molochronik

Molos Wochenrückblick No. 40

Eintrag No. 698 — Gibt wenige Berufsfelder, die ich so innig ver- und missachte wie die Werbewirtschaft. Wurde wieder mal daran erinnert, warum. Bin gestern von einem Trupp, die einen Werbespott für eine Fernost-Automarke drehen, übern Tisch und am Nasenring herumgezogen worden. Kommen zwei nette Menschen an, und fragen ganz lieb, ganz sanft, ganz harmlos, ob sie »ein paar Aufnahmen aus der und der Richtung da und da hin machen können, geht auch ganz schnell«. Geworden ist daraus das Aufbauen von Dollywagenschienen für eine Kran-Kamera, in Beschlag nehmen eines Innenhofes von 20 Metern Durchmesser mittels mehrerer großer Scheinwerfer und Lichtschirme, und gedreht wurden ganze Szenen mit mehreren Darstellern. — Moral: Traue niemals Leuten, die mit Geld wie Heu um sich werfen, und die sich eigenes Catering bestellen, wohin sie auch gehen.

David Foster Wallace: »Unendlicher Spass«, Taschenbuchausgabe.Lektüre: Habe immer noch meine Freude mit David Foster Wallace und seinem Roman »Unendlicher Spass«. So etwas wie eine Handlung ist zwar noch nicht in Sicht, höchstens zu ahnen. Von den ersten 20 Kapiteln stehen die meisten als kleine Vignetten für sich, einige andere bilden einen ersten Komplex um die Familie Incandenza. Es geht um Schüler einer elitären Tennis-Schule; um einen Kiffer, die nun aber wirklich zum allerletzten mal Tage durch-knartzen will; um eine Kifferin, die im Selbstmordtrackt einer Psychatrischen mit ihrem Arzt spricht; um einen Gesundheitsattache, der sich entspannen will beim Dauerglotzen eines ominösen Filmes namens »Unendlicher Spass«, und der dabei verhungert.

Netzfunde

(Deutschsprachige) Phantastik-Funde

  • Es ist wieder soweit! Auf den Websiten der Wiener Tageszeitung ›Der Standard‹ gibt es die neueste Science Fiction- & Fantasy-Rundschau: Der Lichtschein am Ende des Wurmlochs von Josefson. — Diesmal mit Rezensionen zu Büchern von James Tiptree Jr. (übersetzt von Frank Böhmert), L. E. Modesitt, Jr, George R. R. Martin, Daryl Gregory, Gavin Smith, Jetse de Vries, David Moody, Michael McBride, Walter Jon Williams, Christoph Lode, Rob Grant, Paolo Bacigalupi, sowie einer begrüßenswerten Polemik gegen Bequemlichkeit und Einerlei des Fantasy-Marktes, und einer Empfehlung von Scott Westerfelds & Keith Thompsons »Leviathan«
  • Holger M. Pohl zieht für ›Fantasyguide‹ in seiner neuesten Kolumne, Glashaus, über Kritiker her, die sich über Schlampigkeiten und Fehler von Büchern mokkieren, aber selbst mit Fehlern nicht sparen. Ich fühle mich ertappt, denn genau das mache ich ja auch zuweilen. Dazu zwei Hinweise: eine Fehlermeldung als solche büßt ihre Kraft ja nicht ein, wenn die Person, die den Fehler meldet, selbst zu Fehlern neigt; und vergessen wir nicht das ›Salieri-Syndrom‹, wenn man selbst nicht gerade mit überragendem Genie gesegnet ist, aber zumindest über soviel ›Können‹ verfügt, um hohe Güte, oder eben Makel zu erkennen. (Anmerk: Wem der Begriff ›Salieri-Syndrom‹ so gar nix sagt, möge sich den Film »Amadeus« von Milos Foreman ansehen.)
  • Nochmal Georg Seeßlen, der die meiner Meinung nach bisher lesenswerteste Rezension zu »Tron Legacy« geschrieben hat: Das elektronische Reenactment. Zwar begegnet er dem Film mit einer ziemlichen Milde, aber der leichte Spott gefällt mir.
  • Gefunden über das ›Lake Hermanstadt‹-Blog von Anubis: Daniel Zalewski hat für den ›New Yorker‹ ein ausführliches Portrait des mexikanischen Filmemachers und Erz-Phantasten Guillermo del Toro verfasst: Show the Monster.
  • Dank (!!!) an Stephan Johach, der mir mitteilte, dass ›Locus Online‹ auf diesen langen und guten Text des ›Guardian‹ hinwies: When Hari Kunzru met Michael Moorcock.
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Zuckerl

  • Diesen Link widmte ich dem Empfindungspiraten, denn ich musste bei diesem betrunkenem Oktopus von ›Boing Boing‹ an seine »ich kann nicht, wenn einer guckt«-Reihe denken.
  • Ein kurzweiliges Handels-Spiel für Zwischendurch bei ›Newgrounds‹: Wer wollte nicht immer schon mal Opium billig in Bengalien kaufen, teuer in China verscherbeln, dafür billig Tee in China kaufen und damit die Engländer der viktorianischen Epoche glücklich machen? Bitteschön, dann versucht es mit High Tea, einem wunderschönen kleinen Handels-Spiel von ›Preloaded London‹.
  • Da ich heute schon meine Verachtung für Werbung im Allgemeinen zum Ausdruck bracht, hier zum Ausgleich ein mir wirklich sehr gut gefallener Werbeclip, im Grunde die Verfilmung eines bekanntes Witzes. Weiß nicht mehr, wie ich auf diesen Werbeclip mit schönem Bücherei-Humor gestoßen bin: Schönheit ohne Hirn.
  • Hier drei Links, zu Bildern meines derzeit im Wachsen befindlichen Ordners mit Naturmotiven für den Bildschirm: Manarola, Italy, Eyjafjallajökull Volcano, Iceland, Autumn Leaves, Japan, alle drei bei ›National Geographic‹. Dummerweise finde ich die Links zu drei anderen schönen Photos (Erdmännchen, Kolibri und Ende) nicht mehr.
  • Bei ›Clockworker‹ über Warum Menschen Dinge erschaffen gestolpert, einem Zeichentrick-Kurzfilm von Saul Bass aus dem Jahre 1969.
  • Endlich! Kirby Ferguson setzt seine Dokumentation fort: Everything is a Remix Part 2, glänzende Erläuterung des ständigen Kopierens & Neukombinierens & Verfremdens von Bekannten anhand von »Star Wars«. Wer’s noch nicht wusste: George Lucas ist ein wilder Sample-Künstler.

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Wochenrückblick No. 35

Eintrag No. 688 — Das neue Jahr beginnt damit, dass ich den Schnupfen habe. Ich sag ›den Schnupfen‹, denn ich habe immer den selben, also triefende Nase und trockenen Hustenhals.

Gestern in der Arbeit an einer Kommunikationsschulung teilgenommen. Wie immer finde ich solche Lehreinheiten unterhaltsam, wenn es um solche Dinge wie das Eisberg- und das Vier-Ohren-Modell geht. Beim Rollenspiel fällt mir wie immer auf, dass man da seltsamerweise nervöser ist, als in tatsächlichen Situationen. Als Sicherheitsmitarbeiter in einer großen renommierten Kunsthalle haben meine Kollegen und ich natürlich viel Kontakt, noch dazu mit einer großen Vielfalt verschiedenster Milieus: Kunst-Besucher aller Art (Alte & Junge, Familien & Hedonisten, konservative Kulturbürger & mitgeschleppte ›Prolls‹, Einheimische, Durchreisende auf Suche nach Abwechslung und Touristen aus aller Herren Länder); Studenten-, Schul- & Kinertagesstätten-Gruppen; hinzu kommt der Mikrokosmos aus dem Haus selbst, also studierte Kunstgeschichtler, Presse-, Marketing- Technik-, Organisations- & Verwaltungsleute; plus das verschiedenste externe Boten-, Handwerker-, Auf- & Abbau-, Dienstleister- & Reinigungs-Personal, sowie alle möglichen ›Exoten‹, die bei uns durch müssen um ihr Ding zu erledigen (z.B. Leute vom Umwelt- oder Vermessungsamt, die zu ihren bei uns zugänglichen Kontroll-Geräten & -Punkten müssen); und zuletzt natürlich die Wild Cards, also Kiffer, Alkies, Obdachlose die sich im und um’s Haus rumtreiben & ›Spinner‹, die ihre paranoide Propaganda unter die Leute bringen wollen. Und was am Telefon abgeht, will ich hier gar nicht en Detail aufzählen (immer eine spaßige Herausvorderung z.B. mit Anrufern aus der Ferne, die kaum Englisch können, zu sprechen). — Wiegesagt seltsam, dass es mich keineswegs nervös macht, mit all diesen Menschen professionell, sachlich und verständnisvoll umzugehen, wenn die mal Hilfe brauchen oder Schwierigkeiten machen, aber wenn ich dann im Rollenspiel einen Galeriebesucher darstellen soll, der in der Ausstellung telefoniert und sich wirsch verhält als er gebeten wird, mit seinem MobTel die Ausstellung zu verlassen, überwältigt mich peinliche Nervösität und Aufgeregtheit.

Lektüre: Habe zwei Bücher angefangen. Zum einen den ersten SF-Roman von Jakob Arjourni »Chez Max«, der im Paris des Jahres 2064 spielt und weiterspinnt, wie sich der seit IX.XI entfachte Anti-Terror-Überwachungswahn vielleicht entwickeln könnte. Arjourni verehre ich ja für seine in Frankfurt angesiedelten Kayankaya-Krimis und ich staune, wie makellos und scheinbar einfach seine Prosa ist. — Das andere angelesene Buch ist mein erster Roman von Haruki Murakami: »Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt«. Obwohl ich 5 von 40 Kapiteln hinter mir habe, bin ich noch etwas ratlos, wenn auch nicht uninteressiert. Zwei verschiedene namenlose Ich-Erzähler in zwei verschiedenen Welten interagieren mit namenlosen Figuren. Viel Gedankentext, wenig Handlung. Mal schauen, ob ich mich dem vielfachen Lob für Murakami anschließen kann. Bisher bin ich etwas unterbeindruckt.

Netzfunde

  • In Sachen Medien hat sich einiges getan. Zum Beispiel hat Mario Sixtus für ›Carta‹ einen zurecht zornigen offenen Brief an die Leistungsschutz-Anstreber geschrieben: Verlegerforderung Leistungsschutzrecht: Ja, habt ihr denn überhaupt keinen Stolz? Ein wunderbarer Vergleich illustriert knapp den Irrsinn:
    Google spült euch {= Internet-Auftritten der Zeitungen} die Hälfte eurer Besucher auf die Seiten und jetzt sollen sie dafür bezahlen? Das ist in etwa so, als würde ein Restaurantbesitzer Geld von den Taxifahrern verlangen, die ihnen Gäste bringen.
  • Richtiggehend monströs und unheimlich ist die rückwärtsgewandte Beton-Mentalität, welche die neue ARD-Vorsitze Monika Piel in einem Interview mit dem ›Tagesspiegel‹ offenbart: »Die ARD steht für eine Allianz gegen Google bereit«. Unter anderem lässt sie folgenden entsetzlichen Satz vom Stapel:
    Den Geburtsfehler des Internets - kostenlose Inhalte - zu beseitigen ist aber schwierig und langwierig.
    Ich kann ja verstehen, dass der Strukturwandel, den das Internet mit sich bringt, eine Herausforderungen für jene Anstalten ist, die ihre Formatierung vor diesem Wandel erfahren haben und dass Menschen wie Frau Piel viel Verantworung und Probleme zu jounglieren haben. Aber einfach mal so lapidar alle Personen, die Inhalte (womöglich sogar qualitativ gute Inhalte) einfach umsonst ins Netz stellen als Teil eines Geburtsfehlers zu bezeichnen, ist mehr als nur ein starkes Stück Polemik. — Entsprechend notwendige Replik hat Marcel Weiss für ›Neunetz‹ geschrieben (und umsonst ins Netz gestellt!): Wirre Aussagen zum Medienwandel von der neuen ARD-Vorsitzenden.

(Deutschsprachige) Phantastik-Funde

  • Folgendes ist eigentlich keine Phantastik, aber da Thomas Plischke ein Phantast ist, bringe ich die Meldung in dieser Rubrik: Thomas hat das »Vater Unser« auf das Internet umgedichtet. Ich bin zwar mit dem ›Amen‹ nicht ganz glücklich, aber der Rest ist so superb, dass ich ihn zur Gänze zitiere:
    Netz unser, das du bist im Äther, gepriesen werde dein Name.

    Lass durch dich Unseren Willen geschehen, online wie offline.

    Unsre täglich Info gib uns heute, und vergib uns unsere Flames, wie auch wir vergeben unseren Flamern.

    Und führe uns nicht nur zu Pornos, sondern erlöse uns aus unserer Ohnmacht.

    Assange.

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Molos Wochenrückblick No. 27

Eintrag No. 671 — Letzten Donnerstag auf dem Heimweg nach der Arbeit. Fast 23:00 Uhr, finster, sehr kühl, leichter Nebel. Dreihundert Meter von meinem Heim entfernt kommt mir eine rot-weiße Katze auf dem Bürgersteig entgegen. Sie will mir & ich ihr ausweichen, und so versperren wir uns gegenseitig den Weg. Noch zwei Mal machen wir Ausweichmanöver und blockieren uns. Dann bleibe ich schließlich stehen, mache einen Schritt zur Seite. Die Katze guckt mich an, nickt und geht an mir vorbei. — Soll noch mal einer behaupten, wir Menschen wären was Besonderes.

Lektüre: Ausgesprochen große Freude mit Joe R. Lansdales »Kahlschlag« (habe hier berichtet, warum ich den Roman im Hause habe).

Schuber-Cover der gesetzten Ausgabe von »Zettel’s Traum«; 2010 bei Arno Schmidt Stiftung / Suhrkamp.Im Zuge meiner Lektüre von Arno Schmidts »Zettel’s Traum« (= ZT) habe ich mich zu einem Kommentar in dem ›Schauerfeld‹-Blog verleiten lassen. — (Habe den Kommentar zum ersten Lektürebericht zu ZT ausgebaut.) — Derweil sei noch mal vermeldet, dass ich die beiden Lese-Blogs zu diesem Riesenwerk, ›Schauerfeld‹ und ›Zettel’s Traum lesen‹, aufmerksam verfolge. —— Ach ja, beim Suhrkamp-Verlag gibt es einen feinen einführenden Text von Susanne Fischer als PDF. —— Schließlich möchte ich noch auf die informative (und stellenweise amüsanten Einblick in das Schmidt-Leser-Biotop gewährende) Rezension von Jan Süsselbeck für ›Literaturkritik.de‹ hinweisen: Still he’s rowling along. Obwohl … entweder bin ich ein totaler Freak, oder Herr Süsselbeck liegt etwas daneben. Er schreibt z.B., dass »niemand ZT einfasch so liest« und ich tue genau das, auch wenn ich wahrscheinlich Monate dafür brauchen werde. Und wenn Süsselbeck, sich auf einen spontanen Ausspruch Peter Kurzecks berufend & diesem recht gebend, meint, dass »{d}ie meisten Leute Arno Schmidt aus {den} falschen Gründen {lesen}«, dann wüsste ich natürlich gerne, was a) diese falschen Gründe sind und wie b) denn richtigere Gründe für AS-Lektüren aussehen. Das wird leider nicht ganz klar. Trotzdem: gute Rezi.

Netzfunde

  • Für ›Der Freitag‹ schrieb Michael Jäger einen Artikel über die große Problematik, wie man von der unseligen Knechtung der Menschen durch das Auto wegkommen könnte: Der halbierte Bürgersteig.
  • Eine weitere Folge aus der begrüßenswerten Stilkunde-Reihe von ›Stilstand‹-Blogger Klaus Jarchow: Lob des Monotonen, diesmal anhand von Charles Dickens veranschaulicht.
  • Mit der jetzigen rot-gelben Regierung tritt der Mißstand des Entscheidens ohne Mitsprsche derer, die damit leben müssen / sollen wieder merklich gehäuft zu Tage. Da ist es gut, dass Max Steinbeis für ›Carta‹ mal Zehn Thesen zum Problem intransparenter Gesetzgebung zusammengestellt hat.
  • Ach ja: es gibt jetzt eine Wiki-Beobachtungs-Seite und ein dazugehöriges Wiki Watch-Blog. Die Dominanz der ›löschgeilen‹ Admins in der deutschen Wikipedia halte ich für eine der traurigeren Entwicklungen des deutschsprachigen Internets. Ich selber mache im deutschen Wiki nur noch Kleinigkeiten (wie Biographien ergänzen).

(Deutschsprachige) Phantastik-Funde

  • Dank des Hinweises von Molochronik-Leser Niklas kann ich hier einen Link zu einem langen (ausnahmsweise englischsprachigen) Interview mit Franz Rottensteiner anbieten, mit dem das englischsprachige Blog ›A Journey Around My Skull‹ gesprochen hat: View From Another Shore. Über Rottensteiner mag man (andere) sich streiten können, aber ich schätze den Mann sehr und bin der Meinung, dass der Niedergang von Suhrkamp schon mit der Einstellung der von Franz herausgegebenen Phantastischen Taschenbuch-Reihe des Verlages begonnen hat. — Sehr fein finde ich, dass das Interview auch einige Graphiken aus Herrn Rottensteiners Sammlung zeigt.
  • Bandit berichtet für ›PhantaNews‹ ausführlich über die TV-Verfilmung der exzellenten Comics »The Walking Dead« (deren ersten superdicken Sammelband ich vor einiger Zeit verköstigt habe und meisterlich finde): »The Walkind Dead« – seziert und gespoilert.
  • Ganz besonders habe ich mich über diesen Fund bei ›Steampunk-Welten‹ gefreut. Anlässlich des Carl Sagan Tages am 6. November hat Matthias eine Würdigung über diesen großen Wissensvermittler geschrieben. Etwas älter, aber auch einen Klick wert, ist dieser Eintrag im selben Blog zu einer meiner Allzeit-Favoriten-Serien: Carl Sagans »Cosmos«.
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Zuckerl

  • So kann Musikkenntnis vermittelt werden, wenn man mit dem Internet Sinnvolles anstellt: A Symphonic Revolution – Ludwig van Beethoven: 'Eroica', erstellt für die San Francisco Symphoniker.
  • Bei ›Unreality‹ gibt es ein saukomisches Filmchen darüber, wie es aussähe, sich ein Erdnussbutterbrot mit Marmelade zu machen, wenn das ganze ein Quicktime-Boss-Kampf in einem Hacken & Schnezeln-Spiel wäre: Kratos Makes a Peanut Butter and Jelly Sandwich (zur Info: Kratos ist die Spielerfigur der »Gods of War«-Reihe).
  • Atemberaubend finde ich diese lustig-unheimlichen Zeichnung von Abner Dean aus seinem 1947 erschienenen Band: What Am I Doing Here?. Überraschend, wie zeitlos diese Witzebildchen sind, und wie erstaunlich freizügig sie für die damalige Zeit anmuten.
  • Alexander Lehmann hat wieder einen seiner wunderbaren Filmchen ins Netz gestellt. Diesmal zu einem Thema, wo uns ja allen die Halsadern anschwellen, dem verfluchten Politikmachen durch Geld und Vitamin-B: Lobbyismus für Dummies.

x3: Lobbyismus für Dummies from alexanderlehmann on Vimeo.

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Hamburg: ›Gesellschaft für Fantastikforschung‹, Eröffnung

Eintrag No. 657 — Schnell und dreckig hier meine heute im Laufe des Tages schnell zusammengetippen Eindrücke und Ratz-Fatz-Protokolle des ersten Tages des Gründungskongresses der ›Gesellschaft für Fantastikforschung‹.

Donnerstag, 30. Sept. 2010 — 07:58 Nun im Zug von Frankfurt nach Hamburg. Leichtes Unwohlsein bei der Anfahrt, was mir schon lange nicht mehr passiert ist. Merke, dass ich anders als ich es mir selbst eingeredet habe, ziemlich nervös vor Aufregung und Vorfreude bin. Die Sonne ist bereits aufgegangen, verbrigt sich aber hinter einem die Gesamtheit des Firmamentes verhüllenden zart-grauen Wolkenparavent, ja, einzelne Nebelbänke reichen herab bis auf den Grund, so dass mein Blick aus dem Zug keines Landschaftspanoramas, sondern nur einzelner Fragmente aus Bäumen, Feldern und vereinzelten Häusern ansichtig wird, ganz so, als auf Papierfetzen gezeichnete Skizzen an mir vorbeizögen. Keine zwanzig Minuten, und meine Übelkeit ist verflogen und meine alte Liebe für Eisenbahnfahrten erfüllt mich. — Verpflegung: das Cola von Red Bull und »Quicksilver« von Neal Stephenson als englisches Hörbuch.

›Cappuccino‹, Grindelallee — 14:46 Nach meiner Ankunft im A&O-Hostel (empfehlenswert, gleich beim Hauptbahnhof) erstmal das gemacht, was ich am liebsten in einer fremden Stadt mache: mich verlaufen. Also drei Stunden grob nach Gefühl nördlich durch Hamburg gelatscht; den Rathausplatz passiert; an den Verlagshäusern von ›Der Spiegel‹, ›Die Zeit‹ (Grusel! gleich gegenüber: Scientology) sowie ›Gruner + Jahr‹ vorbei. Letzteres hat mich sogar architektonisch beeindruckt. Die Wege, welche ich instinktiv einschlagen wollte, waren alle mit Baustellen verrammelt, und so wäre ich fast in Richtung Hafenstadt abgeirrt, konnte mich aber dann nach Konsultation des Sonnenstandes neu orientieren, fand so zum Hanseturm, den Messehallen und schließlich zur Grindelallee. War natürlich (Aberglaube Aberglaube – ganz Sternzeichen Widder) eine halbe Stunde zu früh vor Ort, habe den Kongressort besichtigt, dem netten Herrn Organisator Schmeink die Hand geschüttelt und tanke nun erstmal eine Runde heiße Schoko, Fritz Cola und Internet, und markiere mir im Kongressprogramm die Vorträge, die mich interessieren.

Hörsaal GfF — 16:22 Endlich Simon Spiegel in Persona getroffen und dann Anmeldung erledigt. Gigantisches Zuckerl im Kongress-Sackerl: Band 1 der Strugatzki-Werksausgabe von Heyne. Nun auch Frank Weinreich lebendfrisch die Hand geschüttelt (Frank gegenüber plagt mich ja ein schlechtes Gewissen, weil ich in seinem Blog meist nur besserwisserische Widerspruch-Kommentare platziere; aber ich schätze seine Texte sehr). Vorrede Lars Schmeink: Sehr angenehm sein Gebrauch der Expeditions-Metapher. GfF soll Basis-Camp sein. Das überraschend große Interesse lässt die Hoffnung zu, dass aus der deutschsprachigen Gesellschaft in naher Zukunft eine europäische wird. Fein auch sein Ansatz, den ›Fantastik‹-Begriff weit abzustecken, damit all die verschiedenen Einzelunternehmungen berücksichtigt werden. Klare Unterscheidungen zu finden ist ein Ziel.

Diskussion: »Researching the Fantastic in the 21st Century«

Gunzenhäuser: Fantastik hat bemerkenswerte Präsenz ist auf dem Feld der Computerspiele (aber auch TV und Kino). Vor allem Spiele: Raum und Performanz wichtig. Ruthner: Außenseiterthema in den 90ern (Wendelin Schmidt-Dengler empfahl, dem CV auch ernste Themen hinzuzufügen). Spezialgebiet Vampire, in letzter Zeit aber Entwicklungen (»Twillight«) die ihn zuwider sind. — Sieht 2 Strömungen der Fantatstik-Forschung: 1) Rhetorisch = linguistisch & strukturalistisch, nach Todorov; / 2) ›Liminality‹ (ist wohl DAS neue Modewort in der akademischen Beschäftigung mit Fantastik … zumindest mir neu. Hab auch erst mal Wiki konsultieren müssen. Verlinkt habe ich den deutschen Eintrag, aber der englische ist, wie so oft, ergiebiger.).

Tomkowiak: Ebenfalls Außenseitererfahrungen im akademischen Betrieb (›Fantastik ist zu populär‹). Oft toter Punkt in Artikeln und Diskussion, wenn bestimmt werden sollte, was Fantastik ›genau‹ ist. Beschäftigung mit Paul Albrecht Müller (Nazi-Superhelden) erhellte, dass Fantastik viel mit Realität und Ideologie zu tun hat. Fantastik oftmals genutzt um Wissenschaftsprobleme z.B. der Unsterblichkeitsforschung zu veranschaulichen. Nun Forschung fantastischer Kinderliteratur & Filme.

Coelsch-Foisner: Wie die Fantastik-Phänomene und -Strategien mit Wirklichkeit interagieren und sie unterbricht. Körperlichkeit, Metamorphosen, Transformationen und Korrespondenz in Wissenschaft und Gesellschaft. — Besonderes Interesse an Fantastik-Entwicklungen nach Fall der Mauer; Fantastik und Erinnerungsorte! ›Fantastik-Effekt‹ der deformierten Füße von chinenischen Lotos-Damen. — Freut sich auf Kollaboration. Fantastik wirkt auf Alltagsleben ein.

Was ist neu auf dem Feld der Fantastik-Forschung im 21. Jahrhundert?

R: Großer Korpus gegenwärtiger Kunst, die fantastisch ist.

C-F: Erstaunt, dass sich niemand mit Fantastik in der Werbung beschäftigt! YES!!! — Identitäts-Konstrukte und Überschreitung von Grenzen.

G: Generationsfrage; junge Leute begeistern sich. Werkzeugkasten um über das Neue nachzudenken, sich ihm anzunähern.

Welche institutionellen Rahmenbedingungen für Fantastik-Forschung sind erwünscht?

R: Nationalliteratur-Foschung erscheint ihm Schrebergartenhaft GENAU!. Kollaps der Geisteswissenschaften im anglo-amerikan. sorgt dafür, dass Leute aus unterschiedlichen Disziplinen nun miteinander reden. — Fantastik wurde zum Mainstream (deshalb seine Nostalgie).

C-F: Literatur zu einer Rückkehr verhelfen, Fantastik reizvoll für junge Leute. Natürwissenschaftler-Kongress zeigt deren Interesse an Fantastik.

T (zu R): Wegen Nostalgie-Klage. Unterscheidung U- und E-Kultur sollte aufgegeben werden. In der Schule muss man mit Mainstream anfangen, um die jungen Leute abzuholen.

R: Fühlt sich missverstanden. Meinte Kulturindustrie, die ›Verkindergartung‹ der Fantastik geht von ihr aus. Börsenhandel der ganzer Länder verwüstet; was könnte ›fantastischer‹ sein?

Auditorium-Fragen

Frage nach nicht-fiktionaler Fantastik; 1) Wie ist das Verhältnis von Fiktion und Fantastik? / 2) Verhältnis europäischer und amerikanischer Fantastik-Forschung?

R: Zu 1): Kulturwende, alles ist konstruiert, alles fiktionalisiert. Fantastik ist Sonderfall der Fiktion. Wirtschaftstheorie ist ebenso Fantastik wie Asimov oder Tolkien.

C-F: Zu 1): Wie Museen Geschichte vermitteln. Zieht ›Narration‹ den Begriff ›Fiktion‹ vor. / Zu 2): Großes Interesse der USA an Osteuropa.

Geld war immer schon Fiktion, wir behandeln als aber als etwas Wirkichliches. Das Fantastische ist nicht mehr so fantastisch. Also: Ändert sich nicht etwas an der Funktionsweise, wenn etwas ehemals Marginalisiertes nun hochpopulär wird?

C-F: Fantastik ändert sich dauernd und überschreitet sich selbst.

Grenzüberschreitung. Wegen Sprache: Europa viele Sprachen, in Spanien lebendige Entwicklung; wird Englisch hegemoniale Sprache der Fantastik-Foschung und der GfF?

Schmeink: GfF beginnt als deutschsprachig, auf europäischer Ebene ist Englisch aber Austauschsprache. Schönes Ziel wäre, mehr verschiedene europäische Texte ins Englische und Deutsche zu übersetzen.

Kapitalistische Wirtschaftstheorie wie Märchen: ›keiner‹ denkt, dass sie wahr ist, aber man glaubt willentlich daran, weil man es für das Bestmögliche hält.

T: Beispiel Dan Brown, Leser beginnen dessen Verschwörungsgeschichte zu glauben. Kräfte die gegen die Menschheit vorgehen … da trifft sich die Börse mit der Fantastik.

R: Siehe großer Aufschwung der Fantastik in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg. — Fantastik als Facette der Andersartigkeit; Identität, Spiegelbild und Projektion. Vorschlag des Studienfelds ›Kultur-Teratologie‹ (= etwa: ›Kulturelle Monsterkunde‹).

Was ist pragmatischer Zusammenhang zwischen Geldern für Fantastik-Forschung und deren Beliebheit?

G: Fantastik immer noch nicht allzu akzeptiert im akademischen Bereich, trotz deren Beliebheit.

R: ›Gentrifizierung‹ der Fantastik an Unis. Fantastik-Forschung nur die nächste Modewelle, hat er so nicht erwartet.

C-F: Hat Erfahrung gemacht, dass sich viele Leute aus verschiedenen Fachbereiche für Fantastik interessieren. (Salzburgs Life-Science-Direktor ist SF-Fan — Hört Hört!). Fantastik kann zu vielen Forschungsfeldern Beitrag leisten: z.B. Trauma-, Kriegs-, Propaganda-Studien. Fantastik wurde da noch nicht hinreichend gewürdigt! YES

(Trommelwirbel) Deutsche Frage: Englisch = Einbahnstraße. Begriff des Fantastik so weit, spielt schon ins Spiritistische. Sieht wenig Zusammenhang mit Film & Literatur. Sind mehr Mythen des Alltags. Wo ist der Anschluss an Literatur?

C-F: Siehe Fandom und Fan-Fiction, also Literatur spielt durchaus eine große Rolle bei Fantastik-Forschung.

Findet problematisch, dass Fantastik-Begriff der GfF sehr weit ist. Was ist Unterschied zu Mythos?

G: Deshalb fasziniert sie Fantastik, sie kehrt stets wieder, ändert sich, hat eben auch mythische Qualität.

Fantastik-Aufschwung durch neue Technologien gefördert?

G: Neue Medien vermischen verschiedene Kulturen. ›Neue Fantastik‹ hat mit diesen neuen Technologien zu tun (Computer, Filme).

C-F: Technologie beeinflusst Fantastik und vice versa.

R: Fantastik ist Schatten der Moderne.

70er- und 80er-Jahre wurde Fantastik niedergemacht von der Ideologiekritik.

R: Verstehe. Gustavson: »F. = reaktionär«, schon klar. Gibt aber auch z.B. feministischen Einsatz für die Fantastik.

G: Viele Beispiele für Fantastik, die von politischen Bewegungen genutzt wird, natürlich verschiedene Anwendungen möglich.

Frage nach der Fantastik und Phantastik.-Unterscheidung. ETA Hoffman = PH und »Twillight« = F, und wie kann ein Werk (z.B. »Harry Potter«) vom einem zum anderen werden? Bestimmte Fantastik tut sich schwer, ernsthaft besprochen zu werden, andere hatte diese Probleme nie?

C-F: Das war nie so klar. Blickwinkel ändern sich. Mary Shelly-W. war in den 70 die Frau von Shelly… nun ist es umgekehrt. Hängt von Klassifizierung ab.

Verlegerfrage: Anteil von fantastischen Werken war nie so groß wie heute. Früher war Fantastik subversiver, gegen den Massengeschmack gerichtet.

R: Vielleicht ähnlich wie ›Pornofizierung‹ der Gesellschaft, nun eine ›Fantastikisierung‹ der Gesellschaft?

C-F: Dramatische Veränderungen in Gesellschaft. Einige fantastische Schreibweisen beschäftigen sich genau damit, wie man mit großen Veränderungen umgeht, fertig wird.

Ausklang: Foyerumtrunk und Häppchenmampfen zusammen mit Simon, Jörg Hartmann und Melanie Knaup. Anschließendes Geplausche in einem Eiscafe mit Simon und Melanie (die tapfer uns Labermännchen ertragen und Paroli geboten hat). — Auf dem Weg ins Hostel noch mal für eine Stunde in St. Georg verlaufen. Leicht gruselig die Prostituierten und ein Typ, der mir erklärt, dass er sich in meinem Windschatten, genauer, vor mir herlaufend mit mir als Sichtschutz, den Blicken irgendwelcher ihm Übel wollender Menschen entziehen muss. Ich tue so, als ob ich kein Deutsch verstehe: »I don’t understand a word you say … Suite yourself … Take care.« — 00:20 Richtung Bett.

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Molos Wochenrückblick No. 18 (inkl. Molo gibt Bücher weg)

Eintrag No. 650 — Mache eine Phase von Spätsommer-Müdigkeit durch.

Spazieren gewesen, was ich bei leichtem Regen, kühl-milden Temperaturen sehr gerne tue. Einmal den Frankfurter Grüngürtel entlang, mit einer Zwischenstation bei meinem Comicdealer des Vertrauens, um mir den ersten Sammelband von »Preacher« auf Englisch zu holen.

Meldung: Ich will einen Haufen Sachen loswerden, unter anderem Einzelheft-Comics. Hier also schon mal verkündet: wer »Preacher komplett als Einzelheft haben will, soll sich melden und einen Tauschvorschlag machen (siehe z.B. Amazon-Wunschliste; zumindest die Porto-Kosten sollten wieder reinkommen; und ich lege keinen Wert Tauschobjekte zum vollen Neuwarenpreis). Ich habe keinen Bock mehr auf diese Art der Comic-Aufbewahrung, sondern werde mir die Trades anschaffen. »Preacher« ist eine abgeschlossene Geschichte und umfasst 66 Hefte, sowie einige Specials. — Ebenfalls loswerden will meine Einzelthefte von »Transmetropolitan«, von denen ich allerdings nur Heft 1 bis 48 der insgesammt 60 Hefte bieten kann.

Ebenfalls abzugeben habe ich einen kompletten deutschen »Der Drachebeinthron« von Tad Williams als Fischer Taschebuch (mit handschriftlichen Inhaltsverzeichnis) sowie einen kompletten englischen »The Dark Tower« von Stephen King als Taschenbuch.EDIT-AKTUALISIERUNG 11. Sept. 2010: »Drachenbeinthron« und »Dark Tower« sind vergeben.

Film: Habe mir die Filmklassiker »Luftschlacht um England« (kenne ich noch nicht) und »Gesprengte Ketten« (kennen ich, aber lang nicht mehr, und noch nie im Original gesehen) besorgt.

Auf DVD gesehen habe ich mittlerweile: »The Book of Eli«: Ganz nett anzuschauen, etwas langsam und fad und am am Ende mir deutlich zu christlich-wunderlich; ca. 6 von 10 Punkten (= Plus 1). »Daybreakers«: Es macht Spaß Darsteller wie Sam Neill, William Defoe und Ethan Hawke in so einem SF-Vampir-Flick zu sehen, leider ist der Streifen aber zeimlich doof; ca. 4 bis 5 von 10 Punkten (= Minus 1 oder 2). »Pandorum«: Besser als ich erwartet habe; ein feiner SF-Thriller zum Thema Generations-Schiff; ca. 7 von 10 Punkten (= 2 Plus).

NETZFUNDE

  • Über das von Neal Stephenson geleitete Gruppen-Schreibprojekt »The Mongoliad« habe ich bereits in Wochenrückblick 3 berichtet. Nun gibt es erste Inhalte. Ob ich ein Abo nehme, weiß ich noch nicht. Bisher sieht die Sache ganz reizvoll aus.
  • Cheryl Morgan hat ein neues Webzine gegründet, und in der ersten Ausgabe von ›Salon Futura‹ gibt es ein interessantes Interview mit China Miéville. Miéville erzählt unter anderem aufschlussreich über seine Schreibarbeit, z.B. wie er es anstellt, zwei sehr unterschiedliche Bücher wie »The City and the City« und »Kraken« nebeneinander her zu schreiben.
  • Zum zweiten Mal bietet die Schirn Kunsthalle Frankfurt eine ungewöhnliche Reihe von 20 Aktionen in 20 Tagen unter dem Titel »Playing The City«. Es geht los am 8. September und ich empfehle allen, die sich für moderne Aktions-Kunst interessieren und Frankfurt besuchen können, vorbeizuschauen. Die Grundidee von PTC dreht sich um die Problematik (und zeigt entsprechende Angebote), wie Kunst in den öffentlichen Raum und in gesellschaftliche Prozesse eingreifen kann. Entsprechend wird es ›Guerilla‹-Aktionen geben, die auf den ersten Blick nicht als ›Kunst‹ zu erkennen sind, die Irritation provozieren und damit ein Appell sein sollen, aus dem Alltagstrott herauszutreten und die Wirklichkeit neu zu sehen, auch um sie besser zu gestalten.

(Deutschsprachige) PHANTASTIK-FUNDE

  • Letzte Woche habe ich auf eine englische Konfektsammlung mit SF-Genre-Definitionen hingewiesen. Darauf hin bekam ich einen netten Hinweis von SF-Netzwerk-Haberer t.sebesta, der auf seiner Website eine umfassende deutschsprachige SF-Definitions-Sammlung bietet. Vielen Dank für den Tipp!
  • Oliver Kotowski von ›Fantasyguide‹ beeindruckt mich wieder einmal. Für die Homepage von ›Fantasyguide‹ hat er eine Rezension zu Hal Duncans »Signum« geschrieben (dem zweiten Band des »Ewigen Stundenbuches«) und kommt zu keinem positiven Urteil, was ihn selbst umtreibt und so hat er dann für das Blog von ›Fantasyguide‹ einen löblichen Eintrag über »Die Traurigkeit des Rezensenten« verfasst, wenn man eigentlich große Sympathie für ein Werk empfindet, ihm aber dann doch eine schlechtere Note geben muss, als einem selbst gefällt.
Zur Erinnerung: Hinweise auf bemerkenswerte deutschsprachige Internet-Beiträge zum Thema Phantastik (in allen ihren U- & E-Spielarten) bitte per eMail an … molosovsky {ät} yahoo {punkt} de … schicken. — Willkommen sind vor allem Hinweise zu Texten, die wenig beachtete Phantastikwerke behandeln (also Einzelwerke statt Seriensachen), oder über Autoren, Theorie und Traditionsentwicklungen berichten.


ZUCKERL
  • Bin über ein kurzweiliges klassisches 8-bit-Spiel gestolpert, richtig gute alte Schule, drei Level mit einem Flugzeug Feinde ballern, und wenn die geschafft sind, gibt’s ein Superflugzeug und einen Survival Modus: Tom Clancys H.A.W.X. 2 Mini Game. Sieht aus und klingt wie ein Commodore 64-Spiel.
  • Es gibt ja unzählige Tarotkarten-Versionen und seit sehr langer Zeit hat mich keines beeindruckt (zuletzt vor einigen Jahren diese minimalistische Fassung der Großen Arkanum-Karten von John Coulthart, perfekt geeignet für den modernen Großstadt- oder Firmenmagier). Als Freund von zeitgenössischer surrealistischer Phantastik gefällt mir nun das Low Brow Tarot ziemlich gut, das von der Website ›Hi-Fructose‹ präsentiert wird.
  • Einen neuen Genre-Phantastik-Künstler habe ich entdeckt: zuerst das Blog, dann die Portfolio-Site von Sean Andrew Murray. Der wäre ein hervorragender Bas-Lag-Illustrator, folgt er doch zum Teil der Tradition eher exzentrischer Form- und Strukturbehandlung, für die z.B. Ian Miller ein typischer Vertreter ist. Geht mal stöbern bei Sean. Es lohnt sich!

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Molos Wochenrückblick No. 14

Eintrag No. 644 — Ich will nicht jammern, dass ich alt werde, aber derzeit spüre ich schon, dass ich einen BrotJob mit langen Schichten hab, Illustrationen für Propjekte zeichne, und Kurzgeschichten übersetzte. — Wobei ich mich sehr glücklich schätze, denn die Kurzgeschichten gefallen mir sehr gut.

Musik: Bin immer noch zu 90% in KlassikGefilden unterwegs, genauer: Barock. Habe große Freude mit den 4 Alben der Vivaldi’schen »Concerti da camera« in der Aufnahme von ›Il Giardino armonico‹. — Vergnüge mich dabei, verschiedene »Die Kunst der Fuge«-Aufnahmen zu vergleichen (überraschend gefühlvoll und schimmernd die von Jordi Savall & Hespèrion XX; — energisch und klar die von Reinhard Goebel & Musica Antiqua Köln; — episch orchestral hinbetoniert oder mit Stahlklingen-Cembalos geschweißt ist die Einspielung von Herman Scherchem & Wiener Rundfunk Orchester). — Neu hab ich auch eine Aufnahme von Francois Couperins »Les Nations«, wieder vom Jordi Savall.

Ach ja: ich klagte ja darüber, dass mir die Hans Zimmer’sche Musik stellenweise den sonst prächtigen Film »Inception« ›versaut‹ hat. Der Soundtrack für sich aber gefällt mir ganz gut. Wirkt auf mich wie eine ins Symphonische gesteigerte ›Tangerine Dream‹- und (der gute) Vangelis-Homage. Angeblich hat Zimmer extra Hofstadters »Gödel, Escher, Bach« studiert, um sich aufs Komponieren für »Inception« einzustimmen. Will ich’s mal glauben.

Lektüre: Nach dem Doppelpack der dicken, heftigen Niebelschütz-Romane verpasse ich mir eine umfangreiche Sachbuch-Kur. Da ich nicht warten will, bis der neue Peter Watson auf Deutsch erscheint (und die US-Ausgabe deutlich günstiger UND schöner ist) habe ich mir »The German Genius« (Leseprobe) beim ›Readers Corner‹ besorgt. Peter Watson hat mich 2001/2002 mit seiner Kulturgeschiche des 20. Jahrhunderts, »Das Lächeln der Medusa«, und ebenso dann 2007 mit seiner großen »Ideen«-Menschheitskulturgeschichte für sich gewinnen können. — Nun geht es also um die letzten 250 Jahre deutsche Kulturgeschichte, ›von Bach bis Benedict XVI.‹ wie die deutsche Ausgabe trällert. Bisher habe ich mir die Overtüre und die Conclusio durchgelesen und kann sagen: taugt mir, was der gelahrte Herr Engländer da schreibt. — Hier eine Rezi der New York Times von Brian Ladd: Made In Germany, die zwar durchaus kritisch urteilt, dass »The German Genius« zuviel Sekundär- (statt der Original-)Stimmen sampelt, aber ich schließe mich nicht dem Urteil an, dass Watson zu trocken erzählt oder sein Buch von zuviel Namedropping erstickt wird. Da sind schon große Linien drin, die aus dem ganzen eine Story machen.

NETZFUNDE

  • Herzlichen Glückwunsch!!! zum sechsten Jahrstag wünsche ich Netzpolitik, aus meiner Sicht eines der wichtigsten Blogs in Deutschland. Markus Beckedahl blickt zurück und erzählt, wie Netzpolitik entstanden und gewachsen ist, und was er da versucht zu machen.

(Deutschsprachige) PHANTASTIK-FUNDE

  • Marcus Hammerschmidt hat in der ORF-Futurezone noch eine feine, ausführliche Rezi zu China Miévilles jüngstem Roman »Kraken« veröffentlicht.
  • Thomas Harbach für »Fantasyguide« den ungewöhnlichen SF-Roman von Christian Kracht, »Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten«, besprochen.
  • Neueste Ausgabe der »SF- und Fantasy-Rundschau« der österreichischen Tageszeitung »Der Standard«. Soweit ich weiß, die einzige Zeitung, die eine derartige Rubrik pflegt, noch dazu mit Blick auf interessante Neuerscheinungen des deutschen und englischsprachigen Marktes. Großes Lob!!! Zeus und die Zeitmaschine. Treffich die Anmerkung zur Eröffnung der Rezi zu Kai Meiers »Seide und Schwert«:
    Einmal ganz allgemein gesprochen: Ein bisschen mehr Fantasie bei Plots und Worldbuilding dürfte es für meinen Geschmack in der Fantasy — und speziell dem eingeengten Spektrum, das auf Deutsch erscheint — ruhig sein.
  • Frank Drehmel hat für »Phantastik-News« eines meiner Lieblings-Fantasy-Comics rezensiert: den ersten Band der »Die Gefährten der Dämmerung«-Trio von François Bourgeon: »Im Zauber des Nebelwaldes«, neu editiert, exzellent übersetzt und gedruckt bei Splitter erschienen. Vor allem der voluminöse dritte Band hat mich vor vielen Jahren umgehauen.
  • Erik Schreiber ist einer der produktivsten Rezensenten der deutschen Phantastik-Szene. Manche winken ab, meinen, dass seine Besprechungen zu routiniert, zu unkritisch und zu ›flach‹ seien. Ich denke, dass Eriks Besprechung des ungeheuerlichen Artefakt-Buches »Das Haus« von Mark Z. Danielewski zeigt, dass, wenn sich Leser auf eine Lektüre einlassen, die mehr als nur eine anspornende Herausforderung, ja eigentlich eine Zumutung ist, wunderbare Leseerlebnisberichte die Frucht der Mühen sein können. Kurzum: Erik kann wundervolle Rezis schreiben, wenn dieser sagenhafte Schnell-Leser (er schafft ein, ab und zu auch zwei normale Taschenbuch an einem Tag) Bücher anpackt, die seine Lesemuskeln herausfordern.

WORTMELDUNGEN

  • Zuerst habe ich ja noch gedacht, ich platziere den neuesten Essay der »Phantastik-Couch« unter der Wochenrückblick-Rubrik »Rüge«, denn Andrea Bottlingers Text Die Zukunft der Fantasy erschien mir im Affekt erstmal nur ärgerlich schlecht aufgebaut. Dann aber dachte ich mir, ich melde mich besser erstmal mit paternalistisch-demütiger Besserwisserei im Blog von Frau Bottlinger und versuche auszudeutlen, was mit dem Essay meiner Ansicht nach im Groben nicht stimmt.
  • Wieder mal ist ein Artikel über Ayn Rand erschienen, diesmal am 5. August in der »FAZ« geschrieben von Ingeborg Harms: Sie sah den Übermenschen als Unternehmer. In den Kommentaren habe ich einen kecken Aphorismus, der in der englischsprachigen Welt herum-memt, zu Rands Werk übersetzt:
    Es gibt zwei Romane, die das Leben eines büchernärrischen Vierzehnjährigen verändern können: »Der Herr der Ringe« und »Atlas wirft die Welt ab«. Der eine Roman enthält kindische Phantastereien, die oftmals eine lebenslange Obsession für seine unglaubwürdigen Helden hervorruft, und so seine Leser zu emotionell unterentwickelten, sozial verkrüppelten Erwachsenen werden lässt, die unfähig sind, mit der wirklichen Welt zurecht zu kommen. — Der andere Roman ist freilich der, in dem es Orks gibt.

ZUCKERL

  • Habe nach längerer Zeit mal wieder im »Moby Dick™«-Gruppenblog gestöbert. Natürlich verlange ich ab nun von jedem Amœnokraten-Anwärter, dass er alle Fragen eines Dilettanten mit einem Radio daheim für sich beantworten muss.
  • Karten sind ein wundervolles Mittel nicht nur fürs Zurecht- und Wegfinden in der materiellen Welt, sondern auch als Verbildlichungs-Instrument zum Sichtbarmachen immaterieller Dinge. Also, hier ist die 2010 Networking Map u. a. mit den LOL-Cat Inseln und den Google Informations-Sammel-Außenposten.
  • »Super Punch« bietet eine wunderbare kleine ›Ausstellung‹, mit künstlerischen Arbeiten die vom Werk China Miévilles inspiriert wurden: Dispatches from a Troubled City.
  • Hier hat ein echter Menschenfreund eine große Sammlung klassischer Entenhausen-Comics zusammengetragen. Ach, die Zeit möcht ich haben, mich auf Tage darin zu verliehren!

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Molos Votum beim »Deutschen Phantastik Preis« 2010

Eintrag No. 634 — Heute endlich mal daran gedacht, meine Stimme beim »Deutschen Phantastik Preis« abzugeben. Die jeweils 5-Nominierten der Preis-Kategorien stehen ja schon seit einiger Zeit fest.

Bester deutschsprachiger Roman: Für mich kein preiswürdiger Name / Titel dabei. Frank Schätzing, Kai Meyer und Marcus Heitz sind Autoren, die aufgrund der Bücher, die ich von ihnen kenne nicht in Frage kommen; und von Hennen kenne ich bisher nichts, was mich überhaupt dazu verlocken konnte, was von ihm zu lesen.

Bestes deutschprachiges Romandebüt: Habe nur Victoria Schlederer: »Des Teufels Maskerade« gelesen. Bekommt entsprechend meine Stimme.

Bester internationaler Roman: Wiederum bekommt meine Stimme das Werk, welches ich überhaupt gelesen habe, also Dan Simmons: »Drood«.

Beste deutschsprachige Kurzgeschichte / Beste Original-Anthologie/Kurzgeschichten-Sammlung: Keine der genannten Anthos gekauft oder gelesen, damit auch keine der Geschichten.

Beste Serie: Ich lese prinzipiell keine Serien.

Bester Grafiker: Arndt Drechsler hat mir zu oft schräckliche Cover vorgelegt um wählbar zu sein; — Timo Kümmel ist wohl ein Gnadenvorschlag (allein schon wegen seiner »Gor«-Cover nicht mal satisfaktionsfähig); — die Sachen von Ernst Wurdack und Mark Freier sind mir zu flach (auch wenn Freier wenigstens noch gut Ahnung von Typo- und Farbakkorden hat); — bleibt also nur Dirk Schulz (auch wenn es mich wurmt, damit einen Perry Rhodan-Illustrator gewählt zu haben).

Bestes Sekundärwerk: Völlig unbescheiden wähle ich »Magira – Jahrbuch zur Fantasy«.

Bestes Hörbuch/Hörspiel: Keines der Werke gehört.

Beste Internet-Seite: Bei den Internetseiten hadere ich am meisten. »Geisterspiegel« und »Zauberspiegel« sind so gar nicht meine Wellenlänge. — »Bibliotheka Phantastika« und »SF-Netzwerk« sind ›nur‹ Foren. Bei der »Bib-Phant« hat sich seit der letztjährigen Nominierung exakt nichts Neues getan, der Rezensionsbereich ist tot, für mich somit nicht preiswürdig. Und bei »SF-Netzwerk« bekommt man die Film- und Buch-Datenbanken auch seit Ewigkeiten nicht mehr Gang, ein Wiki-Projekt ist begonnen worden, rohrkrepierte aber aufgrund naiver Vorstellungen darüber, wie ein solches Projekt funktionieren soll. — Bleibt also von den Nominierten nur »Fantasyguide« als wahlwürdig übrig, denn die haben mit HMP einen halbwegs regelmäßigen liefernden und ziemlich interessanten Polemiker / Kolumnisten, sowie ab und zu hervorragende Spezial-Seiten, beispielsweise Oliver Kotowskis »Phantastische Weltreise«. Leider ist das Lay-Out von »Fantasyguide« schröcklich und die lesenswerten Rezensionen sehr sehr selten.

Molos Wochenrückblick No. 9

Eintrag No. 631 — Immer noch am Rumrotzen und Schniefen mit meiner mysteriösen Sommergrippe, über die mittlerweile beschlossen wurde, dass sie ein simpler Fall von Heuschnupfen ist. Habe mir am Wochenende endlich helfende Arzneien besorgt. Ballern mir zwar das Hirn weg, aber ich kann wenigstens wieder ruhig durchschlafen und tagsüber bei Bedrängung durch schlimme Allergieattacken die Augen offen halten.

Lektüre: Habe eine kurze Pause bei »Der Blaue Kammerherr« eingelegt, bevor ich mit der Kadenz des Solisten (einer sehr argen Traumpassage) und dem Finale weiter mache. — Aber: hab mir endlich den (wie »Kammerherr«-Autor Niebelschütz es in seiner »Anotatio Auctoris« nennt) »Keim zu diesem Tulpenbaum« besorgt, den Anregungstext »Danae, oder Die Vernunfthochzeit«, enthalten in »Lustspiele Band III« der Werke Hugo von Hofmannthals.

Als Neuanschaffung traf Mervyn Peakes »Boy in Darkness and Other Stories« ein. Wunderbare Zusammenstellung: neben der fast 100 Seiten langen Titelnovelle, die zu den Titus-Geschichten (auch bekannt als »Gormenghast«) gehört, versammelt der Band fünf weitere Kurzgeschichten, sowie an die 40 zum Teil farbige Illustrationen von Peake, nebst Vorwörtern von Joanne Harris, Sebastian Peake und Peake-Witwe Meave Gilmore.

Als weltlichen Zwischendurchhappen habe ich mir Tom Schimmecks »Am besten nichts Neues« über ›Medien, Macht und Meinungsmache‹ gegönnt. Wunderbar. Genau das, was einem die schlechte Laune angesichts schlapper politisch-gesellschaftlicher Berichterstattung und widerwärtig boulveardisierter Medienlandschaft kurieren hilft. Schimmeck liefert ein gut zu lesendes Sittengemälde, das nötigen kritischen Kommentar mit Rekonstruktionen von markanten Medien-Ereignissen und -Entwicklungen (sprich: -Degenerationen) der letzten Jahre verbindet. — In den neun Kapiteln wird geschildert: die Routine in Berlin und der Herdentrieb der Journalisten; das Rendite-Modell Burdas in Hamburg; das Prominentengehege und Politikernähe als Währung; Aufstieg des naiven Neoliberalismus; das Unisono der Medien zur Hessenwahl (Koch vs. Ypsilanti); Reality-TV und aufgeblähte Gefühlsevents; Propaganda-Rampensäue am Beispiele Haiders, Putins, Sarkozys & Berlusconis; Das Versagen des Wirtschaftsjournalismus; Das Geschäft der Spin-Doctors. — Ganz große Leseempfehlung meinerseits.

NETZFUNDE

WORTMELDUNGEN

ZUCKERL

  • Stöbert mal herum in der Zusammenstellung der ›Favourite Projects‹ der Graphik-Künstlerin Marian Bantjes, ihr werdet Sachen sehen, die wirklich die Augen zum kreiseln bringen. Bin auf die Künstlerin aufmerksam geworden durch ihren Vortrag »Intricate Beauty by Desing« bei TED.
  • Hurrah!! Es gibt ein neues RSA-animate! Diesmal wurde die Rede »Crises of Capitalism« des Soziologen David Harvey bebildert.

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Molos Wochenrückblick No. 8

Eintrag No. 629 — Mich hat ‘ne Sommergrippe erwischt. Das beigefügte Beweisphoto zeigt, dass ich mittlerweile nicht nur einen ›Bad Hair Day‹, sondern auch einen ›Bad Beard Day‹ haben kann.

Lektüre: Immer noch Wolf von Niebelschütz und sein »Der Blaue Kammerherr«, nur bin ich jetzt mit Band drei fertig und beginne den letzten, vierten Band.

Musik: Habe mir, passend zur Niebelschütz-Lektüre, einen ganzen Schwung neue Barockmusikalben besorgt. Auch wenn ich etwas, weil zu früh, neben der Epoche des Buches liege, passen folgende Aufnahmen hervorragend als Lesebegleitung zu »Der Blaue Kammerherr«:

NETZFUNDE

  • Unglaublich, oder typisch Sommerloch? Die F.A.Z. eröffnete am 22. Juni ihre Feuilliton-Seiten mit einer Würdigung von Neil Gaimans »The Sandman«: Comic-Klassiker – Herr der Träume, Held der Schäume von David Gern. Was ich geradezu putzig finde, ist, wie die Rezi signalisiert, dass »The Sandman« nicht irgendein Comic ist, sondern was Anspruchsvolles, und also wird Norman Mailer als Garant bemüht und dessen Urteil »›Sandman‹ ist ein Comic für Intellektuelle«.
  • Achtung, Kültür: Es gibt Dinge, nach denen fahnde ich seit Ewigkeiten. Dazu gehört der Text eines Canons von Henry Purcell, den ich durch ein Album des Hilliard Ensemble, »Songs & Catches«, kennen gelernt habe (Leider ist das Album vergriffen und ich finde auch keine Hörprobe im Internet. Wer’s haben will, muss gebraucht oder in Stadtbüchereien suchen).
    Here’s that will challenge all the fair.
    Come, buy my nuts and damsons, my Burgamy pears!
    Here’s the Woman Whore of Babylon, the Devil, and the Pope,
    And here’s the little girl, just going on the rope!
    Here’s Dives and Lazarus, and the World’s Creation;
    Here’s the Tall Dutchwoman, the like's not in the nation.
    Here is the booths, where the high Dutch maid is;
    Here are the bears that dance like any ladies;
    Tat, tat, tat, tat, goes the little penny trumpet;
    Here’s Jacob Hall, that does so jump it, jump it;
    Sound, trumpet, sound, for silver spoon and fork,
    Come, here’s your dainty pig and pork.
    Endlich gefunden auf den Seiten von »British History Online« im Dokument »Old and New London: Volume 2«, Kapitel XLIII » Smithfield and Bartholomew Fair« (etwa bis zur Mitte runter schubbern). Nicht wundern über die Abweichungen. Die Hilliards singen eine zünftigere, volkstümlichere Version. — Ich wage es nicht, zu versuchen den Text mit Reimen zu übersetzten, aber es geht um die Sensationen des großen Bartholomäus-Marktes zu London, mit seinen Masques, ›Freaks‹ und Artisten, Haushaltswaren und Lebensmitteln (ein Besucher von damals bemerkte jedoch enttäuscht: »Keine Bücher«). — Also nur sinngemäß: Hier gibt’s was, das den ganzen Markt in den Schatten stellt. / Kommt herbei, kauft meine Nüsse, Pflaumen und Birnen. / Seht hier »Die Hure von Babylon, der Teufel und der Papst«, / und dort ein junges Mädchen, das auf dem Seil balanciert! / Hier gibt es »Das Gleichnis vom reichen Mann und vom armen Lazarus« und »Die Schöpfung der Welt«. / Hier ist die Lange Holländerin, der im ganzen Lande keine gleichkommt. / Hier sind die Stände bei der hohen Holländischen Magd, / und dort sind die Bären die wie Damen tanzen. / Ta, ta, ta, ta, trötet die kleine Pfennig-Trompete. / Seht Jacob Hall, der Seiltänzer der springt wie kein anderer. / Spiel auf Trompete, spiel auf, für silberne Löffel und Gabeln. / Kommt her, hier gibt’s lecker Schweine und Fleisch.
  • Es war Bachmann-Wettlesen, und wie schon in den vergangenen Jahren hat Andrea darüber ausführich berichtet. Tag Eins: mit Sabrina Janisch, Volker H. Altwasser, Christopher Kloeble, Daniel Mezger, Dorothee Elmiger; Tag Zwei: mit Thomas Ballhausen, Max Scharnigg, Aleks Scholz, Judith Zander, Josef Kleindienst; Tag Drei: mit Peter Wawerzinek, Iris Schmidt, Christian Fries, Verena Rossbacher; und schließlich die Preisverleihung.

    Lesenwert amüsant finde ich auch die Berichterstattung von Elmar Krekeler in »Die Welt«: Der Ingeborg Bachmann-Wettbewerb hautnah.

  • Nochmal Kültür: Zu den Prosatexten, die mich sehr beeindruckt haben, weil mustergültig vorgeführt wird, was Sprachfiktionen zu leisten vermögen gehört »Ein schlichtes Gemüt« von Gustave Flaubert (zu finden in »Drei Erzählungen«. Ich empfehle die Übersetzung von Claus Sprick und Cornelia Hasting; gibts antiquarisch als schönes gebundenes Haffmans-Buch mit Volker Kriegel-Titelbild, und als Taschenbuch bei Piper, und als Hörbuch mit Harry Rowohlt). Für »New Criterion« hat Anthony Daniels unter dem Titel Flaubert’s simple heart – On a master’s lesson in true tolerance (Flauberts schlichtes Herz – Zur Lektion eines Meisters in Sachen wahrer Toleranz) einen ausführlichen Aufsatz zu dieser Geschichte geschrieben.

ZUCKERL

  • Auch mit Kugelschreiber kann man hervorragende Zeichnungen schaffen. Beste Beispiele, wie Kunst-fähig diese oft verschmähte Stift-Gattung ist, liefert Andrea Joseph in ihrem flickr-Album »Stricly Ballpoint«. Guckt ungedingt auch in Andrea Joseph’s Sketchblog vorbei.

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Molos Wochenrückblick No. 7

Eintrag No. 628Alleinstellungsmerkmal: Ist schon nötig, dass ich mich im Netz ›molosovsky‹ nenne. Hat sich nämlich ein neuer Namens-Zwilling eingefunden, diesmal in Person eines F.A.Z.-Rezensenten. — Also zur Klärung: der hier bin ich nicht.

Klamotte: Nachdem ich mir Anfang des Monats endlich mal ein PayPal-Konto zugelegt habe, kürte ich zur ersten Einsatzmöglichkeit den englischen T-Shirtversand »Last Exit Nowhere« (auf den ich durch Werbung im leider derzeit nicht erschienenden »DeathRay«-Magazin aufmerksam wurde). Aus deren Kollektion mit »T-Shirtmotiven, die von den erinnerungswürdigsten Orten, Firmen und Kooperationen der Kinogeschichte inspiriert wurden« habe ich (Molo) mir ein Paper Street-, und für meinen Hausandroiden (Alex) ein Nostromo-Shirt geordert. — Pling, und wieder ist das Zeigerchen meines Coolometers höher geklettert.

Lektüre: Nichts groß Erwähnenswertes, außer dem Wolf von Niebelschütz seinem »Der Blaue Kammerherr«. Mittlerweile fast bei der Hälfte, also am Ende von Band 2 von 4, mich kopfkratzend literaturlusterfüllt fragend, wie es sein kann, dass ich diesen Roman erst zum zweiten Mal lese, noch dazu jetzt nach ca. 20 langen Jahren. Muss fürs weitere Leben unbedingt ins Auge fassen, dass ich nicht noch mal so lange herumtrödle.

»Red Dead Redemption«: Zweifelohne das beste Spiel, was meine Playsie 3 mir bisher geboten hat (gefolgt von »GTA IV« und dessen Ergänzung »Episodes from Liberty City« (bestehend aus: »The Lost & The Damned« und »The Ballad of Gay Tony« — respektabel fand ich noch »Fallout 3« und »Batman: Arkham Asylum«; wohingegen mich »Metal Gear Solid 4« genervt und enttäuscht und »Mirror’s Edge« zwar begeistert aber auch merklich gefrustet hat. Im Prinzip ist mein im Grunde simpler ›Ballern, aber mit Anspruch‹-Geschmack nun derart verwöhnt, dass ich wohl warten muss, bis Rockstar und Team Bondi mit »L. A. Noir« nachsetzten). — Moment amal: ist das »Red Dead Redemption«-Erlebnis wirklich einfach nur als ›Spiel‹-Erlebnis glänzend? Mitnichten. Gerade die Story dieses Westerns hat mich überzeugt. Wie sie rätselhaft und sacht beginnt, man langsam zu alten Gunslinger-Kräften zurückkehrt, wie die Hauptfigur bei seiner Menschenjagd in die Wirren einer Revolution gerät. Und das Ende ist derart gelungen konsequent, da wird staubtrocken klar, dass die angeblich superzynischen Rockstarler (im guten Sinne) die Moralisten geben, wie es sich aber gefälligst für einen ordentlichen Western gehört, verdammt noch mal, bzw. Bravo! — Hat mich entsprechend gefreut, dass »RDR« das erste Spiel wurde, das vom sonst ziemlich strengen Angry Joe mit 10 von 10 Punkten, und dem offiziellen ›Bad Ass Anerkennungs-Gütesiegel‹ bedacht wurde.

Zu den Meldungen.

NETZFUNDE

  • Thierry Chervel hat für das Perlentaucher-Blog »Im Ententeich« am 16. Juni eine Übersicht zum Thema Christian Wulff und die Evangelikalen zusammengestellt, die in der (m.E. verständlichen) Forderung gipfelt, dass Herr Wulff doch bitte aus dem Kuratorium von Prochrist autreten solle, bevor die Bundespräsi-Wahl von statten geht.
  • Monströses aus der Sphäre der Verlegerintressen legt wieder einmal »Netzwelt« am 18. Juni dar: Leistungsschutzrecht soll Sprache monopolisieren. Wunderbar! Dreht die Uhren zurück in Feudalzeiten, am besten, nur noch bestellte, vereidigte und genehmigte Chronisten, natürlich anonymisiert, dürfen öffentlich die Weltläufte verlautbaren und der Herrschaft genehme Gedanken dazu verbeiten. Schweig, Volk!
  • Ich bin selbst erstaunt, dass ich einen »Spiegel«-Artikel für verlinkenswert befinde, aber Falsches Sparen: Wie Merkel die Verkehrswende topediert von Christian Schwägerl (am 19. Juni) spricht mir aus dem Knochenmark. Was die Automacke unserer Nation angeht grummle ich ja schon seit Ingolstädter Realschulzeiten: ich wollte Kunsterziehung, aber die Klasse kam nicht zustande, weil alle Technisches Zeichnen wählten, denn, wie Eltern andere Erwachsene den Jungs eintrichterten, »Des TeeZett muast nemma, des is’ wichtig wenn’st bei da Audii a’moi guat va’dinna mechast« — (Rechenanmerkung: von vier Klassen mit je ca. 25 bis 30 Schülern, also ca. 100 bis 120 Wahlberechtigten, haben sich keine 7 Jungs ›getraut‹ KE zu wählen. ich war damals einer von 5.).
  • Das Schnippsel Die heilige Banane des Ketzerpodcast von Ketzer 2.0 finde ich so gelungen, dass ich es in eigenen Worten wiedergeben möchte: — Der Gotteslästerungsparagraph diskriminiert Christen- bzw. Religionsgläubige, denn das Gesetz geht davon aus, dass die Gotteslästerer mehr Selbstkontrolle und Verantwortungsfähigkeit inne haben als Gläubige, weshalb sich das Gesetz an die Gotteslästerer wendet, sprich: eben diese in Verantwortung nimmt, stillschweigend davon ausgehend, dass, wenn bei einem religiösen Menschen der entsprechende Blasphemie-Knopf erst mal gedrückt wurde, dieser sich nicht in gut bürgerlicher und zivilisatorischer Art, also angemessener Untertanenweise zusammenzureissen vermag. Kurz: das Gesetzt hält religiöse Menschen als Adressat und Befolger von ordnungsstiftenden Regeln in etwa für so ungeeignet wie Vieh und Sachen. »Kann nicht selbstständig denken. Reagiert auf kritische Schlüsselreize automatisch pavlovsch wie eine Maschine und droht somit Krisen loszubrechen«, dieses Fazit über Gläubige zieht der Gotteslästerungsparagraph. — Wie verträgt sich nun diese Diskriminierung der Religiösen durch den Gotteslästerungsparagraphen mit den Forderungen von gewissen PolitikerInnen, man möge doch, bitte, ach, der religiösen Erziehung (wieder) einen höheren Stellenwert einräumen? Diese Forderung entpuppt sich dann als Wunsch der Regierenden danach, das Volk habe mechanisch sich zu erregen und bar jeglicher Reflektion, Haltung und Kontrolle sich dem Zorn und dem Eifer hinzugeben, wenn Gotteslästerer entsprechend verbal oder durch Kunst und Darstellung reizen. Man vernimmt von Ferne die Klage derjenigen, die mit neuen ordnungspolitisch-technischen Möglichkeiten verdienen wollen: »Es sind leider noch zu viele der Kultivierten, derer, die sich zurückzunehmen verstehen.«

ZUCKERL

  • Naggische und fastnaggische Mädels in Röntgenansicht gefällig? Bitteschön: EIZO »Pin-Up Calendar 2010«. Entworfen von der Agentur Butter Berlin/Düsseldorf. — Angestrebt ist zwar, mit diesem Kalender-Schmankerl Kundentreue zu belohnen und Neukundenwohlgesonnenheit zu gewinnen und zwar für Eizo, Hersteller für Medizintechnik, insbesondere Diagnosemonitore. Ich bin aber sicher, dass es nicht lange dauern wird, und die mehr als nur nacken Damen, ja diese tiefseeisch-gespenstischen GlamMortModels werden, eins, zwei, drei, bald Nacht- und DunkelRomantik-Clubeinrichtungen zieren, zum Wohlgefallen der bleichen und absinthig gestimmten Klientel.

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