molochronik

»Fünf Gründe warum Tolkien rockt« von China Miéville (Gastblogbeitrag 1/3 für »Omnivoracious«)

(Eintrag No. 560; Literatur, Phantastik, Fantasy, Woanders) — Anlässlich seines neuen Romanes »The City & The City« verdingt sich der englische ›Weird Fiction‹-Autor China Miéville seit Anfang dieser Woche als Gastblogger bei »Omnivoracious«. Wie schon desöfteren bin ich von Chinas Schreibe so hingerissen, dass ich mich als Übersetzter ins Zeug gschmissen habe.

Erstaunlich, was er in seinem Gastbeitrag zum Besten gibt. Wir erinnern uns: Miéville hat zu Beginn seiner Laufbahn als Autor heftig gegen den Übervater der modernen Fantasy polemisiert (siehe hierzu seine ›klassische‹ Betrachtung »Mittelerde trifft auf Mittelengland« vom Januar 2002). Bei all dem enthusiasmierten High Fantasy-Wahn, der (seit) damals auf der Welle der Peter Jackson-Filme mitgischt(e), war diese stellenweise respektlos tönende, aber durchaus fundierte Kritik eine Linderung für meine nervösen ästhetischen Nerven. — Selber neige ich dazu, zustimmend zu nicken, wenn man an der Vormachtstellung der Tolkien’schen Fantansy-Tradition kratzt, dennoch habe ich mich auch schon mit dem gebotenen Respekt zu Tolkien und seinem Werk geäußert (am bündigsten wohl in meiner Besprechung von Tom Shippeys Buch).

Nun also, einige Jahre reifer, hat Miéville in seinem Beitrag »There and Back Again« fünf Gründe zusammengetragen, weshalb ›wir‹ (Phantastik-, Fantasy & wie ich s auffasse auch Literaturfeinschmecker) Tolkien dankbar sein sollten.

Hier nur auszugsweise Chinas Argumente. Die komplette Übersetzung könnt Ihr auf der deutschen Miéville-Fansite »Bas-Lag.com« lesen.

  1. Nordische Magie: Allzu lange waren die griechisch-römischen Geschichten die fetten Pantheons auf dem Gelände. Zeus hier, Persephone da, Skylla & Charybdis dort, das Rauschen war endlos, und jeder der von Mythen hingerissen war, musste sich anstrengen mal was anderes zu vernehmen. {…} Man vergleiche damit die knotige, herbstliche, blutige Unvorhersagbarkeit der nordischen Geschichten, mit ihren anti-moralischen, schwer zu fassenden Feinheiten, ihren grundlosen und faszinierend-variantenreichen Götterrängen, ihren herzerweichend bizarren Nomenklaturen: Ginnungagap; Yggdrasil; Ratatösk. Aus dieser Tradition hat Tolkien geschöpft und sie glorifiziert {…} Wir wussten schon immer, dass diese anderen Götter und Monster cooler sind.
  2. Tragik: Die letzten Tränen in den Augen der Charaktere und Leser sind nicht solche der unumwundenen Freude. Ja, einerseits gewinnen die Guten; aber andererseits, was für eine Schande, dass eine ganze Epoche ihre Glorie verliert. Die Magie zieht natürlich nach Westen, doch auf eigentümliche Weise wird einer Erzählform abgeschworen, mit dem seltsamen Echo nach der letzten Schlacht, dem Nach-Ende von »Der Herren der Ringe«, der Säuberung des Auenlands, das Peter Jackson sträflicherweise weggelassen hat. {…} die Tragik der schleichend flatterhaften Alltäglichkeit verleiht Mittelerde eine kraftvolle Melancholie, die bedauerlicherweise bei vielem was folgte fehlt.
  3. Der Wächter im See: Sag über ihn was Du willst, aber Tolk fährt gute Monster auf. Shelob, Smaug, der Balrog … mit ihren erstaunlichen Namen, dem furchterregenden Elan ihrer Beschreibungen, ihren unterschiedlichen ungezähmten Böswilligkeiten, sind diese Kreaturen ganz in unsere Weltsicht eingeflossen.
  4. Allegorie: Indem er Allegorien abschwört, weigert sich Tolkien der Haltung zuzustimmen, dass fiktionale Werke eingeengt und präzise auf irgendeine zu reduzierende Art und Weise hauptsächlich, einzig und allein oder tatsächlich ›über‹ etwas anderes oder ›von‹ etwas anderem sprechen; dass die Arbeit des Lesers die eines Code-Brechers ist, dass wir mit dem richtigen Schlüssel einen hermeneutischen Algorithmus anwenden und das Buch ›auflösen‹ können. Tolkien weiß, dass dies sowohl zu plumpen Fiktionen als auch zu klobigen Codes führt.
  5. Zweitschöpfung: {D}er Paradigmenwechsel, für den es auch andere Beispiele geben mag, für den aber Tolkien mit weitem Vorsprung der exemplarische Herold ist, bedeutet eine außerordentliche Umkehrung des Verfahrens, und bereichert das Handwerk des Erzählens um einzigartige Werkzeuge und Möglichkeiten. Die Ordnung ist auf den Kopf gestellt: zuerst kommt die Welt, und erst dann geschehen in dieser Welt Dinge, treten Geschichten hervor.

Hier geht es zu den Molochronik-Trailern der anderen beiden »Omnivoraciuous«-Gastblogbeiträge von Miéville:

Gott: Versager, Soziopath oder schlicht ein Trugbild?

(Eintrag No. 405; Gesellschaft, Großraumphantastik, Gottesfrage) — Weil’s so schön ist, präsentiere ich heute mal Epikurs (ca. 341 bis 270 v.d.Z.) in »Von der Überwindung der Furcht« gereichtes Rätsel, welches knapp und schön auf den Punkt bringt, weshalb herkömmlicher Gottesglaube schlicht Quatsch ist.

Wie so oft bei kritischen klassischen Texten, findet sich diese Epikur-Schrift weder auf Deutsch noch auf Englisch im Netz (obwohl das folgende Rätsel oft zitiert wird). Lediglich der Text »Dialogues Concerning Natural Religion« in dem David Hume (1711 bis 1776 n.d.Z.) Epikur anführt, findet sich als englisher eText.

Hier die englische und dann von mir übersetzte Fassung dieses Rätsels über die Nutzlosigkeit der Vorstellung vom allmächtigen und gütigen Gott:

If God is willing to prevent evil, but is not able to Then He is not omnipotent.
If He is able, but not willing Then He is malevolent.
If He is both able and willing Then whence cometh evil?
If He is neither able nor willing Then why call Him God?

Wenn Gott willlens ist das Böse zu verhindern, aber nicht fähig, dann ist er nicht allmächtig.
Wenn er fähig sein sollte aber nicht willens, dann ist er bösartig.
Wenn er sowohl fähig als auch willens sein sollte, woher kommt dann das Böse?
Ist Gott weder fähig noch willens, warum sollten wir ihn dann Gott nennen?

John Dowland: »Were every thought an eye«

(Literatur, Lyrik) – Text und Übersetzung eines Liedes des englischen Renaissance-Komponisten und Lautisten John Dowland (1563-1626).

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Were every thought an eye and all that eyes could see, her subtle wiles their sights would beguile, and mock their jelousy. Her fires do inward burn, they make no outward show. And her delight amid the dark shades, which none discover, grow.

Desire lives in her heart, Diana in her eyes. 'Twere vain to whish womens true 'tis well, if they prove wise. The flow'rs growth is unseen. Yet ev'ry day it grows. So where her fancy is set it thrives but how none knows.

Such a love deserves more grace, than a truer heart that hath no conceit, to make use of both time and place, when a wit hath need of all his slight.

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Wenn jeder Gedanke ein Auge wäre, und all diese Augen sehen könnten, mit feiner List würde die Dame sie täuschen, und der Augen Eifersucht spotten. Der Dame Feuer brennen innerlich, sie zeigen sie nicht äußerlich. Und ihre Entzücken, inmitten dunkler Schatten, die niemand entdeckt, wachsen.

Verlangen lebt in ihrem Herz, in ihren Augen Diana. Vergeblich wärs, sich zu treue Frauen zu wünschen, wenn diese Bescheid wissen. Unbeobachtet ist das Wachstum der Blume. Und doch wächst sie jeden Tag. Sie gedeiht so wie es ihrer Laune entspricht, doch niemand weiß wie.

Solch eine Liebe verdient mehr Gnade, als ein treueres Herz das keine Dünkel hegt, um sich Zeit und Raum zu nutze zu machen, wenn der Witz all seines Geschickes bedarf.

Aus »A Pilgrims Solace – Forth Booke of Songs«, 1612.

John Dowland: »Love, those beams that breed«

(Literatur, Lyrik) – Text und Übersetzung eines Liedes des englischen Renaissance-Komponisten und Lautisten John Dowland (1563-1626).

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Love, those beams that breed, all day long, breed, and feed, this burning: Love I quench with floods, floods of tears and mourning. But alas tears cool this fire in vain, the more I quench the more there doth remain.

I'll go to the woods, and alone, make my moan, O cruel: for I am deceiv'd and bereav'd of my life, my jewel. O but in the woods, though Love be blind, he hath his spies, my secret haunts to find me.

Love then I must yield to thy might, might and spite oppressed, since I see my wrongs, woe is me, cannot be redressed. Come at last, be friendly Love to me and let me not endure this misery.

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Liebe, ihre leuchtende Blicke brüten, den ganzen Tag, brüten und nähren dieses Brennen: Liebe lösche ich mit Fluten, Tränenfluten, nächtlichen Tränen und Trauer. Doch leider kühlen die Tränen das Feuer vergeblich, von dem mehr bleibt, je mehr ich lösche.

Ich werde in die Wälder gehen und alleine mich beklagen, Wie grausam: denn ich täusche mich und bin beraubt meines Lebens, meines Juwels. Doch in den Wäldern, auch wenn Liebe blind ist, lauern Spione, die mein Geheimnis jagen.

Liebe, so muß ich weichen vor deiner Macht, Gewalt und Groll unterdrücken, da ich meine Fehler erkenne, ach Weh ist mir, und kann nicht behoben werden. Komm doch endlich, sei meine freundliche Liebe und laß mich dieses Unglück nicht länger ertragen.

Aus »A Pilgrims Solace – Forth Booke of Songs«, 1612.

John Dowland: »Come when I call«(A Dialogue)

(Literatur, Lyrik) – Text und Übersetzung eines Liedes des englischen Renaissance-Komponisten und Lautisten John Dowland (1563-1626).

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1st Voice: Come when I call, or tarry when I come; it you be deaf I must prove dumb.

2nd Voice: Stay awhile, my heavenly joy, I come with wings of love, when envious eyes Time shall remove.

1st Voice: If thy desire ever knew the grief of delay, no danger could stand in thy way.

2nd Voice: O do not add this sorrow to my grief that languish here wanting relief.

1st Voice: What need we languish? can Love quickly fly? Fear ever hurts more than jealousy.

Both: Then securely Envy scorning, let us end with joy our mourning, jealousy still defy, and love till we die.

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Erste Stimme: Komm wenn ich rufe, oder warte bis ich komme; wenn du taub bist muß ich mich stumm erweisen.

Zweite Stimme: Verweile doch, mein himmlischer Spaß, ich komme mit Flügeln der Liebe, wenn die Zeit ihre neidischen Augen abwendet.

Erste Stimme: Würde dein Verlangen jemals den Kummer der Verzögerung erfahren, keine Gefahr könnte sich dir in den Weg stellen.

Zweite Stimme: O füge diese Sorge nicht meinem Kummer hinzu, daß ich von meinem Schmachten erlößt werden will.

Erste Stimme: Was brauchen wir schmachten? Kann Liebe nicht flink fliegen? Furcht schmerz allemal schlimmer als Eifersucht.

Beide: Vorsichtig laßt uns dem Neid grollen und mit Freude unser Klagen enden, ruhig der Eifersucht trotzen und uns lieben bis wir sterben.

Aus »The Third Booke of Songs«, 1603.

John Dowland: »Come away, come sweet love«

(Literatur, Lyrik) – Text und Übersetzung eines Liedes des englischen Renaissance-Komponisten und Lautisten John Dowland (1563-1626).

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Come away, come sweet love, the golden morning breaks. All the earth, all the air of love and pleasure speaks: teach thine arms then to embrace, and sweet rosy lips to kiss, and mix our souls in mutual bliss. Eyes were made for beauty's grace, viewing, rueing. Love's long pain procur'd by beauty's disdain.

Come away, come sweet love, the golden morning waters, while the sun from his sphere, his fiery arrows casts: making all the shadows fly, playing, staying, in the grove, to entertain the stealth of love. Thither sweet love let us hie, flying, dying in desire, wing'd with sweet hopes and heav'nly fire.

Come away, come sweet love, Do not in vain adorn Beauty's grace, that should rise like to the naked morn: lilies on the river's side, and fair Cyprian flow'rs new-blown desire no beauties but their own. Ornament is nurse of pride, pleasure measure Love's delight: haste then sweet love our wished flight.

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Komm mit, komm Liebste süß, der goldene Morgen bricht an. Die ganze Erde, alle Lüfte sprechen von Liebe und Vergnügen: Lehre nun deine Arme zu umschlingen, und süße rosige Lippen zu küssen, und unsere Seelen in gemeinsamer Wonne zu mischen. Augen wurden geschaffen um die Anmut der Schönheit, zu schauen, bedauernd, die langen Liebesqualen, bewirkt durch der Schönen Verachtung.

Komm mit, komm Liebste süß, der goldene Morgen schwindet, während Sol von seiner Sphäre feurige Pfeile verschießt: die tanzen lassen alle Schatten, spielend, bleibend in dem Hain, um der Liebe Heimlichkeiten zu erfreun. Dorthin Liebste süß laß uns eilen fliegend, sterbend im Verlangen, beschwingt von süßem Hoffen und himmlischen Feuer.

Komm mit, komm Liebste süß, schmachte nicht vergeblich der Schönheit Anmut an, die steigen sollte so wie der nackte Morgen steigt: Lilien am Flußufer, und schöner Cyprian- Blumen frische Blüten verlangt nach keiner Schönheit als der eigenen. Verziehrung ist des Stolzes Züchterin, Freude bemesse der Liebe Entzücken: eil dich Liebste süß mit unserem ersehnten Flug.

Aus »First Booke of Songs«, 1597.

John Dowland: »My thoughts are wing'd with hopes«

(Literatur, Lyrik) – Text und Übersetzung eines Liedes des englischen Renaissance-Komponisten und Lautisten John Dowland (1563-1626).

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My thoughts are wing'd with hopes, my hopes with love. Mount Love unto the moon in clearest night and say, as she doth in the heavens move, in earth so wanes and waxeth my delight: and whisper this but softly in her ears, Kope oft doth hang the head, and Trust shed tears.

And you my thoughts that some mistrust do carry, if for mistrust my mistress do you blame, say though you alter, yet you do not vary, and she doth change, and yet remain the same: distrust doth enter hearts, but not infect and love is sweetest season'd woth suspect.

If she, for this, with clouds do mask her eyes, and make the heavens dark with her disdain with windy sighs, disperse them in the skies or with thy tears dissolve them into rain; thoughts, hopes, and love return to me no more till Cynthia shine as she hath done before.

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Mit Hoffnungen sind meine Gedanken, mit Liebe meine Hoffnungen beflügelt. Reite die Liebe in der klarsten Nacht zum Mond und sprich, so wie er im Himmel sich bewegt, so schrumpft und wächst auf Erden mein Vergnügen: und flüstere ihr dies nur sanft in die Ohren, oft läßt die Hoffnung das Haupt hängen, verströmt Vertrauen Tränen.

Und ihr, meine Gedanken, die oft Argwohn hegen, wenn aus Mißtrauen ihr meine Dame beschuldigt, obwohl ihr wechselst und euch nicht wandelt, und sie sich ändert und doch die selbe bleibt: in Herzen dringt Mißtrauen ein, infiziert sie aber nicht und Liebe wird am süßensten mit Verdächtigungen gewürzt.

Wenn sie dafür nun ihre Augen mit Wolken bedeckt, und den Himmel mit ihrem Mißfallen verdunkelt, mit windigen Seufzen, im Himmel zerstreue sie oder löse sie mit deinen Tränen im Regen auf; Gedanken, Hoffnungen, und Liebe kehren nicht mehr zurück bis Cynthia scheint, so wie sie es vorher tat.

Aus »First Booke of Songs«, 1597.

John Dowland: »Who ever thinks or hopes for love«

(Literatur, Lyrik) – Text und Übersetzung eines Liedes des englischen Renaissance-Komponisten und Lautisten John Dowland (1563-1626).

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Who ever thinks or hopes for love: or who belov'd in Cupid's laws doth glory: who joys in vows, or vows not to remove: who by this light-god hath not been made sorry: let him see me eclipsed from my sun, with dark clouds of an earth quite over-run.

Who thinks that sorrows felt, desires hidden or humble faith in constant honour armed, can keep love from the fruit that is forbidden, who thinks that change is by entreaty charmed, looking on me let him know, love's delights are treasures hid in caves, but kept by sprites.

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Wer auch immer an Liebe denkt, oder auf Liebe hofft: der geliebt von Cupids Gesetzen rühmliches tut: der freudvoll schwört, oder gelobt nicht zu weichen: der von diesem Licht-Gott noch nicht enttäuscht wurde: laß ihn mich sehen, von meiner Sonne verdunkelt, mit finsteren Wolken einer sehr überrannten Erde.

Wer denkt, daß empfundene Sorgen, versteckte Gelüste oder demütiger Glaube in stetiger Ehre gepanzert, die Liebe von der verbotenen Frucht zurückhalten können, wer denkt, daß der Wandel sich vom Flehen bezaubern läßt, laß ihn auf mich blickend wissen, daß die Freuden der Liebe in Höhlen vorborgene Schätze sind, die von Geistern bewacht werden.

Aus »First Booke of Songs«, 1597.

John Dowland: »O eyes, leave off you weeping«

(Literatur, Lyrik) – Text und Übersetzung eines Liedes des englischen Renaissance-Komponisten und Lautisten John Dowland (1563-1626).

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O eyes, leave off you weeping, Love hath the thoughts in keeping that may contend you. Let not this misconceiving, where comforts are recieving, causeless torment you.

Clouds threaten but a shower; hope hath the happy hour, though long in lasting. Time needs must be attended; Love must not be offended with too much hasting.

But O the painful pleasure, where Love attends the leisure of life's wretchedness: where Hope is but illusion, and Fear ist but confusion of Love's happyness.

But happy Hope, that seeth how Hope and Hap argeeth, of life deprives me; or let it be assured when life hath death endured Love will revive me.

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Ach Augen, hört auf zu weinen, die Liebe hält Gedanken bereit die euch vielleicht beruhigen. Laßt nicht diese Irrung, wo Angenehmes empfangen wird, dich grundlos foltern.

Wolken drohen nur mit einem Schauer; die Hoffnung hat ihre glückliche Stunde, wenn auch von langer Dauer. Achten muß man die Nöte der Zeit, die Liebe darf nicht beleidigt werden durch zu viel Hast und Eile.

Doch ach, die schmerzvolle Lust, wenn die Liebe sich nähert der Müßigkeit der Verdrehtheit des Lebens: wo Hoffnung nur eine Illusion, und Furcht nur eine Verwirrung der Fröhlichkeit der Liebe ist.

Doch glückliche Hoffnung – die sieht, wie Hoffnung und Zufall einig sind – beraubt mich dem Leben; oder laßt sicher sein, daß wenn das Leben den Tod erduldet hat, die Liebe mich wiederbeleben wird.

Aus »A Musicall Banquet«, 1610.

John Dowland: »My heart and tongue were twins«

(Literatur, Lyrik) – Text und Übersetzung eines Liedes des englischen Renaissance-Komponisten und Lautisten John Dowland (1563-1626).

Ich danke Andrea für zwei klärende Verbesserungen.

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My heart and tongue were twins, at once conceived, th'eldest was my heart, born dumb by Destiny, the last my tongue, of all sweet thoughts bereaved: yet strung and tun'd to play heart's harmony.

Both knit in one, and yet assunder placed: what heart would speak the tongue doth still discover. What tongue doth speak is of the heart embraced, and both are one to make a new found lover.

New found, and only found in gods and kings, whose words are deeds, but words nor deeds regarded. Chaste thoughts do mount and fly with swiftest wings, my love with pain, my pain with loss rewarded.

Then this be sure, since it is true perfection, that neither men nor gods can force attention.

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Zusammen empfangen sind mein Herz und meine Zunge Zwillinge, älter das Herz, durch's Schicksal dumpf seit Geburt, jünger die Zunge, aller süßen Gedanken beraubt: doch gespannt und gestimmt die Harmonie des Herzens zu spielen.

Beide zu einem geknotet, jedoch getrennt plaziert: immer noch entdeckt die Zunge, was das Herz sprechen würde. Vom Herz wurde umarmt, was die Zunge dann sagt, und beide sind eins um eine neue Liebe zu gründen.

Frisch gegründet – wie nur in Göttern und Königen, deren Worte wie Taten sind – doch weder Worte noch Taten beachtend. Besteige keusche Gedanken und fliege mit eiligsten Flügeln, meine Liebe mit Schmerz, meine Schmerzen mit Verlust belohnend.

Also steht fest, da es doch wahre Vollkommenheit ist, daß weder Menschen noch Götter Zuneigung erzwingen können.

Aus »A Pilgremes Solace – The Fourth Booke of Songs«, 1612.

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