molochronik
Sonntag, 5. Februar 2006

Zehn Etüden: Nr. Zehn — Das letzte Mal

Stücke für narratives Improvisationsklavier

»Von Dissonanzen, über Dissonanzen zu Dissonanzen.«
— Robert S. über Frederic C.

Das letzte Mal

»Un´se wollns nich abholen lassn?«, war noch die Frage des untersetzten Fahrers, der dem Günther ein Klavier in eine Fabrikruine gekarrt hatte. Zusammen hatten sie den Steinway von der Ladefläche gehievt. Günther wollte es so. Wollte selbst noch einmal die Last des Instrumentes spüren.

»Nein, ist schon in Ordnung«, sagte er freundlich. Der Fahrer nahm das Geld entgegen, kratzte sich am Hinterkopf.

»Is gut. Frag mich halt, wasse mitm Klavier hier draußen wolln.«

Der Mond stöberte durch rastlose Wolken und füllte die Fabrik mit verschimmelten Müllicht. Das Dach war schon vor langer Zeit eingestürzt. Günther stand am offenen Flügel, über die Seiten gebeugt, die er lange und sorgfältig stimmte. Wie ähnlich hatte er an sich selbst so herumgedocktert; war seinen Stimmungen und Gefühlsseiten, den Wuthämmern und Dämpfpedalen seines Gemütes auf den Grund gegangen; hatte er versucht seine Noten, Rhythmen und Dissonanzen zu verstehen; ein logisches, durchschaubares System in seine Seelenmusik einzubringen; all seine Launen, von den tiefsten zu den höchsten oktavenweise in Harmonien zu schlichten? Immer waren seine Absichten gescheitert.

Fertig. Der Günther setzte sich auf den Klavierhocker, ließ das Stimmwerkzeug auf den Boden fallen, umgeben von dem in der öden Betonhalle verstreuten Schrott, umringt von verfallenen Mauern, kauerte er mit geschlossenen Augen über den Tasten. Beinahe berührte sein Gesicht die Klaviatur.

Zuerst vereinzelte Töne, wie immer zaghaft und leise. Langsam entstand der Fluß der Improvisation, trauten sich die ersten Akkorde aus dem Murmeln stetig gleichrhythmischer Töne hervor. Sein Körper begann sich allmählich dem Spiel anzuschließen. Liefen, sprangen, tanzten seine Finger; rollten, schlugen, strichen seine Hände über die Tasten; stampften, hüpften, vibrierten seine Beine auf den Pedalen; wetzte er auf seinem Arsch hin und her.

Bedrohlich prallten kakophonische Habtikakkordgewitter vom Beton, verlassen und zärtlich hallten die einsamen Melodien durch die Nacht. Alles konnte er seinem Instrument erzählen. Kein Gefühl war dem Klavier fremd oder zuwider. Jeden Haß, alle Sehnsucht konnte es vertragen, was er sonst niemanden zutraute, niemanden wissen ließ.

Irgendwann sank Günther über den Tasten zusammen. Leere, Mattheit, Stille erfüllte ihn nun. Kein Bedürfnis, kein Wollen, kein Wünschen. Doch bald schon rappelte er sich auf, zündete sich eine Zigarette an, kramte in der Tasche mit dem Stimmwerkzeug. Er übergoß das Klavier mit Benzin. Gedankenverlohren ließ er den glühenden Stummel fallen und sofort überzogen hektische Flammen den Flügel. Er trat einige Schritte vor der Hitze zurück und starrte auf das prasselnde Schauspiel.

Die ersten Seiten rissen mit einem Knallen ab. Der Rahmen verzog sich. Furnier krümmte sich, wurde schwarz und blätterte ab, ein Ächzen und Kreischen umflatterte Günther. Immer wieder wie zuschlagende Schotts das Peitschen der Seiten. Acht Tonnen Bespannung lösten sich wie Bombeneinschläge.

Günther wollte sich schon abwenden, den brennenden Flügel, den Hocker und die Tasche hinter sich lassen, als eine graue Masse durch die Ritzen des verbrennenden Instrumentes troff; dunkler, verkohlter Schleim, deutlich vom dampfenden Holz und grellen Flammen zu unterscheiden sammelte sich unter dem Klavier, wurde dort zu einer Form, auf die Flammen herabtropften; zu pochen, zu zucken begann; ausgreifende Arme und haltsuchende Finger ausstreckend.

Zum Heulen und Knirschen des Instrumentes stimmte sich ein Klageruf, von einem verzerrten Mund erbrochen; Beine versuchten den geschmolzenen Körper aufzurichten; eine brodelnde Hand stützte sich kraftlos vom Boden ab; Brüste zerflossen auf Beton; eine klumpige Hüfte überzogen von platzenden Blasen; Flammen schwappten über einen kargen Bauch.

Die Beine des Klaviers knackten. Die Mädchenmasse unter dem Flügel bot noch immer Kraft auf, nach Günther zu rufen; unter Feuerqualen vom Instrument zu flüchten; das Klavier rumorte, grollte, die Beine stellten sich schief, gaben nach und mit einem letzten, groben Akkord zermalmte der Flügel die Gestalt unter sich; tänzelnd hochstiebende Funken glichen einem Reigen jugendlicher Tänzerinnen, die nackt und schutzlos vom Wind verweht wurden.

Die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne begleiteten Günther nach Hause.

Zehn Etüden: Nr. Neun — Auf den Klippen

Stücke für narratives Improvisationsklavier

»Von Dissonanzen, über Dissonanzen zu Dissonanzen.«
— Robert S. über Frederic C.

Auf den Klippen

Seine Erinnerungen, die immerzu unangemeldet, überfallartig oder versöhnlich, verschmitzt, hinterhältig oder verstohlen kommen, sich leise anschleichen oder verschreckt einherstolpern, nervös oder leger, angeturnt oder abgerissen auftreten, zumeist aber unerwartet und schlagartig aus den Schützengräben seines Hirnes aufsteigen, lassen sich nur leise und plötzlich betrachten.

Immer ohne Gewähr über deren Natur, denn er weiß, daß ein infantiler Knabe den frischen Erinnerungen — sobald er sie erspäht hat — allerlei Kostümtand überstülpt und somit maskiert. Seine Erinnerungen werden dann, so lächerlich hergerichtet, von den drei großen Brüdern des launischen Knaben schrecklich drangsaliert. Sie geben sich unerträglich nüchtern und ernst. Der erste verlangt von der Erinnerung Zeitung über die eigentlichen Absichten der fremden Personen; der zweite will selbiges über ihn wissen, freilich ohne ihn wirklich zu kennen; der letzte schließlich, die Koalition mit den beiden anderen stets meidend, will ständig in Erfahrung bringen, was denn rein sachlich vorgefallen sei, damals, als die Erinnerung entstand.

So wird die arme, eingeschüchterte Erinnerung bedrängt, dabei sucht sie nur eine Bleibe in seinem Kopf. Erinnerungen sind nämlich Teile der Wirklichkeit, die Beständigkeit und Schutz vor der alles verschlingenden Zeit suchen. Sie hoffen auf die Zukunft und träumen davon, an dieser teilhaben zu dürfen.

Da die Erinnerungen in seinem Hirn so gegängelt werden, suchen sie nur all zu bald Unterschlupf in den Schützengräben seiner Denkfurchen. In dieser verhügelten Geisteslandschaft verstecken sie sich, graben unter seiner Cerebralkruste weitverzweigte Stollen, errichten Lager- und Schlafbunker und verstecken sich, sobald ein Suchtrupp seines Bewußtseins sich blicken läßt. Nur die gnadenlosesten Schergen stöbern diese Verschläge auf. So die fahlen Reiter der Verzweiflung, die vor allem am Boden zerstörte Erinnerungen aufklauben und in der Zitadelle der Hoffnungslosigkeit in Einzelzellen sperren. Oder die humorlosen Spürhunde seiner Heiligkeit Popanz Gewissen, die Erinnerungen scharenweise zusammentreiben, in verborgenen Folterkellern aufschreien lassen, alles mit der bohrenden Absicht, einen besseren Menschen aus ihm zu machen. Früher oder später werden die Erinnerungen diesem trübsinnigen Verstecklebens überdrüssig.

So suchen sie das Weite auf seinem Neuroglobus, schwimmen über die hermaphroditischen Ozeane der Phantasie, durchqueren die schillernden Teppiche der körpereigenen Drogen, in deren Sud sie völlig dicht zuletzt in Ohnmacht versinken. Ich sehe ihre Leichen dann von meinem Leuchtturm aus vorüber treiben.

Zehn Etüden: Nr. Acht — Das Kind

Stücke für narratives Improvisationsklavier

»Von Dissonanzen, über Dissonanzen zu Dissonanzen.«
— Robert S. über Frederic C.

Das Kind

Wie jedes Jahr beim ersten Schnee brachte Georg sein Fahrrad in den vermoderten Keller des Altbaus. Er ließ das Vorhängeschloß einschnappen und nahm die Plastikplane vom Boden, um sein Rad abzudecken. Im Schutt lag der bleiche Körper eines höchstens zwei Jahre alten Kindes. Der Lichtkegel der Taschenlampe umzitterte den kleinen Körper, doch nichts geschah. Das Kind bewegte sich nicht. Es atmete nicht. Es war tot.

Georg trug die Leiche in seine Wohnung. Der Gedanke, die Polizei zu rufen, wurde schnell wieder verworfen. Er bettete das Kind auf seine Kautsch und schaute es lange an. Die Zeit schien sich an dem bewegungslosen Körper zu brechen. In seinen schäbigen Second-Hand-Klamotten machte das Kind auf Georg den Eindruck einer Puppe oder eines Schläfers. Georg wußte, daß er hier seinen wertvollsten Schatz gefunden hatte. Mit seiner Polaroid machte er ein Bild von der Leiche.

Erst am nächsten Tag, als Georg vom Musikkonservatorium heimkam, zog er das Kind aus. Freudig stellte er fest, daß der zierliche Körper ohne Verletzungen war — makellos — und schauderte wegen des verschrumpelten, männlichen Geschlechts. Wieder machte er ein Photo. Mit der Vorortlinie fuhr in einen abgelegenen Teil des Waldes und verbrannte die Kleider.

Die nächste Zeit verbrachte Georg damit, sich bei Freunden, die Medizin studierten, vorsichtig zu erkundigen, wie man Tote konserviert und sich die entsprechende Materialien zu besorgen. Derweil bannte er jeden Tag mit einem Photo den schleichenden Verwesungsprozess.

Als er die notwendigen Materialien zusammengetragen hatte, waren seine knappen Finanzen für den Monat ruiniert, aber die morbide Grazie, mit der die Leiche im Formaldehyd zu schweben schien, entschädigte Georg vollends. Glücklich wie niemals zuvor ließ er die Latexhandschuhe von seinen Händen schnalzen, und spielte dem Kind im Glaszylinder ein Ständchen auf der Violine.

Georg verpackte seine Kleider in Kartons und stellte das Gefäß mit dem Kind in den Schrank. Wie viele Twens war auch er ein zielloser Esoteriker und im Lauf der Zeit schmückte Georg das Innere des Schrankes mit den Symbolen seines privaten Okkultismus. Im Flackern schwarzer Kerzen schrieb er seine Musik. Immer bei offenem Schrank. Seine Professoren waren zu unrecht auf sich stolz, ob der plötzlichen Reife der Kompositionen ihres Schülers.

Zehn Etüden: Nr. Sieben — Eine Biographie

Stücke für narratives Improvisationsklavier

»Von Dissonanzen, über Dissonanzen zu Dissonanzen.«
— Robert S. über Frederic C.

Eine Biographie

Geboren im März 1972 in einer Stadt, begann Jochen Molosovsky schon im zarten Kindesalter sein expressives Künstlertum auszuleben. Mit vier beendete er seine erste Laufbahn als Kleingeigenzersäger und widmete sich nacheinander dem Klavier, der Flöte, der Mundharmonika, dem Schlagzeug, der Maultrommel und zuletzt dem Gesang, bis man im Alter von acht dazu überging, Jochen besser eine der stillen Künste aufzuzwängen.

Zusammen mit seinen Aufenthalten in verschiedenen Labors in Paris, Genf, Wien, Berlin, London und St. Petersburg gedieh seine Konzentration und Fähigkeit, keinen empfindlichen oder dauerhaften Schaden in seiner Umgebung anzurichten. Mit von seiner Familie finanzierten Operationen, ausgeführt von den fortgeschrittensten Wissenschaftlern, mit ihren hochentwickelten Prototypen und unter den geschlossenen Augen der Industrie, Nationen und Sicherheitsorgane überstand Jochen Molosovsky die ersten Schübe der Pubertät.

Der damit einhergehende Charakterwandel des jung berühmten Künstlers brachte es mit sich, daß er seine Sprache in Schrift sublimierte. Bis zur Erschöpfung spie er Worte auf kleine Zettel, bis er im Laufe der Zeit dazu überging, industrielle Papierrollen, trotz deren hoher Umdrehungszahl zu füllen.

Die langsam heilenden Narben der erschöpfenden Eingriffe, der schleichende Wiederaufbauprozess der Biostruktur und der Haut brachten es mit sich, daß Jochen als Sechzehnjähriger einen starken Drang hatte, sich auf visuelle Art mit sich und seiner Umwelt auseinanderzusetzten. Die ersten Früchte dieser Arbeit wurden im Lokal seines Vaters ausgestellt und ernteten in der Ausgelassenheit der Gesellschaft reichliche Zustimmung und Freude. Die ersten Aufträge verlangten von Jochen, daß er sich mit der Jagd nach geeignetem Arbeitsmaterial beschäftigte. Auf seinen ersten Streifzügen durch die Köpfe der Massen fand er viele Gelegenheiten für Gewaltanwendung und spielerische Übung. Später verfeinerte er seine Streifzüge und erweiterte seine Kenntnisse bezüglich des Ruhigstellens, Konservierens und Zubereitens seines Materials. Unvergeßlich blieben seine Dioramen im da Capo. Noch heute beleben Schmerzreflexmuster die Kronleuchter des Restaurants. Auch seine Möbiusbandskulptur mit ihren zehn Einzelorganismen windet sich immer noch in wohlabgestimmter Qual.

Zugleich wurden seine Jugendschriften in einer neuen Werksausgabe publiziert, zusammen mit seinem weiterhin quellenden Schatz an Abschweifungen über menschliches Bewußtsein und Vorstellungsvermögen. Doch dieser erste Ruhm sollte nicht lange ungetrübt bleiben. Als Jochen Molosovsky mit 23 begann, neue Ideen für seine Kunst aufzugreifen, fand er sich mit massiven Protesten seines Gönnerkreises und erregten Entrüstungen seiner Fangemeinde konfrontiert. Die Situation eskalierte, bis die Angelegenheit dem Rat der Musen vorgelegt wurde, der über Inhalte wie Gnade, Trauer, Trost, Freundschaft und vor allem Liebe beraten sollte. Jochen bliebt standhaft und fuhr mit seinem neuen Stil fort.

Zwei Jahre dauerten die Verhandlungen des Rates über Molosovskys Kunst, und in dieser Zeit wurde er immer wieder mit einem Ausübungsverbot gebannt. Doch immer, wenn man ihn einmal gewähren ließ, war man von den Ergebnissen seines Schaffens schockiert und verurteilte Jochen wieder zur Untätigkeit. In seinem 25 Lebensjahr einigte man sich auf einen Kompromiß. Jochen sollte sich auf die Ebene der Menschen zurückziehen, wo er seiner Kunst uneingeschränkt nachgehen dürfe, nicht ohne eine Unannehmlichkeiten ausräumende Verbindung mit seiner Herkunftswelt. Seitdem lebt er in unserer Welt. Seine Enttäuschung muß maßlos gewesen sein, als er feststellte, daß seiner neuen Kunst auch von den Menschen kaum Beachtung geschenkt wurde, und resigniert begann er wieder mit seiner alten Technik, den Leuten zu geben, wonach sie verlangen.

Zehn Etüden: Nr. Sechs — Die Unsichtbaren

Stücke für narratives Improvisationsklavier

»Von Dissonanzen, über Dissonanzen zu Dissonanzen.«
— Robert S. über Frederic C.

Die Unsichtbaren

Stefan stand in der vollgemästeten U-Bahn und grummelte still in sich hinein, denn er hätte jetzt zur Heimfahrt von seiner Arbeit bei der Deutschen Bank lieber einen Sitzplatz, um ein neues Comic lesen zu können. So aber stand er schwankend zwischen den schweigenden Menschen und gönnte den Sitzenden weder Zeitung noch Belletristik, ja verachtete besonders die, welche mit Textmarkern in lächerlich fetten Informatikhandbüchern herumschmierten. Seine Grummelei, Ungeduld und Mißgunst krabbelten kraftlos unter einer Käseglocke der Müdigkeit, wie sie sich nach einem Acht-Stunden-Tag Corona-Buchhaltung über sein Gefühlsbiotop zu stülpen pflegte.

»Fragen Sie sich, ob das so weitergehen kann? Ist dies das Leben, das Sie sich erträumt haben, oder sind Sie ausreichend domestiziert, um sich solche Fragen nicht zu stellen? Haben Sie einen kleinen Mann im Ohr, der Ihnen mit der Stimme Ihres Vorgesetzten sagt, was Sie zu tun und zu lassen haben?«, sagte gut vernehmlich eine junge Frau irgendwo hinter Stefan.

Nur die kein Deutsch verstehenden Ausländer blieben gelassen, die Blicke aller anderen aber kreisten herum auf der Suche nach der Fragenden. Das Schweigen hatte sich drastisch verändert. Geradezu trotzig klang das Rascheln einer umgeblätterten Bild nun in Stefans Ohr. Er war plötzlich ganz aufgeregt, wie nach dem ersten Abwärts einer Achterbahn.

»Mögen Sie Ihre Arbeit? Haben Sie sich freiwillig zur Entmündigung entschlossen, oder wurden Sie gezwungen? Konnten Sie schon mal kontrollieren, ob Ihr Gesichtsfeld von Scheuklappen begrenzt wird?«

Stefan mußte diese Frau sehen, aber die Menschen um ihn hinderten ihn sich zu bewegen, und er wollte sich an den fremden Menschen nicht reiben. Die Bahn bremste ab, die Türen öffneten sich und eine Handvoll Passagiere trollte von dannen wie Zirkustiere nach der Vorstellung. Durch die Scheiben riskierten sie einen ängstlichen Blick in den Waggon mit der fragenden Frau, wie Abergläubische, die befürchteten, Zeugen — wenn nicht gar Opfer — einer Hexerei geworden zu sein. Niemand stieg zu und die verbleibenden Fahrgäste arrangierten sich neu. Das ignorante Schweigen war zur angespannt räuspernden Farce geworden. Die Bahn setzte sich wieder in Bewegung.

Stefan lehnte sich an die Ausstiegstür, um das Innere des Waggon zur Gänze überblicken zu können. Der Zug verließ die gegrabene Nachtwelt und tauchte in das Sonnenstroposkop eines spätsommerlichen Abends. Stefan wartete voll Spannnung auf die nächsten provokanten Fragen, die die Unbekannte aus Stefans eingetrocknet geglaubtem Knochenmark abzulesen schien. Mit jeder Sekunde flehte er im Stillen jede der noch anwesenden Frauen an, daß sie es sein möge, daß sie mit dem Fragestellen fortfahren möge, doch keine öffnete den Mund, guckten nur wie abgelehnte Statisten zurück, wenn überhaupt. Die Fragende mußte den Waggon verlassen haben, zu diesem Schluß kam Stefan nach dem nächsten Halt und er gab sich einen Ruck und blies eine zu voreilig angezündete Kerze in seiner Brust aus.

Bis zu seiner Haltestelle — der Endstation — war es noch weit, und so ging er auf einen der inzwischen frei gewordenen Sitzplätze zu, hatte sein Comic halb aus der Tasche gezogen, da zuckte er zum Stillstand; vor seinem geistigen Auge war kurz Rosenkranz (oder Güldenstern?) aufgeblitzt, wie er wieder und wieder die Münze warf und immer zeigte sie ›Kopf‹. Stefan ließ das Comic in die Tasche gleiten. Er lehnte sich wieder an die Tür, schüttelte kurz Arme und Beine, wie ein Hochspringer bevor er anläuft, strich die Haare zurück und räusperte sich; dann begann er laut und deutlich seine Fragen loszuwerden.

Zehn Etüden: Nr. Vier — Acht und Acht Linge

Stücke für narratives Improvisationsklavier

»Von Dissonanzen, über Dissonanzen zu Dissonanzen.«
— Robert S. über Frederic C.

Acht und Acht Linge

Ein Stück Seife lag am Boden des Salons, als der Musiker mit dem Kochlöffel hereinhüpfte und akribisch draufeinzuschlagen begann.

»Hab ich dich, du elendes Stück Seife du!«, triumphierte er dabei. Derweil seine Frau sich vom Klavier — des Musikers bestem Freund — verführen ließ.

»Hab ich dich. In meinem eigenem Salon, du Miststück.«

(»Ich will deine Pedale in mir spüren. Alle drei.«)

Die Seife zeigte sich völlig unbeeindruckt und dachte gar nicht erst daran, es mit der Strategie eines diplomatischen Kompromisses zu versuchen, da sie wußte, daß solche gut gemeinten Verhandlungen nur mißverstanden werden würden.

Dem Musiker brach auf einmal der Löffel ab, die Hand im Schlag ungeschickt verrenkend, dabei unkoordinierte Verwirrung betreibend, stach die Abbrechspitze mir nichts dir nichts flugserdings ins Auge, somit in den Schädel des Musikers, dort reichte das Holz dem Hirn zum Gruße den Spleen, welcher von der wabbeligen Masse freudig empfangen wurde, dort aufgenommen in seiner konvulsiven Kreativität die öden Obrigkeiten des Hirnes zersetzend, welches anhob, dem Musiker Lebewohl, dem Musikerkörper den Dienst zu versagen, und war somit frei von Elektronenfluß und Geistesarbeit, mußte nicht mehr damit hadern und zwisten, sich selbst oder anderen einzugestehen, ob es denn nun eine Seele beinhalte oder nicht, durfte nach vollständigem Ausgehauchens allen lebendigen Odems ganz Eiweiß und Wasser sein, das sich profimäßig daranmachte zu vergammeln.

Die Frau des Musikers war inzwischen GOtt sei Dank auch tot, denn im wilden Liebesspiel hatte das wuchtige Instrument das blöde Sauweib erdrückt. Die Pedale des Klaviers ignorierten diesen Umstand völlig und so keimten aus dem brodelnden Fleisch des Weibes in Windeseile neue Saiten, Tasten und Hämmer. All das wuchs und quirlte nur so am Boden, und flugs standen da achtundachtzig kleine Flügel, die sich schutzsuchend unter dem Vater tummelten.

Der Musiker mag ein schlauer Gelehrter allzu absonderlicher Geheimnisse gewesen sein. Er hatte jedoch nicht geahnt, daß der mörderische Komplott der Seife nur eine Finte im Marionettentheater des teuflischen Klaviers war.

Zehn Etüden: Nr. Zwei — Das Geständnis

Stücke für narratives Improvisationsklavier

»Von Dissonanzen, über Dissonanzen zu Dissonanzen.«
— Robert S. über Frederic C.

Das Geständnis

Ja, ich gebe zu, daß ich der Künstler bin, der für dieses Chaos verantwortlich ist, aber ich kann mir das Ganze nicht erklären, ich weiß nicht… ich kann nicht… es ist mir unbegreiflich, was da mit der Welt geschehen ist, was ich da angerichtet habe, doch will ich versuchen, alles zu erklären.

Es begann damit, daß ich diese wunderschöne Frau kennenlernte, diese Muse, nach einem Skrijabinkonzert im Musikverein, wir waren in diesem exklusiven Feinschmeckerrestaurant — dem da Capo — plauderten über Musik, das Konzert, den Dirigenten, da saß sie mir gegenüber, es hat keinen Sinn sie zu beschreiben, der Hals, eine Versuchung, ihr atmender Busen, lächelte, alles an ihr war fleischliche Harmonie, aber geben Sie sich keine Mühe, sie sich vorzustellen, diese kaum zwanzigjährige Grazie, es war der höllische Himmel sie anzuschauen, so jemandes kann man nicht beschreiben, nur anbeten.

Magie knisterte in der Luft, die Götter waren mir hold, La Poeme de L´Extase wallte noch durch uns, geleitete uns zusammen, ich lernte besser kennen, erzählte von meiner Arbeit, oh Wunder: Sie wollte mein Modell sein, sie war ganz versessen darauf, mit mir zu arbeiten, ach was, sie sprach von hingeben, wir fuhren also in mein Atelier, berauschten uns aneinander, verbrachten gierige Stunden der Hingebung, dann, wir waren ja schon nackt, hatte ich die Idee, sie nicht nur zu malen, sondern sie als Malgrund zu verwenden, eigentlich entstand dies mehr oder weniger bei der Zweisamkeit aus dem Affekt heraus, sozusagen, ich begann also, ihre weiße Haut zu bemalen, mit Pinsel und schöner feuchter Farbe, sie hatte sich auf einigen Tüchern ausgestreckt, sich entspannt und sich mir und meinem Pinsel anvertraut, dort können wir die Wirklichkeit noch finden, wenn sie noch schläft, mit einem behaglichen Grinsen schlief sie dann nämlich ein, meinte noch, ich solle ruhig weitermachen, sie hätte einen tiefen festen Schlaf, wenn sie erwacht, können Sie sicher sein, finde ich diese Augen wieder, und da sind die Tücher, die noch zur alten Wirklichkeit gehören: ihre Augen und die Stelle, wo sie liegt.

Mein Pinsel raste über sie hinweg, ich hatte Skrijabin noch im Kopf, ihre Schönheit unter mir… ich kann es nicht in Worte fassen… malte wie wild, das Tuch um sie herum wurde bemalt, der Boden, die Wände, mein ganzes Atelier, die Farbe wurde knapp, aber meine fleischgewordene Muse trieb mich zum Unmöglichen, ich entwickelte spontan die Fertigkeit und das Wissen, in größter Eile alles als Material zu verwenden, alles in das Gemälde einzucollagieren, und nun, da Sie mich erwischt haben, da kann ich das Gemälde von der Welt darunter auch nicht mehr unterscheiden, auch wenn ich der Künstler bin, gerade deswegen: Für mich ergibt das nun alles einen Sinn, fragen Sie nicht welchen, der Rahmen für ihre Schönheit vielleicht, fragen Sie mich auch nicht, wie ich vollbrachte, das Wasser zu bemalen, die Luft und den leeren Raum, jede kleine Ameise mit Pinseltupfern zu Kunst zu machen, jeden Fußgänger, Radfahrer, sogar Autos und Zügen nachzulaufen, wie ich fliegen konnte um Vögel, Wolken und Flugzeuge dem Bild einzuverleiben, aber wie ich schon sagte, ihre Vision peitschte mich, mein Pinsel wurde zum Zauberstab, sie trieb mich gnädig aber erbarmungslos, strikt und sanft, nicht eher den Pinsel aus der Hand zu geben, bis ich die Welt zu meinem Bild machte, es ist mir ein vollkommenes Rätsel, wirklich, es tut mir aufrichtig leid, wenn Sie sich alle nicht mehr in der Welt zurechtfinden, daß Sie sich ständig fragen müssen, was Wirklichkeit und was Bild ist, denn anscheinend bekommt man meine Farbe nicht mehr ab, läßt das Collagengeflecht sich nicht mehr aufzwirbeln, aber wie gesagt, sobald Sie mich wieder freilassen, werde ich sie sicherlich nicht lange suchen müssen, um den Glanz ihrer Augen zu finden, und dann kann ich Ihnen allen noch zwei Stellen der alten Wirklichkeit zeigen: ihren Rücken, und das Tuch auf dem sie schlief.

Mittwoch, 11. Januar 2006

Ein Angler

Nach einem Photo aus »National Geographic«.
Donnerstag, 15. Dezember 2005

Molosovsky ist unterwegs in Ambra

Eintrag No. 249 — Ein Hoch auf den Klett-Cotta Verlag, der mich in dieser Saison mit zwei wundervollen neuen Phantastik-Büchern beglückt: einmal Ian R. McLeods »Aether« (einem wunderschönen Bildungs- Karriereroman in einer viktorianischen Alternativwelt mit Klassenkampf & Zeitenwende, Magie, ›Gothik Novel‹- & ›Steampunk‹-Elementen), und Jeff VanderMeers »Die Stadt der Heiligen und Verrückten« (fürderhin: »SHV«).

Wenn man ›Fantasy‹ in Traditionen zu teilen gewillt, bemüßigt oder geneigt ist, dann disputiert man früher oder später über solche Gegensätze wie ›J.R.R. Tolkien vs. China Miéville‹ (wie ich vor Kurzem bei Bibliotheka Phantastika) — da bin ich nun sehr froh, daß sich VanderMeers kapitalen Phantastik-Werk (das in vielerlei Hinsicht meinen ›feuchten Träumen‹ von richtig feiner Phantastik entspricht) bisher mit außergewöhnlicher Begeisterung gewidmet wird.

Die F.A.Z. fährt bei mir fett Goodie-Points ein, da dort der geschätzte Dietmar Dath »SHV« bejubelt (09. Dez. 2005, S. 34:)

»Man darf dieses vielstimmig erzählte, auf durchaus unheimliche Weise luxuriöse Buch ruhig dem Fantasy-Genre zuschlagen. Man sollte sich aber nicht darüber täuschen, was das in diesem Fall bedeutet: Die vielen Fakten über Ambras Straßen und Türme, Plätze und Auswegslosigkeiten dienen ganz und gar nicht demselben Zweck, wie etwa die Exkurse, die J.R.R. Tolkien im Gewebe seines ›Herren der Ringe‹ über die Herkunft von Pfeifen oder die Dialekte erfundener Sprachen einflicht. Wo nämlich bei den Schöpfungen der Neomythologen vom tolkienschen Schlag die Sachtext-Splitter immer eine Vertiefung und Festigung der Illusion bezwecken, man befände sich in einer runden, geschlossenen anderen Welt, frißt das Morbide, ›nach stockfleckigem Papier‹ riechende, von ›extremer Gicht‹ und Wahnsinn Angekränkelte in den Dokumenten aus VanderMeers magischer Stadt gerade den Traumbildcharakter des Ganze an. Dieser Dichter will eben nicht das Stimmige und Runde, sonders Ausgefranste und ontologisch Dubiose darstellen.« {…} »Wie immer bei den bestechensten phantastischen Texten ist es vielmehr gerade nicht die blühende Ausgedachtheit des Erzählten, was beeindruckt, sondern die Vielzahl der erstaunlichen Momente, an denen sich das Vermögen der Phantastik enthüllt, den sturen alten Konkurrenten ›Realismus‹ auf seiner Bahn am Rand der Tatsachen sozusagen links zu überholen und ein Bild von der Wirklichkeit zu entwerfern, das man als stimmiger und wahrer erlebt als das bloß brav abgemalte.«

Wobei ich hier einen kleinen Einspruch anbringen muß, denn ›abgemalter (schaler) Realismus‹ und ›erstaunliche (stimmige) Phantastik‹ erscheint mir eine zu vage Umschreibung, für die Gegensätzlichkeit der beiden erwähnten Fiktions-Praktiken. Egal ob eine Fiktionswelt die Gesetze und Bedingungen unserer ›Echtwelt‹ nicht überschreitet, oder darüber hinaus phantastische Unmöglichkeiten erfindet, beide Arten von ausgedachten Geschichten gehen von unserer ›normalen‹ Echtwelt aus. Sonst ließe sich kein verständlicher Text schreiben oder lesen. Für mich sind z. B. »Finnegans Wake« oder der »Codex Serafinianus« Extremwerke, die sehr anschaulich und spannend größtmögliche Argheit an Devianz vom ›normalen Realismus‹ oder auch ›verständlichen Fiktionen‹ anstreben.

Und in der neuesten Ausgabe von Alien Contact gibt im Interview mit Peter Wild der Dichter selbst noch Zunder für ein amœnokratisches Auffackeln von Phantastik:

»Im Hintergrund all meiner Geschichten steht die Subjektivität der Welt. Die Geschichte an sich ist subjektiv — alles außer Namen, Daten und anderen grundlegenden Elementen wird aus einem bestimmten Blickwinkel betrachtet und vorsortiert, jedem Bericht liegt ein bestimmter Standpunkt zugrunde, und damit ist er subjektiv. Daraus entstehen fiktive Texte, die wir als Sachtexte behandeln. Das ist jetzt nicht sonderlich neu, aber dieses Wissen auf eigentliche Erzähltexte anzuwenden — das könnte sehr wohl etwas Neues sein ... ich glaube, in der Welt herrscht eine Art natürliche Spannung, die von dieser Vielzahl unterschiedlicher Standpunkte verursacht wird, von denen aus jeder angeblich objektive Vorfall betrachtet werden kann. Wenn ich den Blickwinkel wechsle, dann deswegen, weil man, um in fiktiven Texten zu irgendeiner Form von »Wahrheit« zu gelangen, jede allein gültige Wahrheit scheuen muss. Um ›Realität‹ und ›Phantasie‹ miteinander zu verschmelzen, muss man mehrere Spezialisten nach ihrer Meinung fragen und sie dann aufeinander loslassen.«

Ach, bei solchen Gedanken blüht mein Herz auf. Auch wenn Schlingel Jeff durchaus ein bischen arg so tut, als ob er der Erste währe, der sich humorvoll und unterhaltend solcher Metatext-Inversionen und -Verwieise in ›Genre‹-Phantastik-Sphären bedient. Ich mein, wer heutzutage um die Dreissig ist, muß schon am Arsch der Welt dahinvegiert haben oder weitetstgehend unverspielt sein, wenn er noch nie was von kommerziellen Unterhaltungs-Rollenspielen mitbekommen hat. In Spiel-Charaktere schlüpft man nicht erst, seit es Konsolen- und PC-Games gibt. In Zeiten, als die digitalen Welten noch superprimitiv durch ASCI-Zeichen dargestellt wurden, hat man analog mit Charakterblättern, Lageplänen und Zinnfiguren (sowie einem beliebig monströs erweiterbaren Fundus an Ereignis-Tabellen, Hintergrundinfos, Hand-Outs* bis hin zu Mukke, Raumathmo und verbundenen Augen) das gemeinsame (sic!) Fabulieren in narrativen VRs betrieben. Rollenspieler kennen das In- und Nebeneinander von ›narrativer Fiktion‹ (Story) und ›Sachtext-Fiktion‹ (Enzy) entsprechend aus ihren Regel- und Kultur-, Monster-, Charakter-, Abenteuer-, Ausrüstungs-Handbüchern. Vor allem seit einer kleinen Kulturrevolution auf dem Gebiet der Rollenspiele, die sich in so ohngefähr in den Grundge-Zeiten Anfangs der Neunziger abspielte; White Wolf fuhr Erfolge mit seinen dezidiert als ›Storytelling Game‹ titulierten »World of Darness«-Reihen ein. Da gibts dann schon mal das ein oder andere besondere Buch, das keine spieltechnischen Regeln enthält, als vielmehr als Enzy-Artefakt auftritt (»Book of Nod« aus dem »Vampire: The Masquerade«-System ist mir noch in Erinnerung). Auf dem Gebiet der Comics fällt mir die wunderbaren und äußerst schönen Werke von Francois Schuiten und Benoit Peeters ein, den besten Überblick (oder die tiefste Verwirrung) bietet deren »Reiseführer zu den Geheimnisvollen Städten«. — Ich knie nieder vor VanderMeer, weil er als Prosaist selbst Gefallen an Buch-Artefakten bekundet, und auch den Mut hat, so ein aus der Phantasie-Welt übergreifendes Artefakt anzubieten.

* siehe Borges: »Tlön, Uqbar, Orbis, Tertius«, z.B. in »Fiktionen«, Fischer TB 1992.

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Mehr zu Jeff VanderMeer: • Einführung von Jeffrey Ford; • Jeff VanderMeer: Making Of »Die Stadt der Heiligen & Verrückten« Teil Eins und Teil Zwei; • dito : »Exponat H«; • dito: »Die Geschichte der Knochenschnitzer«; • Rezi von SF-Leszikel-Kammeraden Jakob Schmidt. • Wunderbare Leseprobe des Beginns von »Hoegbottons Führer zur Frühgeschichte der Stadt Ambra von Duncan Shriek«

EDIT: Kleine Ergänzungen und Satzbügelein.

Freitag, 9. Dezember 2005

Harold als Morpheus.

(Gesellschaft, Literatur) — Kaum begeistert mich ’ne Lit-Nobelpreisrede, schon finde ich mich wieder in einer Ecke, aus der man nur noch verwundert auf die bezahlten Meinungsschieber gucken kann. Von wegen, daß Harold Pinters Rede dem ›Niveau‹ des Nobelpreises unwürdig wäre.

Ich zumindest finde es ausgesprochen erfreulich, daß ein alter Knacker wie Pinter seine Erklärung anbietet, was die Matrix unserer Zeit sei:

Politische Sprache, so wie Politiker sie gebrauchen, wagt sich auf keines dieser Gebiete, weil die Mehrheit der Politiker, nach den uns vorliegenden Beweisen, an der Wahrheit kein Interesse hat sondern nur an der Macht und am Erhalt dieser Macht. Damit diese Macht erhalten bleibt, ist es unabdingbar, dass die Menschen unwissend bleiben, dass sie in Unkenntnis der Wahrheit leben, sogar der Wahrheit ihres eigenen Lebens. Es umgibt uns deshalb ein weitverzweigtes Lügengespinst, von dem wir uns nähren.

Oder, wie ich das wahrnehme: Die ganzen ›sauberen‹ Routinen des Kalten Krieges dienen weiterhin dazu, die Konkurrenz im Verwöhnungsressourcenkampf auszutricksen.

Und mir nun nicht wie Harold ›Antiamerikanismus‹ vorwerfen, denn ich denke nicht, daß ›die USA‹, oder ›die Amerikaner‹ die Schuldigen sind. Die USA sind selbst ja nur ein ablenkendes Tarnmäskchen, oder genauer: das A-Liga-Spielbrett des Hartbandagenkampes um die Zukunft. Wir leben im Zeitalter des Infowars, ein weiterer Abschnitt des Kampfs der Utopien.

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