacht über defekt und längere Zeit offen. Da die Viecher den Schein des Bankomaten-Monitors mit fernem Himmelslicht verwechseln, schwärmten hunderten kleine (und ein paar große) Mücken herein, um elendig beim Versuch sich am vermeintlichen Sternenglanz zu orientieren zu verrecken. Ihre vielen kleinen Leichen bedeckten die Handablage vor dem Montor fast zur Gänze. — Schade, dass ich keine Kamera dabei hatte.

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K. W. Jeter: »Infernal Devices«, Taschenbuch-Neuausgabe bei Angry Robot Books, 2011.Lektüre: Nicht sehr viel (ca. 100 Seiten) weiter gekommen bin ich mit meinem derzeitigen Steampunk-Klassiker »Infernal Devices« von K. W. Jeter. Ich bin jetzt auf Seite 233 von ca. 340 und mittlerweile weiß ich ein bischen mehr über die obskuren Machenschaften diverser Geheimgesellschaften (die so tolle Namen haben wie ›The Royal Anti-Society‹, ›Godly Army‹ und ›Ladys Union for the Supression of Carnal Devices‹), und über die schon von Beginn des Romanes weg einiges geraunt wurde, und in deren Händel und Konkurrenz-Gekabbel ›Held‹ George Dowes hineingezogen wurde. — So möchte ein irrer Wissenschaftler-Lord die Welt vernichten, um höheren, außerirdischen Intelligenzen ein Zeichen seiner Ebenbürtigkeit zu geben, damit sie ihn retten und er mit ihnen über Wissenschaft plauschen kann. Zudem hat jemand das Gerücht verbreitet, dass George nicht er selbst, sondern ein unglaublich geschickter Automat seines Uhrmacher-Vaters sei. Köstlich eine Szene, als alle von George, dem vermeintlichen Paganini-Imitations-Automaten, verlangen, ein Konzert für ein ausgewähltes Publikum zu geben, und eine Lady ihm an die Wäsche will, in der Annahme, dass George der Automat auch über die berüchtigten Sexmaniac-Eigenschaften des teuflischen Geigenvirtuosen verfügt. — Weiterhin ist mir sehr sympathisch, wie George mehr von Szene zu Szene stolpert und flüchtet, und dabei über die mehr oder minder derangierte Verfassung seines Verstandes spekuliert. Macht die Handlung zwar zu kaum mehr als einer simplen Episodenfolge, aber der elegante und sachte mit Humor gewürzte Stil gleicht diese Einfachheit wieder aus.

Als Einschlaf-Lektüre genieße ich den den sechsten »Hellboy«-Sammelband: »The Conquerer Worm«. Sehr fein, wie das Werk das gleichname Gedicht von E. A. Poe zitiert; dass wieder Mal Nazis mit okkulten Weltuntergangs-Plänen gestoppt werden müssen; dass der entsprechende Obernazi-Wissenschaftler eines seiner Labore unter einem Friedhof »in der Nähe von Ingolstadt« hatte. — Hab’ ich’s doch geahnt, dass in dieser oberbayrischen Gegend meiner Kindheit und Jugend Finsteres verborgen ist.

Markus Metz, Georg Seeßlen: »Blödmaschinen«.Hauptlektüre ist derzeit ein großartiges Sachbuch. »Blödmaschinen. Die Fabrikation von Stupidität« von Markus Metz und Georg Seeßlen. Vor allem ist das für mich eine sehr affirmative Lektüre, denn ich teile die Ansicht der Autoren, dass wir umgeben sind von Blödmachmaschinen: das Fernsehen, die Poltik, die Bürokratie, die Autoindustrie, die Unterhaltungsindustrie, die Mode, der Wissenschaftsbetrieb, die Schulen, der Sport, Mega-Events, Volksfeste und und und. Ganz simpel gefällt mir das dicke Buch (782 Seiten) bisher also, weil ich ihm so viel zustimmen kann, und — oh je! — mit dieser mich einlullenden Tröstlichkeit ist das Buch selbst leider teilweise auch nur eine kleine Blödmachmaschine.

Bisher habe den ersten von drei Teilen durch, der sich der Dialektik von Blödmaschinen (hervorragend veranschaulicht am Beispiele des Überraschungs-Eis), ihrer Geschichte und ihrer Manifestation als dumme Dinge widmet. Vor allem der historische Teil begeistert mich heftig. Da wird, zugegeben ziemlich vage, in Form von drei Erzählungen die Entwicklung dargestellt, von den alten, traditionellen Blödmaschinen (Kirche, Herrschaft, Wissenschaft) zu den neuen, (post)modernen (Medien, Mode, Waren). — Als einzige Makel muss ich die auffällig dünne Bibliographie und den fehlenden Index anführen.

Netzfunde

  • Einen kleinen Vorgeschmack auf das, was in »Blödmaschinen« abgeht, vermittelt nicht nur die oben beim Buch-Cover verlinkte Suhrkamp-Seite, auf der man eine Leseprobe der ersten 20 Seiten finden kann, sondern auch dieses polemische ›TAZ-Schlagloch‹ von Georg Seeßlen: Tracht und Niedertracht. — Oh, was habe ich mich mit Andrea gestritten über diesen Artikel. Kein Wunder, denn sie kennt sich mit Mode aus, und kritisiert (zu Recht) dass eine große Ironie der modernen Trachtenbegeisterung unerwähnt blieb: die Leutz kaufen sich nostalgisierte Heimatverbundenheit in Form von in China hergestellten Dirndeln. — Dennoch verteidige ich den TAZ-Artikel, auch wenn die Problematik im »Blödmaschinen«-Buch ungleich besser vermittelt wird, allein schon, weil hier der Mittelstands-Code ›Landhausmode‹ als Kontrast die Unterschichten-Gefängniskleidung der ›kik‹-Mode gegenübergestellt wird.
  • Was immer schon faul war an den ›Bilderberg-Konferenzen‹: da treffen sich hohe Politiker, Wirtschaftsleute, Medienmenschen aus aller Welt, und obwohl deren Gespräche zur Denk- und Handlungs-Koordination natürlich von keinerlei Bedeutung seien sollen, geheimniskrämern die Teilnehmer. Entsprechend freut mich der zweitteile Interview-Artikel von Marcus Klöckner bei ›Telepolis‹ zum Thema. Teil 1: »Einen ›Schweigepakt‹ kann ich mir nur schwer vorstellen« und Teil 2: »Notwendig wäre aus meiner Sicht hier ein sauberer investigativer Journalismus«.
  • Zu den erklärten Helden und Heiligen meiner Welt gehört Georg Kreisler. Wem der nicht bekannt ist, der möge sich schnell bitte mal mit den beiden Youtube-Clips seiner Lieder »Freiheit« und »Schützen wir die Polizei« weiterbilden. — Jan Pfaff hat für ›Der Freitag‹ ein lesenswertes Interview mit Kreisler geführt: Nirgendwo daheim. Es gibt Dinge über die kein Gras wächst..

(Deutschrachige) Phantastik-Links

  • Ich bin im Augenblick zu faul, meine Eindrücke zu »X-Men: First Class« zu beschreiben, außer, dass ich sehr zufrieden mit diesem Sommerblockbuster bin. Michael Fassbender spielt sich Film für Film in die Liga der von mir verehrten Mimen. Wenn ein Superheldenspektakel es schafft, dass ich mit einem ambivalenten (noch-)Helden der zum Bösewicht (oder zumindest Fanatiker) wird (Magneto) Mitgefühl habe, weil ich miterleben kann, wie er mit Hilfe seines (noch-)Freundes (Prof. X) seine eigenen Traumata-Blockaden überwindet, mittels des (Wieder-)Findens einen kleinen Restes Trostes und Freude in seinem verkorksten Seelenhaushalt, und dadurch zu neuen Höchstleistungen befähigt wird, und wie sich in diesem Augenblick des Satallitenschüssels-Drehens die Mimik von Eric/Magneto Freude, Schmerz, (Selbst-)Überraschung , Machtlust und Befreiung spiegeln, dann ist das großes Kino und eben ein toller Darsteller. — Meinem Empfinden recht nahe bringt (wieder Mal) Rüdiger Suchsland die Sache für ›Telepolis‹ auf den Punkt: Der zornige Jude.
  • Noch dürfen wir nicht sicher sein, ob die Meldung (hier bei ›io9‹), dass mit Tom Hanks als Produzent »American Gods« von Neil Gaiman zu einer HBO-Miniserie umgesetzt werden soll, nun etwas gutes oder schlechtes bedeuet. Aber hoffen wir mal, dass etwas Gescheites dabei herauskommt. Das Material des Buches wird offentlich nur als Sprungbrett genutzt und erheblich ausgeweitet, denn es sollen 6 Staffeln zu je 10 bis 12 einstündigen Folgen gedreht werden.

Zuckerl

  • Auf den ehemaligen Mitarbeiter von Rockstar-Games, Comic-Autor und Zeichner Brian Wood bin ich aufmerksam geworden, als ich bei dem lokalen Comicdealer meines Vertrauens (›Terminal Entertainment‹) den Band »Demo« entdeckt habe; danach genoss ich »Lokal« und schließlich seitdem die ›Vertico‹-Serien »Northlanders« und (vor allem) »DMZ«. — Hier nun geht es zu einer umfangreichen Umsonst-Portfolio von Brian Woods: Public Domain 2 mit Skizzen, Charakterstudien, Propaganda-Parodien, kurzen Comicgeschichten, Coverart-Skizzen. Ganz besonders reizvoll finde ich Woods Arbeiten, wenn er (ganz Erbe des großartigen Will Eisner) öffentliche Räume, Straßen, Ladenfassaden, Brücken, U-Bahnstationen portraitiert und dokumentiert. Hier geht es zur Download- bzw. Ansicht-Möglichkeit als PDF im Browser.
  • Der New Yorker Photograph Jordan Matter hat bisher vielleicht am meisten Bekanntheit mit seiner Serie »Dancers Among Us« erlangt. Hier in zwei Blog-Einträgen, berichtet er kurzweilig davon, wie diese Bilder zustande kommen: Conquering the Big Kahuna - Dancers Among Us at the Lincoln Center Fountain (mit einem ganz bezaubernden Sicherheits-Kollgen der keinen Spaß versteht); — One Coffee, One Shot... A Day of Dancers Among Us Ends with a Splash (wo unter anderem dieses irre Photo mit der Tänzerin Allison Jones entstand). — Lustig auch der Gastauftritt eines Doku-Filmteams vom ZDF.

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Dienstag, 7. Juni 2011

Molos Wochenrückblick No. 57

Eintrag No. 720Lektüre: Gefunden beim Buchhändler meines Vertrauens für Englischsprachiges, habe ich mir nun einen Klassiker des Steampunk-Genres vorgenommen: »Infernal Devices«, geschrieben von K. W. Jeter, dem Mann, der 1987 in einem Leserbrief an das SF-Magazin ›Locus‹ den Begriff scherzhaft geprägt hat:

{…} Personally, I think Victorian fantasies are going to be the next big thing, as long as we can come up with a fitting collective for Powers, Blaylock and myself. Something based on the appropriate technology of that era; like ›steampunks‹, perhaps… .

—K.W. Jeter

Molos Schnellübersetzung: {…} Ich selbst glaube, dass Viktorianische Phantasien bald groß rauskommen werden, vorausgesetzt, wir finden einen passenden Sammelbegriff für Powers, Blaylock und meine Wenigkeit. Vielleicht ein Name, der zu der dieser Epoche entsprechenden Technologie passt, zum Beispiel ›Steampunks‹… .

—K.W. Jeter

K. W. Jeter: »Infernal Devices«, Taschenbuch-Neuausgabe bei Angry Robot Books, 2011.»Infernal Devices« erschien erstmals 1987 (auf Deutsch bei Ullstein 1990 als »Das Erbe des Uhrmachers«). Habe etwa die Hälfte des 340 Seiten umfassenden Romanes gelesen und bin angetan. Man folgt den Aufzeichnungen von Geroge Dower, einem eher bequemen und durchschnittlichen, wenn auch gelangweilten Londoner Gentleman, der die Uhrmacher- und Feinmechanik-Werkstatt seines Vaters geerbt hat, nicht jedoch dessen Genialität. Jeter versteht es vorzüglich, die Erzähl- und Räsonier-Umständlichkeit der viktorianischen Epoche zu beschwören, sie jedoch flockig lesbar zu gestalten. — Bisher hat sich noch nicht allzu viel getan, außer Geraune von Geheimgesellschaften, Weltvernichtungsmaschinen und den Versuchen Georges, mehr über die merkwürdigen Kunden zu erfahren, die seinen geruhsamen Alltag durcheinander gebracht haben. Bisher ist es sehr vergnüglich, wie George in einem (natürlich!) nebelverschleierten London unterwegs ist, um mehr über obskure Münzen mit Fischmenschen-Portraits und die Schöpfungen seines Vaters herauszubekommen. — Ich kann dem Klappentext und Blurbs bisher zufrieden Recht geben, wenn sie »Infernal Devices« als gelungene Mischung aus H. G. Wells, Arthur Conan Doyle und Lovecraft beschreiben.

Netzfunde

  • Herr Damaschke informiert uns in seinen Notizen dankenswerter Weise, dass Bernhard Sorg einen lesenwerten Aufsatz zum Spätwerk von Arno Schmidt als PDF anbietet: »Leviathanische Tage ohne Goldrand«.
  • Hier eine traurig & wütend machende Meldung (bei ›Telepolis‹) zum Stand der Staudamm- & Wasserkraftwerk-Entwicklung am Xingu-Fluss. Da haben James Cameron (siehe »Eine Nachricht von Pandora«-Doku der Extended Collector’s Cut-Version von »Avatar«) und andere Promis noch versucht, im Protest die Weltaufmerksamkeit auf dieses Wahnwitzunternehmen zu richten, aber geholfen hat es nichts: Brasilien genehmigt gigantisches Belo-Monte-Wasserkraftwerk.
  • Ein wie ich finde wirres aber seltsames PDF: 15 Thesen zur nächsten Gesellschaft von Dirk Baecker von der Zeppelin Universitat Berlin. — Für ›Telepolis‹ versucht Jörg Wittkewitz die Thesen verständlich und kritisch auszudeuten, aber die bleiben für mich trotzdem von ausgesuchter Undurchschaubarkeit: Die nächste Gesellschaft. Wittekitz deutet es schon an, dass Baecker im Grunde versucht, Gesellschafts-Prognosen mit Technik-Sprache zu betreiben … ich gehe weiter und meine, dass Baecker im Grunde keine Wissenschaft sondern Poesie betreibt. Seine »15 Thesen« würden sich vielleicht besser als Warmschreibtext für ein Science Fiction-Szenario machen. — Mein Favorit lautet:
    Das Individuum der nächsten Gesellschaft spielt, wettet, lacht und ist ratlos. Es zählt wie in der Stammesgesellschaft, fühlt wie in der Antike, denkt wie in der Moderne und muss sich dennoch jetzt und heute an der Gesellschaft beteiligen.
    Ein Satz von überwältigender Unbrauchbarkeit.

(Deutschrachige) Phantastik-Links

  • Die neueste Science Fiction- und Fantasy-Rundschau von Josefson für den ›Der Standard‹: Intelligente Wolken und Drogennebel, diesmal mit Rezensionen zu Büchern von Hannu Rajaniemi, Karsten Kruschel, Ken Scholes, Lavie Tidhar, Nir Yaniv, Kazuo Ishiguro, Chris Wooding, Andreas Brandhorst, Nnedi Okorafor, Jeff Somers, Kai Meyer. — Ist diesmal nichts dabei, was ich (schon) kenne, oder worauf ich (nun) neugierig geworden bin. Schade eigentlich.
  • Es freut mich, dass für die ›TAZ‹ Ulrich Gutmair ein großes Lob auf den neuesten Roman von William Gibson anstimmt: Der Kommunismus der Dinge.
  • Was machen, wenn man sich teure Hirmer-Bildbände nicht leisten kann? Wenigstens gute Rezi-Zusammenfassungen des Inhalts genießen, wie Cathrin Nielsens Besprechung Gegenwelten über Werner Hofmanns »Phantasiestücke. Über das Phantastische in der Kunst«.

Zuckerl

  • Wohlverdienter Sieg beim Wettbewerb um’s beste Photo mit einem ›Last Exit Nowhere‹-T-Shirt: Best Picture of May 2011. — (Zur Info: Gewinnerin Emily Rogers trägt ein T-Shirt mit dem Firmenlogo von ›Wayland-Yukatami‹, der großen, mächtigen Firma, die in dem SF-Weltenbau von »Alien« & Nachfolgern die Fäden zieht.)
  • Die Mannschaft des ›Clockworker‹-Blogs hat mich auf die Zentrifugal-Geburtsmaschine aufmerksam gemacht. Ob die jemals getestet wurde?
  • Schräge Blog-Idee: Thom Dicomidis spinnt jede Woche ein Gedankenspiel zusammen, wie ein Zweikampf zwischen X und China Miéville verlaufen würde … offensichtlich ist Thom ein um einige Dimensionen ärgerer Miéville-Fan als ich. Bisher hat noch niemand gegen C.M. gesiegt: Could They Beat Up China Miéville.
  • Apropos China Miéville: der Meister selbst pflegt ja ein ziemlich inspiriertes Blog, ›Rejectamentalist Manifesto‹, in dem er Fundstücke teilt. Mein Liebling der letzten Zeit: Such acts of worship are conducted with a fervour that seems wholehearted but defensive (in etwa: ›Diese Gesten der Huldigung werden mit einer Inbrunst vollzogen, die von ganzen Herzen zu kommen, aber auch zurückhaltend scheint‹).
  • Naturkunde die stinkt und kracht: beginnt etwas dröge, steigert sich aber wunderbar von den seichteren zu den heftigeren Reaktionen der Alkalimetalle Lithium, Natrium, Kalium, Rubidium und Cäsium auf Luft und Wasser: Alkali Metals In Water (via ›BussFeed‹).
  • Dank eines Hinweises von ›a3kHH‹ in seinem SF-Dinosaurier-Blog habe ich mich vergangene Woche köstlich beim Stöbern im Clients From Hell-Blog amüsiert.
  • Ich weiß, ich bin spät dran damit FreddieW’s Youtube-Kanal zu empfehlen.
  • Über die VBlog-Besprechung von »X-Men: First Class« durch Nostalgic Chicks Linsey & Nella habe ich vom Bechdel-Test erfahren. Ein Film besteht den Test, wenn er die folgenden drei Kirtierien erfüllt:

    1. Mindestens zwei Frauen kommen in dem Film vor … 2. … die miteinander reden … 3. … und zwar (auch) über etwas anderes als Männer.

    Erstaunlich, welche Filme bei diesem Test durchfallen! (Infoschwall: Der Test wurde inspieriert durch den Comic-Strip »The Rule« von Alison Bechdel. Ja genau, die Autorin von »Fun Home«. Hier bei ›Femenist Frequency‹ werden die Regeln als Filmchen erklärt.)
  • Zum Abschluss ein wunderschöner Zeichentrick-Kurzfilm, Abschlussarbeit von Ya-ting Yu, sowie Yeh Ya-hsuan und Chung Ling, an der Nationalen Hochschule für Künste Taiwans: Out of Sight.

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Mittwoch, 1. Juni 2011

»Eine andere Welt« (13) — Kap. XI: Eine Reise in den April von Grandville & Plinius dem Jüngsten

Eintrag No. 719Zur Inhaltsübersicht.

Die Illustrationen einer alten französischen Ausgabe habe ich dem flick-Album von blaque jaques entnommen.

XI. Eine Reise in den April.

Erfinden heißt Reisen. Aus den Briefen eines Verstorbenen.

Im April pflanz’ Deinen Kohl Und hüt’ Dich vor deinen Freunden wohl. Wetterregel des illustrierten Almanachs.

Wie Puff sich gezwungen sah, der Erfindung von künstlichen Gemüsen zu entsagen, und eine sehr lange Reise auf dem Papiere machte.

Attila stirbt, erstickt in seinem Bette an den Folgen einer Indigestion {= Verdauungsstörung}, und die Herrschaft der Welt entschlüpft ihm; ein vorrüberschreitender Esel weidet die Distel ab, und die Pflanzen bleiben unter dem Joch der Menschen. An solchen Fäden hängt das Geschick der Staatsumwälzungen!

Philosophische Betrachtungen nähren die Seele, aber nicht den Leib. Das begriff Puff sehr wohl, als er das Haupt der Verschworenen vom Kinnbacken eines Esels zermalmen sah, und dachte nun darüber nach, was er beginnen solle, da es mit dem künstlichen Gemüse Nichts war. Da fiel ihm plötzlich ein, dass er in den schönen Wissenschaften noch Nichts unternommen hatte. Von der theoretischen Kochkunst bis zur Nationalliteratur ist es nur ein Schritt. Die Reisebeschreibungen sind in der Mode, Reisebriefe, Reiseblätter, Reisenovellen, sagte Puff: schreiben wir Reise-Papyrus; das ist ein prachtvoller Titel, er hat so etwas Geheimisvolles! Das bringt mir schon ein Mittagsessen ein. Den Titel habe ich, jetzt nur noch einen Verleger und das Buch ist fertig.

Wenig Tage nachher zeigten schon alle Leihbibliotheken als vorrätig an:

Reise-Papyrus Ausflug in den April. Von Piff-Paff-Puff, Doctor der Weltweisheit und der Waidmannskunst.

Wir wollen unseren Lesern das Leihgeld sparen und ihnen einige Capitel aus diesem interessanten Werke gratis mitteilen.

Sieben und dreißigstes Capitel. Die Fischnovelle

Was lockst Du meine Brut? Goethe.

Noch viel practischer als die Regenschirmstöcke sind die Eisenbahnstöcke auf Reisen. Wenn man müde wird von der zu raschen Bewegung, so nimmt man die Schienen unter den Füssen fort, klappt sie zusammen, steckt sie in das elegante Stockfutteral, stützt sich darauf und wandelt behaglich weiter, seine Eisenbahn in der Hand haltend. So machte ich es heute Morgen, um ganz nach Gefallen den Krümmungen eines Flüsschens mit blumenreichen Ufer in dem von mir neu entdeckten Tale, zu folgen.

Mich meinen Träumen hingebend kam ich auf dieser Wanderung endlich an ein natürliches Wehr, wo das Wasser von Klippen herabstürzte, um sich klar und durchsichtig in einem Becken zu sammeln. Plötzlich hörte ich lautes Gelächter in meiner Nähe; ich verbarg mich hinter einem Schirm von Pappeln und Weiden und wollte von hier aus den Faun belauschen, der die Najade verfolgte. Es war mir interessant die Mythologie auf der Tat zu ertappen, und ich hielt mich daher ganz still.

Aber — wer beschreibt mein Erstaunen! — ich erblickte statt der Faunen eine Bande lustiger, geschwätziger Fische, die das Sprückwort: »Stumm wie ein Fisch«, Lügen straften.

»Fressen Fische Könige?«, rief ich mit Müllners längst verschollenem Yngurd aus, als ich die schuppige Gesellschaft — dies Mal in der größten Stille — ihre Angelhaken mit Köder versehen in das Wasser werfen sah.

In weniger als einer Minute zog ein junger roter Fisch seine Angel herauf, an deren Ende ein hübsches Weibchen zappelte, das eine Diamantnadel schon mehr als halb verschlungen und sich daran gefangen hatte. Ich richtete nun die Blicke auf den Teich und sah ihn voll Männer und Frauen, deren Bewegungen ich bei der Klarheit des Wassers genau beobachten konnte. Sie schnappten sämmtlich gierig nach dem Köder, der ihnen hingehalten wurde und sehr verschiedenartig aus Orden, Epaulettes, Goldbörsen, Titeln, Ehrenzeichen bestand, nach welchem sie aber mit wahrem Heisshunger bissen.

Jetzt wurde ich inne, dass ich mich in einem verzauberten Walde befand; das Laub waren harte Taler, die Früchte Goldbarren. Ich hoffte nun menschliche Vögel und Schmetterlinge mich umflattern zu sehen, aber meine Gegenwart verscheuchte sie wahrscheinlich.

Nach Verlauf von einer halben Stunde waren die Fische mit ihrem Fange fertig; sie füllten die Körbe, schulterten die Angelruten und zogen fort, und bald trug nur noch das schwache Echo den Refrain des bekannten Chors aus der »Stummen von Portici« zu mir her:

Still, still! Dem Meertyrannen Gilt die kühne Jagd!

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Dienstag, 31. Mai 2011

Molos Wochenrückblick No. 56

Eintrag No. 718 — Welche Gemeinsamkeit haben »Thor«, »Hanna«, »Scream 4«? Sind alles Filme, die ich gerne auf Englisch im Kino sehen würde, aber seit es kein Turm-Kino mehr gibt, ist das frankfurter Angebot englischsprachiger OV-Filme erschreckend zurückgegangen. Ich erlaube mir etwas zu grummeln.

Gibsert Haefs: »Die Rache des Kaisers«, Goldmann Taschenbuch, 2011. Klick auf das Bild führt zu einer Leseprobe der ersten 40 Seiten.Lektüre: Seit ich als Jugendlicher über den Haffmans-Verlag das Schaffen von Gisbert Haefs kennen- & schätzen gelernt habe, gehört er zu den Autoren, deren Bücher mich seit vielen Jahren begleiten. Haefs hat als Krimi- (›Balthasar Matzbach‹-Romane) & HistoAbenteuer-Fabulant (»Hannibal«, »Alexander«), als Übersetzer & Werksausgaben-Herausgeber (Sherlock Holmes, Ambrose Bierce, Rudyard Kipling, Jorge Luis Borges) und als Selbsteinsprecher eines Hörbuches (»Roma. Der erste Tod des Marc Aurel« ist eines meiner Allzeit-Lieblingshörbücher) bewiesen, dass er einer der ganz wenigen hiesigen Gegenwartsautoren ist, die es druffhaben, die Tradition klassischer Unterhaltungs-Genre gekonnt fortzuführen. — Entsprechend habe ich mir die Taschenbuchausgabe der neuesten Unternehmung von Haefs besorgt, »Die Rache des Kaisers«. Der Roman erzählt die Geschichte von Jakob Spengler, der 15 Jahre alt ist, als er Anno 1519 vom Waldrand aus beobachtet, wie eine Schaar Söldner sein Heimatdorf niedermetzelt. Die Gesichter der vier Anführer prägen sich Jakob ein. Einige Jahre begleitet er als ›gefundener Sohn‹ einen orientalischen Diplomaten und dessen beiden Krieger-Diener, dann macht sich Jakob auf, die Schlächter seiner Familie zu suchen. Bisher habe ich das halbe Buch durch und finde es angenehm kurzweilig. Das Chaos und die Grausamkeiten der Bauern- & Söldner-Aufstände & Reformations-Unruhen sind passende Gelegenheiten, um kritische Gedankengänge über Religion, Gott, Abkehr vom Glauben, soziale Ungerechtigkeit und dergleichen einzustreuen. Wie immer versteht es Haefs, knapp und ohne langes Gefasel ein lebendiges Ensemble zu schaffen, Orte zu beschwören, komplexe Zusammenhänge zu erklären. Geschickt werden die ernsteren und abenteuerlichen Passagen abgewechselt durch beispielsweise romantische, zünftige oder alberne Stellen. Wenige Unterhaltungsautoren beherrschen diesen Kniff. — Ich liebe es, wenn plötzlich in einer eigentlich ziemlich harten Rachegeschichte wie hier, solche Sachen abgehen: Jakob und Freund / Waffengefährte Avram verbringen schwermütige Tage in Venedig und verfallen beim Wein in folgenden Dialog (Seite 204). Avram fragt, mit welchem Spitznamen Jakob Venedig bedacht hat:

»Kanalrattenstadt«, knurrte ich, »mit Wänden voller Kanalrattenschatten.« {…} »Schlafen Ratten auf Matten? Werfen dabei Kanalrattenmattenschatten?« Er {= Avram} rülpse leise: »Das will erwogen sein. Wenn sich zwischen platten Schatten satte Ratten matt begatten…«

Meine Freude am neuen Roman von Gisbert Haefs ist eine passende Gelegenheit, einige Erzähl-Tugenden zu benennen, welche »Die Rache des Kaisers« beispielhaft auszeichnen, und die ich allen Genre-Autoren zur inniglichen Beherzigung nahelegen möchte: — 1) Überkandidelte Sprache braucht kein Mensch. Aber es steht auch vornehmlich auf Unterhaltung abziehlenden Reissern gut an, die Prosa (natürlich passend zum jeweiligen Stoff) hie und da mit kleinen Sprachkapriolen zu würzen. — 2) Zeiträume können ruhig übersprungen, die Schilderung von Ereignissen gerafft werden. Haefs führt das glänzend vor. Abenteuerliche Romane werden nicht unbedingt besser, wenn sie aufgebläht werden, weil sie immer eng am Zeitstrahl entlangkriechen. Die Darstellung von Lebensabenteuern werden nicht zwangsweise ergiebiger, wenn man alles was vorfällt ausbreitet. — 3) Ruhig ab und zu einige Originaltöne einflechten. So bringt Haefs seinen Lesern die schreckliche Plünderung Roms durch spanische und deutsche Söldnertruppen durch Ausszüge aus der Chronik eines gewissen Gregorius oder Georgius nahe; zitiert die Nachwehen des Grauens durch die Schriften des Landsknechthauptmanns Sebastian Schertlin von Burtenbach. Früher im Roman listet der Icherzähler Jakob die Forderungen der aufständischen Bauern in deutschen Landen auf. So lassen sich geschickt die Kleinigkeiten von historischen Panoramen auffächern. — 4) Wiegesagt: Keine Angst vor Albernheiten oder ›Sentimentalitäten‹ oder blumigen Sprachbildern. Hier eine für meinen Geschmack besonders gelungene Stelle, wenn Jakob, inzwischen gute 20 Jahre alt, eine letzte Nacht bei seiner Geliebten Laura in der Nähe von Venedig verbringt, bevor er sich wieder auf den Weg macht, sich an den vier Mordbrennern zu rächen:

Für Laura und mich wurde es eine lange weiße Nacht. Zwischendurch gab es etwas, das ich nicht Liebe nennen mag, eher einen verzweifelten gegenseitigen Angriff; der Rest war Reden, Fragen, Nachfragen, Vorwürfe. Und Laura war nie schöner als in jener Morgendämmerung, da sie neben mir lag, auf den rechten Ellenbogen gestüzt, die Honigkaskaden des Haars über Schulter und Brust. Schön wie ein geschliffenes Schwert. Als es mir das Herz schlitzte, als ihre Augen Leid sprühten und dabei trocken blieben, hätte ich gern geweint.

Jakobs Abenteuer werden im Oktober dieses Jahres mit »Das Labyrinth von Ragusa« fortgesetzt.

Netzfunde

  • Reiseberichte sind immer eine gute Lektüre. Ich durfte zuhause in den letzten Tagen schon Andreas Begeisterung für die »Russische Reise« von John Steinbeck & Robert Capa aus dem Jahre 1948 erleben. Ein Hoch auf die Büchergilde Gutenberg und die von Illja Trojanow herausgegebene Reihe ›Weltlese‹. Hier eine ausführliche Empfehlung von Thomas Hummitzsch für das Portal ›Glanz & Elend‹: Menschen wie du und ich.
  • Hatte noch keine Zeit für gründliche Lektüre des Eintrages Imagination im Online-Philosophie-Lexikon der Universität Standford. Wird aber noch erledigt.
  • Es ist mir immmer ein Vergnügen, wenn respektable Literaturkritik sich Sachen vornimmt und zudem lobt, die von feuilletonistischen oder akademischen Kreisen leider allzuoft links liegen gelassen werden. Hier bei ›Literaturkritik.de‹ bricht Ole Petras eine Lanze für DEN Meister der erotisch angereicherten ›langbeinige Grazien‹-Comics: Sex in Zeiten der Anarchie: Zur Milo-Manara-Werkausgabe, am Beispiel des Comics »El Gaucho«.
  • Folgendes ist so irre und doch passend, als ob Metallica Beethoven-Symphonien interpretieren würden. Für die ›Financial Times‹ hat Stephen Fry ein Interview mit Lady Gaga geführt. Atemlos las ich Frys Bericht und lauschte dem Treffen dieser außergewöhmlichen Künstler im kompletten Interview, wenn Fry und Gaga locker mit Oscar Wilde, Bert Brecht und Thomas Mann um sich werfen. — Hier als Zugabe ein Link zum ersten Teil vom HBO Special: Lady Gagas Monster Ball. Und jetzt dürft Ihr Euch aufhören zu wundern, dass ich was mit Lady Gaga anfangen kann. »The Fame Monster« und »Born This Way« sind gloriose Meisterwerke der überproduzierten Popmusik und wie Fry auch, habe ich mir bei den ersten Musik-Videas von ihr gleich »Aha, Verfremdungseffekt! Kabarett!« gedacht und den Wahnsinn für gut beheissen.

(Deutschrachige) Phantastik-Links

  • Ich selber werde wahrscheinlich kaum dazu kommen, an der SF-Challange des Schweizer Anlegestelle für Bibliophile ›raVenport‹ teilzunehmen. Aber die Aktion findet meine Sympathie und ich bin gespannt auf die Beiträge.
  • ›Fictionfantasy‹ und ›Literatopia‹ präsentieren Der Phantast No 2: Dunkle Zeiten, 82 satte Seiten, diesmal mit deutlich verbessertem Layout, feinen Illustrationen von Frank Melech, und lesenswerten Artikeln und Rezensionen. Besonders freuen mich die Besprechungen zu Karl Capeks »Der Krieg mit den Molchen«, zu Paolo Bacigalupis »Biokrieg« und der begonnenen Gesamtausgabe von »Valerian & Vernonique« von Jean-Claude Mézières & Pierre Christin.
  • Das lobe ich mir. ›Deutschland-Radio: Wissen‹ hat ein kurzes Feature über RETRO-FUTURISMUS: Der Steampunk erobert Deutschland gebracht und diesbezüglich jemanden interviewt, der bescheid weiß: Clockworer-Kapitän Serenus Zeitbloom.

Zuckerl

  • ›peacay‹ bietet in seinem erstaunlichen Blog ›BibliOdyssey‹ wieder mal eine Gemme der Illustrationskunst: Peter Pan in Kensington Gardens, mit Arbeiten des unvergleichlichen Arthur Rackham zu James M. Barries Meisterwerk.
  • Der geniale John Coulthart hat für ›Tor:Com‹ eine Übersicht zusammengestellt: H.P. Lovecraft’s Favorite Artists, die solch illustre Meister der graphischen Seltsamkeiten und Extra-Devi-Vaganz wie Heinrich Füssli, Francesco Goya, John Martin, Gustave Doré, Sidney Syme, Nicholaus Roerich, Anthony Angarola und Virgil Finlay, versammelt
  • Sehr appart finde ich gelungene Mischungen aus Horror und Niedlichkeit, wie z.B. das ›2photo‹-Portfolio von Tony Sandoval zeigt. Besonders grauslig-niedlich finde ich diese nackte Schönheit mit Monster-Eingeweiden; — diese im Wasser sich spiegelnde Geistererscheinung; — und diese umschlungenen Skelette, die mich an eines der besten Roman-Enden aller Zeiten erinnern (»Der Glöckner von Notre-Dame« von Victor Hugo).
  • Nostalgie-Anfall! Beim Stöbern in iTunes habe ich entdeckt, dass Nik Kershaw immer noch vor sich hin bosselt. Als Teen war ich ein großer Fan seiner Alben »Human Racing« und »The Riddle«. Inzwischen hat er seine alberne Haarpracht abgelegt und sieht er aus wie ein richtig handfestes englisches Mannsbild. Und ich bin entzückt, über die Akustik-Version seines Hits »Wouldn’t It Be Good«, zu finden auf dem Album »No Frills«.
  • Im ›Ich höre gerade‹-Thread bei SF-Netzwerk bin ich dank eines Tipps von Kopernikus aufmerksam geworden auf Venice Classic Radio.
  • Zum Schluss ein wenig derbe Bildungshuberei. Zu meinen liebsten Musik-Schätzen gehört die »Madrigal History Tour« der King’s Singers (begleitet vom ›Consourt of Musicke‹ unter der Leitung von Anthony Rooley). Unter den aus Deutschland stammenden Liedern der Sammlung befindet sich »Vitrum Nostrum Gloriosum«, und so klingt das schöne lateinische Sauflied in der Aufnahme der King’s Singers selbst (hier in der Fassung der TV-Serie zur geschichtlichen Madrigal-Europareise). Der Text geht so:
    Vitrum nostrum gloriosum, Deo gratissimum. O, vitrum! Levate! Fac, fac, bibe totum extra, ut nihil maneat intra, Depone! Hoc est in visceribus meis. Prosequamur laude!

    Und wenn ich die englische Übersetzung des Beiheftes der CD ins Deutsche übersetzte ergibt sich folgender Inhalt:

    Unser herrlicher Kelch, zum höchsten Gefallen Gottes. Oh Kelch! Hebt ihn hoch! Kommt, trinkt ihn aus bis auf den letzten Tropfen. Hinunter damit! Ich fühle wie es {das Getränk} mich innerlich wärmt. Lasst unser Lob sich ihm anschließen.

    Und es gibt noch Winkel in der Welt (kann jemand das Schild das ab und zu rechts oben im Bild zu sehen ist entziffern?), wo nicht gelehrte Sänger sondern das gewöhnliche Volk rustikal dieses Lied anstimmen: Vitrum nostrum gloriosum.

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Dienstag, 24. Mai 2011

Molos Wochenrückblick No. 55

Eintrag No. 717 — Brutale Woche. Erstens, weil ich kein Sonnenmensch bin und die Invasion des Sommers entsprechend nicht zu schätzen weiß. Die zwanzig Minuten Regenschauer, mit denen ich am Sonntag beglückt wurde, waren mir zu wenig. — Zweitens, weil zwei meiner Kollegen von Krankheit darniedergerafft wurden und ich sechs Tage Dienst hinter mir habe. Dadurch blieb weniger Zeit zum Lesen, Daddeln, Stöbern und entsprechend wenig Links gibt es diese Woche.

Aber: Andrea hat mir von ihrem letzten Kurzaufenthalt in Italien ein hübsches Anti-Atomkraft-Shirt der ›Legambiente‹ mitgebracht. Zu sehen ist der Venezianische Löwe im Simpsons-Stil, mit drei Blinky-Augen und der Pfote auf einem Atommüll-Fass (statt dem Buch der Stadt).

Lektüre: Immer wenn ich besonders wenig Zeit und Nervenstärke fürs Lesen erübrigen kann, greife ich auf die exzellente Hörbuchfassung von Neal Stephensons »Barock-Zyklus« zurück. Im Lauf der letzten Woche habe ich das zweite Drittel dieses gigantischen Werkes, Band 2 »The Confusion«, zu Ende gehört und bin weiterhin äußerst entzückt davon, wie gekonnt Simon Prebble den Roman vorträgt. — Kurze Hörprobe gibt es bei ›Audible‹.

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In zwei Tagen unterwegs weggeschlürft habe ich das neueste auf Deutsch bei Tropen erschienene Buch von Douglas Coupland: »Marshal McLuhan. Eine Biographie«. Dazu muss ich sagen, dass ich (bisher) kaum eine Ahnung von McLuhan hatte, außer, dass er in den Sechzigerjahren prophetische Bücher über unsere moderne Medienwelt geschrieben hat. Natürlich kenne ich die zwei Aussagen von ihm, die zum fixen Fundus eines jeden Bullshit-Bingos zum Thema moderne Medienwelt gehören: — 1) »Das Medium ist die Botschaft« (gemeint ist laut Coupland: »der augenscheinliche Inhalt sämtlicher elektronischer Medien ist unerheblich und das Medium selbst hat eine viel größere Auswirkung auf die Umwelt und Konsumenten«); — 2) »Die modernen Medien machen die Welt zu einem globalen Dorf« (gemeint ist: »elektronische Technologien sind eine Ausweitung des menschlichen Zentralnervensystems und die kollektiven Nervenleitungen unseres Planeten bilden eine einzige blubbernde, diffuse, quasi-fühlende, rund um die Uhr akrive Meta-Community«). — Coupland bereitet das Thema kurzweilig und doch eigenwillig auf. Seine Art, sich eher wie ein Objektkünstler dem Schreiben zu widmen ist offenkundig, wenn er wie bei einer Collage Anagramme, Internet-Auszüge und Zitate zu einem großem Gedankenbild anordnet. Zudem traut er sich, seine sehr persönliche Sicht auf McLuhan anzubieten, was das Buch zu einer weniger verkopften Angelegenheit macht, als man bei dem Gegenstand befürchten mag. — Wichtig ist Coupland unter anderem, dass die körperliche Verfassung, vor allem die dies Gehirns, zum Verständnis der Besonderheit eines Denkers wie McLuhan ist. Ein Beispiel dafür (wie auch für Coupland persönliche Färbung) liefert eine Fussnote auf Seite 61, bei der ich Tränen gelacht habe:

Halloween 1988 habe ich mit dem Rauchen aufgehört. Im Dezember lief ich durch einen Schneesturm, nieste wie noch nie zuvor in meinem Leben und hatte danach einen Gewebeklumpen in der Hand, der aussah wie eine kernlose grüne Weintraube. Durchzogen von blutigen Äderchen. Ich war natürlich mit den Nerven am Ende und lief sofort zum Arzt, der mir erklärte, ich solle dankbar sein, »Immerhin ist es jetzt draussen«.

Hier geht es zu den ersten 26 Seiten des Buches als PDF-Leseprobe.

Hier ein Schmankel zum Kennelernen von McLuhan ein vierteiliges Youtube-Video (genauer: Tonmitschnitt) eines Vortrages. Leider ist nicht angegeben, wo und wann McLuhan diesen Vortrag gehalten hat, wahrscheinlich irgendwann in der zweiten Hälfte der 60er-Jahre. Man bekommt einen guten Eindruck, warum McLuhan als provokaten Thesen verbreitender Prohet und fesselnder Redner galt: Marshall McLuhan - Address to Author's Luncheon (1 von 4).

»L. A. Noire« für die Playstation 3.Spiel: Freund David hat bereits gemeldet, dass ihn »L. A. Noire« enttäuscht hat, er aber gespannt ist, wie ich dieses Spiel finde. Ich hatte bis Sonntag noch Dienst, und damit nicht wie David die Möglichkeit »L. A. Noire« in kurzer Zeit durchzudaddeln. Vielleicht ein Vorteil, denn die knappen Sessions, die ich bisher als Kommissar Phelps im Los Angeles des Jahres 1947 verbachte, haben mir sehr gut gefallen. — Okey, es dauerte einige Zeit, bis ich mich an den Stil des Spieles gewöhnt habe. Bei den bisher von mir gespielten Rockstar-Titeln (der moderne Gangster-Kracher »GTA IV« inkl. seiner beiden Erweiterungen und das Spätwestern-Epos »Red Dead Redemption« inkl. der Zombie-Erweiterung) konnte ich weitestgehend frei Schnauze durch die Welt eiern und viele unterschiedliche Dinge abseits der Haupt- und Neben-Geschichte(n) anstellen. Deshalb gelten diese Spiele auch als ruhmvolle Beispiele für das ›Open World‹- oder ›Sandbox‹-Spiel-Genre. Im Gegensatz dazu verschleiert »L. A. Noire« kaum, dass der Spieler auf einem ziemlich gradlinigen Pfad durch die Geschichte gelotst wird. Zudem kann man sich nicht wie in bisherigen Rockstar-Welten nach Herzenslust benehmen. Als Gesetzteshüter ist man angehalten, keinen Sach- oder Personenschaden anzurichten. Kein chaotisches Remmidemmi also, was durchaus schade ist. Allerdings wird dieser ›Makel‹ (für mich) wieder mit der Athmosphäre und Geschichte ausbalanciert. Das Spiel macht auf mich, trotz der ein oder anderen humorigen Nuance, einen erstaunlich reifen und erwachsenen Eindruck. Der Ton und die Figurenzeichnung von »L. A. Noire« sind sozusagen die Umkehrung von »GTA IV« und »Red Dead Redemption«: bei den beiden Vorgänger dominierte deftige, mitunter zynische Satire den Gesamteindruck, und hie und da eingestreute ernste Facetten erinnerten an die grimmigen Tatsachen der realen Welt, die dem Weltenbau der Spiele zugrundeliegen. Bei »L. A. Noire« wird man als Ermittler Phelps Stück für Stück in die unangenehme Position bugsiert, hilflos zu durchschauen, dass man als Handlanger der politisch gut vernetzten Übeltäter einen Unschuldigen nach dem anderen als Sündenbock einbuchtet. — Ich bin schon gespannt, wie die ganze Geschichte ausgeht.

Nachtrag: Freund Volker B. hat in seinem Blog ›Random:Notes‹ mehrere Einträge zu »L. A. Noire« geschrieben: einmal seine allgemeinen Eindrücke nach der ersten Spielsitzung: L.A. Noire (I); für die Website von T-Online dann diese (auch oben beim Cover des Spiels verlinkte) Rezension Der Tod in der Stadt der Engel; und wieder in seinem Blog diesen quirligen Bericht einer längeren Session in etwa aus der Mitte des Spieles: L.A. Noire (III) – jetzt mit +++ Liveticker +++.

Netzfunde

  • Ich sammle ja Anthologien. 1) Weil die sich vorzüglich eignen, Kenntnisse zu erweitern, unnützes Wissen anzuhäufen & sich neuen und unbekannten Themenfeldern zu nähern; 2) Weil mein Anthologie-Vorrat mich davor bewahrt, nicht zu wissen was ich lesen soll, da Anthologien prima Lesekitt zwischen zwei Büchern sind. — Zu meinen Lieblingsanthos gehört »Eyewitness to History«, herausgegeben von John Carey, Avon Books 1990 (US-Augabe von »The Faber Books of Reportage«, 1987). — Zwar hatte ich noch nicht viel Zeit zum Stöbern, finde es aber doll, dass man diese Anthologie-Idee auch ins Internet übertragen hat: EyeWitness to History (Augenzeugen der Historie).
  • Peter Bürger hat für ›Telepolis‹ einen fünfteiligen Artikel über den römisch-katholischen Männerbund verfasst: Die große »Mutter Kirche« und ihre Söhne.

    Apropos: Hat zwar nichts mit Bürges Artikel, aber mit Kirche und Christen zu tun. Was mich wundert ist deren großes Schweigen dieser Tage. Im »Spiegel« und anderswo wurde vergangene Woche berichtet, wie ein altbekanntes Hamburger Versicherungshaus Mitarbeiter mit einer Runde Ringelpiez mit Anfassen in Prag ›belohnte‹, kurz: ‘ne Sexorigie auf Kosten des Hauses. Ist einerseits eine feine Art der Belohnung, gleichzeitig schweißen solche gemeinsame ›verruchte‹ Erlebnisse zusammen und machen erpressbar. Angeblich sollen Belohnungs-Veranstaltungen dieser Art verhältnismäßig verbreitet sein (was ich mir durchaus vorstellen kann und für wahrscheinlich halte, auch wenn ich nicht glaube, dass viele Firmen solche Veranstaltungen übers offizielle Konto abrechnen). — Was mich nun völlig verdutzt, ist, dass kein Christenprediger, die sich ja sonst gerne mal in alles mögliche populistisch einmischen, hierüber ein Wort äußert. Oder ich hab’s nicht mitbekommen?

  • Zu den Autorinnen, die ich außerordentlich schätze, über deren Bücher (z.B. »Schiffsmeldungen«, »Mitten in Amerika« und die Sammlungen mit Kurzgeschichten aus Wyoming, deren bekannteste wohl »Brokeback Mountain« ist, verfilmt von Ang Lee) ich aber bisher noch nichts in der Molochronik geschrieben habe, gehört die Amerikanerin Annie E. Proulx. Hier bei ›Slow TV‹ habe ich ein Video gefunden, in dem sie mit dem australischen Autor Tim Flannery über die Wechselbeziehung zwischen Wissenschaft und Kunst plaudert: Science is the new art. Ist anfangs etwas zäh, aber wenn Proulx und Flannery anfangen, von ihren Naturerlebnissen zu erzählen, wird es hochspannend.

Zuckerl

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Dienstag, 17. Mai 2011

Molos Wochenrückblick No. 54

Eintrag No. 716 — Der Berliner Phantastik-Buchladens Otherland hat mich gebeten, für den Mai-Newsletter eine kurze Empfehlung zu Jesse Bullingtons »Die traurige Geschichte der Brüder Grossbart« zu schreiben. Hier der Text:

Jesse Bullington liefert mit seinem Debütroman allen ein Geschenk, die sich nach Abwechslung auf dem Gebiet der Fantasy sehnen. Als studierter Geschichts- und Volkskundler versteht es Bullington vorzüglich, aus dem Vollem zu schöpfen, um eine mittelalterliche Welt zu entwerfen, in der sich gefährliche Mantikors, pestilenzialische Höllendämonen, zähe Hexen und verführerische Nixen tummeln. Die Wahl seiner »Helden« ist jedoch die erfrischenste Überraschung, denn die Brüder Grossbart sind rücksichtslose, fiese Grabräuber und Dank einer Mischung aus misstrauischer Verschlagenheit und selbstgefälliger Tumbheit faszinierende Gestalten. Von den winterlichen Wäldern Süddeutschlands über die Alpen, durch Norditalien, Venedig bis in die Wüste von Ägypten folgt ihnen der Leser auf ihrer Suche nach der großen Beute. Durch seine aberwitzigen Debatten über Glauben und Aberglauben, seine derbe Magie- und  brutalen Kampfschilderungen empfiehlt sich der Roman für unerschrockene Leser, die bereit sind, am Leben von sowohl Unheil verbreitenden wie anziehenden Bösewichtern teilzuhaben.

Jesse Bullington: »The Enterprise of Death«.Apropos Bullington: Der Bastei Verlag wird seinen zweiten Roman »The Enterprise of Death« Anfang 2012 auf Deutsch unter dem etwas seltsamen Totel »Vom Tode verwest« herausbringen. — Wieder bekomme ich beim Vergleich der Original-Gestaltung und der Bastei-Ausgabe Koipfschmerzen. Das Original-Cover bedient sich eines Details eines Stiches des im Roman auch auftretendenden Maler-Söldners Niklaus Manuel Deutsch (und es wird auch erzählt, wie diese Zeichnung zustande kommt, so nachts auf dem Friedhof, Künstler und Nekromantin-Hexe und einige Untote). — Ich gebe zu, dieser Werbe-Blurb links oben muss nicht sein, ja der stört sogar sehr. Dafür ist der Font schön und das graphische Motiv wird auf dem Buchrücken in Klein wiederholt (macht sich fein im Regal).

Jesse Bullington: »Vom Tode verwest«.Das deutsche Cover ist, für meinen Geschmack, allerdings wieder Mal ein Griff ins Klo. Okey, ein Zauberbuch spielt in dem Roman schon eine wichtige Rolle. Aber es sieht nicht so aus, wie hier, was Format, Beschlag und Symbol betrifft. Der Font ist schräcklich und auch die Titel-Übersetzung bzw. Neu-Erfindung finde ich bedenklich / gewöhnungsbedürftig. — Naja. Hoffentlich spricht sich ja diesertage mit »Die traurige Geschichte der Brüder Grossbart« herum, dass Bullington sich lohnt und »Vom Tode verwest« findet trotz doofer Gestaltung seine LeseInnen.

Netzfunde

  • Endlich hat in einer deutscher Zeitung mal jemand, nämlich Jürgen Kaube für die ›FAZ‹, gerafft, wie großartig die RSA Animate-Filmchen sind (Molochronik-Leser wissen, dass ich in meinen Wochenrückblicken diese illustrierten Vorträge schon seit einiger Zeit empfehle, auch wenn ich den Inhalten nicht immer zustimme … aber die Form der Aufbereitung ist atemberaubend): Der Kommentar: Zeichentrickvorlesung. Kurzfassung.
  • Ich habe den nächsten Daddel-Wahn von Rockstar Games bereits vorbestellt und am Freitag, den 20. Mai ist es soweit: dann erscheint bei uns »L. A. Noire«, das Open World Polizei-Abenteuer im Los Angeles der 40-er-Jahre. Für mich als Dashiel Hammett-, James Cagney-, Bogart- und Edward G. Robinson-Fan natürlich ein wahrgewordener Traum. Auf der Website zum Spiel haben sich mittlerweile irre Dinge getan. »L. A. Noire« für die Playstation 3.Erstens hat Rockstar ein Büschel Autoren dafür gewonnen, stimmungsvolle Krimi-Kurzgeschichten beizusteuern: Original Short Fiction Series. Bisher sind bereits »See the Woman« von Lawrence Block, »Hell of an Affair« von Duane Swierczynski und »What's in a Name?« von Jonathan Santlofer für umme zu lesen. Es werden noch Geschichten von Megan Abbott, Joe R. Lansdale (Yeah!), Joyce Carol Oates (Jupp!), Andrew Vachss (Jau!) und Francine Prose folgen. — Zweitens haben die Rockstar-Helden eine erste Folge mit Film-Empfehlungen klassischer Crime Noir-Flicks zusammengestellt: A Film Noir Round Up (Part One) mit Trailern zu »The Big Sleep«, »Sunset Boulevard«, »The Lady from Shanghai«, »The Third Man«, »The Killing«, »Double Indemnity«. — Drittens kann man sich nun einiges von der Musik die im Spiel vorkommen wird anhören: »L. A. Noire« Soundtrack. Schon bei »GTA IV« dudelte im Autoradio bei mir oft der Jazz-Radiosender.

(Deutschsprachige) Phantastik-Funde

  • Die elektronische Zwischen-Musik (fiieps, piepsel-blipp) finde ich immer noch schräcklich, aber Kleinigkeit, denn beim neusten Schriftsonar-Podcast (Folge 41) empfehlen Schneiberg und Stoffel drei gute Bücher — »Biokrieg« (»The Windup Girl«) von Paolo Biacigalupi, »Die Stadt & Die Stadt« (»The City & The City«) von China Miéville und »Die Rückkehr des Captain Future« von Edmond Hamilton — und ein viertes, das ich, schändlicherweise, nicht kenne (»Weltraumkrieger«-Antho hrsg. von Dirk van den Boom und Oliver Naujoks).
  • Annalee Newitz hat für ›io9‹ eine Liste zusammengestellt, 10 works of science fiction that are really fantasy, die ich ganz interessant finde und der ich teilweise heftig zustimme.
  • Da überkommen mich Nostalgie-Wallungen: Roland Kruse hat in seinem Blog ›Der Comic-Neurotiker‹ in der Reihe ›Klassiker-Therapie‹ Richard Corbens »DEN: Die Reise nach Nirgendwo« einen Eintrag gewidmet.
  • In der British Library zu London kann man vom 20. Mai bis zum 25. September dieses Jahres die Ausstellung »Out of this World: Science Fiction but not as you know it« zur Geschichte der Science Fiction besuchen. Der ›Guardian‹ hat dazu eine kleine Diaschau auf seiner Website eingerichtet: Science fiction: Images from other worlds; — bei diesem Quiz des ›Guardian‹ kann man sein (unnützes) SF-Geek-Wissen testen: Quiz: Science fiction facts (ich hatte 9 von 10 richtig; Frage 3 hatte ich falsch; bei Frage 1 hatte richtig geraten); — und hier eine erste Pressemitteilung der British Library zur Ausstellung: The Brontës' secret science fiction stories.

Zuckerl

  • Dan & Tom Heyerman haben auf ihrer Website ›Pants Are Overrated‹ mal Bill Watersons großartige »Calvin & Hobbes«-Comics Comic weitergesponnen: Calvin und Susi haben geheiratet und nun eine Tochter namens Bacon: Hobbes and Bacon (1); — Hobbes and Bacon (2).
  • Hier ein Naturkunde-Filmchen, der in erschlagender Einfachheit die irre schöne Komplexität von Pendel-Schwingungen veranschaulicht. Man nehme 15 Kugeln, deren Pendelgeschwindigkeit stufenweise so abnimmt, dass die schnellste Kugel 65 Mal, und die langsamste 51 Mal in der Minute hin- und herschwingen. Entsprechend offenbart der Tanz der Kugeln auf hypnotische Weise die Magie der Zahlen. Dargebracht von ›Harvard Natural Sciences Lecture Demonstrations‹. — Schöne Idee für ein Wochenend-Bastelprojekt.
  • Kyle ›Oancitizen‹ Kallgren ist meine jüngste VBlogger-Entdeckung. Dieser Brusche aus Washington D.C. rezensiert in der Reihe »Brows Held High« mit Können, Wissen und Humor Kunstkinofilme für die Portale ›Reviewtopia‹ und ›That Guy With The Glasses‹. Folgende drei Folgen kann ich als Einstieg empfehlen: : Shakespeare, Film and Kenneth Branagh – A Retrospective (endlich jemand der, wie auch ich, Branaghs »Hamlet«, trotz aller Schwächen und Nervigkeiten, für durchaus sehenswert hält); — Naked Lunch (hatte lange das Plakat des Filmes im Zimmer hängen); — Zardoz (der durchgeknallteste Connery-Film ever).
  • Zum Schluss ein kleines Klassikmusik-Häppchen, wenn Igudesman & Joo hörbar machen, wie es klänge, wenn Mozart von James Bond gekidnappt würde: Mozart Bond.

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Dienstag, 10. Mai 2011

Molos Wochenrückblick No. 53

Eintrag No. 715 — Nachdem ihr letzte Woche wegen meiner Verballertheit bis Donnerstag auf den Rückblick warten musstet, hab ich mich gesputet, diese Woche aber ganz sicher gleich am Dienstag, bevor ich zur Arbeit aufbreche, den dieswöchigen Rückblick abzuschicken (05:54 Uhr).

Lektüre: Vorgestern »Embassytown« beendet. Wahnsinns-Teil. Soweit ich im Moment abschätzen und sagen kann vielleicht mein Liebslingsbuch von China Miéville neben »The Scar« und »Iron Council«.

Netzfunde

  • Mein Held der Woche! Auch wenn die Sache ziemlich sicher versanden wird, beruhigt es mich, dass der Hamburger Arbeitsrichter Heinz Uthman Anzeige wegen (öffentlicher) Billigung von Straftaten gegen Kandesbunzlerin Merkel erstattet hat, wie Daniel Kummetz für die ›Taz‹ berichtet: Ein Jurist erregt sich.
  • Georg Seeslen hat wieder in seinem ›Das Schönste an Deutschland ist die Autobahn‹-Blog zugeschlagen: Das Ästhetische und das Politische (I) und Weitere Bemerkungen über das Schöne.
  • Meine (ich glaube) erste Verlinkung auf einen der ›SpOn‹-Blogger, natürlich Herrn Georg Diez (Der Kritiker), der in seinem Beitrag Träumen von »Xanadu« wunderbar über die Miesheit deutschen Fernsehens schreibt (Hervorhebung einer besonders gelungenen Analogie von Molo):
    Die Kombination von Verachtung und Feigheit, mit der die deutschen Fernsehmacher ihr Publikum betrachten, hat dabei durchaus politische Konsequenzen. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen vertieft in seinem Fiktion-Bereich die gesellschaftliche Spaltung, die es in seinen Polit-Magazinen beklagt. {…} Es ist eine ZDFisierung der Verhältnisse, die das Land in Seher und Nichtseher teilt.

(Deutschsprachige) Phantastik-Funde

  • Da ich derzeit ja nicht zum Rezischreiben komme, beruhigt es mich, dass ich auf Anubis’ Begeisterungs-Meldung in seinem Blog ›Lake Hermanstadt‹ zu China Miévilles vorletztem Roman »Kraken« hinweisen kann

Zuckerl

  • Tito hat in den 60ern und 70ern (unter anderem) Denkmale errichten lassen, um an Schlachtfelder oder Konzentrationslager des 2. Weltkrieges zu erinnern. Hier eine Auswahl mit 25 Jugoslawischen Monumenten, die ›Crack Two‹ zusammengestellt hat.
  • Hier eine Mappe des Künstlers Ramil Aliyev. Wunderschöne Bleistiftarbeiten, Illustrationen und Konzeptentwürfe für Filmprojekte: Orientalische Fantasy.
  • ›Ads of the World‹ stellt eine grenzgeniale Plakatkampagnie aus Litauen vor, für das Buchgeschäft Mint Vinetu (macht einen feinen Eindruck, das Ladenlokal). Mit bisher vier Motiven ermuntert die Werbeangentur ›Love Agency‹ aus Vilnius dazu, mal jemand anders zu sein: Mary Shelleys Frankenstein, Shakespeares Hamlet, H.G. Wells Unsichtbarer, und Cervantes Don Quixote.
  • Hier ein kleines Spiel, das kaum mehr ist als ein Reaktionstest, aber schön gestaltet und superblutig: Spike - A Love Story von Matzerath, vorgestellt von ›Newgrounds‹.
  • Eine historisch-satierische Photostrecke zum Thema U.S.-Spezialeinheiten, genauer Cats of War haben Holly Allen und Christopher Beam für ›Slate‹ zusammengestellt.
  • Dieser Mann ist wahnsinnig, aber das lässt ihn schöne Dinge machen. Einblick in seinen Arbeitsprozess gewährt der Künstlers Florian Bertmer in seinem Blog. Beispiele seines Könnens, die mir sehr sehr taugen, sind dieses Call of Cthulhu-Motiv; — dieses Hellboy-Filmposter; — und dieser Greebo.
  • Völlig Gaga, und ich glaube der erste Hinweis auf einen Font hier: das ›This is Colossal‹-Kunstblog stellt den Font Handschrift José Ernesto Rodriguez vor. Man nehme einen Kopierer, seine Hände und bringe seine Finger so in Stellung, damit man alle Zeichen bekommt, die man braucht. Erinnert an Schmelzvetika (oder wie der Font damals hieß).
  • Wenn Pixar-Animatoren bloggen, bzw. wenn sie Muttertags-Witzebild-Glückswunschkärtchen zeichnen, wie das Austin Madison, das er in seinem Blog ›Austin Translation‹ herzeigt: Alien Muttertag. Zum Quietschen schön!
  • Noch ein doofes Daddel-Zeug von ›Newground‹: Reimagine the Game. Im Grund eine Reihe kleiner Parodien auf bekannte Filme, Appleprodukte, Sängerinen usw., aber eben nett & gut gemacht.
  • Zum Abschluss das Schockigste. — Kaum zu fassen! Es gibt ein eigenes Blog zum Thema Tiere mit ausgestopften Tieren.

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Samstag, 7. Mai 2011

»Eine andere Welt« (12) — Kap. X: Revolution im Reich der Pflanzen von Grandville & Plinius dem Jüngsten

Eintrag No. 714Zur Inhaltsübersicht.

Die Illustrationen einer alten französischen Ausgabe habe ich dem flick-Album von blaque jaques entnommen.

X. Die Revolution im Reiche der Pflanzen.

Auf Gurken! Zu den Waffen! Neue Marseillaise.

In diesem Kapitel werden die Pflanzen aus dem revolutionären und gemüsigen Gesichtspunkte betrachtet.

Dr. Puff an Krack von Krackenheim

Lieber Getreuer! Dein erhabenes Manuscript ist mir ohne Tintenfleck und die Flasche ohne Sprung angekommen. Du findest hier die Denkschrift beigeschlossen, die ich der Neugöttlichen Akademie über Deine Entdeckungen überreicht habe, so wie einen genauen Bericht von dem, was sich mit mir seit Deinem Untertauchen zugetragen hat. — Ich bitte Dich, meiner Abhandlung über die unterseeischen Rassen freundliche Aufmerksamkeit zu widmen; ich führe in derselben Deine Ansichten über das Vorhandensein einer eigenen Tierfamilie, welche die Mythe des Altertums gekannt hat oder der diese vielmehr ihren Ursprung verdankt, weitläufig aus. Die Tritonen und Nereiden find Proben existierender Gattungen, welche nur momentan verloren gegangen sind; die Constatierung dieses Factums wird uns bei den Männern der Wissenschaft den größten Ruhm erwerben.

In diesem Augenblicke bin ich damit beschäftigt, die Liquidation meines Hauses für physiologische Verkleidungen abzuschließen; dies Geschäftchen hat hübsche Procente getragen; es war eine glückliche Idee, die ich Dir verdanke; der bereits realisierte Gewinn setzte mich in den Stand, den Januar und einen Teil des Februar ganz behaglich hinzubringen; um mich während der Fastenzeit durchzuschlagen, sinne ich jetzt auf eine neue Speculation; aber, wie soll man an seine kleinlichen Interessen denken dürfen, wenn man die Übel in das Auge fasst, welche die Menschheit bedrohen!

Ein ganzes Naturreich empörte sich! Das ist die grässliche Neuigkeit, die ich Dir mitzuteilen habe. Du kennst meine Liebe für den Gartenbau, diese Erholung aller großen Seelen; auf meinem Fensterbrett stehn zwei Monatsrosen und eine Fuchsia in Töpfen. Dank meinem gründlichen orientalischen Studien, die Blumensprache ist mir geläufig. — Neulich nun, als ich mich meinem hängenden Garten näherte, um die Fortschritte und Wirkungen des Frühlings zu beobachten, belauschte ich das Geheimnis einer Verschwörung, deren Loosungswort der Westwind von einem Kelche zum anderen trug; einen besseren Mitverbündeten konnten sich die Blumen wahrlich nicht gewählt haben.

Das Volk (der Samenkapseln) steht auf, der Sturm (der Staubfäden) bricht los gegen die Menschheit. Treibhaus und Krautgarten reichen sich die Hand, bald werden die Glasglocken zum Sturm läuten; der Geist der Verschwörung hat sich in alle Kelche geschlichen, die Sonne und die Rache machen alle Pistille ausschwellen. Die Artischocke wetzt stillschweigend ihre Stachelspitzen; die Melone bereitet sich eine Schaalenrüstung, die dem schärfsten Messer Trotz bietet; ich hörte einen Chor von Gurken singen:

Das Volk steht auf, der Sturm bricht los! Wer legt noch die Hände feig in den Schoß? Pfui über die Buben dort an den Spalieren, Mögst Du durch Urban† getroffen erfrieren! Bist doch ein ehrlos erbärmlicher Wicht. Eine treue Rebe umarmt Dich nicht. Eine blecherne Gießkann’ erquickt Dich nicht, Ein ehrlicher Spaten häufelt Dich nicht. Stoßt mit an! Mann für Mann! Wer sich emporranken kann! †{Bezieht sich wahrscheinlich auf Urban einen Wetterzauberer im tirolischen Pustertal des 17. Jahrhunderts.}

Als ich dies vernahm, machte ich eine botanische Exkursion und brachte eine ganze Kapsel voll Kleinigkeiten mit; heimliche Schauer durchzogen die Beete mit jungen Bohnen; ein verdächtiges Flüstern verbreitete sich vom Kopfsalat bis zum Spinat und von diesem drang es weiter zur Cichorie und zum Sellerie. Die Verschwörer erwarten das Signal zum Aufstande.

Eine Königskerze, geschworene Feindin aller Empörungen, und eine loyale Immortelle, eine begeisterte Freundin des Bestehenden, haben mir alle Einzelheiten des Complots vertraut. Eine ganz gemeine Pflanze, aus den niedrigsten Klassen der Botanik stammend, kurz eine obscure ranglose Distel hat den rechten Plan ausgeheckt und sich an die Spitze der Revolution gestellt; nur Leute, die Nichts zu verlieren haben, sind begeistert für gewaltsame Umwälzungen.

In das Geheimnis eingeweiht, begab ich mich nun an den Versammlungsort der Verschworenen. Hier überzeugte ich mich, dass die Pflanzen schon lange eine geheime Verbindung organisiert haben, welche in Kränzchen, Sträuße und Girlanden zerfällt; diese Klassification, von der die Polizei eben so wenig ahnt, wie es Linné und Jussieu taten und Schleiden und Endlicher jetzt tun, flößte mir eine hohe Meinung von der politischen Bildung der Verbündeten ein.

Nichts ist so gefährlich wie ein Volksredner aus dem Volke; das hat mir die Distel recht deutlich bewiesen. Die Versammlung war vollzählig, alle Klassen des Pflanzenreiches hatte ihre Repräsentanten gesandt. — Der Catilina der Blumenwelt durchlief mit seinen Blicken die Reihen der Anwesenden und redete dann zu ihnen wie folgt:

Bäume und Sträuche, Büsche und Pflanzen! Blätterreiche Mitverschworene, geliebte Geschwister!

»Der Augenblick ist da, den Händen unserer Unterdrücker Spaten, Hacke und Hippe zu entreißen. Wir wollen uns nicht mehr von ihnen, nach ihrem Gutdünken, beschneiden und anbinden lassen, wollen nicht mehr eine gezwungene und noch obendrein gemischte Ehe mit einem uns fremden Pfropfreis schließen. Die Pfropfschaft ist noch tausend Mal hassenswerter und unmoralischer als die Leibeigenschaft, gegen welche sich das feige Menschengeschlecht selbst so oft empört hat.«

Zeichen des Beifalls unter den Zuhörern.

»Vergissmeinnicht, erhebt Euch aus Euren weichlichen Träumen! Rosen, Nelken, Veilchen, Jasmine, entsagt Euren entwürdigenden Liebschaften, legt Eure bunten Festkleider ab, wappnet und rüstet Euch, wenn Ihr wollt, dass der Mensch künftig nicht mehr aus Euren edelsten Säften unreine Essenzen, verhasste Waschwasser, schmierige Pomaden bereite! — Und Du, Gemüse, redliches, fleissiges, kinderreiches Volk, wirst Du es noch länger dulden, dass man Dir Dein Liebstes, Deine Kleinen, schon in zartester Jugend raube, um sie im Übermut als erste junge Erbsen, junge Bohnen zu treffen!«

Eine Zwiebel vergießt heftige Tränen.

»Für die Erstgeborenen der Artischocke — unglückliche Mutter! — ward die Folterqual der Pfefferbrühe und des Backens in Teig von den Allesverzehrenden ersonnen. Hört das Klagegeschrei der Opfer, die aus dem tiefen Grunde der Kasserolen Euch beschwören ihre Rächer zu werden!« Schauer und Zähneknirschen unter den Zuhörern.

»Mohnköpfe, wacht auf aus Eurem Schlafe, es geht Euch an den Kopf!«

»Und Ihr, aufkeimende Champignons, die man so grausam der heimatlichen Erde des friedlichen Mistbeetes entreisst, statt der den Feinschmeckern so angenehmen Säfte entquelle Euch künftig ein tödliches Gift. — Euch aber, geliebte Pfeffergurken, verdammt das grausame Menschengeschlecht nicht allein zu der ewigen Hölle des gläsernen Kerkers, es zweifelt auch an Euren geistigen Kräften.«

Murren auf der Bank der Pfeffergurken.

»Ich frage Euch, Ihr Melonen, wollt Ihr Euch auch ferner so ruhig schlachten, Euch, Ihr Radiese, wollt Ihr Euch immer so roh behandeln, Euch, Ihr Zuckerrüben, wollt Ihr stets mit Haut und Haaren Euch kochen lassen?«

»Nein, meine Freunde! So darf es nicht bleiben; der Zorn, der Euch entflammt, bürgt mir dafür. Zu den Waffen, Ihr Sprossen des Pflanzenreiches! — Mögt Ihr siegen oder fallen, Unsterblichkeit wird Euch zu Teil. Die Trauerweide wird Tränen über der Ruhestätte der Toten vergiessen und die Cypresse am Grabe ihren Ruhm den Überlebenden verkünden, den Ruhm derer, die da tapfer starben für Freiheit und Vaterland.«

Nach dieser Rede trennten sich die Versammelten, aber die höchste Begeisterung erfüllte jedes Einzelnen Brust. Die Spargel trugen den Kopf noch ein Mal so hoch und selbst der Kürbisse kaltes Innere durchflammte des Freiheitsdranges lodernde Glut. Der Taback allein blieb seinem gewöhnlichen Indifferentismus {= Gleichgültigkeit} getreu; die ganze Rede hindurch liess er seine Pfeife nicht ausgehen.

Wenn die Zwietracht sich nicht unter die Verschworenen schleicht, so ist es um unsere Küche geschehen. Aber die Moose und die Farnkräuter sonderten sich bereits ab und bildeten einen eigenen politischen Club. Zwischen der Runkelrübe und dem Zuckerrohr kam es bereits zum Zweikampf und die — leider nur zu späte — Dazwischenkunft der Mohrrübe vermochte allein die erbitterten Gegner zu trennen. Die Runkelrübe wäre sonst ganz erlegen und der Bürgerkrieg ausgebrochen.

Was rät man mir zu tun? Soll ich die menschliche Gesellschaft in Kenntnis setzen von den geheimen Umtrieben, die die Kochkunst in ihren Grundfesten zu erschüttern drohen? — Nein, ich schweige — und erfinde ein Surrogat für das Gemüse. —

Was hälst Du von der Idee?

Doch ich vergesse, geliebter Krack, dass Du aus so weiter Ferne mir nicht zu antworten vermagst, und wähne mich immer von Deinem teuren Geiste umschwebt. — Beeile Dich indessen, mir die Flasche baldigst wieder zu senden, die ich der Courierpost des Weltmeers anvertraue.

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Dienstag, 3. Mai 2011

Molos Wochenrückblick No. 52

Eintrag No. 713{Entschuldigt die Verspätung. Habe diesen Beitrag am Dienstag, kurz vor Mitternacht abgeschickt, jedoch versehentlich nicht ›sichtbar‹ und ›öffentlich‹, sondern nur ›geschlossen‹ und ›versteckt‹.}

Aus dem Urlaub zurück, und werde auf der Arbeit gleich frühest morgens empfangen von einem aufgelösten jungen Mädel, das wohl die Nacht durchgemacht hat, und der von gemeinen Kerln die Handtasche geklaut wurde, und die nun ohne Kohle, ohne Ausweis, ohne MobTel, kurz: ohne alles verzweifelt jemanden braucht, der sie mal telephonieren lässt, damit ihr Beau oder Bruder oder Pappa oder Onkel sie abholen kommt. Tja, das ist die Stunde für einen hilfsbereiten Sicherheitsmensch.

Nach diesem Stress habe ich mir eine Streicheleinheit für die Seele verdient, also her mit der Schmalzgranate »Dolphins Make Me Cry« von Martyn Joseph. (»Ducks Make Me Laugh« oder »Hyenas Make Me Nervous« würd ich ja verstehen.).

Lektüre: Noch während meines Berlin-Urlaubs gekauft (im Otherland-Buchladen) und dann ziemlich flott gelesen: »Horror als Alltag. Texte zu ›Buffy the Vampire Slayer‹«, herausgegeben von Annika Beckmann, Ruth Hatlapa, Oliver Jelinski und Birgit Ziener mit insgesamt 9 Texten (nicht nur zu »Buffy«, sondern auch zu dem Ableger »Angel«), die ich alle für lesenswert und kurzweilig halte. — Besondere Freude hat mir (wieder mal) Dietmar Dath bereitet, der sich in seinem Beitrag »Versuch, ›Restless‹ zu verstehen« einer besonders außergewöhnlichen Folge von »Buffy« annimmt. Gegen Ende seines Textes bringt er etwas schön auf den Punkt, was auch eine Prämisse meiner ›Hyper-Mega-Maxi-Phantastik‹-Theorie ist (S. 122):

Die Wirklichkeit ist ein Dreieck: Du, ich, die Sachverhalte. Niemand erlebt Tatsachen. (Das heißt nicht, wie unverständige Leute lehren, dass es keine Tatsachen gibt.) Was man aber erleben kann, sind Tatsachen in ihrer Beziehung zu den Vorstellungen, die wir uns von ihnen machen. (Das heißt nicht, wie unverständige Leute lehren, dass es nur Vorstellungen gibt. Die Vorstellungen sind ja Vorstellungen von etwas, also muss es etwas geben, daß für die Vorstellung ihr Anderes ist, auf das sie sich beziehen lassen.) Weil sich all das so verhält, ist jede realistische Kunst, das heißt: jede Kunst, die sich dafür interessiert, wie die Welt der Menschen wirklich ist, zwingend zugleich fantastische Kunst – sie stellt ihre Beobachtungen in den Zusammenhang der kollektiven Fantasien, die bei Menschen jede Beobachtung begleiten, vorbereiten, verarbeiten, auslegen helfen.

Eine orientierende Übersicht zu dem Band liefert das ›Melange‹-Blog, sowie die Empfehlung Der Horror und das Mädchen von Zoé Sona für die ›TAZ‹.

Letzte Woche konnte ich schon Neues von Master Neal Stephenson melden, und es geht diese Woche munter weiter.

Über die Website von Stephenson habe ich entdeckt, dass er einen Text zum neuesten von Bill Bryson herausgegebenen Buch »Seeing Further – The Story of Science, Discovery, and the Genius of the Royal Society« beigetragen hat. Stephenson beleuchtet in seinem Text »Atoms of Cognition: Metaphysics in the Royal Society, 1715-2010« ein Thema, das auch in seinem gloriosen »Barock-Zyklus« eine bedeutende Rolle spielt: die Konkurrenz zwischen Isaac Newton und Gottfired Wilhelm Leibnitz. Die zweite Hälfte des Beitrages bietet eine gelungene und verständliche Zusammenfassung der Monaden-Theorie von Leibniz, also der Idee, dass kleinste ›denkenden‹ Einheiten die Grundbausteine des Universums sind, und wie diese Idee im Lauf der Zeit aufgegriffen und weiterentwickelt wurde. — Zu den 21 Autoren und Autorinnen des reichlich bebilderten Buches gehören unter anderem Margaret Atwood, Richard Dawkins, Paul Davis und Ian Steward.

Netzfunde

  • Eine beängstigende Veranschaulichung zu dem im Golf von Mexico ausgelaufenen Öl hat Chris Harmon gestaltet: Oil’d.

Oil'd from Chris Harmon on Vimeo.

(Deutschsprachige) Phantastik-Funde

  • Rüdiger Suchsland, bespricht wie (fast) immer amüsant einen Genre-Knaller. Diesmal den nordgöttischen FußballSuperheldenfilm von Kenneth Brannah, »Thor«: Kampfstern Galactica mit Hörnern am Helm. Leider werde ich diesen Flick wohl erst auf DVD sehen können, denn in Frankfurt läuft er nur zu für mich blöden Zeiten auf Englisch.
  • Für ›Der Standard‹ hat Josefson wieder eine seiner wunderbaren SF- und Fantasy-Sammelrezensionen geschrieben: Weiterwursteln nach dem Weltuntergang? — Diesmal mit Rezensionen zu Büchern von Will McIntosh, Alastair Reynolds, Larry Niven & Edward M. Lerner, Daryl Gregory, George R. R. Martin (ja ja, ich sollte, könnte eigentlich etwas zu den ersten drei Folgen der TV-Umsetzungen von »A Game of Thrones« sagen, aber ich bin bisher noch so unterwältigt, dass ich mich lieber zurückhalte; prinzipiell halt offenbar nicht meine Tasse Tee), Peter Clines, Paul Melko, K. J. Parker, Lorna Freeman, Michael Marcus Thurner sowie einer Übersicht zu Büchern über Retrofuturismus.
  • Matthew Cheney hat sich dem Wahnsinnsunternehmen gewidmet, Neil Gaimans »The Sandman« komplett zu lesen und Heft/Kapitel für Heft/Kapitel seine Eindrücke zu beschreiben: Sandman Meditations. Besonders interessant ist dieses Projekt deshalb, weil Cheney freimütig zugibt, nicht viel Ahnung von Comics/Graphic Novels zu haben.
  • Jess Nevins erinnert für ›io9‹ an die ›Geburt‹ des Science Fiction-Genres im 19. Jahrhundert: May Day, 1871: The Day »Science Fiction« Was Invented.
  • Ich freue mich, eine neue SF- & Fantasy-Podcast-Show entdeckt zu haben, die mir gefällt und die ich allen Phantastik-Interessierten mit gutem Gewissen empfehlen kann: Geeks Guide to the Galaxy. Ich habe mir gleich mal die Folgen mit Charles Yu, Paolo Bacigalupi und Cherie Preist geholt.
  • Jeff Vandermeer hat in seinem Blog ›Ecstatic Days‹ eine kurzweilige Zusammenfassung seiner Erfahrungen und Erkenntnisse bezüglich SF- und Fantasy-Cons veröffentlicht: Convention Truths.
Zur Erinnerung: Hinweise auf bemerkenswerte deutschsprachige Internet-Beiträge zum Thema Phantastik (in allen ihren U- & E-Spielarten) bitte per eMail an …

molosovsky {ät} yahoo {punkt} de

… schicken. — Willkommen sind vor allem Hinweise zu Texten, die wenig beachtete Phantastikwerke behandeln (z.B. also Einzelwerke statt Seriensachen), oder die über Autoren, Theorie und Traditionsentwicklungen berichten.

Zuckerl

  • Supertoll!!! Quentin Tarantinos nächster Film steht fest: Django Unchained. Als Dasteller dieses Westerns stehen (gerüchteweise) bereits Christoph Walz und Franco Nero in den Startlöchern.
  • Ich bin immer noch auf dem Kubrik-Tripp, und finde dementsprechend diese von Martin Woutisseth gestaltete, animierte Rückschau auf die Werke des Meisters einfach schön: Stanley Kubrick – A Filmography.

Stanley Kubrick - a filmography - from Martin Woutisseth on Vimeo.

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Dienstag, 26. April 2011

Molos Wochenrückblick No. 51

Eintrag No. 712

Literatur: Neal Stephenson: »In the Beginning was the Command Line«Zweimal Neal Stephenson: Als ich diesen Monat in Berlin war, habe ich mir im Otherland-Buchladen ein paar Bücher besorgt, unter anderem »In the Beginning was the Command Line« (1999). Mit diesem bisher einzigen Sachbuch-Titel bietet Stephenson, eine kurzweilige Mixtur seiner persönlichen Erlebnisse mit Computern, Betriebssystemen und graphischen Benutzeroberflächen; — der Nacherzählungen (für mich Laien fein nachvollziehbar) von deren Entwicklungsgeschichte und Funktionsweise; — sowie kenntnisreiche kultur-philosophische Kritik zum Zustand des Marktes. Knapp zusammengefasst findet es Stephenson empörend, wie sehr die Macht von Unternehmen wie Microsoft und Apple auf dem schönen Schein basiert, ihren Kunden gut gemachte Produkte zu verkaufen; — wie sehr sich Kunden dem Glauben hingeben, sie selbst (und nicht etwa die Shareholder dieser Unternehmen) stünden im Zentrum der Geschäftspraxis dieser Unternehmen. Und anhand des Vergleiches von Betriebssystemen und graphischen Benutzeroberflächen mit Disney gelingt es Stephenson, einige grundsätzliche erhellende Gedanken zum Thema ›vermittelte Weltwahrnehmung & -Handhabe‹ anzubringen.

Und dann: Endlich hat der Verlag Harper Collins Einzelheiten zum Ende 2011 erscheinenden neuen Roman von Meister Stephenson veröffentlicht! In »Reamde« (nicht »Readme«!!!) knüpft Stephenson wieder an Computerkultur-Stoffe an, die er in seinen früheren Büchern »Snow Crash« und »Cryptonomicon« verhandelt hat. Diesmal geht es um Richard Forthrast, der sich vor vier Jahrzehnten der Einberufung zum Militär entzogen hat, und einen Haufen Geld mit dem Schmuggel von Dope über die kanadische Grenze gemacht hat. Dieses Geld hat er mit Hilfe von Online-Spielen gewaschen und mit diesem Reichtum ein eigenes Unternehmen für Multiplayer-Fantasy-RPG gegründet. Ein asiatischer Goldfarmer löst dann versehentlich einen virtuellen Krieg um die Weltherrschaft aus und Richard findet sich zwischen den Fronten wieder.

Es freut mich, dass nach vielen Jahren ein neuer Roman von Lawrence Norfolk angekündigt wird: laut dem Ticker von Booktrade hat Norfolk im Frühjahr das Manuskript zu »John Saturnall’s Feast« abgeliefert. Im Englischsprachigen hat noch kein Verlag zugeschlagen, aber in Deutschland wird der Band bei Norfolks Stammverlag Knaus erscheinen. Die Kurzbeschreibung klingt verlockend (Schnellübersetzung von Molo): »John Saturnalls Gastmahl« spielt im 17. Jahrhundert und erzählt die Geschichte eines Waisen der während des englischen Bürgerkrieges lebt und zum besten Koch seines Zeitalters aufsteigt, und dessen Liebe zu einer Frau, die er niemals heiraten kann, sich zur großen Tragödie seines Lebens entwickelt.

Desweiteren habe ich nun mit dem zweiten Band der ›Die Zerrissenen Reiche‹-Reihe von Thomas Plischke begonnen: »Die Ordenskrieger von Goldberg«. Nachdem ich Band 1, »Die Zwerge von Amboss«, sehr kritisch aufgenommen habe, versprach ich mir selbst, Band 2 mit einer anderen Haltung zu lesen, mich nicht so schnell aufzuhängen an den Dingen, die mir Band 1 vergällten. Und siehe da: bisher komme ich um einiges besser mit Band 2 zurecht.

Schließlich habe nun endlich alle drei »Hellboy«-Kurzgeschichten-Sammlungen die Dark Horse auf Englisch herausgebracht hat: »Odd Jobs« (1999), »Odder Jobs« (2004) und »Oddest Jobs« (2008), zu denen solche meisterlichen Autoren und Autorinnen beitrugen wie Nancy A. Collins, Poppy Z. Brite, Frank Darabont, Charles de Lint, Guillermo del Toro, Joe R. Lansdale, Tad Williams und China Miéville.

Netzfunde

  • Zweimal Neues von Andrea ›Reisenotizen‹ Diener: Hier geht es zu einem Interview mit ›stadtkindFFM‹ über Straßenfotographie; — und für die ›FAZ‹ war Andrea jüngst eine Woche in Ägypten und berichtet darüber in ihrem Text Das Prinzip Inschallah (= »So Allah will«, in etwa: »Wenn es sich ausgeht«).
  • Kirche(n) und Gesellschaft: Es gibt eine nützliche Website namens Informationsportal Staatsleistungen für alle, die mehr wissen wollen warum und wie die Kirchen von den Bundesländern eine Menge Geld bekommen; — für die Hessen unter Euch: bei der Petition Aufhebung des Tanzverbotes kann man sich beteiligen, wenn man es (wie ich) doof findet, wie christliche Privilegien dem Grundgesetzt zuwiderlaufen; — und schließlich erläutert in einem Interview mit der ›Wirtschaftswoche‹ Friedrich Wilhelm Graf (Professor für Systematische Theologie und Ethik an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und Autor des Buches »Kirchendämmerung«), das unerträgliche Monopol der kirchlichen Sozialunternehmen: »Ein Tauschgeschäft zwischen Staat und Kriche«. Knackigste Aussage für mich ist folgende Passage zum Problem der Kirchen:
    Weil sie {die Kirchen}, um einen Modebegriff zu benutzen, auf Nachhaltigkeit setzen sollten statt einen Personen- und Autoritätskult zu betreiben, der ihre eigentliche Botschaft beschädigt. Das gilt übrigens noch stärker für die katholische Kirche. Von der hört man immer nur, dass sie gegen die »Diktatur des Relativismus« antritt und »zurück zu den christlichen Wurzeln Europas« will. Das sind besonders törichte Formeln, weil sie den Pluralismus der modernen Gesellschaft diffamieren. Was, bitte schön!, soll denn an die Stelle des »Relativismus« treten? Ein neuer klerikaler Absolutismus?
  • ›Telepolis‹ bringt einen langen Text von Peter Weibel zum Thema Globalisierung und Medien.
  • In einem sehenswerten ›TED‹-Vortrag erläutert der Kanadier Dave Meslin Gegenmittel zur Apathie. Statt der dummen Meinung recht zu geben, dass die meisten Menschen zu selbstsüchtig, dumm oder faul sind, um sich für gesellschaftliche Belange einzusetzten, definiert er ›Apathie‹ um: politische Apathie der Bürger ist keine innere Haltung dieser Bürger, sondern ein komplexes Netz kultureller Hindernisse, durch welche die Teilnahmslosigkeit der Bürger verstärkt werden. Als wichtigste Hindernisse dieser Art nennt Meslin:
    1. Das Informations-Gebahren von Rathäusern (und anderen politischen Einrichtungen) fördert mit Unübersichtlichkeit und Beamtensprech den Ausschluß der Bürger.
    2. Der Öffentliche Raum wird von den Nachrichten derer dominiert, die am meisten bezahlen, also von Werbung. Entspricht einer Kommerzialisieung des Rechts auf freie Meinungsäußerung.
    3. Die Medien konzentrieren sich auf Promis und Skandale. Bei Berichten der Medien über z.B. Bücher, Filme und Restaurants, finden sich so gut wie immer Infos zu den Waren, Öffnungszeiten usw. Jedoch bei Medienberichten zu politisch-gesellschaftlichen Themen liefern Medien nur sehr selten Infos dazu, wie man sich als Bürger an diesen Themen aktiv beteiligen kann.
    4. Das dominierende Heldenbild: wie es auch schon China Miéville grandiös in »Un Lun Don« tat, kritisiert Meslin die weitverbreitete Story vom erwählten Helden, die ein sehr fragwürdiges Ideal von Führungspersönlichkeiten zu formen hilft. — Heldenhafte Taten kennzeichnen sich für Meslin nicht dadurch aus, dass sie Personen unternommen werden, die von Prophezeiungen auserkoren wurden, sondern vielmehr dadurch, dass sie a) gemeinschaftliche Anstrengungen sind; dass sie b) unvollkommene, andauernde Prozesse sind, die nicht glorios beginnen oder enden; und dass man sich c) freiwillig, einer innen Stimme, seinen eigenen Träumen folgend für sie entscheidet.
    5. Politische Parteien sollten eigentlich ein wichtiger Einstieg für Bürger sein, sich politisch zu engagieren. Parteien richten sich aber derart stark nach Meinungsumfragen und Beratern aus, dass sie alle in etwa die gleichen Botschaften verbreiten, die die Bevölkerung eh erwartet (und dann machen die Parteien wiederum, was andere wollen, z.B. die Wirtschaft, die Interessensverbände) und das fördert Zynismus.
    Weitere Hindernisse bietet das sogenannte demokratische Wahlsystem (sehr Kanada-speziefisch, aber unsere ›repräsentative‹ Demokratie ist auch nicht besser), und die Tatsache, dass gemeinnützigen Organisationen zu wenig Gehör im öffentlichen Raum und bei Wahlen geschenkt wird.

(Deutschsprachige) Phantastik-Funde

  • Hurrah! Auf ›Arte‹ wird »Twin Peaks« endlich mal wieder in deutschen Landen gezeigt. Passend dazu hat der Kultursender ein feines Twin Peaks Portal eingerichtet.
  • Ein neuer Eintrag der Reihe »Der Zwerg liest fremd« im Blog der ›Bibliotheka Phantastika‹. In The Age of Bronze geht um die »Ilias« von Homer und eine graphik-novellische Aufbereitung dieses Klassikers durch Eric Shanower.
Zur Erinnerung: Hinweise auf bemerkenswerte deutschsprachige Internet-Beiträge zum Thema Phantastik (in allen ihren U- & E-Spielarten) bitte per eMail an …

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Zuckerl

  • In Wochenrückblick No. 46 habe ich den Comic »Fennek« von Trondheim und Yoann empfohlen. Für alle, die diesen Wüstenfuchs genauso putzig finden wie ich, hier eine kleine Flickr-Galerie: F is for Fennec.
  • Ab und zu überrascht mich, was bei der englischen Variante von ›Deutschland sucht den Superstar‹, die sich ›Britain Got Talent‹ nennt, abgeht (allein schon der Unterschied der Sendungs-Titel spricht Bände!): Hier singt Edward Reid ein Medley alltbekannter, ziemlich platter Liedchen in der überdrehten Manier der Schmalz- und Schmacht-Popträllerei und dekonstruiert letztere damit deftig. Bravo!!!
  • Zuletzt zwei sehr schöne Bilderstrecken mit Illustrationen von Mark Summers, der in klassischer Holzschnittmanier Komponisten und berüchtigte Gestalten der Historie konterfeit.

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