molochronik
Donnerstag, 1. Januar 2009

Grenzübergang

(Eintrag No. 530; Alltag)— Habe mich von Andreas Jahresbilanz anregegen lassen für diesen Beitrag. Mal gucken, was 2009 kommt, hier auf jeden Fall, was für mich 2008 war:

Gut-Buch (Fiktion): • Thomas Pynchon: »Gegen den Tag«; super kunterbunte Maximalphantastik mit Luftschiffen und einem historisch verbürgten Meteoriteneinschlag. • Neal Stephenson: »Anatham«; philosophische Science Fiction mit Mönchen die sich den Kopf über quantenmechanische Möglichkeitsräume zerbrechen. • Annie E. Proulx: »Mitten in Amerika«; realistischer Heimatroman aus dem Panhandle-Gebiet. • Max Brooks: »World War Z.«; originelle Verwurstung des Zombie-Genres als Globalisierungs-›Dokumentation‹.

Gut-Buch (Sach): • Dietmar Dath: »Maschinenwinter«; macht Laune, den Maschinenpark als Garten zu sehen, den wir besser pflegen und hegen sollten. • Naomi Klein: »Die Schock-Strategie«; spannend wie ein Krimi, Hat mir aber die Zornesadern bedenklich anschwellen lassen. • Douglas R. Hofstadter: »Ich bin eine seltsame Schleife«; berührend, spannend und anregend.

Gut-Buch (Comic): • Brian Wood (Text) & Riccardo Burchielli (Zeichnungen): »DMZ« (US-Trade Band 1-5); Alternativwelt in der New York ein leidgebeuteltes Konfliktgebiet eines neuen amerikanischen Bürgerkriegs ist. • Tardi (Zeichnungen) & Vautrin (Szenario): »Die Macht des Volkes« (4 Alben); wild und ungestüm, wie hier die Figuren durch die Revolutionswirren taumeln. • Alan Moore (Text) & Kevin O’Neill (Zeichnungen): »The League of Extraodinary Gentlemen: The Black Dossier« (US-Trade); gandios, was diesmal wieder alles in Form frecher Homagen aufeinandertrifft. Hoher Erotik-Anteil!

Gut-Mukke (neu) • Red Hot Chili Peppers: »Stadium Arcadium« • Metallica: »Death Magnetic« • Aimee Mann: »#%&*! Smilers«

Gut-Mukke (alt) • Bernstein & die Wiener: »Beethoven Symphonien« (Aufnahme aus den Achtzigern. Neuanschaffung) • Orpheus Chamber Orchestra: »Elgar, Vaughn-Williams, Britten« (Neuanschaffung) • Melos Quartett: »Beethoven Mittlere Streichquartette«

Gut-Film»Speed Racer«»The Assassination of Jesse James…«»No Country for Old Men«»Lost« (Staffel 1-3)

Beste Momente • Wiedersehen mit altem Freund der aus Wien zu Besuch nach Frankfurt kam. • Mit meiner Schwester (die zu Besuch in Frankfurt war) im Palmengarten gewesen. • Matt Ruff kennengelernt und interviewt (siehe »Magira 2008«).

Surrealster Moment • Mit jemanden, der gerade eine Angstattacke inkl. Teufelsvisionen hatte, gebetet (ich bin Atheist!).

Schlimmster Moment • Anruf meiner Partnerin, nachdem sie einen Leitplankenunfall mit ihrem Auto hatte (nix passiert — puuuuh). • Meine Sammel-Rezi für »Magira 2008« absagen müssen.

Weitere Aussichten • Viel Arbeit (Brotjob). • Wenig Freizeit (wenig Musenjob). • Dafür endlich wieder Kohle (wird wohl in Technikspielzeug wie Draw Pad, oder gutes Mirko oder einen Urlaub in London umgesetzt).

Vorsätze • Die überschaubaren Schulden bald begleichen. • Mit der Digikammera anfreunden. • Weniger daddeln. • Disziplinierter schreiben. • Bahn-Card auch nutzen und Familie & Freund in der Ferne besuchen • Gesünder leben (mehr Bewegung, weniger Fast Food und so).

Sonntag, 21. Dezember 2008

Tom Shippey: »J. R. R. Tolkien – Autor des Jahrhunderts«

Eintrag, No. 529

{Diese Rezension erschien ursprünglich in »Magira 2007 — Jahrbuch zur Fantasy«, Hrsg. von Michael Scheuch und Hermann Ritter. Hier nun korrigiert und exklusiv um einige weiterführende Links erweitert.
••• Hier gehts zum Trailer der Sammelrezi mit Introdubilo und Warentrenn-Überleitungen.}

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Der vorherrschende literarische Modus des zwanzigsten Jahrhunderts war der des Phantastischen.

Mit diesem prächtigen Satz eröffnet Tom Shippey (*1943) seine große Führung durch das Schaffen und die Gedankenwelt des Mittelerdemeisters. Zugestanden: meine Begeisterung für Tolkiens Werk hält sich in Grenzen, aber das mindert nicht meine Faszination für diesen schrullig-konservativen Kreativ-Revolutionär der Phantastik. Trotz der Bedenken die mich zu vielen Aspekten von Tolkiens Fantasy umtreiben, teile ich die empörte Verdutzung der Phantastophilen über die ignorante Ablehnung und das zickige Unverständnis, mit der sich das ›literarische Establishment‹ größtenteils dem Papa Hobbit nähert[01].

Andererseits finde ich es genauso beunruhigend, wie Teile des Mikromilieus der Genre-Phantastikfans Tolkien unbekümmert nach jeweiliger Lust und Laune zurechtbiegen. Zugestanden: sich mit eigener Interpretation und Aneignung für ein Werk zu begeistern, oder simpel gesagt: für sich zu entdecken, schafft neue Perspektiven auf dieses Werk (auch für andere Leser, wenn man sich austauscht), aber dennoch bleibt es eine wichtige Orientierungsmarke, wenn man Schwammigkeitsriffe und Wischiwaschistrudel zu meiden trachtet, was denn ein Autor mit seinem Werk beabsichtig hat. Auf meinen Warnschildern an der Tolkien-Interprationsgrenze zum Unsinn stünde z.B. »Pfeiffenkraut ist kein Mittelerde-Marihuana!« und »Tolkien ist kein Pionier neuheidnischer Popular-Spiritualität!«.

Nun bietet Tom Shippey als einer der angesehensten, lebenden Tolkien-Experten mit seinem Buch angenehm verständliche Erläuterungen zum Mittelerdewerk[02]. Ein besonderer Glücksfall, denn nicht nur wandelt Shippey als Gelehrter für angelsächsische Literatur auf den gleichen Pfaden wie sein Vorgänger Tolkien, darüber hinaus ist Shippey selbst Herausgeber von Phantastik und (unter dem Pseudonym John Holm) auch ein Fabulierer. Er blickt also sowohl aus der Vogelperspektive akademischer Gelehrsamkeit, als auch aus der Froschperspektive schriftstellerischen Erzählens auf die Thematik. Skeptisch-bockige Verächter und überbegeisterte Zurechtdeuter können die Bröselig- oder Festigkeit ihrer Vorurteile anhand dieses Sachbuchs prüfen.

Der Hauptteil des Buches gliedert sich (weitestgehend chronologisch) in sechs Kapitel. Alles beginnt mit der eintönigen Korrigiererei von Studentenarbeiten, einer leeren Blattrückseite und einem gelangweilten John Reul Roland der gedankenlos einen Satz hinkritzelt, und ich meine natürlich: Alles beginnt mit dem »Loch in der Erde in dem einst ein Hobbit lebte«. Woher kommt das Wort »Hobbit«, und was soll man von anachronistischen Vokabeln wie »komfortabel«, »Tabaksdose«, »Postzustelldienst« und »Pfiff einer Lokomotive« in »Der Kleine Hobbit« halten? Hier ein Beispiel für Shippeys willkommenes Orientierungsgeschick:

Ein Autor, der eine Erzählung vor dem Hintergrund einer fernen Zeit darstellt, wird oft finden, dass die Kluft zwischen dieser Zeit und dem Bewusstsein des modernen Lebens allzu groß ist, um sich leicht überbrücken zu lassen; und folglich wird dann in den historischen Rahmen eine Gestalt von wesentlich modernerer Haltung und Empfindungsweise eingeschleust, die den Leser in seinen Reaktionen anleitet und ihm hilft, sich vorzustellen, ›wie es wäre‹, dabei zu sein.«[03]

Bilbo, dieser bequeme Mittelschichtbürger der viktorianisch-edwardischen Epoche, dient als »Spiegelteleskop in eine fremde Welt«[04], und fühlt sich entsprechend Fehl am Platze in dem archaisch-heroischen Reich von Mittelerde. Wortklaubereien behagen nicht jedem, aber wer eben von Tolkien diesbezüglich infiziert wurde, wird bereits in diesem ersten Kapitel reichhaltig verköstigt, mit Interessantem zu Begriffen wie Baggins (altes Nordenglisch für Brotzeit), oder »burglar« und »bourgeois« (der eine bricht in Burgen ein, der andere wohnt darin). Aufregend fand ich zum Beispiel auch, wie Shippey zeigt, dass die Schlacht der Fünf Heere im Grunde viele Wendungen des Ersten Weltkrieges in eine Pfeil und Bogen-Szenerie versetzt. Da organisiert Bard wie ein Infanterie-Offizier die kollektive Abwehr, da wird bis zum letzten Pfeil gekämpft (statt bis zur letzten Kugel) und werden Stellung gehalten, und Shippey resümiert diese Schlacht entsprechend:

Zwar ist der Sieg am Ende einem einzelnen und seiner von den Ahnen ererbten Waffe zu verdanken, doch liegt der Nachdruck der Schilderungen auf dem kollektiven Handeln, auf Planung und Organisation – mit einem Wort, auf Disziplin.[05]

Mit Spekulationen über den Zusammenhang von alten Wörtern für Höhlenbewohner (Holbytla), Hasen und Hobbits schließt Shippey das erste Kapitel ab, und verdeutlicht dabei, dass Tolkien daran gelegen war, eine Brücke zwischen Moderne und Vergangenheit zu bauen, und wie gut ihm das mit den Hobbits geglückt ist.

Als Herzstück des Buches folgen nun drei Kapitel über »Der Herr der Ringe« (desweiteren der Knappheit wegen HDR abgekürzt). Da (verständlicherweise) wohl kein deutscher Verlag auf absehbare Zeit (wenn überhaupt jemals) das Risiko und die ungeheuere Anstrengung wagen wird, die komplette dreizehnbändige »HISTORY OF MIDDLE-EARTH« zu übersetzen, sind diese Kapitel für alle, die sich hierzulande tiefer mit dem wichtigsten (wenn auch bei Weitem nicht einzigsten) Keimtext der heutigen Fantasy auseinandersetzen wollen, ein wunderbare Speisung, ein ausführlicher Ersatz für den editierten Nachlass. Zuerst widmet sich Shippey Tolkiens Tastversuchen um Struktur und Handlungsplan von HDR. Es ist eine verwickelte Queste für sich, wie sich Tolkien von Dezember 1937 an, Welle um Welle, lange Zeit planlos, mehrmals immer wieder von Vorne beginnend, langsam bis zur 1954/55 veröffentlichten Endfassung durchwurschtelte. Mit seiner Autopsie des Rats von Elrond (dieser unübersichtlichen Vorstandssitzung) verdeutlicht Shippey, dass dieses Kapitel in zweifacher Hinsicht einen bedeutenden Wendepunkt bezeichnet: erstens für Tolkien selbst, der bei seiner Arbeit an diesem Abschnitt endlich klare Sicht auf die großen tragenden Handlungssäulen seiner Wortkathetrale erlangte; zweitens als Wegscheide der Handlung, die mit der Mission der Ringzerstörung nun ein klares Ziel bekommen hat. Selbst für mich als Tolkienskeptiker ist es ein unterhaltsamer Unterricht, wie Shippey die ungeheuerlich unkonventionelle Komplexität von Tolkiens Schöpfung am Beispiel dieses Kapitels erläutert. In den beiden nächsten Kapiteln über die ideologischen und dann die mythologischen Dimensionen von HDR, legt Shippey die großen Themen aus, die Tolkien umtrieben. So zum Beispiel die quälende Menschheitsfrage nach dem Ursprung des Bösen, und warum es so viel Leid und Schmerz in der Welt gibt. Wie kann Gott das gewollt haben? Shippey zeigt, dass Tolkien sich dieser erzphilosophischen Probleme und Prüfungen des Glaubens annimmt, indem er zwei christliche Vorstellungen des Bösen, die ihn beschäftigt haben, gegenüberstellt: Erstens die orthodoxe Auffassung z.B. eines frühchristlichen Denkers wie Boethius, derzufolge das Böse keine eigenständige Wesenheit besitzt, nicht wirklich selbst etwas schaffen kann und nur durch die Abwesenheit des Guten Gestalt annimmt; zweitens das Gebäude des manichäischen Dualismus, demzufolge das Böse durchaus eine eigenständige dunkle Macht, und das Erdenrund ein Schlachtfeld des ewigen Kampfes zwischen Licht und Finsternis ist. Im Detail findet sich dieser Gegensatz z.B. in der Widersprüchlichkeit des Meisterringes wieder. Ist Saurons Über-Gadget ein psychischer Verstärker für unbewusste Ängste und egoistische Regungen? Oder ist der Ring selbst ein Charakter mit eigenem Willen? Auch als Nichtchrist kann einem dieses Beispiel Respekt für den Künstler Tolkien einflößen, wie er mittels dieses unentschiedenen Gegensatzes die zweifache Bitte um Schutz vor inneren und äußeren Versuchungen des Vater Unser-Gebets verarbeitet[06]. Beim Aufdröseln der mythologischen Dimension von HDR kommt Shippey schließlich auf zwei Vermittlungsambitonen Tolkiens zu sprechen. Einerseits war Tolkiens Anliegen, Verständnisbrücken zu errichten, zwischen christlichem Glauben und vorchristlicher heroischer Literatur (der sich J. R. R. und seine Inkling-Freunde, wie wir heute sagen würden, als Fans gewidmet haben), und andererseits zwischen christlichem Glauben und der nachchristlichen Gegenwartswelt (als welche der von den Schrecknissen der Moderne Traumatisierte seine Zeit empfand). Sozusagen locker nebenher liest sich das alles aber auch wie eine kleine (englische) Literatur- und Ideengeschichte, wenn Beziehungen zwischen Tolkiens Werk und solchen Klassikern wie Milton, Shakespeare und natürlich immer wieder »Beowulf« und die nordischen Sagas geknüpft werden.

Mit den beiden letzten Kapiteln leistet Shippey entsprechende Klärung zum »Silmarillion« und den kleineren Schriften Tolkiens. Da ich hoffentlich bereits genug Beispiele der klugen Beschäftigung Shippeys mit den Eingeweiden von Tolkiens Weltenbau angeführt habe, möchte ich das Augenmerk der geneigten Leser nun lieber auf die Einleitung und den Epilog von Shippeys Schatzkiste von einem Buch lenken. Diese beiden Teile sind nicht nur für Leser von Interesse, die ihre Sicht auf Tolkien schärfen möchten, sondern schildern anregend den merkwürdigen literaturkritischen Diskurs zu Tolkien und Phantastik. Shippey geht den Argumenten der Kritiker Tolkiens und dem überraschenden Erfolg vor allem von HDR auf den Grund, mit (wie ich finde) einer erfrischenden Portion streitbarer Plausibilität. Die Begeisterung des Publikums für Mittelerde wird drastisch kontrastiert durch die Ausgrenzung der Mehrheit der Gärtner der so genannten ernsthaften Literaturzirkel. Ein Exempel für die gespaltene Zunge der Kritik liefert Shippey z.B. mit Philip Toynbee, der 1961 in einem Artikel für die »Times« schrieb, dass die Kriterien, die ein guter Schriftsteller zu erfüllen habe, sein sollen:

  1. ein Privatmann zu sein, der sich nicht ums Publikum schert;
  2. er solle über alles schreiben und damit relevant machen können;
  3. er solle ein Artefakt schaffen, dass zuvörderst ihn selbst zufriedenstellt;
  4. und schließlich soll dieses Werk dann bei seinem Erscheinen schockierend, verblüffend und etwas für das Bewusstsein der Öffentlichkeit Unerwartetes sein.

Und dann tadelt dieser Toynbee im selben Jahr Tolkien, und war sich sicher, dass dessen Bewunderer ihre Mittelerde-Aktien bald wieder loswerden wollen, weil der ganze »Irrsinn« bereits der Gnade des Vergessens anheimfällt[07]. Shippey findet es kümmerlich, dass es Autoren wie James Joyce oder T.S. Eliot nicht angekreidet wurde und wird, dass sie ihre klar erkennbar modernen Werke mit Motiven alter Mythen und Sagen angereichert haben, genau dies aber gern gegen Tolkien angeführt wird. Und am ärgerlichsten: diese Ressentiments werden kaum jemals ordentlich begründet, und so vermutet Shippey, dass die damaligen Vorurteile der zumeist linksorientierten, protestantischen Literatur-Cliquen aus besserem Hause, gegenüber dem aus einfacheren Verhältnissen stammenden Katholen Tolkien für diese Betriebsblindheit verantwortlich waren, und sich diese Rhetorik gut eingeschliffen bis heute erhalten hat.

Wenn die Phantastik als Ganzes angegriffen wird, stelle auch ich Tolkien-Skeptiker mich beherzt auf die Seite des verständigen, aber alles andere als oberflächlichen Fürsprechers des Mittelerde-Meisters Shippey. Immerhin kann auch einer, der Tolkiens Werk für doof hält, die eigenen Argumente an so einem klugen Kenner wie Shippey schärfen. Nur zu gern habe ich mich von der Shippey-Lektüre zu »Hausaufgaben« anstiften lassen: z.B. mal mit Boetheus-Lektüre anzufangen und die Kurzgeschichten von Tolkien auf Englisch anzuschaffen und neuzulesen. — Abschließend möchte ich noch ganz unaufgeregt einem Wunsch Ausdruck verleihen: Eine günstige Taschenbuchausgabe von »J. R. R. Tolkien – Autor des Jahrhunderts« wäre sehr fein (und wenn’s noch’n büschen dauert bis dahin), denn immerhin kostet die gebundene Ausgabe 25,- € und es wäre schön, wenn ein verführerischer Taschenbuchpreis von ca. 12,– € weitere Leserkreise verführte, sich einmal »ernsthaft« mit dieser prominenten Zweitwelteschöpfung auseinanderzusetzen. Aber selbst wenn so eine Taschenbuchausgabe nicht zustande kommen sollte, ist es schön zu wissen, dass Klett-Cotta auch Shippeys »Der Weg nach Mittelerde« im Herbst 2007 auf Deutsch zugänglich machen wird. Ich freue mich schon darauf.

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»J. R. R. Tolikien – Autor des Jahrhunderts« (dt. »J. R. R. Tolkien – Author of the Century«, engl. 2000), übersetzt von Wolfgang Krege; Seiten: 396 Seiten; ISBN (gebunden): 978-3-608-93432-8.

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ANMERKUNGEN:

[01] Hier zum Sich-gruseln die ersten Zeilen des exemplarisch zickigen und unverständigen Eintrags in Frank Schäfers »Kultbücher« (Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2000, S. 81ff):
Ein riesiger, stofflich ausufernder, immerhin dreibändiger Schmarrn der erst 1969 ins Deutsche übersetzt wurde, was einigermaßen erstaunlich ist, denn der notorische Nachkriegs-Eskapismus wäre mit diesem atavistischen {gemeint ist vulgo: »rückständigen«, womöglich sogar »zurückgebliebenen« – Molo} Pseudo-Mathos doch eigentlich auch recht gut bedient gewesen. So erlößte jene Romantrilogie die meisten deutschen Traumtänzer und Schwarmgeister erst in den 70er und 80er Jahren (im Gefolge des Fantasy-Booms) aus ihrer Realitätsstarre und schickte sie auf eine weite Reise nach »Mittel-Erde«.

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[02] Shippey ist mir schon bei den Dokumentationen der Jackson’schen »Special Extended Edition« von »Der Herr der Ringe« angenehm aufgefallen. – Ich gestehe freimütig: Tom macht als leidenschaftlicher Experte bei diesen Dokus auf mich einen herzerfrischend sympathischen Eindruck. Vom Team des ganzen Verfilmungszirkus traue ich nur den beiden Künstlern John Howe und Alan Lee, sowie Christopher Lee zu, eine mit Shippey vergleichbare sinnfällige Schau auf Tolkiens Schaffen zu haben. ••• Zurück
[03] S. 46. ••• Zurück
[04] S. 47. ••• Zurück
[05] S. 82. ••• Zurück
[06] »Führe uns nicht in Versuchung / und erlöse uns von dem Bösen.« ••• Zurück
[07] Knuffig auch Hermann Hesses Urteil 1922 über E. A. Poe:
Die ganze ihm nachfolgende Literatur des Grauens und der Phantastik wird rasch wieder untergehen.

»Schriften zur Literatur« ••• Zurück

Donnerstag, 4. Dezember 2008

Max Brooks: »Weltkrieg Z. Eine mündliche Geschichte des Zombiekrieges«

Eintrag No. 528

Für die Sammelrezi »Wonniglich verirrt im Labyrinth der Phantastik« in »Magira 2009« überarbeitet und erweitert worden.

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Manche Medienwerke sind bewundernswert, weil sie sehr gut gemacht sind. Ein Gemälde kann inhaltlich fad sein, und doch bereiten Komposition und Farbhandhabung Genuss. Ein Film kann mau dahin dümpeln, aber die Kameraarbeit, oder die Musik oder die Darstellungskunst eines Schauspielers vermögen zu beeindrucken. Ein Buch mag nur eine belanglose, flache Geschichte erzählen, jedoch versteht es die Sprache uns zu fesseln.

Umgekehrt gibt es Werke, die zuallererst durch eine brillante, umfassende, neue Perspektiven eröffnende Idee auffallen. Der Amerikaner Max Brooks (1972) hat es mit seinem »World War Z – An Oral History of the Zombie War« vollbracht, mich dementsprechend umzuhauen, meinen respektvollen Neid und somit meine Begeisterung zu entfachen, indem er die in den letzten Jahren schier unübersichtlich angewachsene Epidemie von Zombiestoffen um ein grenzgeniales Meisterstück bereicherte.

Wermutstropfen und Grund zu Uffregung über hiesige Lektorat- und/oder Vermarktungsentscheidungen: Der deutsche Titel, »Wer länger lebt, ist später tot – Operation Zombie«, mit dem der Goldmann-Verlag das Buch bei uns in die Läden schickt, legt irrigerweise nahe, dass man es zuvörderst mit einem locker-schwarzhumorigen Schmunzel-Witzebuch zu tun hat. Auch wenn Humor in Max Brooks Zombie-Buch durchaus hie und da durchschimmert (kein Wunder, ist er doch der Sohn von Mel Brooks und Anne Banecroft), handelt es sich dabei doch mehr um bitter-galligen Humor.

Zombies: diese herzig-schaurigen Mob-Monster haben sich etwa mit dem Beginn des neuen Milleniums wunderbar zu einer Großmetapher für Spannungen und Probleme der so genannten Globalisierung gemausert. Wir erinnern uns: die ›klassischen‹ Zombies ab den Fünfzigern/Sechzigern waren ziemlich träge und ließen sich prima als phantastische Horror-Illustration für willenlose Konsumenten- und Konformationsträgheit deuten.

Die moderne Zombies seit der Jahrtausendwende aber rennen geschwind den lebenden Hirnträgern nach (wie im Remake von »Dawn of the Dead«, in »28 Days Later«), und entwickeln sogar Ansätze von Kooperation und Deduktion (wie in »Land of the Dead«). Verschiedentlich wurden diese flinkeren, wütenden Zombies durchaus einleuchtend als Metapher für ebenso zornige Globalisierungskritiker gedeutet. Jedoch, finde ich, liegt darin eine interessante Doppel- wenn nicht Vieldeutigkeit, denn Zombies können eben für alles mögliche stehen: willenlose Hinterherläufer (»Keiner will denken, aber alle wollen Menschenfleisch fressen. Ich auch.«), wütende Rebellen (»Wir sind die ehemaligen Konsummondkälber die wegen schlechter Arthaltung jetzt mit Tollwutgeifer zurückbeißen«), entmenschlichte Egoisten (»Schießt ruhig. Hauptsache, ich krieg Menschenfleisch«) und und und.

Zwar bleiben die Zombies bei Max Brooks dem klassischen Zombiebild treu, aber seine dolle Idee, mit der er dem Genre enorm viel Neues abgewinnt, wiegt das locker auf (wobei ich zweifele, dass es bei Brooks’ Buch überhaupt einen gröberen Makel gibt, den es wett zu machen gilt). Normalerweise spielt die große, nation-, kontinent- oder weltweite Untoten-Pandemie eine dekorative Rolle im Hintergrund von Zombiegeschichten. Üblicherweise begleitet eine solche Geschichte über einen kurzen Zeitraum eine Handvoll Menschen, wie die sich eher schlecht als recht in einer Welt durchschlagen, -ballern, und -schnetzeln, in der plötzlich die Toten mit großem Hunger herumwackeln.

Max BrooksBrooks erklärt im Vorwort von »World War Z«, dass er nach dem großen Zombiekrieg von den Vereinten Nationen beauftragt wurde, einen Bericht über selbigen zu schreiben. Allerdings haben seine Vorgesetzten gemosert, sein Manuskript enthielte zu viel »menschelnde Anteile«, man wolle nur die harten, kalten Fakten, die Zahlen. Mitnichten wolle man es aber Brooks verbieten, das Material seiner Interviews in einem eigenen Buch zu verarbeiten. Dieses Buch halten wir Leser nun in Händen. Brooks nimmt sich selbst zurück und präsentiert uns in 58 Studs Terkel-artigen Interviewtranskripten[01] eine ungewöhnlich facettenreiche Geschichte des weltweiten Zombiekrieges.

Auch ohne Zombies böte Brooks Buch genug Grusel, denn es scheut sich nicht, konkrete Mißstände zu beschreiben, die auf enthemmtem Nutzen des globalen Handels- und Kommunikationsnetzwerkes gründen. So hat die Zombieseuche markanterweise ihren Ursprung irgendwo im Herzen Chinas. (Regelmäßig trachten Apokalyptiker danach, uns Erstweltbürgern heiligen Schrecken vor einem gedankenlosen »Weiter so!« unseres Zivilisationsstandarts einzuflößen, wenn wir uns der schrecklichen Konsequenzen gewahr werden sollen, dass die lebenstragenden Qualitäten von Mutter Erde schnell gänzlich erschöpft würden, sollten die Menschenmassen Chinas fortfahren mit ihrem Anliegen, unseren Konsum- und Verschwendungslebensstil nachzuahmen.) Die ersten Untoten steigen aus den Wassern eines Stauseegebietes, einem jener künstlichen Fortschrittsgewässer, die den wachsenden Energiebedarf Chinas sichern sollen. Die Chinesen halten die Zombies, wie die gegen sie gerichteten Säuberungsaktionen, natürlich erstmal fatalerweise streng geheim. Auch im weiteren Verlauf des Romanes ist Kritik an bisherigen Praktiken der materiellen und informellen Ressourcehandhabung ein Dauerthema. Die Schattenseiten einer entgrenzten und unzureichend überwachten Logistik schildert ein bald folgendes Interview, in dem ein Assistenz-Arzt erzählt, wie auf der anderen Seite der Welt, in Rio, ein tiefgefrorenes, chinesisches Zombievirus-tragendes Spenderherz (für einen riechen Österreicher über eine Schwarzmarkt-Connection aufgestöbert), für den ersten Zombie in Brasilien sorgt.

Freilich wäre es überspannte Verlobudelung zu behaupten, dass jedes der 58 Interviews eine Gemme für sich ist. Aber richtige Nieten gibt es keine, ja nicht mal seichtes Mittelmaß. Zu den Höhepunkten zählt aber sicherlich die eine kleine Reihe an Gespräche mit dem US-Army-Veteran Todd Wainio, der verschiedene Phasen des vieljährigen Überlebenskampfes gegen die Zombies mit seinen Berichten anschaulich schildert: vom desaströsen Versagen der noch unerfahrenen Streitkräfte beim ersten Kontakt mit einem womöglich millionenköpfigen Zombieschwarm, der sich von New York aus ins amerikanische Landesinnere bewegt, über seine Beurteilung der einige Jahre später erheblich verbesserten Taktik der Antizombiekampfverbände, bis hin zum zähen Wiedererschließen beim langsamen Säubern der aufgegebenen Städte. — Atemlos habe ich die Erlebnisse des als Jungen von der Hiroshimabombe geblendeten Japaners Sensei Tomonaga Ijiro gelesen. Alleine schafft er es trotz seiner Blindheit mittels Bewahrung eines kühlen Kopfes und Vertrauens in die Naturgötter eines Naturschutzgebietes zu überleben. Wahrhaft un-glaub-lich.

Sicher ist, dass Brooks für alle Horror- und Zombiefans exquisite Schock- und Gruselpassagen bietet. Erstaunlich jedoch, dass die typischen Gruseleien eigentlich recht rar (wenn auch geschickt) gesetzt sind. Im Laufe des Buches tritt deutlicher eine andere Art von Grauen in den Vordergrund, die Konfrontation mit den von Brooks vorgeführten menschlichen Abgründen, sowohl individueller wie institutioneller Art. Zum Beispiel, wenn in seinem Arktis-Exil ein gerissener Geschäftemacher zu Worte kommt, der die Furcht vor den Zombies ausnutzte um mit wirkungslosen Impfstoffen noch schnell Geld zu scheffeln bevor alles zusammenbrach; oder wenn die Sträflingssoldaten russischer Zombiesäuberungstrupps die unmenschlichen Disziplinierungstyrannei in ihren Lagern schildern. — »World War Z« gelingt es, dass sich im Hintergrund ein Grauen zusammenballt, wenn so manche dunkle Ahnung und Stimmung beschworen wird, wie es zuginge, (oder in absehbarer Zeit zugehen wird), wenn die zivilisatorischen Polster und Zügel verschwinden, und unzählige Menschenmassen sich wegen virulent ausbreitender Fanatismen, knapper werdenden Rohstoffen und rapide schrumpfenden Überlebensräumen, panisch gegenseitig an die Gurgel gehen.

Kurzum: Ein vielseitig unterhaltsamer Zombietitel, der wegen seiner Sensibilität für gesellschaftliche Probleme und gerade durch sein Augenmerk ›menschlichen Faktor‹ auch für Nicht-Zombiefreunde empfehlenswert ist. Ein wundervolles Beispiel dafür, wie man mit phantastischen Großmetaphern spielerisch und zugleich engagiert über die tatsächliche Welt sprechen kann.

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ANMERKUNGEN:

[01] Studs Terkel (1912-2008) erwarb sich als Gesprächspartner in unzähligen Interviews den Ruf (ab 1952 fürs Radio, dann auch in Buchform), der Mann zu sein der Amerika interviewte. Als Pionier der »Oral History« veröffentlichte er Gespräche, überwiegend mit »einfachen Menschen« zu Themen wie Jazzmusik, den Zweiten Weltkrieg, alltäglichen Rassismus, die »Great Depression«, Grenzerfahrungen, Ängste, Wünsche und Hoffnungen. ••• Zurück

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Max Brooks: »World War Z – An Oral History of the Zombie War« (2006), 342 Seiten; 52 Interviews in 8 Abschnitten mit einer Einleitung und einer Illustration von John Petersen. Paperback Edition, Three Rivers Press; ISBN: 978-0-307-34661-2.
Max Brooks: »Wer länger lebt, ist später tot – Operation Zombie« (2007), übersetzt von Joachim Körber, 448 Seiten. Goldmann Taschenbuch; ISBN: 978-3-442-46539-2.
Dienstag, 18. November 2008

Jetzt auch Spiele-Rezis. Premiere mit »The Simpsons«.

{Eintrag No. 527} — Nicht nur der Umstand, dass seit Mitte Mai meine Hartz-Vierling-Existenz ein Ende fand, und ich nun einem Vollzeitjob mit an die 200 bis 230 Stunden im Monat nachgehe, sorgte und sorgt dafür, dass die Frequenz meiner Blogeinträge im letzten Halbjahr beschämend ausdünnte, nein, ich leichtsinniger Mensch bin zudem vor einigen Monaten auch auf einen dollen MobTel-Bundle-Deal eingegangen und habe mir somit für schlappe 20 Euro eine Playsie 3 leisten können.

Als Auftakt hatte ich mir im Mai für ein paar Tage aus der DVDiothek das »The Simpsons«-Spiel ausgeliehen. Ich liebe ja die Serie, fand auch den Film wunderbar und da kam mir das Spiel gerade recht. Es war eine große Gaudi, durch Springfield zu stromern, und sich von dort aus auf den verschachtelten Meta-Story-Witz der Spielehandlung einzulassen. Großartig schon das Tutoria: Homer hechelt im Süßigkeitenland dem weißen Schokohasen hinterher. Es folgen einige einfachere Aufgaben im normalen Springfield (beispielsweise das Museum vor nächtlichen Unholden beschützen, oder das Aufdecken korrupter Machaleukes des Bürgermeisters). Dann bedrohen die bekannten, geliebten bösen Außerirdischen die Stadt und also gilt es z.B. mutierten Delphinen und Haien entgegenzutreten. Doch wie sich helfen gegen die extraterristische Übermacht? HaHa!, gut dass Bart ein wundersames Lösungsbuch zum »The Simpsons«-Spiel gefunden hat, womit sich der Weg in andere Dimensionen öffnet um dort den tüftelmächtigen Professor beizuholen. Unterwegs in der Spieleentwicklerwelt-Matrix befreit man den vom Donkey Kong-Affen entführten verrückten Wissenschaftler, erledigt Quest-Aufgaben in vier schrillen Parodie-Leveln (Zwoter Weltkrieg, McTolkien-Fantasy, Gängsteräktschn und Japan-Pop), dringt vor bis zum von Rechtsanwälten verteidigten Prunkanwesen des Schöpfers Matt Groening höchstselbst, der sich, als man ihn stellt, rausredet und auf DEN Schöpfer verweist, also GOtt nochhöherselbst, den es im finalen Tanzbewerb auszudribbeln gilt.

Originell fand ich, das man mehr machen kann als nur simple Spring-, Renn- und Baller-Herausforderungen zu meistern. Man zieht immer meistens mit zweien aus der Simpson-Familie in ein Abenteuer und alle haben sie ihre ganz eigenentümlichen Heldenfähigkeiten. Ich jauchzte über den Fettball-Homer, der (fast) alles zertrümmern, weite Sprünge und ballonartig schweben kann; genoß es als cooler Bartman mit Umhang und Enterhaken herumzuturnen; verwirrte mit Lust Dank Lisas chaotischem Sax-Gedröhn die Gegner und arrangierte mit ihrer mächtigen Buddah-Hand die Landschaft zu meinen Gunsten; lediglich Marges Empörungs-Mob rekrutierende Flüstertüte und die Möglichkeit mit Baby Maggie in engen Schächten herumzukrabbeln um wichtige Schalter zu drücken fand ich etwas fad.

Wer sich durch die Levels der Story gespielt hat, kann seine Zeit damit vertändeln und die je zum Simpsons-Charakter passenden Sammelobjekte auf der großen Springfield-Karte zusammensuchen. Mir aber war das dann doch zu fizzelig.

Beeindruckt hat mich, wie vorbildlich flüssig-locker sich das Spiel durchdaddeln ließ. Der Detail- und Einfallsreichtum, mit denen das Spiel gestaltet ist, haben mich begeistert: angefangen von den vielen Soundbites der Figuren, über die gewitzten Gastauftritte bekannter Nebenfiguren aus der Serie (wenn z.B. der dicke Comic-Typ erscheint um Spiele-Klischees auszudeuten), bis hin zur gelungenen Grafik, Levelgestaltung und den vielen punktgenauen hämischen Parodien auf bekannte Klassiker der Bildschirmkultur.

Fazit: ein feiner Auftakt für meine PS3. Leider nur geliehen.

Donnerstag, 23. Oktober 2008

Molochronik wird geliebt

(Eintrag No. 526; Woanders, Alltag) — Namensvetter Alex von »Cynx Cynical World« hat mich die Molochronik lieb, und deshalb darf ich dieses wunderschöne Loge nun hier prangen lassen und mich an folgende Regeln halten:

  1. Der nominierte Blogger darf das Logo in seinem Blog präsentieren;
  2. Verlinke die Person, von der Du den Award bekommen hast;
  3. Nominiere mindestens 7 weitere Blogs;
  4. Verlinke diese Blogs mit Deinem Blog;
  5. Hinterlasse eine Nachricht bei den neu Nominierten;
Die Begründung von Alex, warum er mich unter seine Nominanten-Schar erkoren hat, geht mir ans Herz:
Molochronik: Für jede seiner Buchvorstellungen kann ich nur dankbar auf die Knie fallen, da mir sonst was wichtiges entgangen wäre. Die ausführlichen Analyse diverser Werke der fantastischen Literatur sind dann noch das Sahnehäubchen oben drauf.

Obwohl … ich dachte, meine Mundmukke und meine Sribbels sind die Sahnehäubchen hier und meine Literatur(wut)schaumschlägereien eher nervig anstrengendes weil überspanntes Labersackgeisttötungsgeschwätze.

Wie auch immer, hier sind meine Kandidaten:

  1. Andreas »Reisenotizen aus der Realität«: Wegen der dollen Schreibe, der exzellenten Photos, dem wunderschön unterschnitten zuckerglasierten Menschenhass, wegen der Pflanzen und Hasen, wegen der Buchemmesse-, Bachmannwettlesen- und Schokotest-Berichte.

  2. Davids »Randnotizen«: Wegen der anbetungswürdigen Zeichen- und Photo-Kunst, der schönen Fundstellen mit gallopierendem Schwachsinn, und der ab und zu rausgelassenen wilden Prosasau, wenn David sich über etwas aufregt oder seinen Spott anbringt, und weil er dem besten Kastenkontent der Welt bringt.

  3. Volkers »Randomnotes«: Weil er der einzige echte Gonzo- & Spider Jerusalem-Typ in meinem Umfeld ist, weil er wunderbar über den Kampf gegen die Süchte schreibt, weil er dolle Spielerezis schreibt und weil er wunderbar ätzend gegen die Dummen und Wohlbehüteten anstänkern kann.

  4. Olis »Film- & Buch-Blog«: Weil er einen seeeehr guten Phantastik-Geschmack hat (auch wenn ich auf dem Auge für die von Oli so geliebten Bollywood-Kino bisher größtenteils blind bin), weil er mich immer wieder auf gute Bücher aufmerksam macht (und er dabei z.B. ein Herz für Kurzgeschichten-Bände zeigt), weil keiner so wie er die Geduld aufbringt um verschiedene Versionen eines Films miteinander zu vergleichen, und weil er einen Seitenstandanzeiger bei seinen derzeitigen Lektüren hat.

  5. Don Alphonsos »Blogbar«: Weil er immer fast immer recht hat.

  6. Hannes »Otherland-Blog«: Weil er nun endlich wieder bloggt und mich damit an seiner Lesewelt teilhaben läßt, denn Hannes hat einen richtig guten Genre-Geschmack und hadert entsprechend unterhaltsam öffentlich mit dem Grabbelkram auf dem Phantastikmarkt und gibt Hinweise auf beachtenswerte Gemmen.

  7. »Nachdenkseiten — Die Kritische Website«: Weil die schon recht hatten, als noch keiner was von einer anstehenden Finanzmarktkrise wissen wollte.

Mittwoch, 24. September 2008

Dietmar Dath: »Die Abschaffung der Arten« und eine schöne Unterscheidung

Eintrag No. 525 — Auf der Website zu seinem neuem Buch »Die Abschaffung der Arten« bekommt man ein ausführliches Interview mit dem Autoren Dietmar Dath geboten. Unter anderem führt er dort eine, wie ich finde, sehr verführerische Unterscheidung der drei großen Schubladen des Phantastischen, SF, Fantasy, Horror vor.

{W}as ist das denn eigentlich, Fantasy, im Gegensatz zu den beiden anderen Untergattungen der heutigen Phantastik, Horror und Science Fiction? Fantasy ist diejenige Literatur, die sich mit den Gesetzen, Konsequenzen und Implikationen des magischen Denkens beschäftigt. Das magische Denken — Analogien, Totem, Tabu, Fetisch, Übernatürliches etc.

Im Gegensatz zu den Literaturen, die sich mit dem magischen Denken beschäftigen, steht…

…das wissenschaftliche — Induktion, Deduktion, Hypothesenbildung, Occams Rasierklinge etc. pp.

Dem entsprechend erläuert Dath desweiteren:

Fantasy beschäftigt sich mit Offenbarungen; Science Fiction damit, etwas auf anstrengendere Art herausfinden und anwenden zu müssen. Also nicht: Fantasy ist das Unmögliche, Science Fiction das Mögliche. Sondern: Fantasy will Erkenntnis-Effekte als Überwältigung durch das Nichtverstehbare, Science Fiction will dieselben Effekte als Beeindrucktsein von (durchaus manchmal gewaltigen) Arbeitsergebnissen. Gemeinsam haben die beiden Gattungen allerdings miteinander (und mit dem Horror, in dem es um das auf viszerale [= lat. ›Eingeweide‹ — A.v.Molo] Wirkungen berechnete Erschüttern und manchmal Wiedererrichten von stabilen sozialen, sexuellen und sonstigen Ordnungen geht, weswegen Horrorelemente sowohl in SF wie in Fantasy Platz haben, da sich dieses Problem sowohl magisch wie wissenschaftlich betrachten läßt), daß sie versuchen, vollständige Welten zu suggerieren (nicht »zu erschaffen«, das geht ja nicht, das sagt man nur manchmal als größenwahnsinniges Kürzel so daher).

Auch zum immer noch unermüdlich vorgebrachten Eskapismusvorwurf, mit der man die Phantastik gerne ins Abseits zu stellen trachtet, hat Dietmar Dath eine vorzügliche Replik parat:

Ich fand sehr nett, wie sich der große Wahnsinnige John C. Wright in der Widmung zu seiner soeben erschienenen Fortsetzung von A.E. Van Vogts Null-A-Geschichten bei Van Vogt bedankt hat: Dessen Welten, so Wright, seien in Wrights Kindheit diejenigen gewesen, die ihn, den lesenden Jungen, gern empfangen hätten, wenn er sich wieder mal von der andern, der empirischen sozialen Welt verstoßen gefühlt habe. Das ist, entgegen der beliebten Eskapismusschimpfe von Sozialpädagogen und anderen Wirklichkeitsdressurreitern, eine völlig legitime, im Gelingensfall sogar hoch ehrenwerte Leistung phantastischer Literatur oder Kunst. Ich meine, im Ernst, Kinder: Das könnte denen so passen, daß man ihre Scheißwirklichkeit nicht nur nicht verändern können soll, sondern noch nicht einmal das Recht zugestanden kriegt, sich mal eine Weile mit was ganz anderem zu befassen, um nicht komplett abzustumpfen.

NACHTRAG vom Samstag, den 28. Okt. ‘08:

Nun habe ich den Dietmar Dath endlich mal gesehen, bzw. gehört. Ist ja immer so eine Sache, die einem bei Zweifelsfällen weiterhilft, wenn man (also ich) nicht immer durchblickt, wie ein Autor (eben Dath) etwas meint. Ich tue mir ja zugegebenerweise oftmals schwer damit zu unterscheiden, wann jemand die Wahrheit sagt, und wann er es ernst meint.

Nun also weiß ich, das Dath so ein ganz schnell Sprechender ist. Leider leider hat er sich die meines Erachtens schwächste Stelle aus »Die Abschaffung der Arten« augesucht, um dem Buchpreispublikum im Literaturhaus zu Frankfurts Schöner Aussicht eine Kostprobe zu bieten.

Bei dem Buch wird ja viel durcheinandergemischt (und der Collageästhetetik nähere ich mich ja erstmal mit einem wohlwollendem Vorurteil, zumal das Buch ja gleich zu Beginn mit einem Motto von Lord Julius aus »Cerebus« aufwartet.). Das liest sich über weite Strecken wie ein Konversationsroman mit Tieren. Ziemlich lustig, wenn z.B. Kunstgalerie-Wichtigtuerei-Gesülze veräppelt wird, oder auch, wenn Dath mittels dem Jounglieren aller möglichen dollen SF-Ideen (oder sollte ich ›Spinnereien‹ sagen?) über die Doofheit der Gegenwart lästert. Immerhin wird als der rote Faden Buches die brenzlige Frage angeboten ›warum den Menschen passiert ist, was ihnen passiert ist‹.

Langweilig und arg verstelzt geriet Daths Roman — tragischerweise ausgerechnet — wenn er anfängt über Liebe und Sex zu schreiben. Da gelingt ihm leider nur alle paar Absätze mal ein mitreissender, nichtpeinlicher Satz (Romeo & Julia wird bemüht, um den selbstgenügsamen Dual-Narzismus eines ehemals männlichen, nun weiblichen Schwanenwesens zu schildern, dass sich in zwei Leiber aufteilen kann, bei Mondlicht! im Bombenkraterteich der Ruine der Uni Princton!).

Es zeichnet sich für mich als Tendenz ab: Als Thesenschleuder und anregender Ideenbäcker ist Dath, wie immer eigentlich, echt ein Genuß. Aber leider krankt seine Erzählerei an Nervigkeit. — Extremst daneben finde ich Daths begeisterte Hillfslosigkeit, wenn seine tierischen Zukunftsbewohner sich die Namen von SF-Autoren aufsagen, und welche dollen Dinge die in ihren Büchern diagnostiziert, vorhergesehen haben.

Ach ja: in Richtung (Schutz)Umschlaggestalter des Suhrkampverlages. Das Cover ist total in Hose gegangen! Hat höchstens Chancen auf den Preis des langweiligsten Covers des Quartals.

Ich gebe bescheid wenn ich mit dem Buch fertig bin (ich bin derzeit auf Seite 319 von 552).

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Dietmar Dath: »Die Abschaffung der Arten«; 552 Seiten (122 Kapitel gebündelt in XVIII Abschnitten unterteilt in Vier Sätze), mit Tiervirgnetten von Daniela Burger; Suhrkamp 2008 (gebunden); ISBN: 978-3-518-42021-8
Montag, 8. September 2008
Sonntag, 7. September 2008
Samstag, 16. August 2008

Sechs Jahre

(Eintrag No. 522; Alltag, Wartung) — Für alle, die sich für zyklische Wiederkehr interessieren. Am 16. August 2002 erschien der erste Molochronik-Eintrag.

Freitag, 15. August 2008

Nick Harkaway: »The Gone-Away World«, oder: Ninjas, wandernde Städte nach dem großen Bumm und eine seltsame Freundschaft

Eintrag No. 521

Für die Sammelrezi »Wonniglich verirrt im Labyrinth der Phantastik« in »Magira 2009« überarbeitet und erweitert worden.

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Nick HarkawayNick Harkaway (1972 geborener Sohn von John le Carre) hat mit »Die gelöschte Welt« einen Debutroman hingelegt, der vollends meinem Verlangen nach kunterbunt-unterhaltsamer ›Anspruchs‹-Literatur gerecht wird. Zuerst aufgefallen ist mir die Sprache. Harkwaways Prosa suhlt sich mit Wonne in den vokabularischen Möglichkeiten, welche dem Englischen zuhanden sind (und ich bin sehr gespannt, wie die deutsche Übersetzung klingen wird), vermischt genussvoll hohe und niedere Ausdruckniveaus verschiedenster Milieus (mit besonderer Parodieaufmerksamkeit für Multi-Corperate-, Militär- und Studentenkneipen-Slang) und zuweilen durchquert man absatzlange Satzgeflechte, die sich durch exquisite Fizzelfreude auszeichnen.

Zur Szenerie: alles beginnt in einer an »Mad Max« oder »Fallout« erinnernden Restwelt damit, dass nach einer Explosion der Strom ausfällt, während der Erzähler und seine Kumpels und Kumpelinnen von der »Haulage & HazMat Emergency Civil Freebooting Company of Exmoor County« Billard in der »Namenlosen Bar« spielen. Irgend jemanden ist es gelungen, mit einem Sabotage-Akt die »Jorgmund Pipe«, das größte und wichtigste Objekt der noch bestehenden Welt empfindlich aus dem Gleichgewicht zu bringen. Die Welt wie wir sie kennen ist nämlich, pardauz!, vor einigen Jahren bei einem Nicht-Krieg durch den Einsatz einer neuen, seltsamen Sorte Bomben verschwunden. Die wenigen Überlebenden haben sich zurückgezogen in den schmalen Streifen der »lebenstauglichen Zone«, welche sich an das mächtige Jorgmund Rohr schmiegt. Aus diesem Rohr wird eine mysteriöse Substanz versprüht, welche die monstergebärende Unwirklichkeit auf Abstand hält. Und eben dieses Jorgmund Rohr steht nun in Flammen. Der Erzähler und seine Freunde sind Veteranen des »Un-Krieges«, nach dessen Ende sie wegen unseliger Entwicklungen während der Wiederaufbau-Anstrengungen desertierten. Nun sollen sie als freie Söldner und Transportunternehmer mit einem Haufen dicker Sprengladungen per Vakuumeffekt den Großbrand löschen, um die Welt zu retten. Soweit die Infos des ersten Kapitels, die reich garniert werden mit Abschweifungen beispielsweise zu von Schweinen angetriebenen Notstromgeneratoren und zu den unterschiedlichen Entmenschlichungsgraden von administrativen Schnöseln.[01]

In einer sich über mehrere Kapitel erstreckenden Rückblende berichtet dann der Erzähler von seiner Kindheit: wie er vom Spielplatz weg vom gleichalterigen Gonzo William Lubitsch und seiner Familie adoptiert wurde; wie die beiden Jungs mit viel Hingabe und Talent Kampfsportkünste lernten (wobei Gonzo sich der harten, der Erzähler sich der weichen Schule widmet). Haarsträubende Erzähl-Umwege legen die Historie des »Hauses des Stimmenlosen Drachen« von Meister Wu dar und seiner obskuren Feinde, der Ninjas der »Uhrwerk Zeiger Gesellschaft«. — Der Amateur-Kampfsportler Harkaway ist (zurecht wie ich meine) stolz darauf, einen anspruchsvollen Roman mit Ninjas geschrieben zu haben. Entsprechend bietet »Die gelöschte Welt« atemberaubend inszenierte Kämpfe. Da wird vorgeführt, wie gefährlich Tupperware in den Händen eines einfallsreichen Kampfmeisters werden kann, oder wie selbst ein älteres Ehepaar mit Pheromonen und afrikanischen Bienen einem Pulg gutausgebildeter Meuchelmörder beizukommen vermögen. — Desweiteren geht’s mit Studentenabenteuern (sprich: Kneipenszenen, angeschickerte Politdiskussionen & Beziehungswirren), Anti-Terror-Razzien, Folterverhören durch quasi-staaliche Sicherheitsorgane, und schließlich landen der Erzähler und Gonzo bei der Agentenausbildung des Projekt Albumen, wo sie nicht nur Auto-Kampfsportunterricht erhalten, sondern sich auch die Entwicklungslabore für die Unbombe befinden.

Die im ersten Viertel des Buches hervortretenden politischen Wirren konzentrieren sich in einer Abschweifung wirtschaftliche Begehrlichkeiten auf globaler Bühne, wenn Harkaway über das Hickhack um das fiktive Land Addeh Katir (irgendwo an den Ostausläufern des Himalajas gelegen) sehr trefflich über die finstereren Machenschaften des neoliberalen Großkapitalwahnsinns und fatal-hirnloser internationaler Gierdiplomatie fabuliert. In dieser Fremde geraten der Erzähler und sein Kumpel Gonzo schließlich in die Nicht-Kriegswirren um Addeh Katir, und hier, etwa zur Halbzeit, beginnt sich der Roman endgültig zu einem überwältigenden Pandämonium zu entfalten, wenn wir lernen die Go Away-Bomben zu lieben und das kosmische Grauen aus dem freigesetzten, wankelmütigen »Zeugs«-Gewaber und dem Gestobe menschlicher Träume und Ängste steigt. Durch Go Away-Bombon beraubt man Materie und Wesen ihrer sie in Gestalt haltenden Information und verwandelt sie damit in »Stuff«. Die nichteinkalkulierte Knieschußfolge ist, dass sich dieses »Zeugs« und alles was mit ihm in Kontakt kommt planlos neue Informationen aus der Noospähre[02] zuzelt und dadurch in alles möglich Vorstellbare verwandeln kann.

Die zweite Hälfte des Romanes schildert die Ereignisse nach dem Un-Krieg, wenn die Reste der überlebenden Menschheit improvisierend mit Hilfe der zugänglichen technischen Großmitteln der zur Unwirklichkeit gewordenen Erde Überlebenszonen abtrotzt, kurz: das besagte Jorgmundrohr wird errichtet. Das lässt die dabei gebildete Jormundfirma zum alleinigen unheimlichen Weltherrscher der wenigen Komfortzonen alten Stils aufsteigen, und wahrhaft erschreckend sind die Grundlagen ihres Erfolges. — Nach der Rettungsaktion, zu welcher man im ersten Kapitel aufbrach, wird der Erzähler von seinen Kumpanen getrennt und er bricht auf zu einer Queste, um die dunklen Geheimnisse der Jorgmundfirma zu enthüllen, aber auch, um die Rätsel seiner zweifelhaften Freundschaft mit Gonzo Lubitsch und schließlich die trügerische Natur seiner eigenen Existenz zu ergründen.

Durch all diesen quirligen Garn zieht sich auch ein frech-zarter romantischer Faden der verhäkelt ist mit Elisabeth, der Adoptivtochter von Meister Wu. Hier ist auch eine interessante Argumentationsebene eingebettet, in der ergründet wird, was kraftmeierische Helden eigentlich liebeswürdig macht. Zudem ziehe und werfe ich meinen Hut johlend vor Begeisterung, immer wenn Harkaway einen anarchistisch-ulkigen Trupp Pantomimen auftreten lässt, über seine Idee und Schilderung eines Zirkus von Aussteigern, die sich Egalität halber alle K. nennen; wegen Zaher Bey, Pirat und Widerstandskämpfers von Addeh Katir; sowie wegen einem mit Safran handelndem, extrawortgewaltigem, dauerstreitendem Ehepaar. Die amüsanten Auftritte all dieser Figuren, und die stets gegenwärtige Schlagfertigkeit der Gedanken des namenlos bleibenden Erzählers ließen mich willig mit Milde über die zwei, drei dreisteren Hau Ruck-Kniffe des Handlungsverlaufes hinwegsehen, welche das ›In die Irre führen der Leser‹-Spiel des Romanes zumutet. Wer derartige Herausforderungen einzugehen gewillt ist, dem wird anhand dieses

Fantasyromans für Leute, die normalerweise Fantasy scheuen[03]

vorgeführt, wie vorzüglich produktiv sich reißerische Äktschn, relevante Satire, kosmisches Grauen und spekulierende Fabulierlust miteinander verschränken lassen.

(P.S.: Die Umschlaggestaltung der UK-Ausgabe ist perfekt. Hier geht es zu einer kleinen Flickr-Dokumentation der Entwicklungsgeschichte des Covers.)

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ANMERKUNG:

[01] Hier als Beispiel für Harkaways Systemsatire eine Zusammendampfung seiner Schreibtischhengst-Klassifizierung:
Typ M bis E: wirkliche Menschen die kreischend der seelenverschlingenden professionellen Beamtenpersona entkommen wollen;
Typ D: kecker Möchtegern-Zahlmeister mit verkümmerter Menschlichkeit;
Typ C: glucksender Lakai des entmenschlichenden Systems;
Typ B: herzlose bürokratische Maschine;
Typ A: wäre eine Person, die derart umfassend von den Mechanismen des Systems für das er oder sie arbeitet aufgesogen wurde, dass die Person aufgehört hätte eine eigenständige Wesenheit zu sein. ••• Zurück
[02] Noosphäre (in etwa: ›Welt der Gedanken‹) ist ursprünglich die Wortschöpfung eines heilsgeschichtlich überspannten Jesuiten aus den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts, entsprechend theo- und teleologisch aufgebrezelt als Phase des kollektiven Menschengeistes auf dem Weg zum Omegapunkt, das heißt, dem am Jüngsten Tage wiedererscheinenden Christus. Die weltlich-mildere, heute gebräuchlichere Bedeutung bezeichnet mit Noosphäre schlicht die Welt der Ideen und denkbaren Gedanken. ••• Zurück
[02] So Harkaway selbst in einem Interview über seinen Roman. Man darf das auch lesen als Empfehlung des Romanes für »Fantasyfreunde, die die Schnauze voll von Formel-Fantasy haben«. Wobei das Wort ›Fantasy‹ sich hier als ›Phantastik‹ sinnvoller begreifen lässt, und weniger als ›Fantasy‹ im Sinne von ›aufgewärmte Mittelalterromantisierung mit Offenbarungsglasur‹. ••• Zurück

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Nick Harkaway: »The Gone-Away World«; 531 Seiten (16 Kapitel); William Heinemann 2008; ISBN-Trade Paperback: 978-0-4340-1843-7
Nick Harkaway: »Die gelöschte Welt«; aus dem Englischen von Jürgen Langowski; 800 Seiten, Piper Taschenbuch 2009; ISBN: 978-3-492-26704-5
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