Eintrag No. 654 — Schreck vorm gestrigen zu Bett gehen: der Bildschirm meines in die Jahre gekommenen Klappapfels spinnt wieder, sprich: bleibt dunkel, und gibt erst nach längerem Herumjustieren und Vorsichtig-Sein ein Bild wider. Da dieser Monitorfehler von Anfang an diesem iBook und seinen Laufband-Geschwistern zueigen war, hat die entsprechenden Reperaturkosten bisher anständigerweise immer Apple übernommen. Aber ich kann mir aus Zeitgründen nicht leisten, ohne Mac zu sein, also werde ich heute in die Stadt müssen, und mir einen neuen kaufen.
Lektüre: Letzte Woche habe ich bereits auf einen Auszug des Buches »Die Drogenlüge« von Mathias Bröckers hingewiesen. Mittlerweile habe ich das Buch gelesen (derartige Sachbücher eignen sich hervorragend als Lektüre auf dem Arbeitsweg). Ich kann den Band empfehlen, auch wenn für mich selbst kaum etwas neues darin zu finden ist. Was Bröckers aber leistet, ist eine breit gefächerte und gut argumentierte Übersicht der Entwicklung der modernen Prohibitionspolitik, ihrer fatalen Auswirkungen auf die (globale) Gesellschaft, und Ausblicke auf mögliche Alternativen zu geben. — Die vielleicht provokanteste Geste des Buches ist die Verdeutlichung, wie Junkies und Kleindealer in aller Welt ihren nicht unerheblichen Teil dazu beitragen, die spekulierende Finanzwelt der Börsen mit Energie zu versorgen (S. 50):
{W}as würde passieren, wenn {Heroin & Kokain} ab morgen legal verkauft würden? Die Margen {des Importgeschäfts mit diesen Agrarprodukten} würden auf das Niveau von {…} Zuckerimport sinken und 250 Milliarden – zwanzigmal aufgepoppt wären das fünf Billionen Dollar Börsenwert – gingen der Wall Street per anno verloren.
Ich habe dieses Zitat etwas vereinfacht, denn Bröckers greift hier eigentlich auf ein Erklärungsmodell der US-Ökonomin Catherine Austin Fitts zurück, in dem sie zwei Agrarprodukt-Importeuere vergleicht: Dave, der Heroin & Kokain ins Land holt, und Sam, der mit Zucker handelt. — Hier geht es zu den drei Teilen von »Narco-Dollars for Beginners«, in denen Fitts erklärt, wie Drogengelder Finanzwelt, Politik und Gesellschaft regieren:
Sonst: Im Bett zum Einschlafen lese ich den ersten Band der Comicfassung von »Prinzessin Nausikaä« und bin in der letzten Woche 80 Seiten mit Thomas Pynchons »Die Enden der Parabel« weitergekommen.
Jetzt muss ich erstmal los, mir einen neuen Computer holen. — Circa 2 Stunden später: Bin also nun Besitzer eines neuen MacBook Pro (13 Zoll), inkl. eines kleinen Wacom Bamboo Drawpads (will doch mal gucken, wie sich damit in Zukunft digitale Kolorierung meiner gescannten Zeichnungen bewerkstelligen lässt). Bis ich alle Dateien und Programme, die ich täglich nutze, übertragen habe dauert es noch. Mir fehlt schon mal das richtige Firewire-Kabel, weil das Pro einen kleinen, mein altes Bookie aber einen großen Anschluss hat. Dennoch: übermorgen, wenn ich zum Gründungskongress der Gesellschaft für Fantastikforschung fahre, wird der neue Mac mich begleiten. — Das erste, was nun nebenbei auf dem neuen Mac läuft, ist die Jury-Diskussion des Warwick Prize for Writing 2009 (die Diskussion gibt es als iTunes University-Film). Gewonnen hat damals Naomi Kleins brillant-verstörendes Sachbuch »Die Schock-Strategie«, und in der Jury wirkten zwei uns Phantastikfreunden vertraute Herren: China Miéville und Ian Steward.
Nur tote Kulturen verändern sich nicht. Wir können heute definieren, wodurch die byzantinische Kultur sich definiert – aber nur, weil sie untergegangen ist.
Seit Kindheitstagen liebe ich gute Sachbücher, Artikel und Sendungen zum Thema Natur, Wildnis, Flora und Fauna. Da freute ich mich jeck, die Website von Florian Schulz: Visions of the Wild entdeckt zu haben. Im Galerie-Bereich kann man eine Menge feiner Photos bewundern, und in der Multimedia-Abteilung gibt es zum Beispiel einen ergreifenden Bericht dazu, wie anstrengend es ist, 72 Stunden in einem Versteck auszuharren, um Schnee-Eulen in Alaska abzulichten.
Einem Hinweis von Andrea verdanke ich Bekanntschaft mit dem erstaunlichen Angebot des »Boston Globe«: The Big Picture. Einmal monatlich werden 40 Photographien zu einem bestimmten Thema aus dem Bestand aller möglichen namhaften Bildagenturen zusammengestellt. Da kann man sich amüsieren, über die Vorliebe dieser amerikanischen Redakteure für das größte Drogenfest der Welt, das Oktoberfest 2010, staunen über atemberaubende Wetterbilder mit Blitzen, und Science Fiction-Geeks können Dank der (bisher drei) Roboter-Galerien ins Schwelgen geraten.
Noch mal aus »Der Freitag«, diesmal ein Artikel von Fokke Joels im Zusammenhang mit dem diesjährigen Buchmessegastland Argentinien: Ein Leben für die Bücher. Es geht um niemand anderen als einen von mir innig verehrten Großphantasten, Jorge Luis Borges, und vor allem um dessen Kurzgeschichte »Deutsches Requiem« (zu finden im Erzählungsband »Das Alph«, Fischer Taschenbuch)
ZUCKERL
George Lucas hat sich für seine »Star Wars«-Saga unter anderem vom feudalen Japan inspirieren lassen. Die Künstler der Spoke-Studios zeigen nun, wie sich einige vertraute Star Wars-Figuren im Stile klassischer japanischer Kunst ausnehmen: Ninja Star Wars.
»College Humor« zeigt, wie es aussähe, wenn »Sin City«-Schöpfer Frank Miller sich historischer Persönlichkeiten gewidmet und Comics aus ihren Taten gemacht hätte: Frank Miller Makes History Awesome.
Ein erstaunliches graphisches Spielzeug, mit dem jeder auf die Schnelle becircendes Augendope zusammenklicken kann: The Endless Mural.
Die Animationshelden des Aardman-Studios (der Heimat von »Wallace & Gromit«) haben für einen Werbespot den kleinsten Trickfilm der Welt gestaltet. Bei Ufunk gibt es einen Artikel zu diesem Film: »Dot«, inklusive einem ›Making-of‹.
Das Ende macht heute wieder mal das neuste RSAnimate-Filmchen. Diesmal wurde der Vortrag »Where Good Ideas Come From« von Steven Johnson illustriert.
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Eintrag No. 653 — Kinder, was soll ich sagen. Bin derart eingespannt die Tage, dass ich außer Brotjob, Hausarbeit, erschöpft umfallen zu kaum was komme.
Seltsam: Ein Buchhandel- & Leser-Rezi-Portal hat mich angemailt und gefragt, ob ich an einem Linktausch interessiert wäre. Hab deren Seite auf die Schnelle geprüft, festgestellt, dass die unübersichtlich ist und der Inhalt nur ›das Übliche‹ bietet (= Popularität, also was das Durchschnittsgemensche so zusammenklickt, macht die Musik). Habe dann zuerst etwas planlos knapp zurückgefragt, was ein Linktausch bringen soll. — Antwort: Verbessert das Google-Ranking, bringt neue Leser, mehr Klicks. — Darauf ich: Technischer Nutzen von Linktausch schon klar, aber wie kommen Sie zu dem Eindruck, ich wäre an einem Linktausch mit einem kommerziellen Portal interessiert? — Hab dann geklärt, dass ich einer solchen Partnerschaft zwar nicht prinzipiell abgeneigt bin, aber im Falle dieses Onlinebuchhändlers doch Abstand davon nehme.
Film: Eigentlich wäre ich gerne in den neuen (schon zwei Jahre alten und endlich auch bei uns laufenden) Ghibli-Film »Ponyo« gegangen, hatte aber keine Zeit. — Stattdessen am Samstag, als Pausenkontrast zur Hausarbeit, »Kick-Ass« gegönnt. Zur Abwechslung mal wieder ein erträglicher, ja sogar amüsanter Nicolas Cage, und natürlich konnte auch ich mich dem Charme von Hit Girl nicht entziehen. Aber genau das ist ein Wurm des Filmes: er hat die falsche Hauptfigur. Ich fand Big Daddy und Hit Girl interessanter und habe mich mit Dave, alias Titelfigur Kick-Ass, ziemlich gelangweilt. Auch die Bösewichter blieben reichlich formelhaft und fad, obwohl der mich begeisternde Mark Strong den Unterweltboss spielt. Fazit: einige schöne Set Pieces und leider die Androhung einer Fortsetzung. Ca. 6 oder 7 von 10 Punkten.
NETZFUNDE
Im ›Guardian‹ gabs ein Treffen von David Attenborough (mir bekannt aus Kindertagen durch die dolle Doku-Serie »Das Leben auf unserer Erde«) und Richard Dawkins (dem ›Atheisten-Papst‹): Of mind and matter: David Attenborough meets Richard Dawkins.
›Telepolis‹ bietet einen Auszug aus dem Buch »Die Drogenlüge« von Mathias Bröckers: Die Drogenlüge und der Sündenfall. Selber habe ich nix (mehr) mit Drogen am Hut, außer gutem Kaffee, guter Schoko und Single Malt Scotch. Aber die im Text skizzierte Pathologisierung von Rauschkultur und die erschreckende Heuchelei der Politik bezüglich Drogen treibt mich um.
Bei ›Der Freitag‹ gibt es einen Blog-Lesezirkel zu Thomas Pynchons »Die Enden der Parabel«: Parabel – Freitag. Lustig, wenn man die ziemlich beknackten Beiträge mit den eloquenteren vergleicht.
Ebenfalls Fantasyguide: Oliver Kotowskis stellt auf seinem nächstem Zwischenstopp seiner phantastischen Weltreise, Lateinamerika, Bücher von Lucía Puenco, Ignácio de Loyola Brandão, Gabriel García Márquez, Mayra Montero und Carlos Fuentes, vor.
ZUCKERL
Interessanter Filmbeitrag von Kirby Ferguson zum Thema Remix-Kultur, inklusive einem ausführlichen Blog zur Doku:Everything is a Remix. Hoffen wir mal, dass die geplanten Teile 2 bis 4 noch folgen.
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Eintrag No. 651 — Bin seit letzter Woche allein zuhause, denn Andrea brach zu ihrem Jahresurlab und Richtung Waldviertel auf. Am Wochenende, als ich von meinem Brotjob frei hatte, legte ich eine Übersetzungssession hin (heisst: von Freitag auf Montag nur zwei Mal ins Bett gegangen). Ich bin unfassbar dankbar für das Projekt. Kurzgeschichten, die mich wirklich erfreuen, von einer Vielfalt, die mich begeistert und beeindruckt zu übersetzten fühlt sich nun mal nicht wie ›Arbeit‹.
Nachteil (= Lektüre): Bin selber kaum zum Lesen gekommen, außer, dass ich mir die deutsche Ausgabe von »The City & The City« besorgt und darin herumgeblätert habe, um knifflige Stellen zu prüfen. Soweit ich gesehen habe, kann ich absolut nichts zum Bemäkeln an Eva Bauche-Eppers deutscher Fassung von »Die Stadt & Die Stadt« finden und empfehle den Roman allen, die gerne mal eine gelungene Mischung aus Krimi und Phantastik lesen wollen. Ich denke, ich kann es wagen, dieses Buch jetzt schon zur — leider! — unterschätztesten Neuerscheinung der Saison auszurufen, denn ›Dank‹ des schröcklichen Umschlagbildes und der kümmerlichen Platzierung in den Regalen (wenn meine Umschau in den Frankfurter Buchhandlungen halbwegs repräsentabel ist) wird sich kaum herumsprechen, wie gut dieser Roman ist.
Film: Immerhin war ich letzte Woche im Kino. Leider war ich so dumm, mir »The Sorcerer's Apprentice« anzutun. Ein langweiliger, vorhersehbarer und peinsam-harmloser Streifen. So etwa 3 oder 4 Punkte von 10.
Ganz interessant dagegen meine DVD -Sichtung von Christopher Nolans Erstling »Following«. Als kleiner, fieser Krimi durchaus gelungen (und als S/W-Film sowieso), wenn auch Nolan hier schon durch seine super-ernste und (unter)kühl(t)e Inszenierung leicht nervig auffällt, die auch seine späteren Filme meist kennzeichnet. So etwa 6 bis 7 von 10 Punkten
Schlimmer noch ist allerdings das Verhältnis von demokratischem Staat und wirtschaftlicher Macht, das hier zum Ausdruck kommt: {…} Der Geheimvertrag ist das Eingeständnis, dass der demokratische Staat gegenüber den wirtschaftlich Mächtigen nicht mehr das „Gewaltmonopol“ hat, das heißt sich nicht mehr mit hoheitlicher Macht durchzusetzen vermag, sondern dass er bestenfalls noch Verhandlungspartner gegenüber wirtschaftlicher Macht ist. {…} Da sitzen also auf der einen Seite die Regierung und auf der anderen Seite die Konzernbosse und klären per Telefon die Konditionen; und das Parlament darf dann bloß noch den geheimen Deal sozusagen der demokratischen Form halber absegnen.
Diesbezüglich habe ich mich bei ›lobbycontrol‹ der Unterzeichnungs-Aktion angeschlossen, man möge doch anstandshalber das Atom-Geheimabkommen widerrufen!
›ad sinistram‹ nimmt Sprachpansch in der Rubrik ›nomen est omen‹ unter die Lupe: »Gebär- und Zeugungsstreik«. — Ich verstehe ja folgendes nicht: wenn es einerseits zuviele Menschen auf der Welt gibt, und Menschen aus schlimmen Gegenden, wo das Überleben äußerst mühevoll ist, wegwollen, warum regen sich dann andererseits irgendwelche Anzugträger darüber auf, dass die ›richtigen Frauen‹ zu wenig gebähren? — Okey, ist sicherlich richtig, dass sich Akademikerinnen (zumindest wenn sie selbst einen gut bezahleten Job haben oder mit dem Gatten eine gute Partie gemacht haben) eher bessere Kinderpflege und Schulen leisten können. Das bedeutet aber nur, dass die Qualität der Kindererziehung stärker vom privaten Geld der Bürger und den Möglichkeiten, die es eröffnet abhängt, als vom Geld der staatlichen Gemeinschaft. Das fügt sich mit der Theorie, der ich anhänge, dass ein langfristiges Ziel ›des Kapitals‹ ist, den Bereich der Bildug zu ökonomisieren, und dass es bei diesem Ansinnen auf einem erfolgreichen Weg ist.
Nathalie Roller schrieb am 12. September für ›Telepolis‹ einen löblichen Artikel über grüne Krieger in den heutigen Metropolen: Die Gartenguerilla erobert die Städte.
(Deutschsprachige) PHANTASTIK-FUNDE
Neustart des Magazins für interantionale Science Fiction: Inter Nova. Ich wünsche viele interessierte Leser!
Wieder ein Umsonst-Lesetip für alle, die noch zuviel Zeit haben: Digital Comic Museum.
Ein youtube-Filmchen, in dem Daten augenfällig aufbereitet wurden, und das damit höhere Zusammenhänge anschaulich macht. Scott Manley Asteroid Discovery from 1980 - 2010. Scott Manleys Seite beim Armagh Obsertvatorium bietet weitere wissenschaftliche Animationen zum Thema Asteroiden.
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Eintrag No. 650 — Mache eine Phase von Spätsommer-Müdigkeit durch.
Spazieren gewesen, was ich bei leichtem Regen, kühl-milden Temperaturen sehr gerne tue. Einmal den Frankfurter Grüngürtel entlang, mit einer Zwischenstation bei meinem Comicdealer des Vertrauens, um mir den ersten Sammelband von »Preacher« auf Englisch zu holen.
Meldung: Ich will einen Haufen Sachen loswerden, unter anderem Einzelheft-Comics. Hier also schon mal verkündet: wer »Preacher komplett als Einzelheft haben will, soll sich melden und einen Tauschvorschlag machen (siehe z.B. Amazon-Wunschliste; zumindest die Porto-Kosten sollten wieder reinkommen; und ich lege keinen Wert Tauschobjekte zum vollen Neuwarenpreis). Ich habe keinen Bock mehr auf diese Art der Comic-Aufbewahrung, sondern werde mir die Trades anschaffen. »Preacher« ist eine abgeschlossene Geschichte und umfasst 66 Hefte, sowie einige Specials. — Ebenfalls loswerden will meine Einzelthefte von »Transmetropolitan«, von denen ich allerdings nur Heft 1 bis 48 der insgesammt 60 Hefte bieten kann.
Ebenfalls abzugeben habe ich einen kompletten deutschen »Der Drachebeinthron« von Tad Williams als Fischer Taschebuch (mit handschriftlichen Inhaltsverzeichnis) sowie einen kompletten englischen »The Dark Tower« von Stephen King als Taschenbuch. — EDIT-AKTUALISIERUNG 11. Sept. 2010: »Drachenbeinthron« und »Dark Tower« sind vergeben.
Film: Habe mir die Filmklassiker »Luftschlacht um England« (kenne ich noch nicht) und »Gesprengte Ketten« (kennen ich, aber lang nicht mehr, und noch nie im Original gesehen) besorgt.
Auf DVD gesehen habe ich mittlerweile:
»The Book of Eli«: Ganz nett anzuschauen, etwas langsam und fad und am am Ende mir deutlich zu christlich-wunderlich; ca. 6 von 10 Punkten (= Plus 1).
»Daybreakers«: Es macht Spaß Darsteller wie Sam Neill, William Defoe und Ethan Hawke in so einem SF-Vampir-Flick zu sehen, leider ist der Streifen aber zeimlich doof; ca. 4 bis 5 von 10 Punkten (= Minus 1 oder 2).
»Pandorum«: Besser als ich erwartet habe; ein feiner SF-Thriller zum Thema Generations-Schiff; ca. 7 von 10 Punkten (= 2 Plus).
NETZFUNDE
Über das von Neal Stephenson geleitete Gruppen-Schreibprojekt »The Mongoliad« habe ich bereits in Wochenrückblick 3 berichtet. Nun gibt es erste Inhalte. Ob ich ein Abo nehme, weiß ich noch nicht. Bisher sieht die Sache ganz reizvoll aus.
Cheryl Morgan hat ein neues Webzine gegründet, und in der ersten Ausgabe von ›Salon Futura‹ gibt es ein interessantes Interview mit China Miéville. Miéville erzählt unter anderem aufschlussreich über seine Schreibarbeit, z.B. wie er es anstellt, zwei sehr unterschiedliche Bücher wie »The City and the City« und »Kraken« nebeneinander her zu schreiben.
Zum zweiten Mal bietet die Schirn Kunsthalle Frankfurt eine ungewöhnliche Reihe von 20 Aktionen in 20 Tagen unter dem Titel »Playing The City«. Es geht los am 8. September und ich empfehle allen, die sich für moderne Aktions-Kunst interessieren und Frankfurt besuchen können, vorbeizuschauen. Die Grundidee von PTC dreht sich um die Problematik (und zeigt entsprechende Angebote), wie Kunst in den öffentlichen Raum und in gesellschaftliche Prozesse eingreifen kann. Entsprechend wird es ›Guerilla‹-Aktionen geben, die auf den ersten Blick nicht als ›Kunst‹ zu erkennen sind, die Irritation provozieren und damit ein Appell sein sollen, aus dem Alltagstrott herauszutreten und die Wirklichkeit neu zu sehen, auch um sie besser zu gestalten.
(Deutschsprachige) PHANTASTIK-FUNDE
Letzte Woche habe ich auf eine englische Konfektsammlung mit SF-Genre-Definitionen hingewiesen. Darauf hin bekam ich einen netten Hinweis von SF-Netzwerk-Haberer t.sebesta, der auf seiner Website eine umfassende deutschsprachige SF-Definitions-Sammlung bietet. Vielen Dank für den Tipp!
Oliver Kotowski von ›Fantasyguide‹ beeindruckt mich wieder einmal. Für die Homepage von ›Fantasyguide‹ hat er eine Rezension zu Hal Duncans »Signum« geschrieben (dem zweiten Band des »Ewigen Stundenbuches«) und kommt zu keinem positiven Urteil, was ihn selbst umtreibt und so hat er dann für das Blog von ›Fantasyguide‹ einen löblichen Eintrag über »Die Traurigkeit des Rezensenten« verfasst, wenn man eigentlich große Sympathie für ein Werk empfindet, ihm aber dann doch eine schlechtere Note geben muss, als einem selbst gefällt.
ZUCKERL
Bin über ein kurzweiliges klassisches 8-bit-Spiel gestolpert, richtig gute alte Schule, drei Level mit einem Flugzeug Feinde ballern, und wenn die geschafft sind, gibt’s ein Superflugzeug und einen Survival Modus: Tom Clancys H.A.W.X. 2 Mini Game. Sieht aus und klingt wie ein Commodore 64-Spiel.
Es gibt ja unzählige Tarotkarten-Versionen und seit sehr langer Zeit hat mich keines beeindruckt (zuletzt vor einigen Jahren diese minimalistische Fassung der Großen Arkanum-Karten von John Coulthart, perfekt geeignet für den modernen Großstadt- oder Firmenmagier). Als Freund von zeitgenössischer surrealistischer Phantastik gefällt mir nun das Low Brow Tarot ziemlich gut, das von der Website ›Hi-Fructose‹ präsentiert wird.
Einen neuen Genre-Phantastik-Künstler habe ich entdeckt: zuerst das Blog, dann die Portfolio-Site von Sean Andrew Murray. Der wäre ein hervorragender Bas-Lag-Illustrator, folgt er doch zum Teil der Tradition eher exzentrischer Form- und Strukturbehandlung, für die z.B. Ian Miller ein typischer Vertreter ist. Geht mal stöbern bei Sean. Es lohnt sich!
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Musik: In einer Nostalgie-Anwandlung habe ich mir den Soundtrack von »The Hallelujah Trail« (auf Deutsch bekannt als »Vierzig Wagen Westwärts«) beim ›Musikladen‹ bestellt; — mir bei iTunes die ebenfalls von Elmer Bernstein komponierten »Main Title« von »The Great Escape« (= »Gesprengte Ketten«) runtergeladen; — sowie die (für mich) drei wichtigsten Stücke von Bernard Herrmann für Hitchcock: »North by Northwest – Main Title« (= »Der Unsichtbare Dritte«), »A Portrait of Hitch« (= Suite zu »Immer Ärger mit Harry«) und natürlich die Suite zu »Psycho«.
Für das neue Album »Bring mich nach Hause« von »Wir sind Helden« erst ein Mal Zeit gehabt. Kann grob sagen, dass ich mit diesem Album nicht so gut zurecht komme wie mit den drei Vorgängern. Einige Songs finde ich sogar richtiggehend nervig (»Meine Freundin war im Koma…«, Klavier klingt zudem verdächtigt nach »Mad World«). Am besten gefällt mir derweil »Kreise». — Naja, ich verenge mich musikalisch immer mehr. Pop hat es in den letzten Monaten/Jahren immer schwerer bei mir. Kann sein, dass ich in 5 Jahren nur noch Bach oder Savall höre.
NETZFUNDE
Andreas längere »Reiseberichte«-Einträge wurden deutlich seltener, seit sie für die F.A.Z. arbeitet. Aber hier ist wieder eine von den prächtigen Gemmen, einer jener Einträge, die für den guten Ruf von Frau Diener als einer der besten Bloggerinnen sorgen: der böse könig mit dem muni, über das Schweizer Schwinger-Fest in Frauenfeld.
Kolibris gehören zu meinen Lieblingstieren und so freute ich mich über den Hinweis von ›mentalfloss‹ zu einer Doku über diese Superhelden der Natur zu stolpern. Um genau zu sein, ist das ein kurzer Bericht der Naturfilmerin Ann Prum über die eigentliche Doku, die man bei PBS als Stream gucken kann: Hummingsbirds: Magic in the Air (leider in Deutschland gesperrt, aber vielleicht weiß ja der ein oder andere Molochronik-Leser, wie man diese Sperren umgeht und hat dann seine Freude an der Doku).
Vorletzte Woche habe die »Inception«-Besprechung von Peter Brinkemper aus »Glanz & Elend« empfohlen. Mittlerweile habe ich noch einige ältere Beiträge von Brinkemper gefunden, die sich auch unbedingt lohnen:
Lustige Zusammenstellung zur Kniffelei, das Science Fiction-Genre zu definieren, liefert Charlie Jane Anders für »io9«: How many definitions of science fiction are there? — Die Kommentare sind lustig.
(Deutschsprachige) PHANTASTIK-FUNDE
Ganz vergessen hier zu verlinken! Oliver Kotowskis Phantastische Weltreise ging ja weiter. Hier also der vierte Zwischenstopp: Asien und Ozeanien, mit Empfehlungen zu Büchern von Mo Yan, Amitav Ghosh, Xiaolu Guo, Hwang Sok-yong, Haruki Murakami und Rosie Scott.
Auch wenn ich selbst nix mit Steven Eriksons großem Fantasy-Epos »Malazan Book of the Fallan« anfagen konnte (und nach ca. 200 Seiten den ersten Band weggelegt habe), finde ich Olivers Vorhaben großartig, seine Lektüre der über 10.000 Seiten in einem eigenen Blog, dem Malazan-Tagebuch zu protokollieren. — Ach ja: Ich selber verschenke Band 1 und 5!
ZUCKERL
Wer »Calvon & Hobbes« und/oder Bösewichter aus dem DC-Superheldenuniversum mag, wird an diesem kleinen Comic seine Freude haben: »Joker & Lex«.
Corey Vidal hat selbst-viert ein schönes John Williams Medley eingespielt. Der Text ist »Star Wars« gewidmet und verherrlicht größtenteils Wookies. Die Musik aber stammt von den Williams-Scores zu (natürlich) »Star Wars«, aber auch »Jaws«, »Close Encounters«, »Raiders of the Lost Ark«, »E.T.« und »Jurassic Park«.
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Eintrag No. 646 — War diese Woche meistens in der Minderheit … zumindest, als ich wieder mal bei »Wer ist Dir lieber?« vorbeigeschaut habe um abzustimmen. — Butter oder Margarine?: die Mehrheit mag Butter, aber ich nicht. — Caesar oder Cleopatra?: die Mehrheit mag Cleopatra, aber ich nicht. — Lady Gaga oder Madonna?: die Mehrheit mag Madonna, aber ich nicht. — Lediglich bei den Abstimmungen zu Vollmond oder Neumond, sowie Fox Moulder oder Dana Scully gehörte ich zur Mehrheit: Vollmond und Moulder. (Bei den anderen Abstimmungen war ich unentschlossen oder kannte die entsprechenden Kandidaten gar nicht.).
Lektüre: Derzeit ein etwas planloses Lesen verschiedener Sachen. Kapitelweise oder abschnittwiese wechsle ich zwischen Peter Watsons »The German Genius« und dem ersten Roman einer Quatro, seinem, wie der Autor selbst meint, bedeutendstem Werk. Ich bin sehr zerquält. Nach mehr als der Hälfte von Band 1 zweifle ich wirklich an dem Verstand entweder meiner selbst, oder eben all derer, die diesen Autor und sein Werk so hoch einschätzen.
Desweiteren lese ich zur Erholung querbeet in Mark Twains Spätwerk herum. Vor allem »Der Geheimnisvolle Fremde« (hier zur Originalfassung bei ›Project Gutenberg‹: »The Mysterious Stranger«), nach dem Tod von Twain 1916 erstmals erschienen, hat es mir angetan. Diese Wenig bekannte Fantasy-Geschichte spielt 1590 in einem österreichischen Kaff, und der jugendliche Erzähler Theodor erzählt, wie er und seine Kumpels Nikolaus und Seppi von einem Engel namens Satan besucht werden (einem Neffen des Gestürzten). — Und dann bin ich bei »The Walking Dead« mittlerweile auf Seite 800 von 1088. Ich wähne ein Muster zu erkennen, das mir nicht so ganz schmeckt. Trotzdem: ein großartiges Comic. Hier zu Heft 1 umsonst (auf Englisch).
Eine amüsante und erkenntnisfördernde Idee des »Oribit«-Blogs, die Motive der Coverkunst von Fantasy-Büchern statistisch zu untersuchen: The Chart of Fantasy Art, 2009. Gefunden dank eines Hinweises in Andrea Bottlingers interessanten Blog »Katasthrophengebiet«
Jeff Vandermeer und seine Frau Ann arbeiten derzeit unter anderem an der Anthologie »The Thackery T. Lambshead Cabinet of Curiosities«. Dabei haben sie zu einem Wettbewerb für Kurzbeiträge aufgerufen. Wenn ich kann, werde ich auch versuchen etwas dafür zu schreiben.
Thomas Neumann rezensiert Douglas Coupland: »Generation A« für ›Literaturkritk.de‹. Das ist wieder so ein Symptom, das mich beunruhigt. Ein SF-Roman wie der von Coupland wird in der SF-Szene selbst eher übersehen. Ich kann »Generation A« nur empfehlen. Zugleich sehr komisch, berührend und philosophisch. Hier die Seite zur deutschen Ausgabe bei Klett-Cotta; dort gibt es auch eine Leseprobe der ersten 25 Seiten. Die Figuren des Buches erzählen sich ab der Hälfte gegenseitig spontan ausgedachte Geschichten. Hier ist eine davon als Motion-Comic: »The Short & Brutal Life of the Channel 3 News Team«.
Noch mal Klett-Cotta: Die ersten beiden Bände der neuen Ausgabe von Mervyn Peaks »Gormenghast«-Büchern sind nun erschienen und auch hier bietet Klett-Cotta Leseproben im Netz an, und Interessierte sollten die Vorwörter von Kay Meier (für Band 1: »Der junge Titus«) und Tad Williams (für Band 2: »Im Schloss«) lesen. Vor allem Meiers Einleitung gefällt mir sehr, Williams ist mir etwas zu reisserisch und spoilert mir zu viel von der Handlung (doch seine ehrliche Begeisterung ist trotzdem ansteckend).
Fra Anubis von »Lake Hermanstadt« hat mit Dunkle Pilze einen großartigen Blog-Eintrag über die Bande zwischen moderner Phantastik und durchgeknallten Ideologien geschrieben.
Lindsey ›The Dudette‹ Ellis hat einen feinen Video-Essay erstellt. Nostagia Chick: Playing God über die beiden dominierenden Klischees, wie Wissenschaft in Genre-Filmen dargestellt wird.
Eintrag No. 645 — Diese Woche gibts viel Zuckerl. Keine nennenswerten Ereignisse bei mir diese Woche, außer, dass ich die Molochronik bei Flattr angemeldet habe.
Flattr ist ein Weg, mit kleinen Gutschreibungen einen Internetbeitrag zu entlohnen. Wer bei Flattr angemeldet ist und über ein Guthaben verfügt, kann derweil einmal im Monat der Molochronik etwas spenden (siehe Flattr-Button oben in der rechten Säule). — Sobald ich dazu komme, werde ich die aufwendigeren ›de luxe‹-Einträge der Molochronik mit eignen Flatter-Buttons ausstatten. — Und ich freue mich natürlich, dass ich nach drei Tagen schon einmal geflattert wurde (kein Vergleich freilich zu wirklich beliebten Websites).
NETZFUNDE
Spannend ist der Briefwechsel von Marvin Oppong mit der Stadt Duisburg den »Carta« bietet. Oppong will Einsicht in die Genehmigungsunterlagen der Love-Parade, die so tragisch-tödlich verlaufen ist. Die verschiedenen Behörden mauern, unterschiedliche Auffassungen des Informationsfreiheitsgesetztes prallen aufeinander.
Leider hatte ich noch nicht die Zeit, ausführlich im neuen Gruppenblog der »F.A.Z.«, Deus ex Machina, zu stöbern. Dort soll berichtet werden …
… getreulich und mit Plaisir {…} von den göttlichen Internetmaschinen neuester Art, ihren Berechnungen unberechenbarer Weis- und Torheiten, und ihrem Wirken zum Gedeih und Verderb der menschlichen Art hienieden auf Erden {…}
Sehr gute Besprechung des Films »Agora« im Oliblog. Ich hab den Film im Kino gesehen, obwohl er ›nur‹ auf Deutsch lief. Auch wenn man sich bei der Nacherzählung des Martyriums der durch Fundi-Christen getöteten Bibliothekarin von Alexandria große Freiheiten die historischen Details betreffend genehmigt hat, bietet der Film ein bewegendes Drama und versteht es, weltanschauliche Streitfragen und ihre Verquickung mit einzelmenschlichen Zwängen ergreifend darzustellen. Allen Jungfrauen beiden Geschlechts zur inniglichen Beherzigung anempfohlen
Interviews mit zwei von mir sehr geschätzten Autoren habe ich diese Woche entdeckt: einmal spricht »io9« mit China Miéville über seinen neuesten Roman »Kraken«, warum er Joss Whedons Zeug mag und J. J. Abrams’ Zeug nicht; — und zweitens hat Matt Ruff der Seite »The Author Speaks« Fragen beantwortet, z. B. zum ›Lustiger Schwarzer Kerl‹-Klischee in Äktschnfilmen und seinen nächsten Roman »The Mirage«.
»Inception« ist einer dieser Filme, die das Publikum zum Deuten herausfordern. (Gehört zu den großartigsten Dingen, die ein Film fürs Massenpublikum leisten kann. Statt hinterher nur darüber zu babbeln, was cool, was nicht cool war, werden die Zuschauer animiert, weiter zu fabulieren und philosophieren.) — Peter V. Brinkemper hat für »Glanz & Elend« eine ausführliche Rezension über Christopher Nolans »Inception« geschrieben, die ich als (im besten Sinne) schwurbelige, schwindelerregende Cinemaskopie-Poesie bezeichnen kann. Der Text hat mich beim ersten Lesen etwas verstörend amüsiert (hatte z.B. den Verdacht, der Text sei zu fremdwortversalzen), doch die Zweitlektüre versetzt mich in einen schmunzelnden Sprachrausch, durch Sätze wie folgenden:
In »Inception« sind Träume und Traumzustände lebendige Membrane von anwesenden und unsichtbaren, aber spürbaren Ereignissen, Träume werden durch Kollektivschaltung zu sanften oder heftigen Dramen, immer noch intersubjektiv beeinflussbaren Situationen und relativ klaren Bewusstseinszuständen, zwischen rationaler Konstruktion, gezielt eingreifender, dominanter Manipulation und unwillkürlich subjektiver Projektion.
Nix Neues, aber eben letzte Woche von mir entdeckt, nämlich dass es eine Web-Site zum Werk des grandiosen deutschen Zeichners Hans Georg Rauch gibt. H. G. Rauch ist vielleicht am bekanntesten durch seine Illustrations-Reihe ›ZEITzeichen‹ für das große Hamburger Wochenblatt. Ist aber schon viele Jahre her. Rauch kann Wimmelbilder schraffieren wie nur wenige. Vor allem seine Auseinandersetzungen mit Strukturen, den Themen Landschaft und Architektur sind atemberaubend. Leider sind die Wiedergaben im Netz oft zu klein für diese detailreichen Meisterwerke.
ZUCKERL
Der ›Nostaligia Critic‹ hat einen dreiteiligen »Animaniacs« Tribut erstellt, in dem er Glanzmomente dieser Cartoon-Reihe zeigt und mit den Autoren & der Autorin (die teilweise auch Sprecher bzw. Sprecherin einiger Figuren sind) einen ausführlichen & erhellenden Plausch geführt. Ein Muss für Freunde des höheren Blödsinns.
Habe die Seite Springfield Punks entdeckt. Hier entwerfen Freunde der Familie Simpson selbst ihre gelbhäutigen Springfield-Versionen bekannter Figuren, von denen es eben noch keine Simnpson-Version gibt. Hier z.B. die »Watchmen«-Hauptfiguren im Matt Groening-Stil. Kann man bitte mal den ganzen Comic so machen?
Apropos ›Comic machen‹: Mahendra Singh zeichnet phantastische Illustrationen mit klassisch-altmodischem Strich (erinnern mich an Emlematik-Zeichnungen und Max Ernst). Ich freue mich schon auf den von ihm zum Graphic Novel hoch-illustrierten Lewis Carroll-Schaffenshöhepunkt »The Hunting of the Snark«, der im November erscheinen wird. In Mahendras Blog »Just the place of a Snark« kann man den Werdegang der Illustration vom Mai 2007 an verfolgen. — Hier als Beispiel die Doppelseite 10/11 des kommenden Buches, aus dem ›Second Fit‹ (›Zweiten Krampf‹).
Eintrag No. 644 — Ich will nicht jammern, dass ich alt werde, aber derzeit spüre ich schon, dass ich einen BrotJob mit langen Schichten hab, Illustrationen für Propjekte zeichne, und Kurzgeschichten übersetzte. — Wobei ich mich sehr glücklich schätze, denn die Kurzgeschichten gefallen mir sehr gut.
Musik: Bin immer noch zu 90% in KlassikGefilden unterwegs, genauer: Barock. Habe große Freude mit den 4 Alben der Vivaldi’schen »Concerti da camera« in der Aufnahme von ›Il Giardino armonico‹. — Vergnüge mich dabei, verschiedene »Die Kunst der Fuge«-Aufnahmen zu vergleichen (überraschend gefühlvoll und schimmernd die von Jordi Savall & Hespèrion XX; — energisch und klar die von Reinhard Goebel & Musica Antiqua Köln; — episch orchestral hinbetoniert oder mit Stahlklingen-Cembalos geschweißt ist die Einspielung von Herman Scherchem & Wiener Rundfunk Orchester). — Neu hab ich auch eine Aufnahme von Francois Couperins »Les Nations«, wieder vom Jordi Savall.
Lektüre: Nach dem Doppelpack der dicken, heftigen Niebelschütz-Romane verpasse ich mir eine umfangreiche Sachbuch-Kur. Da ich nicht warten will, bis der neue Peter Watson auf Deutsch erscheint (und die US-Ausgabe deutlich günstiger UND schöner ist) habe ich mir »The German Genius« (Leseprobe) beim ›Readers Corner‹ besorgt. Peter Watson hat mich 2001/2002 mit seiner Kulturgeschiche des 20. Jahrhunderts, »Das Lächeln der Medusa«, und ebenso dann 2007 mit seiner großen »Ideen«-Menschheitskulturgeschichte für sich gewinnen können. — Nun geht es also um die letzten 250 Jahre deutsche Kulturgeschichte, ›von Bach bis Benedict XVI.‹ wie die deutsche Ausgabe trällert. Bisher habe ich mir die Overtüre und die Conclusio durchgelesen und kann sagen: taugt mir, was der gelahrte Herr Engländer da schreibt. — Hier eine Rezi der New York Times von Brian Ladd: Made In Germany, die zwar durchaus kritisch urteilt, dass »The German Genius« zuviel Sekundär- (statt der Original-)Stimmen sampelt, aber ich schließe mich nicht dem Urteil an, dass Watson zu trocken erzählt oder sein Buch von zuviel Namedropping erstickt wird. Da sind schon große Linien drin, die aus dem ganzen eine Story machen.
NETZFUNDE
Herzlichen Glückwunsch!!! zum sechsten Jahrstag wünsche ich Netzpolitik, aus meiner Sicht eines der wichtigsten Blogs in Deutschland. Markus Beckedahl blickt zurück und erzählt, wie Netzpolitik entstanden und gewachsen ist, und was er da versucht zu machen.
Neueste Ausgabe der »SF- und Fantasy-Rundschau« der österreichischen Tageszeitung »Der Standard«. Soweit ich weiß, die einzige Zeitung, die eine derartige Rubrik pflegt, noch dazu mit Blick auf interessante Neuerscheinungen des deutschen und englischsprachigen Marktes. Großes Lob!!! Zeus und die Zeitmaschine. Treffich die Anmerkung zur Eröffnung der Rezi zu Kai Meiers »Seide und Schwert«:
Einmal ganz allgemein gesprochen: Ein bisschen mehr Fantasie bei Plots und Worldbuilding dürfte es für meinen Geschmack in der Fantasy — und speziell dem eingeengten Spektrum, das auf Deutsch erscheint — ruhig sein.
Frank Drehmel hat für »Phantastik-News« eines meiner Lieblings-Fantasy-Comics rezensiert: den ersten Band der »Die Gefährten der Dämmerung«-Trio von François Bourgeon: »Im Zauber des Nebelwaldes«, neu editiert, exzellent übersetzt und gedruckt bei Splitter erschienen. Vor allem der voluminöse dritte Band hat mich vor vielen Jahren umgehauen.
Erik Schreiber ist einer der produktivsten Rezensenten der deutschen Phantastik-Szene. Manche winken ab, meinen, dass seine Besprechungen zu routiniert, zu unkritisch und zu ›flach‹ seien. Ich denke, dass Eriks Besprechung des ungeheuerlichen Artefakt-Buches »Das Haus« von Mark Z. Danielewski zeigt, dass, wenn sich Leser auf eine Lektüre einlassen, die mehr als nur eine anspornende Herausforderung, ja eigentlich eine Zumutung ist, wunderbare Leseerlebnisberichte die Frucht der Mühen sein können. Kurzum: Erik kann wundervolle Rezis schreiben, wenn dieser sagenhafte Schnell-Leser (er schafft ein, ab und zu auch zwei normale Taschenbuch an einem Tag) Bücher anpackt, die seine Lesemuskeln herausfordern.
WORTMELDUNGEN
Zuerst habe ich ja noch gedacht, ich platziere den neuesten Essay der »Phantastik-Couch« unter der Wochenrückblick-Rubrik »Rüge«, denn Andrea Bottlingers Text Die Zukunft der Fantasy erschien mir im Affekt erstmal nur ärgerlich schlecht aufgebaut. Dann aber dachte ich mir, ich melde mich besser erstmal mit paternalistisch-demütiger Besserwisserei im Blog von Frau Bottlinger und versuche auszudeutlen, was mit dem Essay meiner Ansicht nach im Groben nicht stimmt.
Wieder mal ist ein Artikel über Ayn Rand erschienen, diesmal am 5. August in der »FAZ« geschrieben von Ingeborg Harms: Sie sah den Übermenschen als Unternehmer. In den Kommentaren habe ich einen kecken Aphorismus, der in der englischsprachigen Welt herum-memt, zu Rands Werk übersetzt:
Es gibt zwei Romane, die das Leben eines büchernärrischen Vierzehnjährigen verändern können: »Der Herr der Ringe« und »Atlas wirft die Welt ab«. Der eine Roman enthält kindische Phantastereien, die oftmals eine lebenslange Obsession für seine unglaubwürdigen Helden hervorruft, und so seine Leser zu emotionell unterentwickelten, sozial verkrüppelten Erwachsenen werden lässt, die unfähig sind, mit der wirklichen Welt zurecht zu kommen. — Der andere Roman ist freilich der, in dem es Orks gibt.
ZUCKERL
Habe nach längerer Zeit mal wieder im »Moby Dick™«-Gruppenblog gestöbert. Natürlich verlange ich ab nun von jedem Amœnokraten-Anwärter, dass er alle Fragen eines Dilettanten mit einem Radio daheim für sich beantworten muss.
Karten sind ein wundervolles Mittel nicht nur fürs Zurecht- und Wegfinden in der materiellen Welt, sondern auch als Verbildlichungs-Instrument zum Sichtbarmachen immaterieller Dinge. Also, hier ist die 2010 Networking Map u. a. mit den LOL-Cat Inseln und den Google Informations-Sammel-Außenposten.
»Super Punch« bietet eine wunderbare kleine ›Ausstellung‹, mit künstlerischen Arbeiten die vom Werk China Miévilles inspiriert wurden: Dispatches from a Troubled City.
Hier hat ein echter Menschenfreund eine große Sammlung klassischer Entenhausen-Comics zusammengetragen. Ach, die Zeit möcht ich haben, mich auf Tage darin zu verliehren!
Flattrn Sie diesen Eintrag, wenn Sie der Meinung sind, dass er etwas wert ist.
Eintrag No. 641 — Nicht lange rumlgelabert. Hier die dieswöchigen Links.
NETZFUNDE
Peter Sloterdijk, den manchen ja nur für einen bedenklichen Dampfplauderer halten, dessen Bücher mir aber großes Vergnügen bereiten, hat in »Der Welt« ein Interview gegeben: »Wir leben in einer Frivolitätsepoche«. Interessant ist, dass Sloterdijk dieses Gespräch dazu nutzt, irrige Interpretationen zu Äßerungen von ihm aus dem letzten Jahr zu relativieren. Sloterdijk hatte (flappsig umschrieben) in der jüngsten Vergangenheit vom verbrecherischen Akt erster Aneignungen und dem Steuerstaat als großen etablierten Dieb von Privatvermögen gesprochen und schließlich davon, dass es wünschenwert wäre, man käme weg von einer Zwangsabgabe hin zu einer neuen Kultur des Mäzenatentums und Spendens. Jetzt nun sagt er deutlich, dass der Staat sich durch irrationale Wirtschaftsideologien entmächtigen ließ, in der Finanzkrise aber wieder als einziger Milliardär der importiert rettend auftreten dürfe.
Othmar Keel lieferte für die »NZZ« einen Essay über die tierischen Ursprünge der Engel: Unheilabwendende Schlangen und geflügelte Löwen. Lustig, wie kurz skizziert wird, wie aus Schlangen (griechisch: ›seraphis‹) kleine nackte Bürschchen werden (römische Eros-Figuren).
Endlich: das Prospekt zum gesetzten »Zettel’s Traum« von Arno Schmidt als PDF. Auch wenn ich fürchte, dass ich kaum Zeit haben werde, mich ab Herbst dem Monsterschmöker mit gebührender Hingabe zu widmen, freue ich mich schon darauf, mir das Teil endlich ins Regal zu stellen und damit meine Schmidt-Werksausgabe zu kompletieren.
Auf dem letzten Comic-Con saßen J. J. Abrams und Joss Wheadon (Teil 1 von 7) gemeinsam auf dem Podium und beantworteten Fragen zum Thema Geschichtenerzäheln. Höhepunkte: Joss wuppt Maximal-Komplimente in Richtung J. J. für dessen »Star Trek«-Film. — J. J. fällt schockiert in sich zusammen, als Joss erklärt, dass er beim Drehbücherschreiben ohne Überarbeitung auskommt.
(Deutschsprachige) PHANTASTIK-FUNDE
Zufällig entdeckt, dass Georg Seeßlen seit einem guten Jahr unter die Blogger gegangen ist. Seeßlen schreibt sonst sehr gute Filmrezis für die großen Feuilletons, und ist mir seit langer Zeit als Sachbuchautor bekannt (legendär z.B. sein »Lexikon der Unterhaltungsindustrie« aus den Siebzigern). Sein Blog hat den ›verstörenden‹ Titel Das Schönste an Deutschland ist die Autobahn, und entdeckt habe ich es über den Eintrag CONTRA NATURAM: oder Die Weltordnung und das Wunder, einem gehaltvollen Kurzessay zum Thema Phantastik, Fantasy und Weltbilder.
Entdeckt habe ich das PDF-Magazin von Literaturzirkel. Monatlich reichlich Rezis, Schwerpunkt zwar auf Phantastik, aber immer wieder auch zu literarischen Titeln. Werd ich im Auge behalten.
In der »NZZ« erschien am 29. Juli eine unterhaltsam zu lesende Rezi von Leopold Federmair zum zweiten Borges & Casares-Band der neuen Hanser-Werkaushabe (ich habe die Fischer-Taschenbuchausgabe der Erstauflage): Dumme Detektive. Vor allem stimme ich dem Lob zur Anmerkungs-Poetik von Gisbert Haefs zu.
›Thomas Sch‹ hat für »Roter Dorn« eine Rezi »Die Zimtläden« von Bruno Schulz (dtv-Taschenbuchausgabe der Neuübersetzung bei Hanser) geschrieben.
Sehr gefreut habe ich mich über Oliver Kotowskis Rezi bei »Fantasyguide« zu dem schmalen aber feinem Büchlein »Die Erscheinungen im Weißen Hotel« von Herbert Rosendorfer (Text) und Fabius von Gugel (Illustrationen). Leider gibt es im Internet kaum Bilder des 2000 verstorbenen Phantastik-Künstlers Fabius von Gugel zu sehen. Ich hatte vor Jahren das Glück, den Bildband »Das graphische Werk« aus dem DuMont-Verlag günstig zu bekommen. Tja deutsche Phantastik-Feinschmecker, stöbert herum und lernt von Gugel kennen!!!
Für die »Literarische Welt« schrieb Elmar Krekeler eine Empfehlung zu »Handbuch der Detektive« von Jedediah Berrys. (Ich selbst bin, aus Mangel an Kenntnis des Werkes von Tschechow, ein Borgesianer). Dank an Oliver Naujoks für den Hinweis!
Bescheidgeb: Hier gehts zum PDF vom Fandom Observer No. 254; enthält unter anderem eine Rezi zu Dan Simmons »Drood«.
ZUCKERL
Der ›Narr im Wald‹ berichtet von seiner Begeisterung für die Collage-Romane von Max Ernst: Drive-In Saturday: Ernst Enough For Us. Viele Links, unter anderem zu …
… dem Künstler Dan Hiller, der die Tradition von Max Ernst weiterführt, speziell für alle heutigen Fans von Belle Epoche-Klamotten tragenden Hybrid-Wesen. In seinen Gallerien gibt es z. B. einen Vogelgentlemen mit hutlüpfendem Hut; — einen Waldgeist in blauer Nass in Nass-Technik; — und ganz blöd zusammengewachsene siamesische Brüder.
Eintrag No. 637 — In Bericht dazu, wie ich beim diesjährigen Deutschen Phantastik Preis abgestimmt habe, entspann sich ein Gespräch über Unzufriedenheit mit dem Einerlei routinierter Rezensionen, Wünsche nach besserer Vernetzung oder Zusammenspiegelung der ›anspruchvolleren‹, oder zumindest ›interessanteren‹ Phantastik-Kritikertexte. Ob und was ich unternehmen werde um den gefühlten Mangel zu schmälern will ich nicht zerreden (Aberglaube Aberglaube), was ich aber ab jetzt im Wochenrückblick anbieten werde, ist die Rubrik »Phantastik-Funde« (oder »Fantastik-Pfunde«?).
NETZFUNDE
Riesenlanges zweiteiliges Interview mit Fiktions-Großmeister Alan Moore anläßlich des englischsprachigen Erscheinens des nächsten Kapitels seiner »League of Extraordinary Gentlemen«-Saga, »Century: 1969«. Teil 1: Bestiary of Fictional Worlds, Teil 1 und Bestiary of Fictional Worlds, Teil 2.
Solange ich selbst keine Rezi zu China Miévilles jüngstem Roman »Kraken« rummwachsen lasse, hier als Trost ein informatives und offenherziges Interview mit dem Meister, das Jason Heller am 15. Juli für AV-Club geführt hat: Toying Around With The Mack-Daddy Of All Zap-Guns (Titel von Molo vergeben, nach einer Stelle aus dem Interview).
(Deutschsprachige) PHANTASTIK-FUNDE
Myriel, die fleissige Leserin, lieferte am 22. Juli eine geschickte und lobende Rezi zu Oliver Plaschkas hervorragendem Roman »Die Magier vom Montparnasse«.
Ich finde es immer spannend, wenn ›Genre-Leser‹ über den Tellerrand gucken und Sachen besprechen, die ›eigentlich‹ nicht als Exemplar aus dem Reich der Phantastik gelten. Gutes Beispiel: Thomas Harbach hat für »SF-Radio« zwei Bücher von Uwe Tellkamp verköstigt, »Der Eisvogel« und »Der Turm«.
WORTMELDUNGEN
Habe mich im Blog des von mir sehr verehrten Verlages Klett-Cotta gemeldet, bei einem Info-Filmchen zur deutschen Ausgabe von Tolkiens »Sigurd und Gudrún«, um Parkettboden-Alarm zu gebenxnb
Als komisch deklariert, aber doch schon auch sehr nützlich, erklären diese Filmchen des »Japan Culture Lab« uns Langnasen, wie sich traditionsbewußte Japaner benehmen. (Leider habe ich nicht alle Filmchen der Serie mit englischen Untertiteln gefunden. Es fehlen also die Einträge zu ›Grünem Tee‹, ›Süßen Nachspeisen‹, ›Reiskloßkneten‹ und Teil 3 und 4 von ›Mann wirbt um Frau‹).
tejime (手締め): Jubel-Klatschen bei förmlichen Anläsen wie z.B. Shareholder-Versammlung oder Vertragsabschluss;
shazai (謝罪): Kunst der Entschuldigung in verschiedensten Härtstufen, je nach Schwere des Vergehens;
dogeza (土下座): Weil schwerer als die anderen Entschuldigungen, ein eigener Eintrag nur für das, was bei uns als ›Kotau‹ bekannt ist;
origami (折り紙): Die Kunst des Papierfaltens, mit einem spektakulären Kampf zweier Meister;
hashi (箸): Ess-Stäbchen, wie man sie trennt und hält;
sushi (鮨): Wie man ein Sushi-Restaurant betritt, dort bestellt und bezahlt. Mit englischer Synchronisation;
kosai (Mann wirbt um Frau), Teil 1 und kosai, Teil 2: Superkomplex. Leider kann ich Teil 3 und 4 nicht finden.