Eintrag No. 631 — Immer noch am Rumrotzen und Schniefen mit meiner mysteriösen Sommergrippe, über die mittlerweile beschlossen wurde, dass sie ein simpler Fall von Heuschnupfen ist. Habe mir am Wochenende endlich helfende Arzneien besorgt. Ballern mir zwar das Hirn weg, aber ich kann wenigstens wieder ruhig durchschlafen und tagsüber bei Bedrängung durch schlimme Allergieattacken die Augen offen halten.
Lektüre: Habe eine kurze Pause bei »Der Blaue Kammerherr« eingelegt, bevor ich mit der Kadenz des Solisten (einer sehr argen Traumpassage) und dem Finale weiter mache. — Aber: hab mir endlich den (wie »Kammerherr«-Autor Niebelschütz es in seiner »Anotatio Auctoris« nennt) »Keim zu diesem Tulpenbaum« besorgt, den Anregungstext »Danae, oder Die Vernunfthochzeit«, enthalten in »Lustspiele Band III« der Werke Hugo von Hofmannthals.
Als Neuanschaffung traf Mervyn Peakes »Boy in Darkness and Other Stories« ein. Wunderbare Zusammenstellung: neben der fast 100 Seiten langen Titelnovelle, die zu den Titus-Geschichten (auch bekannt als »Gormenghast«) gehört, versammelt der Band fünf weitere Kurzgeschichten, sowie an die 40 zum Teil farbige Illustrationen von Peake, nebst Vorwörtern von Joanne Harris, Sebastian Peake und Peake-Witwe Meave Gilmore.
Als weltlichen Zwischendurchhappen habe ich mir Tom Schimmecks »Am besten nichts Neues« über ›Medien, Macht und Meinungsmache‹ gegönnt. Wunderbar. Genau das, was einem die schlechte Laune angesichts schlapper politisch-gesellschaftlicher Berichterstattung und widerwärtig boulveardisierter Medienlandschaft kurieren hilft. Schimmeck liefert ein gut zu lesendes Sittengemälde, das nötigen kritischen Kommentar mit Rekonstruktionen von markanten Medien-Ereignissen und -Entwicklungen (sprich: -Degenerationen) der letzten Jahre verbindet. — In den neun Kapiteln wird geschildert: die Routine in Berlin und der Herdentrieb der Journalisten; das Rendite-Modell Burdas in Hamburg; das Prominentengehege und Politikernähe als Währung; Aufstieg des naiven Neoliberalismus; das Unisono der Medien zur Hessenwahl (Koch vs. Ypsilanti); Reality-TV und aufgeblähte Gefühlsevents; Propaganda-Rampensäue am Beispiele Haiders, Putins, Sarkozys & Berlusconis; Das Versagen des Wirtschaftsjournalismus; Das Geschäft der Spin-Doctors. — Ganz große Leseempfehlung meinerseits.
»Moderne und Absolutismus«: Vielleicht (zumindest für mich) die bisher beste Serie von Don Alphonso in seinem F.A.Z.-Blog »Stützen der Gesellschaft«.
1. »Die Staatsmätresse«; 2. »Der Fürstbischof«; 3. »Der Ämterkauf«; 4. »Der Hofschranze nach Wulff« süffiger Höhepunkt der Serie, in der Don den von Herrm Wulff zusammengebrabbelten Quark als solchen ausweist. Wulff glaubte naiv und frohgemut ungebildet (wie es wohl nur jugendliche Kandidaten von Casting-Shows und Politiker sein können) mit ›Voltaire am Hofe Friedrich II.‹ etwas Vorbildliches für seine eigene Bundespräsidentenschaft skizziert zu haben.
Schöne Meditation über den Natur- / Kultur-Begriff von Georg Seeßlen am 1. Juli in »Der Freitag«: Abschied aus dem Paradies.
Nicht reisserisch, sondern mit kühler Sachlichkeit stellte Ulrich Schmidt am 3. Juli für die NZZ zusammen, wie kolossal die Sonderstellung und Privilegien der Kirchen in Deutschland sind: Eine vortrefflich gemästete heilige Kuh.
Stöbert mal herum in der Zusammenstellung der ›Favourite Projects‹ der Graphik-Künstlerin Marian Bantjes, ihr werdet Sachen sehen, die wirklich die Augen zum kreiseln bringen. Bin auf die Künstlerin aufmerksam geworden durch ihren Vortrag »Intricate Beauty by Desing« bei TED.
Hurrah!! Es gibt ein neues RSA-animate! Diesmal wurde die Rede »Crises of Capitalism« des Soziologen David Harvey bebildert.
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Eintrag No. 630 — Letzte Woche fanden wieder die Tage der deutschen Literatur, vulgo: Bachmann-Wettlesen in Klagenfurt statt. Wie immer haben viele darüber berichtet und gebloggt (siehe Wochenrückblick No. 8).
Besonders aufgefallen ist die neue Jurorin Karin Fleischanderl, die sich in der Rolle der grummeligen Geschmäcklerin gefiel. Entsprechender Kampfname: Tante Liesel.
Hier also ein weiteres Portrait-Skribbel aus der Reihe: »Nette Leid, die so symbattisch sann, dass da Molo sie zeichnen muas«.
Eintrag No. 629 — Mich hat ‘ne Sommergrippe erwischt. Das beigefügte Beweisphoto zeigt, dass ich mittlerweile nicht nur einen ›Bad Hair Day‹, sondern auch einen ›Bad Beard Day‹ haben kann.
Lektüre: Immer noch Wolf von Niebelschütz und sein »Der Blaue Kammerherr«, nur bin ich jetzt mit Band drei fertig und beginne den letzten, vierten Band.
Musik: Habe mir, passend zur Niebelschütz-Lektüre, einen ganzen Schwung neue Barockmusikalben besorgt. Auch wenn ich etwas, weil zu früh, neben der Epoche des Buches liege, passen folgende Aufnahmen hervorragend als Lesebegleitung zu »Der Blaue Kammerherr«:
Unglaublich, oder typisch Sommerloch? Die F.A.Z. eröffnete am 22. Juni ihre Feuilliton-Seiten mit einer Würdigung von Neil Gaimans »The Sandman«: Comic-Klassiker – Herr der Träume, Held der Schäume von David Gern. Was ich geradezu putzig finde, ist, wie die Rezi signalisiert, dass »The Sandman« nicht irgendein Comic ist, sondern was Anspruchsvolles, und also wird Norman Mailer als Garant bemüht und dessen Urteil »›Sandman‹ ist ein Comic für Intellektuelle«.
Achtung, Kültür: Es gibt Dinge, nach denen fahnde ich seit Ewigkeiten. Dazu gehört der Text eines Canons von Henry Purcell, den ich durch ein Album des Hilliard Ensemble, »Songs & Catches«, kennen gelernt habe (Leider ist das Album vergriffen und ich finde auch keine Hörprobe im Internet. Wer’s haben will, muss gebraucht oder in Stadtbüchereien suchen).
Here’s that will challenge all the fair.
Come, buy my nuts and damsons, my Burgamy pears!
Here’s the WomanWhore of Babylon, the Devil, and the Pope,
And here’s the little girl, just going on the rope!
Here’s Dives and Lazarus, and the World’s Creation;
Here’s the Tall Dutchwoman, the like's not in the nation.
Here is the booths, where the high Dutch maid is;
Here are the bears that dance like any ladies;
Tat, tat, tat, tat, goes the little penny trumpet;
Here’s Jacob Hall, that does so jump it, jump it;
Sound, trumpet, sound, for silver spoon and fork,
Come, here’s your dainty pig and pork.
Endlich gefunden auf den Seiten von »British History Online« im Dokument »Old and New London: Volume 2«, Kapitel XLIII » Smithfield and Bartholomew Fair« (etwa bis zur Mitte runter schubbern). Nicht wundern über die Abweichungen. Die Hilliards singen eine zünftigere, volkstümlichere Version. — Ich wage es nicht, zu versuchen den Text mit Reimen zu übersetzten, aber es geht um die Sensationen des großen Bartholomäus-Marktes zu London, mit seinen Masques, ›Freaks‹ und Artisten, Haushaltswaren und Lebensmitteln (ein Besucher von damals bemerkte jedoch enttäuscht: »Keine Bücher«). — Also nur sinngemäß: Hier gibt’s was, das den ganzen Markt in den Schatten stellt. / Kommt herbei, kauft meine Nüsse, Pflaumen und Birnen. / Seht hier »Die Hure von Babylon, der Teufel und der Papst«, / und dort ein junges Mädchen, das auf dem Seil balanciert! / Hier gibt es »Das Gleichnis vom reichen Mann und vom armen Lazarus« und »Die Schöpfung der Welt«. / Hier ist die Lange Holländerin, der im ganzen Lande keine gleichkommt. / Hier sind die Stände bei der hohen Holländischen Magd, / und dort sind die Bären die wie Damen tanzen. / Ta, ta, ta, ta, trötet die kleine Pfennig-Trompete. / Seht Jacob Hall, der Seiltänzer der springt wie kein anderer. / Spiel auf Trompete, spiel auf, für silberne Löffel und Gabeln. / Kommt her, hier gibt’s lecker Schweine und Fleisch.
Es war Bachmann-Wettlesen, und wie schon in den vergangenen Jahren hat Andrea darüber ausführich berichtet.
Tag Eins: mit Sabrina Janisch, Volker H. Altwasser, Christopher Kloeble, Daniel Mezger, Dorothee Elmiger;
Tag Zwei: mit Thomas Ballhausen, Max Scharnigg, Aleks Scholz, Judith Zander, Josef Kleindienst;
Tag Drei: mit Peter Wawerzinek, Iris Schmidt, Christian Fries, Verena Rossbacher; und schließlich die Preisverleihung.
Nochmal Kültür: Zu den Prosatexten, die mich sehr beeindruckt haben, weil mustergültig vorgeführt wird, was Sprachfiktionen zu leisten vermögen gehört »Ein schlichtes Gemüt« von Gustave Flaubert (zu finden in »Drei Erzählungen«. Ich empfehle die Übersetzung von Claus Sprick und Cornelia Hasting; gibts antiquarisch als schönes gebundenes Haffmans-Buch mit Volker Kriegel-Titelbild, und als Taschenbuch bei Piper, und als Hörbuch mit Harry Rowohlt). Für »New Criterion« hat Anthony Daniels unter dem Titel Flaubert’s simple heart – On a master’s lesson in true tolerance (Flauberts schlichtes Herz – Zur Lektion eines Meisters in Sachen wahrer Toleranz) einen ausführlichen Aufsatz zu dieser Geschichte geschrieben.
ZUCKERL
Auch mit Kugelschreiber kann man hervorragende Zeichnungen schaffen. Beste Beispiele, wie Kunst-fähig diese oft verschmähte Stift-Gattung ist, liefert Andrea Joseph in ihrem flickr-Album »Stricly Ballpoint«. Guckt ungedingt auch in Andrea Joseph’s Sketchblog vorbei.
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Eintrag No. 628 — Alleinstellungsmerkmal: Ist schon nötig, dass ich mich im Netz ›molosovsky‹ nenne. Hat sich nämlich ein neuer Namens-Zwilling eingefunden, diesmal in Person eines F.A.Z.-Rezensenten. — Also zur Klärung: der hier bin ich nicht.
Klamotte: Nachdem ich mir Anfang des Monats endlich mal ein PayPal-Konto zugelegt habe, kürte ich zur ersten Einsatzmöglichkeit den englischen T-Shirtversand »Last Exit Nowhere« (auf den ich durch Werbung im leider derzeit nicht erschienenden »DeathRay«-Magazin aufmerksam wurde). Aus deren Kollektion mit »T-Shirtmotiven, die von den erinnerungswürdigsten Orten, Firmen und Kooperationen der Kinogeschichte inspiriert wurden« habe ich (Molo) mir ein Paper Street-, und für meinen Hausandroiden (Alex) ein Nostromo-Shirt geordert. — Pling, und wieder ist das Zeigerchen meines Coolometers höher geklettert.
Lektüre: Nichts groß Erwähnenswertes, außer dem Wolf von Niebelschütz seinem »Der Blaue Kammerherr«. Mittlerweile fast bei der Hälfte, also am Ende von Band 2 von 4, mich kopfkratzend literaturlusterfüllt fragend, wie es sein kann, dass ich diesen Roman erst zum zweiten Mal lese, noch dazu jetzt nach ca. 20 langen Jahren. Muss fürs weitere Leben unbedingt ins Auge fassen, dass ich nicht noch mal so lange herumtrödle.
»Red Dead Redemption«: Zweifelohne das beste Spiel, was meine Playsie 3 mir bisher geboten hat (gefolgt von »GTA IV« und dessen Ergänzung »Episodes from Liberty City« (bestehend aus: »The Lost & The Damned« und »The Ballad of Gay Tony« — respektabel fand ich noch »Fallout 3« und »Batman: Arkham Asylum«; wohingegen mich »Metal Gear Solid 4« genervt und enttäuscht und »Mirror’s Edge« zwar begeistert aber auch merklich gefrustet hat. Im Prinzip ist mein im Grunde simpler ›Ballern, aber mit Anspruch‹-Geschmack nun derart verwöhnt, dass ich wohl warten muss, bis Rockstar und Team Bondi mit »L. A. Noir« nachsetzten). — Moment amal: ist das »Red Dead Redemption«-Erlebnis wirklich einfach nur als ›Spiel‹-Erlebnis glänzend? Mitnichten. Gerade die Story dieses Westerns hat mich überzeugt. Wie sie rätselhaft und sacht beginnt, man langsam zu alten Gunslinger-Kräften zurückkehrt, wie die Hauptfigur bei seiner Menschenjagd in die Wirren einer Revolution gerät. Und das Ende ist derart gelungen konsequent, da wird staubtrocken klar, dass die angeblich superzynischen Rockstarler (im guten Sinne) die Moralisten geben, wie es sich aber gefälligst für einen ordentlichen Western gehört, verdammt noch mal, bzw. Bravo! — Hat mich entsprechend gefreut, dass »RDR« das erste Spiel wurde, das vom sonst ziemlich strengen Angry Joe mit 10 von 10 Punkten, und dem offiziellen ›Bad Ass Anerkennungs-Gütesiegel‹ bedacht wurde.
Zu den Meldungen.
NETZFUNDE
Thierry Chervel hat für das Perlentaucher-Blog »Im Ententeich« am 16. Juni eine Übersicht zum Thema Christian Wulff und die Evangelikalen zusammengestellt, die in der (m.E. verständlichen) Forderung gipfelt, dass Herr Wulff doch bitte aus dem Kuratorium von Prochrist autreten solle, bevor die Bundespräsi-Wahl von statten geht.
Monströses aus der Sphäre der Verlegerintressen legt wieder einmal »Netzwelt« am 18. Juni dar: Leistungsschutzrecht soll Sprache monopolisieren. Wunderbar! Dreht die Uhren zurück in Feudalzeiten, am besten, nur noch bestellte, vereidigte und genehmigte Chronisten, natürlich anonymisiert, dürfen öffentlich die Weltläufte verlautbaren und der Herrschaft genehme Gedanken dazu verbeiten. Schweig, Volk!
Ich bin selbst erstaunt, dass ich einen »Spiegel«-Artikel für verlinkenswert befinde, aber Falsches Sparen: Wie Merkel die Verkehrswende topediert von Christian Schwägerl (am 19. Juni) spricht mir aus dem Knochenmark. Was die Automacke unserer Nation angeht grummle ich ja schon seit Ingolstädter Realschulzeiten: ich wollte Kunsterziehung, aber die Klasse kam nicht zustande, weil alle Technisches Zeichnen wählten, denn, wie Eltern andere Erwachsene den Jungs eintrichterten, »Des TeeZett muast nemma, des is’ wichtig wenn’st bei da Audii a’moi guat va’dinna mechast« — (Rechenanmerkung: von vier Klassen mit je ca. 25 bis 30 Schülern, also ca. 100 bis 120 Wahlberechtigten, haben sich keine 7 Jungs ›getraut‹ KE zu wählen. ich war damals einer von 5.).
Das Schnippsel Die heilige Banane des Ketzerpodcast von Ketzer 2.0 finde ich so gelungen, dass ich es in eigenen Worten wiedergeben möchte: — Der Gotteslästerungsparagraph diskriminiert Christen- bzw. Religionsgläubige, denn das Gesetz geht davon aus, dass die Gotteslästerer mehr Selbstkontrolle und Verantwortungsfähigkeit inne haben als Gläubige, weshalb sich das Gesetz an die Gotteslästerer wendet, sprich: eben diese in Verantwortung nimmt, stillschweigend davon ausgehend, dass, wenn bei einem religiösen Menschen der entsprechende Blasphemie-Knopf erst mal gedrückt wurde, dieser sich nicht in gut bürgerlicher und zivilisatorischer Art, also angemessener Untertanenweise zusammenzureissen vermag. Kurz: das Gesetzt hält religiöse Menschen als Adressat und Befolger von ordnungsstiftenden Regeln in etwa für so ungeeignet wie Vieh und Sachen. »Kann nicht selbstständig denken. Reagiert auf kritische Schlüsselreize automatisch pavlovsch wie eine Maschine und droht somit Krisen loszubrechen«, dieses Fazit über Gläubige zieht der Gotteslästerungsparagraph. — Wie verträgt sich nun diese Diskriminierung der Religiösen durch den Gotteslästerungsparagraphen mit den Forderungen von gewissen PolitikerInnen, man möge doch, bitte, ach, der religiösen Erziehung (wieder) einen höheren Stellenwert einräumen? Diese Forderung entpuppt sich dann als Wunsch der Regierenden danach, das Volk habe mechanisch sich zu erregen und bar jeglicher Reflektion, Haltung und Kontrolle sich dem Zorn und dem Eifer hinzugeben, wenn Gotteslästerer entsprechend verbal oder durch Kunst und Darstellung reizen. Man vernimmt von Ferne die Klage derjenigen, die mit neuen ordnungspolitisch-technischen Möglichkeiten verdienen wollen: »Es sind leider noch zu viele der Kultivierten, derer, die sich zurückzunehmen verstehen.«
ZUCKERL
Naggische und fastnaggische Mädels in Röntgenansicht gefällig? Bitteschön: EIZO »Pin-Up Calendar 2010«. Entworfen von der Agentur Butter Berlin/Düsseldorf. — Angestrebt ist zwar, mit diesem Kalender-Schmankerl Kundentreue zu belohnen und Neukundenwohlgesonnenheit zu gewinnen und zwar für Eizo, Hersteller für Medizintechnik, insbesondere Diagnosemonitore. Ich bin aber sicher, dass es nicht lange dauern wird, und die mehr als nur nacken Damen, ja diese tiefseeisch-gespenstischen GlamMortModels werden, eins, zwei, drei, bald Nacht- und DunkelRomantik-Clubeinrichtungen zieren, zum Wohlgefallen der bleichen und absinthig gestimmten Klientel.
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Eintrag No. 626 — Nur damit ihr vergewissert seid. Die Molochronik wird natürlich allen ein Fluchthafen der Ruhe sein, die, wie ich auch, nix mit dem Kommerzsportgroßtrubel anfangen können. Nur soviel: in der Juni-»Le Monde Diplomatique«, die ich letzten Freitag wie immer als »Taz«-Beilage geholt habe, findet sich der Artikel »Dreck am Ball. Die Geschäfte der Fifa« von David Garcia. — Sorry liebe WM-Freunde, aber zu mehr Fussballbegeisterung reicht es bei mir nicht.
Seltsam: Vergangene Woche (zum, ich glaube, etwa 3. oder 4. Mal seit ich dieses Blog führe) einem Autor mitgeteilt, dass ich aus zeitlichen Gründen und weil mich die Leseprobe nicht überzeugen konnte, ein angebotenes Phantastikbuch nicht für die Molochronik besprechen werde. Solche Absagen zu schreiben fällt mir immer noch irrsinnig schwer. Am liebsten würde ich solche Anfragen wegschweigen, aber wenn ich mich auch nur einen izzi-bizzi knappen Augenblick in die Lage dieser anderen Person versetzte, dann packt mich das heilige Pflichtgefühl und lässt mich die Rückmeldung schnellstmöglichst erledigen. — Und immer noch bin ich völlig baff, wenn mir aus dem Nichts von Irgendwoher so ein Angebot unterbreitet wird (oder ich mit einem Dankeschöngeschenk beglückt werde), nur weil ich mehr lahm als flott ein Blog führe und ein-, zweimal im Jahr einen Text publiziere.
Coole Horroshow: Nach dem schweren Sturmgewitter Ende letzter Woche am Griesheimer Ufer herumspaziert (und ich Riesendolm blöderweise wieder keine Kamera dabei!). Wunderschön, wie die Enten, Teichhühner, Gänse, Rabenkrähen, Schwäne, Kinder, RenterInnen, VormittagsAlkies und Uferfischer sich ihre Wege durch’s vom Unwetter angerichtete Chaos bahnen.
Lektüre:Geo-Epoche #43: »Der Zweite Weltkrieg. Teil 1, 1939-1942« und Geo-Kompakt #22: »Evolution« besorgt. Die Sondermagazine von GEO les’ ich sehr gern zwischendurch. Zudem finden sich darin oft wirklich schöne Bilder und Illustration. Vor allem begeistert mich das Sichtbarmachen von Dingen, die man (sonst, normalerweise) nicht sehen kann. Diesmal z.B. im »Evolution«-Heft je eine Doppelseite für Illustrationen einer Pflanzen- beziehungsweise Tierzelle von Jochen Stuhrmann.
Endlich mal das schon vor vier Monaten gekaufte »Tamara Drewe« von Posey Simmonds gelesen. Kein Zweifel, ein großartiges Comic eine großartige Graphic Novel. Kann ich z.B. besonders allen Phantastikfreunden sehr empfehlen, die gerade etwas phantastikmüde sind und / oder die sich mal umgucken möchten, was der (vermeintlich langweilige) Realismus so an Glanzleistungen hervorzubringen vermag.
Und seit gestern lese ich nach ca. 20 Jahren zum zweiten Mal Wolf von Niebelschütz’»Der Blaue Kammerherr «. Mehr dazu ein andermal.
NETZFUNDE
Habe Andreas dringlicher Empfehlung gehorchend im F.A.Z.-Feuilleton das große von Richard Kämmerlings mit Martin Kluger (yeah!!), Ulrich Peltzer (jööö) und David Wagner (buuuh) geführte Schriftstellergespräch Das Fernsehen schaut uns an gelesen und genossen. — Sehr lobenswert, wie Kämmerlings und seine Gesprächspartner uns zeigen, dass deutsche Literatur nicht immer Omphaloscopie, gestelzte Langeweile oder verkrumpelkrampfte Bemühlichkeitlichkeit bedeuten muss, sondern sich auch mal neugierig und begeistert in der großen weiten Welt populären Erzählens umzugucken vermag. — (Die Erkenntnis, dass im US-Fernsehen etwa seit »The Sopranos«, »Deadwood«, »The Wire« und Co. das romanhafte Erzählen erfolgreich, innovativ und relevant aufblüht, habe ich bereits 2008 für »Magira« in meinem Interview mit Matt Ruff mal so nebenbei fallen lassen.)
Oliver Kotowski legt als Fantasyguide-Spezial bei seiner phantastischen Weltreise (30 Bücher als aller Welt) den zweiten Zwischenstopp in Osteuropa ein. — Vom ersten Teil, Westeuropa war ich etwas enttäuscht: bei Albert Sánchez Piñol, Marc Agapit, Italo Calvino, Ricarda Junge und Mikael Niemi bimmelt bei mir eben keine Jubelglocke. — Im Osteuropa-Teil empfiehlt Oliver nun aber Milorad Pavić und dessen Lexikonroman »Das Chasarische Wörterbuch« (das ich 1992 als dtv-Taschenbuch gekauft habe). Milorad Pavić war für mich ein Augenöffner, dass es eben auch in der sogenannten (hoch-)literarischen Szene ›Spiele‹-Bücher gibt (zuletzt begeistert hat mich diesbezüglich ja Mark Z. Danielewski).
So sieht amœnokratisch gestaltete Aufklärung heute aus! Die ›Königliche Gesellschaft zur Förderung der Künste, der Herstellung und des Handels‹, also die englische ›Royal Society for the Encouragement of Arts, Manufactures and Commerce‹, kurz RSA, zeigt wie man das macht. Man nehme einen etwa 10-minutigen Vortrag mit gesellschaftlich relevanten Inhalt, lasse diesen von einem hochfähigen Zeichner des Cognitive Media Studios illustrieren und heraus kommen spektakuläre Filmchen, die zumindest mich vollends umhaun und begeistern. Hier alle RSA Animate-Filme, die ich finden konnte.
Left brain, right brain: Matthew Taylors Vortrag untersucht den wachsenden Einfluß der Gehirn- und Verhaltensforschung auf politische und gesellschaftliche Belange.
The Secret Powers of Time: Prof. Philip Zimbardo (ja, einer der Kerle, die das berüchtigte Milgram-Experiment durchgeführt haben) legt dar, wie unterschiedliche Zeit-Perspektiven unsere Arbeit, Gesundheit und unser Wohlergehen bestimmen; wie die Art unserer Zeit-Wahrnehmung uns als Person und unserer Verhältnis zu anderen und zur Welt formt.
Zimbardo Vortrag war der erste RSA Animate-Film den ich gesehen habe. (Gefunden via BoingBoing.)
ZUCKERL
Diese vergnüglich-wunderschöne Reihe mit alten Reklame-Sammelbildern der Schokohersteller Stollwerk aus dem Jahre 1897/98 bei Industrial Technology & Witchcraft entdeckt. »Im Jahre 2000«: No. 1: Eine Hauptstraße / No 2: Ein Reisehotel / No. 3: Unsere Polizei.
Eintrag No. 625 — Ich weiß gar nicht wohin mit mir. Die Ministerpräsis haben beschlossen, nun auch von mir Fernsehverweigerer (aber Radioliebhaber) ab 2013 den satten Satz an Rundfunkgebühren zu kassieren (also ca. 18 statt bisher ca. 8 € im Monat!). Die Begründungen sind sehr dünn, und ich rechne damit, dass da noch eine Petition, eine Klage oder ein Aufstand losbricht.
Wenn ich schon für den ganzen Schiet von ARD und ZDF mitzahlen soll (also nicht nur für die von mir so geliebten Wort- & Klassik-Radiosender), dann will ich auch ein Mitspracherecht! Dann will ich bestimmen können, dass man z.B. »Father Ted« endlich mal auf Deutsch bringt, dass Herr Gottschalk in Rente geschickt wird, weniger Neoliberale und Neocons herumpropaganderln dürfen usw.
Oder anders: ich will bestimmen können, welchem Programm-Segment meine Kohle zugute kommt. Ich gäbe gerne meine ca. 18 € an die Öffentlich-Rechtlichen, wenn meine Kohle ausschließlich für gescheite Literatursendungen, Kulturzeugs das nicht nur zur Unzeit läuft, für feine Hörbuch- und Hörspielproduktionen, Radiofeatures usw ausgegeben wird. Aber es grämt mich und macht mich zürnen, wenn ich daran denke, welche Fetzenschädel den Löwenanteil der Gebührengelder bekommen werden, und für welchen Dünnpfiff die rausgeballert werden (»Wetten Dass?« aus Dubai und Fussball-EM/WM-Rechte bis 2075 sichern … würg).
Überhaupt, da ich keinen Fernseher habe: Darf ich annehmen, man will dafür sorgen, dass ab 2013 alle öffentlich-rechtlichen Sendungen (Radio und TV bitteschön!) dann jederzeit per Internetzugang abgerufen werden können? — Das würde mich freuen, denn dann komme ich endlich an das »G.A.S.«-Hörspiel des WDR nach dem Roman von Matt Ruff rann! Bisher darbt das in den Tiefen der Rundfunkarchive.
Zuletzt ein lustiges Paraphrasen-Gedankenspiel (basierend auf dem Kirchhof-Gutachten wie es in Robin Meyer-Luchts »Spiegel«-Artikel vom 10. Juni »Gebühren für jede Pommesbude« zitiert wird): meine Molochronik-Inhalte kommen auch »allen zugute, und deshalb sollten sie zukünftig auch durch alle finanziert werden. Man kann jederzeit auf molochronisch-öffentliche Inhalte zugreifen und das ist ja ein ›individualnutziger Vorteil‹ für jeden.«
Da die vollen Rundfunkgebühren auch für internetfähige Geräte erhoben werden, habe ich als Beiträger der ›Gesamtveranstaltung Rundfunk‹ fairerweise auch Anspruch auf einen Teil der neuen Pauschalgebühren, oder darauf, selbst welche zu erheben, oder? Kann man das nicht einfach rückverrechnen? Ich verzichte darauf, für die Molochronik Gebühren zu erheben und zahle also weiterhin nur für die öffentlich-rechtlichen Inhalte, die tatsächlich nutze (nämlich Radio und ganz superselten mal ein Website-Feature).
Eintrag No. 624 — In der Welt gehts zu wie eh und je: das Böse triumphiert, die Guten zagen herum und dazwischen lebts sich so lala, zumindest für uns hier im wohligen Norden (den meisten auf dem Planeten gehts ja bedeutend schlechter, wie der Empfindungspirat schon vor einiger Zeit deutlichst darzustellen wußte).
Einige Comics beim T3 geholt. — Yann & Olliver Schwartz, Spirou & Fantasio Spezial »Operation Fledermaus«: Nach »Potrait des Helden als junger Tor« das zweite Mal, dass ein Abenteuer der beiden klassischen franko-belgischen Comichelden im von den Nazis besetzten Brüssel spielt. Diesmal mit dollen Gastauftritt von »Tim & Struppi«-Bösewicht Dr. Müller als Folterscherge! — Andreas Platthaus hat letztes Jahr bereits zur Originalausgabe einen schönen Text in seinem F.A.Z.-Comicblog geschrieben: Nazis als Schießbudenfiguren.
Garth Ennis & Jacen Burrows, »Chronicles of Wormwood«: Wurde mir hier ja von Molochronikleser Miracleman empfohlen und brav wie ich bin, hab ich mir das Teil besorgt, auch wenn mir die Zeichnungen, vor allem die Kolorierung, nicht wirklich zusagen.
Brian Wood & Riccardo Burchielli & Ryan Kelly, »DMZ: Hearts and Minds«, Sammelband 8. Hatte noch keine Zeit, genauer reinzuschauen, außer, dass der Band die Hefte 42 bis 49, und damit zwei Stories, nämlich »No Future« und eben »Hearts and Minds« vereint.
Ansonsten immer noch mit Vergnügen dabei Ian Tregillis’ sein »Bitter Seeds« zu lesen.
NETZFUNDE
Seit ich als 17-jähriger seine Graphic Novel-Umsetzung von Leo Malets »120 Rue de la Gare« und ein paar Jahre später den einzigartigen Phantastik-Band »Hier Selbst« gelesen habe, bin ich ein treuer Fan des Comic-Meisters Jaques Tardi. Da freut es mich, dass die neueste Nummer des Magazins Reddition sich Tardi und seinem Werk widmet. Das 76 Seiten umfassende und (nur!) Acht Euro kostende Heft bietet: Einen Biographie-Essay (Leseprobe # 1); je einen Beitrag zu Tardis phantastischen Schöpfungen »Hier Selbst« und der Reihe »Adeles ungewöhnliche Abenteuer«; zwei Texte zu Tardis Umsetzung der Niederschlagung der Pariser Kommune von 1871 »Die Macht des Volkes«; einen Text über die Zusammenarbeit Tardis mit Malet (Leseprobe # 2); einen Text über die Tardi- & Legrand-Zusammenarbeit »Der Kakerlakenkiller«; sowie einen Text über Tardis Arbeiten zum Ersten Weltkrieg »Soldat Valot«, »Grabenkrieg«, »Elender Krieg« (Leseprobe # 3).
Wegen des (verhunzt-ironischen) Schlusses nicht ganz überzeugender, aber dennoch lesenswerter Artikel Trailer zum einem bald erscheinendem Buch von Paul Bloom brachte »The Chronicle Review of Higher Education«: The Pleasures of Imagination (Die Freuden der Vorstellungskraft ). Nette Sammlung von Anekdoten zum Thema: Warum verbringen wir so viel Zeit damit, uns mit Dingen zu beschäftigen, die nicht real sind? — Kurz vor Schluss gibts drei Erklärungen:
Fiktive Figuren sind in der Regel interessanter und schlauer als unsere Freunde und Familie, und die Abenteuer fiktiver Personen sind normalerweise viel aufregender;
Das echte Leben kreucht langsam dahin, mit lagen Spannen in denen nichts besonders geschieht. Der Kritiker Clive James wird zitiert: »Fiktionen sind Leben, bei dem man die öden Teile weggelassen hat«;
{Und am wichtigsten dünkt mir:} Die ›Techniken der Vorstellungskraft‹ vermögen uns Stimulationen zu bieten, mit denen die echte Welt nicht aufwarten kann. Ein Roman kann sich von der Geburt bis zum Tode einer Figur erstrecken, und uns zeigen, wie sie sich in verschiedenen Situationen verhält. In der Wirklichkeit kann man nie wissen, was jemand anderes tatsächlich denkt; bei einem Roman kann es uns der Autor einfach mitteilen.
WORTMELDUNGEN
Nix besonderes.
RÜGE
Hiermit erteile ich die erste Wochenrückblick-Rüge.
Das Gute zuerst: nachdem es in den vergangenen Monaten bereits Lesungen der deutschen Fassung von Thomas Pynchons jüngsten Buch »Inherent Vice« gegeben hat, verkündet nun die bis Winter 2010 reichende Rowohlt-Vorschau, dass die gebundene Ausgabe »Natürliche Mängel« im September 2010 erscheinen soll (siehe Seite 24 / 25 der Vorschau). Ich baue & vertraue darauf, dass die Übersetzung von Nikolaus Stingl wieder sehr fein wird.
Aber was ist da beim Cover geschehen! Welcher DeDysing-Ungeist suchte da Rowohlt heim! 78 blaue kleine Surfer, ein in die andere Richtung orientierter kleiner margentaner Surfer. Ooops, Titel und Autor vergessen?!? — Ach, weiß’te was Hein Blöd, da klatschen wir unten rechts einfach einen Kreis hin und feddich. — Liebe junge hippe Buchgestalter! Gehts weniger in Clubs und mehr in Landschaftsgärten. Schauts weniger TV- und mehr Kupferstiche!
ZUCKERL
Das Flickr-Album »Stormtroopers 365« von Stéfan ist atemberaubend, komisch, überraschend … kurz: einfach ein Vergnügen, wenn man sich die Bilder z.B. als Diashow anguckt. Macht Euch nen Kaffee, Tee, oder n Weinchen, oder Bierchen auf und nehmt Euch die Zeit. Vergesst nicht bei der Diashow die Titelinfos mit einzuschalten! Die ersten paar Bilder zeigen einen einsamen Stormtrooper, zu dem sich aber bald ein zweiter gesellt (frisch aus der Verpackung). Einer der beiden stolpert von einem Mißgeschick ins andere. Sehr lustig finde ich, wie die zwei immer wieder Luke Skywalker verhöhnen.
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Eintrag No.623 — Viel passiert die Woche. Dennis Hopper ist gestorben. Ich muss gestehen, dass ich »Easy Rider« bis heute nicht kenne. Und Hopper-Fans müssen gestehen, dass er peinlich oft in lauen und/oder trashigen Filmen den Bösewicht gegeben hat. Wer aber wissen will, wie gut er war, der gucke erst »Blue Velvet« (Hopper als völlig durchgenallt-dämonischer Bösewicht) und dann »True Romance« (Hopper als weiser, herzensguter Looser-Papa des von Christian Slater gespielten Helden).
Apropos Bösewicht: Roland Koch zog sich letzten Dienstag aus dem Rampenlicht der Politik zurück. Wahrscheinlich, um sich seine lava-festen schwarzen Handschuhe anzuziehen und weiße Fluffikatzen zu streicheln.
Lektüre: Komme wenig zum Lesen, aber wenn, habe ich derzeit meinen Spaß mit Ian Tregillis »Bitter Seeds« (Band 1 der »Milkweed«-Trio). Nach dem ersten Drittel (von 352 Seiten) kann ich sagen: Ist sehr fein. Erinnert mich an Kim Newmans »Anno Dracula«-Romane (obwohl: Tregillis erzählt weniger extravagant) und Scott Westerfields »Leviathan« (obwohl: Tregillis liefert kein Jugendbuch ab und ist entsprechend ›härter‹). Die Nazis haben in der ›Reichbehörde für die Erweiterung des germanischen Potentials‹ mittels Götterelektron-Verstärkern Superhelden-Krieger & -Agenten geschaffen. Die Engländer bekommen über einen ihrer Spione in Spanien Wind davon und wagen es, sich hilfesuchend an englische Warlocks zu wenden (die blieben bisher nämlich lieber unter sich und können mit traditioneller Blutmagie Elementare beschwören). — Ach ja: »Bitter Seeds« ist Ian Tregillis Debut-Roman, nachdem er bisher im »Wild Cards«-Anthologieteam Kurzgeschichten unter Geroge R. R. Martins Mentorenschaft veröffentlicht hat, und Mr. Tregillis hat eine umwerfend schöne Website (Link führt zur Blog-Abteilung). — Und hier gehts zur Galerie des Cover-Künstlers von »Bitter Seeds«: John Jude Palencar.
NETZFUNDE
In Sachen Copyright / Urheberrecht gibt es hier eine heftige Denkanregung zu bestaunen. Johanna Blakley erteilt als TED-Sendung »Lessons from fashion’s free culture« (»Lehren der freien Modewelt-Kultur«). In dem 16-minütigen (englischen) Vortrag erfährt man, dass es in der Modewelt kein Urheberrecht auf eimzelne Design-Ideen gibt, sondern nur eines auf Handelsmarken. Also, ein bestimmtes Muster, eine bestimmte Kleidform ect pp ff wird in der Modeindustrie nicht urheberrechtlich geschützt (wäre ja auch ein Unding, wenn man Lizenzen für Dinge wie Pagodenschultern, oder Picadilly-Kragen, bestimmte Abnähvarianten usw blechen müsste). Durchaus unter Schutz stehen aber die Marken-Logos von Channel, Gucci, Versace usw.
Sprung etwa in die 11 Minute des Vortrages: Verblüffend die Aufzählung von Industriefeldern, die mit äußerst geringem Schutz von geistigen Eigentum florieren: Nahrungsmittelrezepte und Aussehen, Gesamtform von Autos, Möbeldesign, Magietricks, Haarstilistik, Open Sorce Software, Databases, Tattoo-Künstler mögen kein Copyright (»Woll’n wa’ nich’. Iss’ nich’ cool, Dude«), Witze, Feuerwerkchoreographie, Spielregeln, Geruch von Parfumes.
(Ich hab den Vortrag direkt bei TED gefunden. Die »Perlentaucher« haben ihn über »BoingBoing« gefunden und am 28. Mai in ihrer Feuilletons-Rundschau die gleiche Stelle wie ich in ihrer Meldung zusammengefasst.)
»Die Welt« glänzt durch Weisheit und ein gutes Händchen, denn für die hat am 25. Mai Frank Fischer vom genialen »Umblätterer«-Team den ›Nachruf‹ anlässlich der letzten Folge von »Lost« schreiben dürfen: Das letzte Abendmahl
Andrea hat am Samstag Grand Prix geguckt, zusammen mit Tine, Daniel und Eric. Ich selber habe an dem Abend gearbeitet und nix mitbekommen. Doch dank diesem Live-Ticker in den »Reisenotizen« konnte ich dann zuhause fast sagen: ich war dabei.
Ab morgen kann man die Ausstellung »Zelluloid. Film ohne Kamera« in der Schirn Kunsthalle Frankfurt besichtigen. Das Team der Schirn überrascht mich mich immer wieder damit, wie kontraststark die Ausstellungsfolge, und wie effizient die Räumlichkeiten gestaltet wurden (vielleicht nicht immer passend für den Andrang von mehreren gleichzeitig herumwuselnden Gruppen). Diesmal begibt man sich in ein dunkles, großes Kleinkinowabenwerk, das auf mich wie ›Caligari goes New Wave‹ wirkt. Zu sehen (und hören) gibt es direkt auf Filmstreifen gezeichnete, geritzte, collagierte oder chemisch hervorgezauberte Kunst (im Katalog habe ich eine Frau sogar mit der Heinz Ketchup Flasche hantieren sehen). Meine beiden Lieblingsclips im Youtube-Kanal der Schirn sind: Ian Helliwells »Orbiting the Atom« und Jennifer Wests »Wearing Thick Heavy«.
So sieht das Haus aus, bei dem die Bücher »Q« und »Altai« von Wu Ming (ehemals Luther Blissett) auf Japanisch erscheinen werden. Ich hoffe, bald mal mit einer Rezi zu »Manituana« aufwarten zu können. Dieser historische Roman aus dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg hat mich schwer beeindruckt. Er wird aus Sicht der ›Native Americans‹ der Six Nations erzählt. Eine beeindruckende längere Strecke schildert, wie sich englandtreue Siedler, Indianer und Mischlinge zwecks Ersuchen von diplomatisch-militärischer Unterstützung nach London begeben. Die Exotengruppe aus der Ostküstenwildnis und ihr Blick auf die wuselige Gesellschaft Londons des Jahres 1775-1776 ist ›phantastischer‹ als viele Fantasy- oder SF-Stoffe.
Hurrah! Klett Cotta bringt eine Neuausgabe von »Gormenghast« heraus. Molochronikleser wissen, dass für mich die »Gormenghast«-Romane von Mervyn Peake wichtige Klassiker und Meisterwerke der ›anderen Fantasy‹ sind (die ›eine‹, also ›übliche‹ Mainstream-Fantasy ist natürlich jene, welche von Tolkien, Rollen- und Computerspielen geprägt wird). — Kai Meyer und Tad Williams durften Vorworte für die ersten beiden schreiben. Und: Klett Cotta wird wohl auch den vor einigen Monaten in England im Nachlass von Peake gefundenen, und von seiner Witwe Maeve Gilmore kompletierten vierten Band auf Deutsch veröffentlichen. — Hier die Titelbilder der ersten beiden Bände der Neuausgabe, die im August 2010 erscheinen sollen. Ich bin zear nicht superduperhappy (das Schloss links ist mir zu europäisch, die Farben zu knallig und die Ornamente etwas zu arschgeweihig) aber immerhin: viel schöner als die bisherigen deutschen Ausgaben. Ungeschickt finde ich, dass die Bücher wieder um die 22,– € kosten werden. Ein Preis, den wohl größtenteils nur Leute zu berappen willig sind, die Mervyn Peake bereits schätzen. Dabei bräuchten wir (weil die deutsche Fantasy-Szene viel zu Tolkien-dominiert ist) mal eine deutsche Taschenbuchausgabe von »Gormenghast«, einfach, damit mehr Leut den Zugriff beim Einkauf wagen.
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Eintrag No. 622 — Soweit ich das Feld der gegenwärtigen deutschsprachigen Literatur überblicke, ist mir kein ›Fall‹ bekannt, der die Urteilsfähigkeit der heimischen Literaturkritik derart in Frage stellt, wie die Besprechungen der Romane von Thor Kunkel. Sein umfangreiches Debut »Das Schwarzlicht-Terrarium« erntete Lob und Preise. Auch der schmale Folgeband »Ein Brief an Hanny Porter« wurde noch mit viel Wohlwollen aufgenommen. Dann erschien »Endstufe« und aufgrund der Skandalisierung durch einen »Spiegel«-Beitrag von Henrik M. Broder und des in diese Melodie einstimmenden Chors nachfolgender Rezensenten wurde Thor Kunkel für einige Zeit zum unerträglich geschmacklosen Nazi- und Holocaust-Verharmloser gestempelt. — (Eine ganze Reihe Einträge der Molochronik sind unter dem Stichwort ›Thor Kukel‹ dieser Angelegenheit gewidmet. Das sollte auch reichen als Hinweis, dass ich aufgrund meiner persönlichen thematisch-literarischen Interessen nicht mit distanzierter objektiver Haltung Partei für Thor Kunkel ergreife. Aber Literatur ist für mich zu einem Gutteil eine Sache der Leidenschaft.)
Aber zu »Schaumschwester«.
Kulturkritik an den aus dem Ruder laufenden Entwicklungen der (im verwerflichen Sinne) hedonistisch-konsumistischen Industrie- und Mediengesellschaft, so wie Kunkel sie betreibt, verpackt in pulp-ige Stories, ist nun mal etwas, was den meisten deutschen Feuilliteonisten nicht schmeckt. Da schwellen den Kritkkern schnell Empörungsadern. »Der relativiert ja die Nazis!«, heißt es dann, wenn die Deutungshoheit zu der ›absoluten‹ Einzigartigkeit der Übels des Dritten Reiches verteidigt wird.
Ein mustergültiges Anschauungsbeispiel für eine zu heftig und zu flott mit dem ›Daumen runter‹-Urteil hantierenden Kritik ist die Rezension von Sandra Kerschbaumer in der F.A.Z. vom 14. Mai: »Mit Puppen kann man nur spielen« (Komplette Rezi nicht umsonst im Internet zu haben). — Die Ausführungen zum Inhalt stimmen zwar grob: In unbestimmter naher Zukunft sollen der ›Cyperpunk‹ Robert Kolther und seine Assistentin Lora Heisse in Nizza im Geheimauftrag der EU die Kundendaten von Paddy Scheinbergs Synthetischer Wohlfahrt AG klauen. Deren Schaumschwestern (= raffinierte technologische Weiterentwicklungen von Sexpuppen) verkaufen sich, und befriedigen ihre Besitzer derart erfolgreich, dass man sich um den Fortbestand der Menschheit sorgt. Mit der Hingabe an die Gymnoiden droht der Menschheit ihr eigener Untergang. — Was Kerschbaumer aber schon nicht mehr im Blick hat, ist, dass Kunkel es mittels der biopolitischen Ansichten der im Buch gegeneinander antretenden Gruppen schafft, das unbequeme Thema ›biopolitische Globalstrategien‹ anzusprechen. Beispielsweise ist den Hegemons der schrumpfenden ersten Welt bang wegen der Gebärfreudigkeit zurückgebliebender, fanatisierter Zweit- und Drittwelt-Populationen. Einige Strategen der Handlung kalkulieren deshalb, dass man den triebstarken Afrikanern, Islamisten und anderen Ressourcen-Konkurrenten halt Schaumschwestern schmackhaft machen und ausreichend andrehen müsste.
Worauf sich Kerschbaumer aber sehr heftig kapriziert, sind Anspielung auf die Nazis.
Sie wertet die …
{…} in der Figurenrede des Romans immer wieder auftauchenden Erwähnungen {Molos Hervorhebung} des Nationalsozialismus als Provokationszwang des Autors.
Kunkel, so Kerschbaumer (in meiner Paraphrase) »dient ein bekanntes Muster dazu, den Nationalsozialismus zu relativieren«:
Der Hass auf die Moderne lässt das ›Dritte Reich‹ lediglich als eine ihrer Ausgeburten erscheinen. Dem singulären Grauen wird seine Singularität genommen, indem es vergleichbar wird {…}
Dabei gibt es genau drei Stellen mit Nazi-Anspielungen im Roman:
Kapitel 3, Seite 40: Einsatzbesprechung des Spionageauftrages. Figur Ralf Schuhnicht (Interpol-Chef in Brüssel) referiert über die Schaumschwestern, dass sie der post-humanen Wirtschaft zupass kommen.
»Die Nazis hätten wohl von Keimkraftzersetzung gesprochen und das Wort trifft – so krude es ist – den Kern der Sache.«
Und Kriminalpsychologin Ulla Bartmann vom BKA ergänzt:
»Die Geschlechter sind voneinander enttäuscht. Mit diesen Folgen hätte allerdings niemand gerechnet.«
Kunkel präzisiert anhand seiner Figuren aber deutlich, dass es vor allem an ›klassichen‹ Geschlchtesrollenformaten klebende Männer sind, die von den Frauen enttäuscht sind. ›Held‹ Kolther wird ausführlich als Opfer seiner Ex-Frau inszeniert, dem u.a. durch die gemeine Art, wie seine Frau sich von ihm trennte, Lust und Liebe buchstäblich vergangen ist.
Kapitel 5, Seite 72: Kolther und Lora bei einem ihrer vielen Gespräche über die Schaumschwestern, der Gründe für deren Erfolg, und der Ziele und Zwecke denen sie zuarbeiten. Kolthers und Loras Chef hat als Grund für den Auftrag »die Rettung der Menschheit« genannt. Kolther erklärt Lora während einer Beschattungstour im Naturkundemuseum, dass dies eine Verniedlichung von Sachverhalten sei, denn …
{Kolther} »Je mehr Menschen, desto mehr Arbeitskräfte, desto mehr Konsumenten. Sex, nicht die Börse, ist der wahre Antriebsmotor der Ökonomie. Wenn wir Paddys Firma {= Synthetische Wohlfahrts AG} ausschalten, dann retten wir nicht der Menschheit den Arsch, sondern der Industrie und der Zinswirtschaft und der …«
{Lora} »Aber der Chef …«
{Kolther} »… ist ein Nazi.«
Toll. Wenn eine Romanfigur eine andere als Nazi bezeichnet, ist das schon Teil einer Methode zur Verharmlosung des Dritten Reiches.
Kapitel 6, Seite 89: Kolther und Lora im Hotelbungalow. Das Frauenbild der Musikclips im Fernsehen wird anhand von Lady Gaga und Shakira kommentiert.
{Lora} »Waren die Frauen früher wirklich so anders? {…} In der fetischistischen Verwertungsgesellschaft des Westens haben Frauen schon immer ihre Kommodifizierung entschiedener als Männer betrieben {…} Wer es schafft als Traumfrau zu gelten, hat ausgesorgt, oder nicht?«
{Kolther} »{H}ast Du diese haptische Wichsvorlage eben Traumfrau genannt? {…} Wenn es das ist, was alle wollen, sowohl Männer als auch Frauen {…} und wenn es niemanden juckt, dass die freie Welt gerade die Körpernormierungsphantasien verwirklicht, die auf dem Reißbrett der Nazis entstanden … warum ziehen wir dann einen wie Scheinberg aus dem Verkehr?«
Puh. Ich habe meine liebe Not, nachzuvollziehen, wie man anhand dieser drei Stellen so einseitig urteilen kann. Und ich muss aufpassen, dass ich bei dem Zitieren hier nicht falsche Spuren lege.
Man kann und darf natürlich der Meinung sein, dass die Kritik des Romans am westlichen Kulturwesen und seinen Geschlechtsidealen übers Ziel hinausschießt, weil vielleicht die Mißstände so arg nicht sind. Man könnte sich aber auch eine Nachhilfe antun, z.B. mit dem Filmessay »Dreamworlds 3« (»Desire, Sex & Power Music Video«) von Sut Jhally und möglicherweise zu dem Schluss kommen, dass einer wie Kunkel den respektwürdigen Versuch unternimmt, die brutal-entmutigende Monstrosität des Themas mit den Mitteln des erzählerischen Zorns und des spekulativen Spottes zu bannen.
Kunkels ›poetologisches Programm‹, also seine Konzepte was Tonfall, Themen, Figuren, Erzählaufbau usw angeht ist in der derzeitigen deutschen Literatur ziemlich einzigartig. Einerseits nutzt er einen satten Kolportagestil (Äktschn, Schock- und Irritation mittels ätzender sprachlicher Drastik, spott- und hassglasierte Kommentierung prominenter Persönlichkeiten und Ereignisse, gemixt mit wild zusammengetragenen kulturgeschichtlichen Fundstücken, schließlich gewürzt mit Kalauerlust), der nicht verhehlt, dass Kunkel oberflächlich gelesen auf Unterhaltung abziehlende Räuberpistolen fabriziert. Aber er wagt es dabei, große Themenkomplexe wie Menschenbild-Konflikte, Zeitgeist-Kritik, Biopolitik, Hegemonie der Pornokratie im kulturellen Mainstream (um nur einige zu nennen) aufzufalten. Dass dabei nichts herauskommen kann, was bequem und konsensfähig ist, läßt sich an drei Fingern abzählen. Man kann Kunkels Romane diesbezüglich schlicht als Geschmacklosigkeit abtun. Andererseits ist es bei den genannten Problemfeldern so, dass Kunkel (aus meiner Sicht) sehr effektiv mittels seiner Schreibe die den angesprochenen Problemkreisen innewohnende Geschmacklosigkeit verdeutlicht.
Um zu klären, dass ich nicht mit dem Blick eines vollends unkritischen und einseitig wertenden Jubelpersers auf »Schaumschwester« blicke, sei eingestanden, dass ich mich der Kritik anschließe, die, was einige Stellen des Romans angeht, zu dem Schluss kommt, dass mindestens eine weitere Lektorats-Session dem Buch gut getan hätte. Vor allem im letzten Drittel des Buches ist der Wechsel von Tempo- und Erzählhaltung, zwischen brillanten Szenen und ›Draufsicht‹-Hetzte zu holterdipolter um den Roman als gänzlich rund bezeichnen zu können.
Dennoch bin ich weit davon entfernt »Schaumschwester« als misslungen oder auch nur mittelmäßig einstufen zu wollen, denn ich habe auch diesmal wieder den ›Kunkel-Sound‹ genossen und finde, dass er den Lesern einen erstaunlich unterhaltsamen Ritt durch eigentlich bitterstes Themengelände bietet. Auch wenn diese Themen und Motive (Bevölkerungsentwicklungen als Manipulationsfeld der internationalen Konkurrenz, Pornokratie, emotionell kaputte Typen, heilsgeschichtliche Aneignung der Evolutionstheorie, Ekel vor der Kultur der Ersten Welt, Misanthropie usw.) als Stoff für einen kurzweiligen, sprachlich frechen Phantastik-Garn für manche Leser völlig indiskutabel sind, ist das in »Schaumschwester« gebotene Gedankenspiel in meinen Augen gelungen und die somit vom Autor gegebenen Anregungen diesen Themen kritisch Aufmerksamkeit zu widmen sehr lobenswert.
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Thor Kunkel: »Schaumschwester«, Prolog, Epilog, 19 Kapitel und Vorschau/Ausszüge zu weiteren Titeln der Reihe »Neue Welt« auf 288 Seiten; Verlag Matthes & Seitz Berlin, 2010; ISBN: 978-3-88221-690-5.
Eintrag No. 621 — Am vergangenen Samstag trudelte bei mir »Red Dead Redemption« ein. Ich ärgere mich etwas, denn aus irgendeinem Grund funktioniert bei mir das Soundtrack-Runterladen nicht (für mich der Hauptgrund die 5 € Preisaufschlag für die Limited Editon gelöhnt zu haben).
Bisher habe ich etwa 12% der Story gespielt und kann sagen: zum Schwersten, was ich überhaupt jemals gespielt habe, gehört Pferde einfangen und einreiten! Und ich habe richtig Schiss in gewissen bergigen Gegenden, wo es Pumas gibt (die manchmal sogar zu zweit jagen!). So ein Puma wenn ordentlich hinlangt, ist dein Reittier ratzfatz ein Ex-Pferd, und man selbst höchstwahrscheinlich auch gleich ein Gewesener. — Aber ich sollte eh nicht daddeln, sondern schreiben, übersetzten und lesen.
Netzfunde
Neal Stephenson, der brillante Autor von »Diamond Age« und »Der BAROCK-ZYKLUS« ist Schirmherr eines ungewöhnlichen Geschichtenwebe-Projekts namens »The Mongoliad«. Los gehen wird es mit Kurzgeschichten von Stephenson, Greg Bear, Nicole Galland, Mark Teppo, und anderen Autoren, die zusammen eine halsbrecherische Abenteuergeschichte im von den Mongolen heimgesuchten Europa des Jahres 1241 vorlegen. Daraufhin sollen unter anderem Kampf-Künstler & -Choreographen, Illustratoren, Programmierer und Spieledesinger weiteres Medienmaterial beisteuern und schließlich den Lesern selbst Gelegenheit gegeben werden, mit eigenen Geschichten zum großen Garn beizutragen. Ich bin bespannt.
Verkündet wurden die Nominierungen für den Max & Moritz-Preis 2010 (= Comic-Preis, der auf dem Internationalen Comic-Salon in Erlangen verliehen wird). Ich kenne diesmal erstaunlich wenig. — Bin schockiert, dass »Hector Umbra« nominiert wurde. Zeichnerisch ist der Band ja ganz nett, aber Story und Dialoge sind einfach nur geistlos spätpubertär und nervig. — Entschieden habe ich mich für »Spirou & Fantasio Spezial – Ein Portrait des Helden als junger Tor« von Emile Bravo.
Schöner langer Artikel über Ayn Rand von Corey Robin (mit genau der richtigen Portion sachlicher Häme) am 20. Mai in »The Nation«: Garbage and Gravitas / Abfall und Gravität. Der erste Satz geht so:
Aus dem St. Petersburg der Revolutionszeit stammt Vladimir Nabokov, Isaiah Berlin und Ayn Rand. Der erste war ein ein Romanautor, der zweite ein Philosoph. Die dritte hielt sich für beides, war aber keines davon.
St. Petersburg in revolt gave us Vladimir Nabokov, Isaiah Berlin and Ayn Rand. The first was a novelist, the second a philosopher. The third was neither but thought she was both.
Wortmeldung
Im SF-Netzwerk habe ich mich in die Debatte um »Schaumschwester«, den neuen Roman von Thor Kunkel, eingeklinkt. Als Fan von Thors bisherigen Veröffentlichungen fühlte ich mich bemüßigt, einige (in meinen Ohren) schrillere Mießmache zu kontern. Meine ersten Einträge in dem Thread überspringe ich mal, hier aber meine Meinung bezüglich »Endstufe« , und dass (seit diesem Roman) mit der literarischen Rezeption von Kunkels Büchern einiges extrem, vielleicht sogar exemplarisch, schief gelaufen ist. (Dummerweise habe ich das Buch erst gestern – Montag, 24. Mai – bekommen, und bin grad erst mal drei Kapitel weit drinn). — Das Bild vom Cover hier habe ich mit einem Link zum Bucheintag beim Perlentaucher versehen. Dort gibts bisher nur die Zusammendampfung der FAZ-Rezi von Sandra Kerschbaumer, die, so finde ich, von Tuten und Blasen nur sehr wenig Ahnung hat. Mehr dazu in meiner Rezi.
Ihr wollt niedlich? Vergesst Katzen-Content. Die absolut enzückensten Geschöpfe von Mama Natur, die jedes Herz zum Schmelzen bringen (und sogar Dath Vader ein sanftes ›Jööööh‹-Seufzen entlocken würden) sind Faultiere. Genauer: kleine Baby-Faultiere. Gefunden im Blog der amphibienliebenden Filmemacherin Lucy Cooke: »Sloth Love«.