Mittwoch, 18. Februar 2004
Person, miskonfiguriert
(Grafimente) - Vor ein paar Tagen habe ich es geschafft, einen Schimmer davon wie ich mich fühle in Skizzenform zu stricheln. Und, meine lieben Freundinnen und Freunde, der Alex hat nachweisbar alle heiligen Zeiten immer noch seine kreativen Momente.
Misconfigured Persona
A few days ago I achived to sctech a glimpse of how I feel, unemployed as I am. Well, my dear friends, Alex does have his creative moments once in a while.
Sonntag, 15. Februar 2004
Macht mich endlich zum Sklaven
Erstellt von molosovsky um 12:14
in
Alltag
(Alltag) - Blöder Sonntag. Minderwertigkeitsmonster und Jammervirus lassen mich nicht los. Dann kommt diese Meldung, über die neuen Ideen der Unionsparteien, was man mit Arbeitslosen anstellen könnte. Immer noch nur dumme unverbindliche Vorschläge und Überlegungen: Arbeitslose in sozialen Einrichtungen sozusagen Zivildienst machen lassen. Ich sage jedesmal beim Arbeitsamt: "Bitte teilt mich ein!", denn mit meinem krudem Lebenslauf, der beschissenen Damit sie mal ein Gefühl dafür bekommen-Ausbildung und meiner vollkommenen Kreativitätsimpotenz, sowie keinerlei Ahnung meinerseits als was ich mich wo wie bewerben, ach was, überhaupt arbeiten soll, bin ich auf den Willen der Mächtigen und Fähigen angewiesen. Ich habe keinen Führerschein, kann nichts verkaufen was mich selbst nicht überzeugt, arbeite schlecht bei allen Themen, die mich nicht interessieren (also 80% dessen womit so Geschäfte gemacht werden), alles was mit Geld zusammehängt macht mich extrem nervös (Summe bei der ich anfange mich anzukacken: ca. 300 Euro aufwärts), und bin - wie mir mehrmals mit diesem besser wärs er würde den Gnadenschuß bekommen-Blick gesagt wurde - zu ehrlich. Ja, ich habe meine 3 Jahre Zeitarbeit hinter mir in Frankfurt und in keinem einzigen Betrieb blieb es mir erspart, diese Standesdünkelmobbereien, diese Unterlagenunterschlagung, Mauscheleien und Schiebereien, die als "normal" behandelt werden, und die mich krank machen. Nirgendwo in dieser Arbeitswelt kommt es darauf an, seinen Job gut zu machen, sondern dieses Mauscheln auszuhalten und dabei mitmachen zu können. Das ist die Schlüsselqualifikation, und die bringe ich absolut nicht mit.
Also liebe Politiker und Arbeitsamtfuzzis: ich habe es mehrmals verlangt, nun macht hinne und richtet dieses verkorkste System auch dementsprechend ein, damit kleine dumme ohnmächtige Arbeitersprößlinge wieder Weisung und Order empfangen und ausführen können. Das selbstständige Denken, daß mir so liebevoll in meiner bayerischen Schule beigebracht wurde, ist zumindest hier in Hessen zu nicht nütze, außer zum Querulieren und Mäkeln. Und so eine Nervensäge will ja dann auch keiner einstellen. Teilt mich ein, ich bin ganz euer Sklave.
Samstag, 14. Februar 2004
Herr der Ringe (moderne Lyrik)
(Lyrik) - Hier ein transautomatisches Gedicht von mir aus dem 92er Jahr. Basiert auf der Charoux-Übersetzung.
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I. J.R.R. Herr Gefährten Hobbit Cotta
Diese Erzählung wuchs und wuchs,
Und natürlich wird es ein schlechtes Ende nehmen!
Es trat ein langes Schweigen ein.
"Gott behüte Dich, Herr Gandalf!"
Frodo erwachte und entdeckte, daß er im Bett lag.
Es war Abend und das graue Licht schwand rasch.
Am Kamin fand derweil eine Auseinandersetzung statt.
"Und dennoch werden wir es versuchen."
II. J.R.R. Ringe zwei Presse Klett
Er strampelte ein wenig, ganz vergeblich.
zuerst wren Merry und Pippin verblüfft.
"Und was ist mit der Morgendämmerung?"
Sie rauchten eine Weile weiter.
Sie starrten hinunter auf den dunklen Weiher.
Die eilende Dunkelheit, die immer schneller wurde.
Schließlich hielten sie an.
"Ich wünschte, ich wäre nicht der letzte."
III. J.R.R. Der des HobCott
Aber Gandalfs Gesicht war traurig und ernst.
Er ging hinaus und bald folgten ihm alle anderen.
"Die Abendessenszeit ist schon vorbei."
Gandalf rührte sich nicht.
Die Reiter ritten nun schneller und schlugen.
Als Sam erwachte, merkte er, daß er in einem weichem Bett lag.
Als Elrond von der Wahl seiner Tochter hörte:
"Hum, das ist nur recht und billig."
Freitag, 13. Februar 2004
THE LORD OF THE NOSE
Erstellt von molosovsky um 20:48
in
Lyrik
(Trilogie)
H.A.T. Schie:
Part One: The Fellowship Of The Hankerchief.
Part Two: The Two Nostrils
Part Three: The Return Of The Snott
Donnerstag, 12. Februar 2004
Den die Angloamerikaner nur ›Immanuel‹ nennen
(Alltag) - Heute ist ja der 200maligste Todestag des Philosophen Immanuel Kant, dessen Nachname an englischen und amerikanischen Universitäten meiner Info nach so gut wie nie genannt wird, zu groß ist dort die Gefahr, daß die hormonversauten Fastnochteenager rummgiggeln.
Verpassen Sie nicht die Todestag-Homage-Collage von Meisterkübstler David Ramirer (nebst einem Gastauftritt von Thomas Bernhard).
Freitag, 23. Januar 2004
Ich habe jetzt ARCORophobie
Erstellt von molosovsky um 17:39
in
Alltag
(Alltag, nerviger) - Nein, ich habe kein Angst vor Spinnen und mich bei der Überschrift vertippt, sondern vor dem Telefon- und Internetdienstleistungsanbieter, dessen geheimes Ziel als dereinstiger Weltherrscher es wohl ist, allen Menschen blaue Klamotte anzuziehen und die Haare rot zu färben. Und einen brodelnden Hass bugsiere ich seit Tagen in der engen Wohnung umher, verschiedene Urschreie der Wut echoen immer noch durch die Daunenstrata meines Kopfkissens, in das zu beißen mir half. Gelobt seien die alten Hausmittel. Doch wovon schreib ich Wirrer hier?
Also, letztes Jahr hat der kleine feine lokale Internetdienstleister Rhein-Main-Net seine Pforten für Privatkunden geschlossen … bedienen halt nur noch Geschäftskunden, weil Rhein-Main-Net irgendwie mit FAZ und Societäts-Verlag zusammenhängt und das Gürtelengerschnallen des Zeitungssektors (Stichwort: Einbruch des Anzeigenmarktes) veranlaßte wohl dieses beklagenswerte Abwenden von Otto N. Verbraucher als Kunden.
Nach dem Trennungsschmerzverkraften haben Andrea und ich uns im Herbst dann bei Arcor für die sogenannte Online-Power angemeldet, und nach einem Quartal als Kunden dort, wünschen wir uns inniglich den zuvorkommenden Kundenservice von Rhein-Main.net zurück ... wir erinnern uns an freundliche eMails, mit denen angekündigt wurde, wann wegen Umrüst- und Wartungsarbeiten die Internetzugänge vorrübergehend lahm liegen, oder an überraschende Briefe, aus denen man erfuhr, wenn uns für tagelang ungeplant gestörte Leitungen kleine Gutschriften versöhnen sollten. Wählte man die Service-Rufnummer hatte man fluggs jemanden an der Strippe, der einen weiterhelfen konnte, weil er einen als Kunden für voll nahm und sich in seiner überschaubaren Lokaldienstleisterwelt auskannte. Ich kam mir dort als Kunde vor, wie jemand, der bei einem Schuputzer oder Friseur sitzt, ein nettes Geplauder pflegt, derweil an den Füßen oder Haaren Dienst geleistet wird, daß es eine Wonne ist. Jeder Klick auf das Verbinden-Symbol ließ nette Gedanken aufkommen.
Bei Arcor aber beginnet das Chaos schon mit der Zahlung meiner Gebühren. Bei meiner Anmeldung im Oktober 2003 wählte ich als Zahlugsweise den bequemen Lastschrifteinzug und gab Arcor dazu schriftlich meine Bankverbindung sowie mein Einverständnis zum Abbuchen durch.
Im November '03 bekomme ich einen Brief, daß die Abbuchung nicht funktioniert hat, da laut Bankauskunft die Kontonummer falsch ist. Ich fülle einen Rückantwortschein mit meiner Bankverbindung aus, denke mir: "Ach ja, bei dem vielen Dateneintippen kommt schon mal ein Fehlerchen, ein Zahlendreherchen vor ... kenne ich, habe ich ja auch eine Zeitlang Als Manpowerzeitarbeiter gemacht ... bei hunderten von Datansätzen am Tag, ist schon mal der eine oder andere Ausreißer dabei."
Doch zu milde gedacht, denn im Dezember kommt ein weiterer Brief gleichen Inhalts, und noch einmal fülle ich einen Rückantwortschein mit meiner Bankverbindung aus und schicke ihn am 17. Dezember zu Arcor. Anschließend sind Andrea und ich unterwegs in den Urlaub nach Wien.
Erst im neuen Jahr zurück aus Wien aktualisiere ich endlich das Betriebssystem des iMac auf dem ich arbeite. Weil ich befürchte, technisch einen Fehler gemacht zu haben, und deshalb keine funktionierende Internetverbindung zu erreichen, rufe ich am 08. Januar bei Arcor an. Doch dort sagt man mir, daß mein Zugang am Vormittag des Tages gesperrt wurde, weil Rechnungen von mir seit Oktober überfällig sind. Der nette Herr B. von der Service-Rufnummer kontrolliert mit mir zusammen die Zahlen und wir entdecken den Fehler bei Arcor. Meine Kontonummer ist falsch eingepflegt. Angeblich ist das aber kein Problem, Herr B. versichert mir, daß die Sache geklärt wird. In der im Urlaub angehäuften Post entdecke ich einen Antwortbrief vom 19. Dezember auf meinen Rückantwortschein vom 17. und die darin zur Kontrolle wiedergegebene Kontonummer weißt genau den Tippfehler auf, den Herr B. und ich dingfest gemacht haben.
Am 12. und 13. Januar melde ich mich nochmals telefonisch, denn funktionieren tut bisher gar nix, gekümmert hat man sich dort anscheinend um alles mögliche, nur nicht um Kunden, deren Kontonummer offensichtlich zu kompliziert ist, um fehlerlos in eine Eingabemaske übertragen zu werden. Freundlich aber unterkühlt stellt man mich vor folgende Tatsachen: im System ist mein Datensatz gesperrt, kann nicht geändert werden, weil ich von der Buchhaltung (automatisch) Mahnstufe 3 verpaßt bekommen habe, da ich seit Oktober offene Rechnungen aufhäufe. "Das mag ja sein, aber habt Ihr denn nicht verstanden, warum dem so ist! Herr B. und ich haben am 08. festgestellt, daß Ihr meine Kontnummer falsch und immer wieder falsch eingegeben habt! Da könnt ihr lange versuchen abzubuchen, wenn ihr es vermasselt die dafür nötigen Zahlen entsprechend sortiert zu lassen."
Wurscht, meinen Zugang freischalten oder meine Daten korrigieren kann man bei Arcor erst, wenn die brutale Mahnstufe 3 gelöscht wird, also wenn ich die entsprechenden Summen der Oktober- und Novemberrechnung überweise und mich dann noch ca. 48 Stunden gedulde. Die beiden überfälligen Rechnungen, habe ich am 14. Januar überwiesen, sogar mit einem begleitenden Bescheidgebfax an die Arcor-Buchhaltung und einer Internetformularnachricht an den Kundenservice. Nun harre ich der Dinge und vergewissere mich stündlich, ob mir wirklich jemand eine unsichtbare Kette mit Eisenkugel angelegt hat.
Charakterisiert wird Arcor für mich nun durch das Sprüchlein, das ich bei meinen Service-Rufnummer-Anrufen am häufigsten zu hören bekam, wenn ich nach dem Kompletthörenmüssen des akustischen Menüs die Zahl oder das Wort meiner Wahl gedrückt oder durchgesagt habe: "Das haben wir leider nicht verstanden."
Montag, 19. Jan.: Ich Dumpfbacke, ich Depp, ich Zeilenlegasteniker ... Jetzt ist es geschehen, die Fumblefingerigkeit bei Arcor wirkt ansteckend und ich Kapitalhirni habe es geschafft, bei den Überweisungsscheinen die Rechnungsnummer von Oktober und Dezember zu vertauschen. Bezahlt ist nun der überfällige November, der nichtüberfällige Dezember, doch leider nicht der überfällige Oktober und das bedeutet: der Internetzugang bleibt noch gesperrt und ich Depp kann nun nochmal zur Bank latschen und den Oktober hinterherschicken. Am nervigsten dabei, daß das alles dauert! Am 14. Jan. war ich bei der Bank und habe November und Dezember eingezahlt, abgebucht wurde aber erst am 15. und auf dem Arcor-Konto eingetroffen ist das Geld am heutigen Montag, freigeschalten würde innerhalb von 48 Stunden dannach (also am Mittwoch), aber ich Erzdödel habe es ja geschafft, mich selbst zu sabotieren und so startet die 48 Frist wahrscheinlich erst wieder morgen, nach Eingang meiner heute abgeschickten Oktober-Überweisung.
Eisenkugel hab ich keine, aber Papier, Schere und Kleber zum Basteln einer Eselskappe krieg ich noch zusammen.
Sonntag, 14. Dezember 2003
Am Beispiele von »X-MEN«
(Alltag) - Warum meide ich beim ersten Besuch eines anglo-amerikanischen Filmes im Kino die deutsche Synchronosiation? Weil die Übersetzung manchmal nicht nur schluderig und husch-husch gemacht ist, sondern dabei sogar willentlich Sinn verfälscht wird.
Ich bin fast aus dem Sessel gerutscht, als ich heute folgenden Fall von ideologischer Weichzeichnung durch Eindeutschung erlebte. Gleich der erste Satz von X-XEN (aus dem Jahr 2000) lautet im Original:
"Mutation - it is the key to our evolution. It has enabled us to evolve from a single cell organism to the dominant species on the planet."
Die deutsche Stimme von Patrick Steward alias Prof. X darf aber nur behaupten:
"Mutationen sind der Schlüßel zu unserer Evolution. Sie haben es uns ermöglicht uns von einzelligen Organismen zur komplexesten Spezies des Planeten zu entwickeln."
Das verschiebt den Inhalt des Prologes und lenkt vom zentralen Thema ab: das Schachspiel um Kontrolle und Macht zwischen den guten bzw. bösen Parteien bei Menschen und Mutanten. Ich frage mich nur, warum dominant abgewandelt werden mußte in komplex. Ist es in Deutschland nicht zumutbar, daß in einer Fiktionsblase die Stellung des Menschen als Herrscher darzustellen, als Hauptakteur, als Verbreitungs- und Anpassungsprotagonist auf dem Planeten eben dominiert, führt, alle anderen Arten überragt. Ist man sich der Riesenlatschen des menschlichen ökologischen Fußabdrucks in Deutschland schon derart schmerzlich gewärtig, daß in einer biologistischen Romantik der Erfolg einer Artentwicklung eben in Komplexität (Zier, Feinheit, Verständnis) und nicht in Vorherrschaft ausgedrückt wird. Oder steckt Rumsfeld und sein Desinformation-Kader hinter solchen Begriffsverwandlungen?
Und überhaupt: man sagt auf Deutsch nur in Fachkreisen und als Genbildhauer a la Mabuse und Frankenstein Spezies. Normale Menschen oder gebildete doch stilbewußte Mutanten würden das englische species ganz einfach mit Art übersetzten.
Montag, 1. Dezember 2003
Schönheitsideal der Politik: fett und fetter werden.
(Gesellschaft) - Der Refrain ist bekannt: Unsere derzeitigen Probleme verdunsteten geschwind in der hoffentlich jeden Augenblick aufgehenden Strahlesonne properen Wirtschaftswahstums. Mir läuft bei derartig kindlicher Mehr-Mehr-Naivität immer ein kalter Schauer über die Seele. So freute ich mich, in der Novemberausgabe meiner Lieblingszeitung Le Monde diplomatique einen Artikel zu lesen, den ein bekennender Wachstumsverweigerer verfaßt hat.
Serge Latouche, ein emeritierter Professor in Frankreich schreibt fein von meinem Knochenmark ab. Auch wenn Latouche die Politik(er) seines Landes kritisiert, kann sein Text ohne Abstriche auf Deutschland oder die Erste Welt übertragen werden.
Linke wie rechte Politik lebt in der Kleinkinderphantasie, daß alle Probleme sich geben, feuert die Düse des Wachstums uns nur weit genug in den Wohlstands-Orbit. Geld und Einkommen gibt es genug, es ist (wird) nur ungerecht verteilt … aber hey: mit genug Wachtum sortiert sich das von selbst. Als ob ein blutrünstiger Hund plötzlich nett und freundlich wird, nur weil man ihm noch mehr Babys zum knabbern hinwirft.
Hunger in der Welt, Radikalisierung der Ideologien, Zernichtung der Umwelt, Degeneration der Instinkte, kommerzielle Psychagogie, alles nur vorrübergehende Wehwehchen, denn wenn wir nur mehr produzieren und mit dem Krempel profitieren … ja wenn also das Sackerl voller, die Kaka größer wird und der Konsum nicht mehr nur rattert sondern brummt, dann wird Gott höchstpersönlich das Ortschild Erde wieder gegen Paradies austauschen. Tatsächlich kommt diese Haltung allen entgegen, die mit der Weltraumkolonisierung nicht früh genug anfangen können, denn mit einer nur an Wachstum sich orientierenden Gesellschaft überschreitet man irgendwann (ehr früher als später) die Grenzen der terristischen Biosphäre und müßte woanders Wachstum betreiben gehen.
Schön auch der Ausdruck Ökologischer Fußabdruck , will heißen: Auf Fläche Land umgerechnet braucht jemand wieviel davon zur Aufrechterhaltung seines Lebensstandarts?
Ein US-Amerikaner 9,6 Hektar, ein Canadier 7,2, ein Druchschnittseuropäer 4,5 ... leider weiß ich nicht, ob im Leben oder im Jahr oder am Tag – ich vermute zweiteres. Beim derzeitigen Stand der Weltbevölkerung wären übrigens 1,4 Hektar pro Person gerecht.
Wäre es also nicht besser, der Zeit ein wenig mehr Zeit zu geben (sag ich nur: Entschleunigung) und zu überlegen, wie man eine Entwicklung der Wachstumsrücknahme so gestaltet, daß die Leute friedlich und nett zueinander bleiben … konivial steht im Artikel, ein tolles Wort.
Der Artikel führt drei Beispiele auf, wo man mit Wachsumsrücknahme anfangen könnte:
• Personen- und Wahrenverkehr in Frage stellen. Nörgel ich schon seit Vorkindergartenzeit drann rumm. Tourismus, Straßen- und vor allem der individuelle Personenverkehr verlocken mit dem windigen Freiheitsversprechen und Unabhängigkeit. Dabei ist der PKW nichts anderes als eine zivile Weiterentwicklung einer Gefängniszelle. (Ich persönlich frage mich ja, wann mir der die Weltgemeinschaft dafür dankt, daß ich keinen Führerschein habe.)
• Reißerische Reklame in Frage stellen. Werbung hat zu einem erschreckenden (Groß)Teil keine nachweisbaren Auswirkungen auf das Käuferverhalten, ist aber dazu angetan unsere Vorstellungswelt verheerend zu dressieren. Die Werbung ist der Züchter des Pavlovschen Hundes in uns.
• Produktion von Wegwerfartikeln und Gadgets in Frage stellen. Ja, leider ist z.B das klassische Ideal der Sparsamkeit im Materialverbrauch ist voll out. Unsere Konsumwelt versucht, uns wohl getarnt das Gefühl überzustülpen, daß es uns nur gut geht, wenn wir Mist und Dreck veranstalten, immerfort Krimskrams für unsere Dauerübersprüngshandlungen erzeugen.
Schön auch die sechs Schritte, mit denen sich daran machen könnte, die Wachstumsrücknahme anzugehen:
Neubewerten • Umstrukturieren • Umverteilen • Reduzieren • Wiederverwenden • Recyceln
Und natürlich die Wertvorstellungen, die sich ändern müßten, für eine Kulturphase des Wachstumsrückgangs (ich würde sagen: an die 50 bis 100 Jahre sollten wir das schon durchziehen):
• Alturismus statt Egoismus
• Kooperation statt ungezügelter Konkurrenz
• Muße statt zwanghafter Arbeit
• Gesellschaftliches Miteinander statt grenzenlosen Konsum
• Spaß am schönem Einzelergebnis statt produktivistischer Effizienz
• Vernunft statt Rationalität
So. Solche Artikel sind der Grund, warum ich einmal im Monat die TAZ kaufe, und verpasse ich die entsprechende Freitagsausgabe, in der die monatliche deutsche Le Monde diplomatique beiliegt, dann geb ich ernsthaft die 3,60 für 24 Seiten Zeitung aus. Es lohnt sich.
••• BEARBEITUNG 18. okt. 2004: Fehler ausgebessert und neu formatiert. •••
Sonntag, 30. November 2003
Doch noch ein Fragebogen
Eintrag No. 35 — Freund David hat zehn Fragen zum Thema Bücher beantwortet (hier) und schon bin ich animiert, meine eigene Prognose in den Wind zu schießen, daß es hier wohl kaum mehr als einen Fragebogen geben wird.
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1. Welches ist das längste und/oder langweiligste Buch, durch das Du Dich, aus welchen Gründen auch immer, erfolgreich hindurchgekämpft hast?
Tad Williams »Der Drachenbeinthron«-Fantasy-Saga. Vier mal ca. 700-800 Seiten oberöder Tolkien-Abschklatsch. Wollte wissen, was für Fantasy im Mainstream so gelesen wird.
2. Von welchem Autor/Autorin kannst Du behaupten: Von dem/der habe ich wirklich jedes Buch gelesen?
Matt Ruff (sind nur drei: Fool on the Hill / Sewer Gas & Electric / Set This House In Order);
J.K.Rowling (sind nur fünf, die Harry Potter-Bücher eben);
Laurece Norfolk (sind nur drei: Lempriers Wörterbuch / Ein Nashorn für den Papst / In Gestalt eines Ebers);
Helmut Krausser (8 Romane, 2 Kurzgeschichtensammlungen, eine Anthologie, 2 Gedichtbände, 10 Monatstagebuchbände und ein Bilderbuch);
China Mieville (wieder nur drei: Perdido Street Station, The Scar, King Rat);
Arthur Schopenhauer (was es gibt: also Hauptwerke; Vorlesungen habe ich noch nicht so lang; Handschriftlichen Nachlaß suche ich noch)
3. Welches ist Dein liebster Klassiker (vor mindestens 50 Jahren veröffentlicht)?
Derzeit wohl Balthasar Gracian »Das Kritikon«, erschienen 1651.
4. Welchen Titel hast Du in den letzten Jahren sicherlich am häufigsten verschenkt?
Komme kaum zum Buchverschenken.
5. Von welchem Autoren würdest Du nie wieder freiwillig ein weiteres Buch in die Hand nehmen?
Martin Walser (Tod eines Kritikers gelesen und Auszüge aus Lebenslauf der Liebe, Mesmers Reisen).
6. Welches Buch hast Du mehr als zweimal gelesen?
Ulysses von James Joyce (3 mal englisch, 2 mal deutsch);
Melodien von Helmut Krausser (3-einhalb mal und steigend);
Welt als Wille und Vorstellung von Schopenhauer (derzeit beim zweitenmal);
Unser Kosmos von Carl Sagen (mindetens 3 oder 4 mal seit 15 Jahren);
Name der Rose und Foucaultsche Pendel von Umberto Eco (ersteres 3, zweiteres 2 mal).
Man sollte öfter Bücher mehrmals lesen. Beim ersten Lesen weiß man doch gerade mal, worum es geht.
7. Welchen Titel hast Du erst nach einigen Seiten beiseite gelegt und dann tatsächlich später nochmals in die Hand genommen und durchgelesen?
Praktisch alle Bücher. Lese sehr viele Bücher gleichzeitig und nur ganz ganz ganz wenige sind dergestalt, daß ich sie ratz fatz an einem Stück von vorne nach hinten lese.
Bemerkenswert war aber »Thanatos« von Helmut Krausser. Das Buch hat nach ca 100 bis 200 Seiten begonnen, mich persönlich anzupöbeln, hat mich fertig gemacht, beschimpft, ausgespottet und ich mußte mich erst eine Weile zurückziehen um genug zu sammeln, dieses schwarze Buch weiterlesen zu können; entwickelte sich noch zu einer düster-euphorischen Lesereise.
8. Wenn man Dich drei Wochen in eine Mönchszelle in Klausur stecken würde, und Du darfst nur drei Bücher mitnehmen, welche drei Titel würdest Du wählen?
Drei Wochen ist doch lächerlich. Aber wenn ich könnte und da demnächst der dritte Teil erscheint nehme ich Peter Sloterdijk Trilogie Sphären (1. Blasen; 2. Globen; 3 Schäume).
9. Bei welchem Titel sind dir schonmal ernsthaft die Tränen (nicht vor Lachen!) gekommen, obwohl es doch nur ein Buch war?
Owen Meany von John Irving;
Girlfriend in a Coma von Douglas Coupland;
Göttliche Zwischenfälle (Biographie Philip K. Dick) von Laurence Sutin;
Der Glöckner von Notre-Dame von Victor Hugo;
Besessen von Antonia S. Byatt;
... ich weine, lache, wüte, häme gern schnell und laut beim Lesen.
10. Welches sonst recht erfolgreiche Buch ist Dir bis heute ein großes Rätsel geblieben, d. h. Du hast es einfach nicht verstanden?
Da es mir nicht um ›das Verstehen‹ geht, ›verstehe‹ ich diese Frage nicht ganz. Ich ›verstehe‹ für mich zwar, warum Tolkiens "Der Herr der Ringe" so erfolgreich ist, aber nicht verstehe ich, warum die neue schlechte verzerrende Übersetzung von Wolfgang Kerge so viele gekauft und gelesen wird, und finde den Tolkien insgesammt einen kuriosen Autor, mindestens so wichtig und marginal zugleich wie Joyce.
Ebenso »Minima Moralia« von Theodor W. Adorno. Sicherlich ein interessantes, gedankenanregendes Buch, doch dermaßen hermeneutisch, daß man nach einiger Zeit beginnt, seine eigene Nase zu suchen.
Donnerstag, 13. November 2003
Gedanken zu MATRIX
(Forumbeitrag) - Meine Wortmeldung bei sf-fan.de.
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MATRIX REVOLUTIONS Impression und MATRIX Trilogie-Gedanken allgemein.
Hallo zusammen,
gleich vorweg: ich finde den ganzen Matrix-Kosmos recht fein, alle drei Teile und auch The Animatrix. Lediglich das Spiel kenne ich nicht.
Also, ich habe damals BOUND (den Lesben-Mafia-Thriller der W-Brüder) schon sehr gut gefunden und dementsprechend mit Freude den SF-Cyberpunk-Flick erwartet, bei dem einige Erzkünstler der Comicwelt mitdesingen. Zur Zeit des ersten Teil habe ich auch die ersten Meldungen mitbekommen, daß Matrix eigentlich eine Trilogie ist, aber vorsichtshalber eben nur der erste Teil realisiert wird. Der war ein "Kult"-Hit und so konnten Teil 2 und 3 folgen. Das hat natürlich zu gewissen Scharten und Schlaglöchern geführt, so daß Teil 1 sich etwas schief in die Reihe fügt (ich bin zB überzeugt, daß das Restaurant-Gespräch zwischen Agent Smith und Cypher urpsprünglich eine Merowinger/Cypher-Szene war, denn eigentlich ist das genau die Art von Geschäft, die der Merowinger dealt, aber es ging auch so.)
Ich bin mit REVOLUTIONS sehr zufrieden und war's auch schon mit RELOADED (den ich vielleicht sogar besser, weil abwechsungsreich ruppig, finde). Entscheident ist für mich die wilde Mischung, die Matrix darstellt, und ich komme zwar nicht immer mit, aber genieße die Fahrt. Die Filme schrauben mal heftig an der philosophischen Spekulationsschraube, nur um dann wieder lange in (sinnlosen?) Aktion-Orgien zu schwelgen. Wie paßt das zusammen? - Die W-Brüder sind Comic und Anime-Fans, und wo das eine Medium brilliert, wenn es wild Ideen zusammenschmeißt, macht das andere oft so gar keinen rational verständlichen Sinn (oder kann mit jemand verklickern, was genau bei Akria und Co abgeht?). Eigentlich bin ich ein wenig enttäuscht, daß nicht irgendwo in der Trilogie eine kreuzkitische Kindheitserinnerung am Spielplatz mit super-sentimentalen Song auftaucht, mitten zwischen zei Aktionsequenzen ... DAS wäre die Anime-Kirsche, die npoch fehlt.
Philosophie: definitiv ein (Publikums-)Sieb für jeden Blockbuster, denn im Gro will man bei einem Rums-Bums-Film eben überrascht werden, mit den Augen und Ohren achterbahnfahren, aber weniger denken und spekulieren. Für mich aber angenehm ist eben, daß sich eskapistische Wahnsinnsaktion hier mit den Eigenschaften eines sogn. ›offenen Kunstwerkes‹ mischt.
Ein ›offenes Kunstwerk‹ (Paradebeispiele: Ulysses von Joyce und Name der Rose von Eco, oder alle Filme von Lynch und Greenaway oder auch Fight Club von Fincher), legt es darauf an, nicht endgültig ausgedeutet, niemals befriedigend fertiginterpretiert werden zu können. - Meine bisherige Lieblings-REVOLUTIONS-Besprechung kommt von Henry Knowls auf aintitcoolnews.com ... er stellt ganz richtig (imho) fest, daß bei der Matrix-Trio weniger die feststellbaren Aussagen und Antworten, als vielmehr die Fragen die die Filme stellen wichtig sind. So verstanden ist es für mich ein Qualitätsmerkmal, daß am Ende eben NICHT alle Fragen beantwortet werden und alles klar und übersichtlich vor dem Zuschauer aussortiert wird.
Lieblingsszeen: Teil eins - die Exposition mit Morpheus, der die Welt erklärt (unter Zuhilfenahme einer Duracell) / Teil zwei - Morpheus mit Schwert gegen Auto, für mich als Autohasser und Schwertkampffan ein absolutes Überdrüber, sowie die ganze Architekten-Szene / Teil drei - derweil das Geballer im Ziondock, bzw. das indische Pärchen in der Mobile Avennue-Station.
AB HIER SPOILE ICH (glaub ich)
Interpretation: kann man an der Matrix-Trio üben. Unglaublich viel macht Sinn, aber was ist denn nun völlig auszuschließen? - Ich bin Anhänger der
a) Matrix-in-der-Matrix-Theorie, aber noch nicht sicher ob ich auch ein
b) ALLE-sind-Maschinen-Theorie-Anhänger bin.
Zu a): Für mich machen vor allem Teil 2 und 3 nur Sinn, wenn angenommen wird, daß auch Zion und die kaputte Erde mit Powerplants, Menschentomatenstöcken und Maschinenstadt eine künstliche Wirklichkeit ist. Dies ist die vom Architekten angesprochene Möglichkeit der Kontrolle, die von 99% der Probanten akzeptiert wird; eine Möglichkeit der Wahl (= Illusion zwischen denen mit Macht und denen ohne), auch wenn sie unbewußt vielleicht als solche erkannt wird (Morpheus am Ende von Teil 3: ist this real... der Frieden?). Siehe das Löffelmotiv, alle Rätsel um Neo-Kräfte in Zionwelt und die Mobile Avennue-Station des Trainman.
Zu b): Wenn man THE ANIMATRIX zur Klärung des Matrix-Kosmos heranzieht, kommen folgende Fakten hinzu. Die Symbiose von Mensch/Maschine ist DER Kern der Entwicklung der zweiten Renaissance, des Krieges der Menschen gegen die Maschinen; es gibt eine rote Matrix, die das Archiv von Zion ist; es werden Maschinen mit einer virtuellen Realität davon überzeugt, Menschen zu sein, oder doch zur Seite der Menschen zu gehören. Im ersten Teil beim Training heißt es, Neo saugt Programme »wie eine Maschine«, er schläft so gut wie nie usw. - So gesehen ist Neo ein Programm, daß regelmäßig die Verhältnisse klärt, indem er die Speerspitze einer die Matrix wieder hearmonisierenden Katharsis ist. Neo ist halt der erste, der am Ende den sanften Weg geht und nicht wie seine Vorgänger (Seraph, Merowinger, Agent Smith) auf die Dominanz seiner Position besteht (was bringt es schon recht zu behalten, wenn dann alles im Chaos darbt; Kultur ist eine Illusion, ein Lügengebäude um den Menschen vor der knallhärte der zweckrationalen Wirllichkeit zu schützen).
Soviel dazu.
Lustig übrigens, daß ich durch die Matrix-Filme nach über 15 Jahren mal wieder dem Lewis Carroll seine »Alice«-Bücher (diesmal auf engl.) lese, eine der großen Inspirations-Steinbrüche der W-Brüder, und auch ein hoffnungslos unauflösbarer und spaßiger Knoten aus Phantasie und Blödsinn.
Viel Spaß noch beim kontroversieren und deuten
molosovsky
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Versäumen Sie nicht diese anderen Beisträge zur Matrix-Trilogie:
• Material zum Kapieren..
• Was der Architekt sagt.