molochronik
Mittwoch, 29. Oktober 2003

Wahrscheinlich der einzige Fragebogen in diesem Blog

(Alltag) - Außer natürlich ich komme mal mit einem Eigenbau zugange. Hier meine Antworten zu dem spaßmachenden Fragebogen von don.antville.org -- ich habe die meisten Fragen am Dienstagmorgen innerhalb einer halben Stunde beantwortet. Für Frage 21 (Schönste letzte Satz eines Buches?) habe ich dann länger durch meine Buchregale kraxeln müssen, und deshalb kann man meine etwas zu redseelige Antwort darauf auch gesondert hier finden.

1. Wie gehts?
Durchs Weitwinkellebensobjektiv betrachtet ganz gut, in der Nahaufnahme als derzeit Erwerbsloser Ich-habe-keine-Ahnung-was-ich-in-dieser-Gesellschaft-arbeiten soll ehr gemischt bis zeitweise extrem niedergeschlagen.

2. Die letzte Mahlzeit bestand aus was?
Westerneintopf mit Roggenbrot.

3. Was trinkst Du gerade?
Alvoradakaffee aus der Presskanne mit 5 Stück Zucker und viel Kondensmilch und starken Hagebuttentee ohne ebbes (aus seperaten Tassen).

4. Schon mal Vanilla/Cherry Coke getrunken?
Erstere gab ihr Gaumendebut bei mir neulich im Kino während "League of Extraodinary Gentlemen". Ganz gut, schmeckt handwarm dann besser als normale Cola, sanftes Kohlesuregeblubbel. Angenehm. Cherry-Coke vergöttere ich seit es auf dem deutschen Markt erhältlich ist (ebenso: Dr. Pepper), und weiß mit Erfurcht von der rülpsbringen Kohlensäureinflation dieses Getränkts zu sprechen.

5. Tageschau? Heute? RTL Aktuell? CNN?
Meist mit woanders (Buch, Comic, Magazin, Zeitung) gebündelter Aufmerksamkeit "Heute" auf 3Sat vor der "KulturZeit". Ich bevorzuge Buchstaben und eigenen Augenschein als zutragende Agenten meines Weltbildes. Film (und Fernsehen ist lediglich Film im Konservendosenformat) ist für mich, wegen seiner hohen suggestiven Virulenz ein ungeeigneter Mittler von "echten" Inhalten und ich genieße deshalb alle seine Ableger als die Vaudeville-Unterhaltung des 20sten und 21sten Jahrhunderts, das sie nun mal ist.

6. Das letzte Mal gelacht? Worüber?
Gestern abend über einen meiner eigenen blöden Witze, genauer: Verleser, nämlich in den Handnotizen meiner Freundin zu John Donne. Verb-reitung: dachte (Pferde und so), das wäre ein mir nicht bekannter Terminus für das, was Donne so zusammengedichtet hat. Gemeint war aber seine Ver-breitung im Sinne von Wirkung.

7. Schlimmste Idiosynkrasie?
Sozialneid... also meiner auf andere. Fühle mich unwohl in geldgeschwängertem Ambiente und habe Probleme um Menschen mit Erfolg. Extrem unfair, is' aber nun mal so.

8. Das Wort aus Frage Sieben nachschlagen müssen?
Ja schon, zur Sicherheit. Nur wer sich dauernd so unsicher ist und sich vergewissert hat, entwickelt die Meisterschaft im Besserwissen.

9. Das letzte Mal jemanden beleidigt?
Im Ernst nicht, unabsichtlich wohl leider meine Freundin, oder auch: siehe Frage 15.

10. Das letzte Mal an Sex gedacht?
Bei zufriedener Zur-Kenntnisnehme meines Morgenständers heute morgen.

11. Wann hast Du das letzte Mal jemanden etwas geschenkt und was war das?
"Die Handschriften von Saragossa" von Jan Poticki einem Freund zum Geburtstag; oder war "Das Kritikon" von Baltasar Gracian an Bekannte aktueller; oder gilt hier auch ein mitgebrachter Krebbel für meine Freundin?

12. Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren oder Stachelbeeren?
Stachelbeeren, wenn nicht ganz reif, schön hart und prall.

13. Liebst Du jemanden?
Meine Freundin, den Kosmos und mich, dann alle anderen, alle Erlöser und Propheten, die Ausgestoßenen und die Leidenden, die Kunst und ihre Euter und jene die drann'hängen, die Musik und das Schreien des Geistes, Tiere, da vor allem die Vögel und die Carnivoren, wie schon gestanden Cherry-Coke und und und (schlagt mich, ich bin ein Gutmensch, wenn auch ein extrem misanthropischer).

14. Neben welchen Prominenten würdest Du gerne beerdigt sein?
Finde keinen Zugang zu dieser Frage. Ist mir wurscht. Vielleicht neben einem Zampano in irgendeiner unentdeckten antiken Grabstätte. Oder neben einer Mumie im Kunsthistorischen Museum Wien, wenn das als "Grab" gilt.

15. Wann warst Du das letzte Mal eifersüchtig und wieso?
Siehe 14. (Und dann doch: a) positiv auf Alban Nicolai Herbst, weil er mit "Wolpertinger" und den "Thetis"-Büchern (fast) genau das macht (nur viel E-literaturiger), wozu ich gerne mal den Arsch hochkriegen würde; b) negativ: von Lange, Wetzel, Hermann und all die anderen Sporen aus der Besseren Bürgerwelt, die ihre langweiligen Seelen in langweilige Texte zwirbeln. (Vielleicht habe ich nun eine(n) der Erwähnten beleidigt, siehe Frage 9.)

16. Der letzte Rechner Absturz?
Als dem iMac auf dem ich hier werkle nach 5 Jahren die interne Batterie abnippelte, hat er sich bei einem Neustarten nicht mehr gefunden. Aber sonst nur die auch bei einem Mac vorkommenden Hngenbleiber wegen Arbeitsspeicherberlastung. "Systemabstutz" in dem Sinne also gar nicht.

17. Schon mal ne Pornoseite angeschaut?
Jupp.

18. Und?
Finde keine Bürzel. Enttäuscht.

19. Steuern bezahlt?
Möchte ich meinen.

20. Wirklich alle?
Glaube schon. Kümmere mich nicht darum und lasse die Ämter einfach machen. Habe Angst vor Steuererklärungsformularen.

21. Der schönste Schlußsatz eines Buches?
Antwort unfreundlich lang, um sich hier breit machen zu dürfen. Siehe gesonderten Beitrag hier. Aber ganz nebenbei lieber Fragebogendesinger: Schlußsatz ist ein etwas unansehnliches Wort, letzter Satz besser wäre doch gewesen.

22. Dein erstes Konzert?
"We Two Are One"-Tour von Eurythmics mit 14 in München. Erstes (und bisher einziges) selbstgesungenes und akkordeonquetschendes Umsetzen von John Dowland- und Tom Waits-Liedern auf Burg Ludwigstein Anno 1997, glaub ich, kann aber ein Jahr früher oder später gewesen sein.

23. Dein letztes?
Andreas Scholl singt englische Renaissancelieder von Dowland und Co, begleitet von einem Lautenspieler im kleinen Saal der Alten Oper Frankfurt. Ist schon eine ganze Weile her. Geheult vor Entrückung.

24. Du hast 10.000 Euro gewonnen. Du kannst alles behalten, oder alles "Ärzte ohne Grenzen" spenden. Was machst Du? (Nicht lügen!)
Alles meins. Abneigung gegen Medizin, selbst wenn sie sich wohlttig in der Dritten Welt tummelt. Nein ich spende natüüürlich alles alles alles... ehrlich.

25. Sonnen- oder Gefrierbrand?
Was mir lieber ist, oder was ich schon mal hatte? Wenn a) dann Sonnenbrand, wenn b) dann beides. Sonnebrand in meiner Kindheit und Jugend, Gefrierbrand in meiner Zeit bei McDonalds und dort im Kühlraum.

26. Hoher oder niedriger Blutdruck?
Ganz low. Niedrigster gemessener Wert (bei Kirchenbankohnmacht in der 8. Klasse laut Lehrer) 60:40. Kann ich aber selbst nicht ganz glauben. Aber ich kenne die Nebelschwaden, die kreisfrömig von Rande mein Gesichtsfeld fluten.

27. An der Wand oder am Rand schlafen?
Völlig egal. Kann auf einem Stuhl im sitzten schlafen.

28. Das letzte Mal geweint?
Am Ende von "Unbreakable", habe ich vor einigen Tagen wieder mal auf DVD geguckt. Denke aber nicht, da es das letzte Mal war, daß ich weinte.

29. Das letzte Mal auf dem Friedhof?
Lange her, keine Ahnung mehr. Literarisch aber in der "Schmerznovelle" von Helmut Krausser letztes Jahr im Frühling.

30. Das letzte Mal platzen können vor Glück?
Anfang des Monats in Berlin auf der Museumsinsel mit Freundin und Freund die Hintern aller Marmorschönheiten begutachtet und im Ratz-Fatz-Verfahren alle Museum-Shops abgeklappert.

31. Allein oder Einsam?
Alleine nicht mehr (wegen den vielen Stimmen in meinem Kopf auch nie wirklich gewesen), aber im Sinne des stänigen Gewahrens der fundamentalen Ins-Sein-Geworfenheit immer einen leichten Amplitudenauschlag in Richtung einsam.

32. Aktuelle Lieblings CD?
Am ehesten ist das derzeit die intrapolierte Mitte von Aimee Mann "Lost In Space" und "Toxicity" von System Of A Down.

33. Letzte TV Sendung?
Gestern Abend Harald Schmidt.

34. Wofür schämst Du Dich heute noch?
Vor ein paar Jahren einen Rowohlt-Lektor auf einer privaten Party im Rausch gefragt zu haben, ob er nach dem Selbstmord eines Kollegen und den trüb sich abzeichnenden allgemeinen Entwicklungen des Buchmarkt (war noch vor dem Erfolg mit Franzen) nun auch er "gefährdet" sei; und auch wegen der schrillen und für mich sehr schwulen Klamotten die ich an dem Abend trug.

35. Hoffnung oder Vertrauen?
Strebe keines von beiden an, sondern Wissen und Gleichmut (haha, ich Narr).

Der schönste Schlußsatz eines Buches

Eintrag No. 34 — Über Kumpel David wurde ich aufmerksam auf den Fragebogen ex Langeweile von Kollege DonDahlmann. Alle meine Antworten gibt es bald, aber hier ein Vorgeschmack, meine längste Antwort auf die Frage nach dem schönsten Schlußsatz eines Buches.

Nu denn...

Prinzipiell weiß ich lange Schlußformeln zu schätzen, doch das Der Demiurg ist ein Zwitter als Ende von »Die Andere Seite« bei Alfred Kubin drängelt sich immer wieder aufs höchste Treppchen meiner persönlichen Schlußsatzpokalverleihung. Aber es gäbe soviele Preise zu verleihen, ich will keine Zeit verliehren...

• Im Namen der Hessischen Drogenwohlfahrt spreche ich (posthum) Arthur Conan Doyle die Auszeichnung für sein bedröhntes Ausklingenlassen in »Das Zeichen der Vier« zu: »Mir«, erwiderte Sherlock »bleibt immer noch die Kokainflasche«, und er streckte seine lange, weiße Hand nach ihr aus.

• Die Spiralmusterplakette der Katholischen Psychonauten geht an Keith Gilbert Chesterton für »Der Mann der Donnerstag war«: Und in der Schwärze, die auf sein Bewußtsein herniedersank, vernahm er nur noch eine ferne Stimme, die einen abgedroschenen, schon irgendeinmal gehörten Satz vor sich hinsagte: »Können Sie aus der Tasse trinken, aus der ich trinke?«

• Für den Schlußsatz: Das ist ein Anfang. aus »Erledigt in Paris und London« von George Orwell, erwartet die Gesellschaft für Humanitäre Paradoxie eine Überweisung des Preisgeldes vom Konto der Orwell-Rechteinhaber auf das Konto der GHP in Höhe von nicht weniger als 10 Euro.

• Der Preis des Klassikerlesezirkels der Deutschen Pathologen für ›Leiche mit Pathos am Buchende‹, geht an Victor Hugo für »Der Glöckner von Notre-Dame«: Als man sein Gerippe von demjenigen trennen wollte, das er umschlang, zerfiel es in Staub.

• Für »Thank goodness!« said Bilbo laughing, and handed him the tobacco-jar. bekommt »The Hobbit« von J. R. R. Tolkien die Auszeichnung Besonders Wertvoll des Pädagogischen Verbandes Europäischer Tabakwarenhersteller.

• Neil Gaiman erhält die Goldene Nadel der Arkadischen Guerilla (Zelle Frankfurt) für: And they walked away, together through the hole in the wall, back into the darkness, leaving nothing behind them; not even the doorway. aus »Neverwhere«.

• Die Stiftung der Erbengemeinschaft Molosovsky vergibt den Amœnokratische-Zukunft-Preis an François Marie Arout aka. Voltaire für: »Wohl gesprochen«, erwiderte Candide, »nun aber müssen wir unseren Garten bestellen.« aus »Candide oder Der Glaube an die Beste aller Welten«.

• Den dritten Platz für ein feines weitschweifiges Ende ergatterte Baltasar Gracian für seinen Schlußsatz aus »Das Kritikon«: Was sie dort zu Gesichte bekamen, welche Genüsse sie dort erwarteten, wer das wissen und erfahren möchte, der gehe selbst Richtung Tugend und Vortrefflichkeit, Richtung Tapferkeit und Heldentum, und er wird am Ende zum Schauplatz der FAMA gelangen, zum Thron der Hochschätzung und mitten hinein ins immer währende Leben.

• Auf dem zweiten Platz für ein geiles weitschweifiges Ende gelangte Arno Ethymhansel Schmidt mit seinem »Gadir oder Erkenne dich selbst«: So schreibt Abdichiba, der Knecht der Knechte vor den großen Suffeten, ich schlage die Stufen Deines Stuhles mit meiner niedrigen Stirn, mein Rücken sei Dein Schemel; gebiete über mich und mein Haus, meine Weiber, meine Töchter und Sklavinnen, meine Söhne, meine Knechte, mein Vieh, mein Vermögen, gebiete über alles, o Liebling des Moloch, o Wonne der Gerechten, Du mein Herr! -

• Hans Pleschinski erhält für das Ende von »Pest und Moor« den ersten Preis. Da klammerte sich in Felljacken und Pelzen Alt und Jung, Groß und Klein, da rieb es sich gaßauf, gaßab, daß der weiße Atem aus den Mündern quoll, ungestüm waren die Bäckersfrauen an den Rücken der Waschweiber zugange, scheuerten die Winterjoppen der Stellmacher über die bunten Joppen der Färber, die Pelzbäuche der Augustiner über die Ärsche der Stadtwache, da blitzen die Funkengarben so wild durch die Luft, daß der Tod geblendet davon die Augen schloß und es durch seinen Schädel tönen hörte: »Los, alles enger zusammen, ja, reib dich feste! Feste!«

••••• {EDIT: Neu formatiert und dabei einige Schlampereien gemerzt.}

Donnerstag, 14. August 2003

Jetzt provok.antville Randnotizen

(Alltag) - Die gute Andrea hatte noch ein Antvilleblog in Reserve und es meinem Freund David überlassen. Weises über Musilk, Film und Kunst sowie das Leben an sich und auch nur so zum Lesen zwecks Spaß an der Freude: hier. Viel Spaß und ich wünsche David treue und reagierende Leser.

Mittwoch, 13. August 2003

Kleine lustige Zeichnung

(Grafimente) - Mit Andrea geblödelt, Idee, hingesetzt, gezeichnet und zufrieden. Lange nicht erlebt, ich selbstkritischer Niedermacher ich. Briefzustellen

Montag, 11. August 2003

Meine Avatare

Aus den neusten Stand gebracht am 05. Februar 2008.

(Eintrag No. 21; Wartung, Layout, Selbst-Ich) — Für dieses Herumtreiben in der deutschen Internetforenlandschaft habe ich meinen ersten Avatar gebastelt: der »Terminator 3«-Reaktiondiskussion bei SF-Fan.

Ein neuer, farbiger und authentischerer Avatar mußte irgendwann her. Außer dem Monsterauge also alles echt an diesem virtuellen Kopf.

Als ich mich dann (wann genau???) noch beim alten »Bibliotheka Phantastika«-Forum anmeldete, habe ich mittels einen Bildschirmschnappschnusses von »Die Stadt der verlohrenen Kinder« diesen Avatar gepfriemelt … ganz klein kann man meine Visage auf dem schwimmendem Hirn (hoffentlich) erkennen.

Für das Jahr 2007 bin ich dann mit diesem Konterfei durch die Foren geeiert. Noch leicht nervös nach oben schielend, ob nicht doch ein höheres Wesen mir gleich ‘ne Kopfnuss auf den Dötz gibt.

So. Und seit heute (siehe oben) bin ich mit diesem sehr ernsten Bildchen unterwegs. Wer täglich bloggt (oder sich das zumindest für ein — eben dieses — Jahr vornimmt), der meint es ernst. Also ich zumindest. Todernst. So ernst sogar, dass ich keine Kosten und Mühen gescheut habe, und in die Augen dieses Selbst-Ich (und alle seine kleineren Versionen in den verschiedenen Foren) die sauteure und future-fortschritlliche Spionage-Kameras a la ›Panopticon‹ (= ›Department of Ubiquious Intermittent Surveilliance‹) eingebaut habe. Man lese »Bad Monkeys« um zu erfahren, wovon ich fasle.

Molosovsky Avatar, Hut.
Samstag, 9. August 2003

Beiträge für Foren

(Gesellschaft) — Habe mich in den letzten Tagen bei zwei Foren herumgetrieben und Beiträge abgeschickt.

Gefreut habe ich mich, als ich auf den Debatten-Seiten der Die Zeit-Wochenzeitung das Thema "Gute und schlechte SF und Fantasy" gefunden habe. Dort (Beitrag No. 28) Grobes von mir zu Kriterien guter Fantasy und warum Phantastik in meinen Augen die höchste Kunstgattung darstellt, sowie eine wild druchmischte Fantasy-Empfehlungsliste.

Ein Filmkanon für die Schulen soll kommen und bei der Bundeszentrale für Politische Bildung wurde dazu eine Senfabgabestelle eingerichtet. Hier zu meinem Lob und Lamento dort.

Montag, 14. Juli 2003

Die Wehrmacht meldet sich

(Alltag) - Gerne gehe ich zur Mittagszeit der stahlschweren Sonnenstrahlen durch das backende Frankfurt/Griesheim, erledige meine Lebensmittelkäufe und Postgänge. Heute, auf der Alten Falterstraße, kommt mir ein Mobilphonemensch entgegen, der mich passierend zackig sich ins Sprechende meldet mit: "Oberkommando der Wehrmacht, Kreitel am Apparat."

Ich völlig baff bleib fast stehen, weil zwei Assosziationen gleichzeitig in meinem Hirn einschlagen: a) der Typ ist dienstlich zB als Elektriker unterwegs, und treibt mit seinem Zentrale-Kollegen seine Scherze, wie ich sie im Zivildienst mitbekommen habe, als Oberpfleger Käpt'n und das Pflegepersonalzimmer Brücke genannt wurden, oder b) neben Drogenschiebern, Menschenschmugglern, Saisonschwarzarbeitern und Islamisten nun eben auch Nazis in Griesheim ihr Sommerlager aufgeschlagen haben. Tatsächlich hat eine Spezialeinheit in Griesheim ja ernsthaft nach Osama bin Ladin gesucht, weil jemand meinte, ihn hier gesichtet zu haben. Wer Zivilbeamte beim auffälligen Unauffälligsein beobachten möchte, findet in Griesheim ideale Umweltbedingungen. Manchmal habe ich das Gefühl, in der Tichy-Reise von Lem herumzulaufen, in der sich lauter als Roboter verkleidete Spione gegenseitig beobachten.

Mittwoch, 9. Juli 2003

Was der Architekt sagt

Eintrag No. 28 — Die deutsche Synchro kenne ich nicht, aber Bekannte und Freunde versicherten mir, daß man ihr kaum folgen kann. Hier also mein Versuch einer eleganteren - wenn auch nicht lippenbewegungskongruenten — Eindeutschung des (Des?)Informationsschwalls vom Architekten in »Matrix Reloaded«. Ich freue mich über jeden Verbesserungsvorschlag.

Nebenbei: Das runde Monitorzimmer des Architekten kommt ganz kurz schon in »The Matrix« vor. Auf der DVD zu finden als Beginn des Kapitels ›Unable to speak‹, wenn wir von den vielen Monitoren aus drei Agenten (darunter Smith) beobachten, die Neo in ein Verhörzimmer bringen.

Ganz nebenbei: der den Architekten sehr fein darstellende Australier Helmut Bakaitis wurde 1944 in Lauban geboren, vor allem seine Stimme ist göttlich.

Architekt: Hallo, Neo.

Neo: Wer sind sie.

Architekt: Ich bin der Architekt. Ich erschuf die Matrix. Ich habe auf dich gewartet. Du hast viele Fragen und obwohl die bisherigen Ereignisse dich verändert haben, bleibst du doch unwiderruflich menschlich. Ergo wirst du einige meiner Antworten verstehen, andere nicht. Dementsprechend, während deine erste Frage am gebotensten erscheinen mag, begreifst du vielleicht (oder auch nicht), daß sie auch die irrelevanteste ist.

Neo: Warum bin ich hier?

Architekt: Dein Leben entspricht dem Rest einer nicht aufgelösten Gleichung, die der Programmierung der Matrix eigen ist. Du bist die Möglichkeit einer Anomalie, die ich trotz meiner ernsthaftesten Bemühungen nicht in der Lage war aus etwas, das ansonsten eine Harmonie mathematischer Präzision ist, zu eleminieren. Während sie weiterhin eine beharrlich vermiedene Belastung darstellt, tritt sie nicht unerwartet auf und entzieht sich damit nicht einer Kontrollmaßnahme. Was dich unerbittlich hierher geführt hat.

Neo: Sie haben meine Frage nicht beantwortet.

Architekt: Völlig richtig. Interessant. Das kam flotter als bei den anderen.

Bildschirm-Neos: Andere? Welche anderen? Wie viele? Antworte mir?

Architekt: Die Matrix ist älter als dir bekannt ist. Ich ziehe es vor, vom Auftreten einer innewohnenden Anomalie bis zum Auftreten der nächsten zu zählen, wonach dies hier die sechste Version ist.

Bildschirm-Neos: Fünf Versionen? Drei? Man hat mich belogen. Das ist Blödsinn.

Neo: Es gibt nur zwei mögliche Erklärungen: entweder hat es mir niemand gesagt, oder niemand weiß das.

Architekt: Genau. Wie du zweifellos begreifst, gehört die Anomalie zum System, verursacht Abweichungen sogar in den einfachsten Gleichungen.

Bildschirm-Neos: Du kannst mich nicht kontrollieren. Fick dich. Ich werde dich umbringen. Du kannst mich nicht alles tun zu lassen.

Neo: Wahl. Das Problem ist Wahl.

{Schnitt zu Trinity die gegen einen Agenten kämpft und zurück}

Architekt: Die erste Matrix die ich entwarf war von Natur aus ziemlich perfekt, ein Kunstwerk, makellos, großartig. Ein Triumph der nur mit ihrem monumentalen Scheitern vergleichbar war. Mittlerweile leuchtet mir die Unvermeidlichkeit ihres Untergangs ein, als Konsequenz der Unvollkommenheit die allen menschlichen Wesen eigen ist, deshalb gestaltete ich sie um, ausgehend von eurer Geschichte, um die wechselnden Ungeheuerlichkeiten eurer Natur genauer wiederzuspiegeln. Wie auch immer, ich wurde wieder durch Mißerfolg enttäuscht. Seitdem habe ich begriffen, daß sich mir die Lösung entzieht, da sie einen geringeren Verstand voraussetzt, oder womöglich einen Verstand, der sich weniger nach den Maßstäben der Vollkommenheit richtet. So stolperte jemand anders über die Lösung, ein intuitives Programm das ursprünglich geschaffen wurde, um bestimmte Aspekte der menschlichen Psyche zu erforschen. Wenn ich der Vater der Matrix bin, ist sie zweifelsohne seine Mutter.

Neo: Das Orakel.

Architekt: Ich bitte dich. Wie ich sagte, sie stolperte über eine Lösung, bei der 99,9 % aller Testpersonen das Programm annahmen, solange ihnen eine Wahl gelassen wurde, auch wenn sie diese Wahl lediglich auf einem fast unbewußten Niveau bemerkten. Obwohl diese Lösung funktionierte, war sie offensichtlich grundsätzlich fehlerhaft, da sie andererseits die innewohnende entgegenwirkende Anomalie schuf, die, falls nicht behandelt, das System selbst bedroht. Dementsprechend erzeugen unberücksichtigt jene, wenn auch eine Minderheit, die das Programm verweigern, eine eskalierende Wahrscheinlichkeit zur Katastrophe.

Neo: Das bezieht sich auf Zion.

Architekt: Du bist hier, weil Zion davor steht zerstört zu werden. Alle lebenden Einwohner werden terminiert, ihre ganze Existenz wird gelöscht.

Neo: Blödsinn.

Bildschirm-Neos: Blödsinn!

Architekt: Verweigerung ist die vorhersagbarste aller menschlichen Reaktionen. Jedoch, sei dessen gewiß, wird dies das sechste mal sein, daß wir sie {die Stadt Zion} zerstören, und wir sind äußerst tüchtig darin geworden.

{Schnitt zu Trinity die gegen einen Agenten kämpft und zurück}

Architekt: Die Aufgabe des Einen ist nun in die Quelle zurückzukehren, eine zeitweise Verbreitung des Codes den du trägst ermöglichend, das Hauptprogramm wiedereinführend. Danach ist es deine Pflicht 23 Individuen aus der Matrix auszuwählen, 16 Frauen, 7 Männer, um Zion wiederzuerrichten. Scheitern dieses Verfahren zu erfüllen, führt zu einem zerstörerischen Systemzusammenbruch der jeden an die Matrix Angeschlossenen tötet, was verbunden mit der Auslöschung von Zion letztendlich zum Aussterben der gesamten menschlichen Art führt.

Neo: Das werden sie nicht geschehen lassen, das können sie nicht. Sie brauchen menschliche Wesen um zu überleben.

Architekt: Es gibt Ebenen des Überlebens, die wir bereit sind zu akzeptieren. Wie auch immer, die relevante Frage ist, ob du bereit bist die Verantwortung für den Tod allen menschlichen Lebens auf dieser Welt zu tragen, oder nicht.

{Der Arichtekt schaltet Bilder von Menschen aus der ganzen Matrix mit seinem Kugelschreiber auf die Monitore}

Architekt: Deine Reaktionen zu beobachten ist interessant. Deine fünf Vorgänger wurden aufgrund ähnlicher Annahmen erschaffen, einer möglichen Affirmation, die dazu gedacht war eine tiefe Verbundenheit zum Rest deiner Art zu schaffen, um die Aufgabe des Einen zu erleichtern. Während die anderen diese Erfahrung sehr allgemein erlebten, ist deine Erfahrung um sehr vieles bestimmter. Vis-a-vis, Liebe.

{Schnitt zu Trinity die gegen einen Agenten kämpft und zurück}

Neo: Trinity.

Architekt: Übrigens, sie hat die Matrix betreten um dein Leben zu retten, um den Preis ihres eigenen Lebens.

Neo: Nein!

Architekt: Das führt uns schließlich zum Moment der Wahrheit, worin der grundsätzliche Makel sich letztendlich offenbart und zeigt, daß die Anomalie sowohl Anfang als auch Ende ist. Es gibt zwei Türen. Die Tür zu deiner Rechten führt zur Quelle und der Rettung von Zion. Die Tür zu deiner Linken führt zurück in die Matrix, zu ihr {Trinity} und zum Ende deiner Art. Wie du es angemessen ausgedrückt hast, das Problem ist Wahl. Aber wir wissen bereits, was du tun wirst, oder? Ich kann bereits die Kettenreaktion sehen, die chemischen Vorboten die das Auftreten von Emotionen signalisieren, eigens dafür geschaffen Logik und Vernunft zu überwältigen. Eine Emotion die dich bereits blind macht für die einfache und offensichtliche Wahrheit: sie wird sterben, und es gibt nichts was du dagegen unternehmen kannst.

{Neo geht zur linken Tür.}

Architekt: Grummelseufzt. Hoffnung, die vollkommenste menschliche Selbsttäuschung, sowohl die Quelle eurer größten Stärke, wie auch eurer größten Schwäche.

Neo: Wenn ich sie wäre, dann würde ich hoffen, daß wir uns nicht wiederbegegnen.

Architekt: Das werden wir nicht.

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Versäumen Sie nicht diese anderen Beisträge zur Matrix-Trilogie: • Material zum KapierenGedanken zu MATRIX

Samstag, 21. Juni 2003

Potter per Post

Eintrag No. 27 — Bin gespannt, ob ich hier in Frankfurt, Griesheim Harry Potter Band 5 heute per Post empfangen darf, oder ob ich noch bis Montag (Dienstag, bitte nicht) harren muß, bis ich Harry lesen kann. Amazon hat den Schinken auf jeden Fall irgendwann Donnerstag Nacht, Freitag Herrgottsfrüh verschickt.

Ganz nebenbei, mein Tipp, welche wichtige Figur sterben wird in »...Order of the Phoenix«: Hagrid oder Dumbledore. Das große Geheimnis von Harry ist ja, daß seine Mutter eine Voldemortanhängerin war, die ihren Sohn gegen ihren Meister verteidigte, als der Meister herausfand, daß nur einer seine Macht gefährden kann.

Genug dummes Geraune, sonst beginne ich womöglich noch irgendwann mal recht zu haben.

Sonntag, 2. März 2003

Coverzeichnungen (2)

Die Bilder waren einige Zeit verschollen. Gefunden im Archiv und neueingepflegt am 03. August 2007.

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Eintrag No. 26 — Neue Mix-CDs aufgenommen. Aber hallo, gab es da Proteste von Andrea, als ich bei der Zeichnung für Sphaerescapes innehielt, feststellte, daß ich die Möglichkeit in dieses abstrakte Landschaftsensemble überzeugend einen Hasen zu platzieren verpennt habe. Protest, und ich hätte mir halt nicht wirklich Mühe gegeben, hielt Andrea mir vor. Mit a bissi guten Willn wär da noch ein Platz gewesen, sagt sie.

Märzemir (ein Mix mit Susato, Nyman, Lisa Gerrard, Praetorius und Qntal)

Sphaerescapes (ein Klassikmix für Andrea mit aufwühlender Seelenruhe von Elgar, Holst, Vaughn-Williams, Scraibin, Schubert, Bruch und Mendelsohn durch kleine Kanonstudien von Bach voneinander getrennt).

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