Hier die vierte Lieferung der (fast) täglichen kulturellen Link-Bonbons, die mir Freude machen und Kraft spenden und die ich seit meinem Burnout-Zwischenfall mit ›meinen Leuten‹ in einer kleinen Privatmitteilungs-Gruppe bei Twitter teile.
Hier die zweite Lieferung mit kulturellen Bonbons, die mir in meiner Burnout-Zeit Freude und Kraft spenden, und die ich in meiner Arkadischen Guerilla-Twitter-PM-Gruppe teile.
Ich stecke fest und der diesjährige Jahresrückblick kommt nicht voran. Habe mich nun entschieden, dass ich via Twitter — Molos Zwitscherei — bescheid gebe, wenn ich fertige Kategorien hier ergänze. Damit ihr geschätzte MolochronikLeser aber schon mal was habt, hier das bisherige ›Work in Progress‹.
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Willkommen bei meinem Jahresrückblick zu den edelsten Zeitverschwendungen, der explosivsten Unterhaltungsmunition, lindernsten Seelenmedizin & potentesten Bewusstseinshanteln des Jahres 2013.
Überflüssig zu erwähnen – aber sicherheitshalber hier noch extra betont –, dass dies meine persönlichen Favoriten des Jahres 2013 sind, & ich deshalb mit GOttgleicher Objektivität alle anderen Bestenlisten zunichte mache. Wenn Eure Lieblinge hier nicht aufgeführt werden, könnt Ihr ja zur Abhilfe Haare raufen & mit den Zähnen klappern. Vielleicht bringts ja was.
Titel, die ich nicht gesehen, gelesen, gehört oder gespielt habe, bleiben natürlich aussen vor. Vor allem bei den Filmen & Games wurde ich vieler Sachen, die mich brennend interessiert hätten, 2013 noch nicht habhaft (ganz besonders bitter beklage ich, dass der neuste in Deutschland anlaufende Ghibli-Zeichentrickfilm »Der Mohnblumenberg« in der ach so mondänen Metropole Frankfurt grad mal eine Woche in den Kinos war).
Die Sortierung folgt diesmal dem Alphabet (nach Autorennachnamen oder Titel), die Reihenfolge stellt also in sich keine Wertung dar (besondere Hervorhebungen wurden in die Kurzbeschreibung integriert).
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GUT BUCH (Prosa)
»Pulsarnacht« von Dietmar Dath: Siehe meine Besprechung in diesem Blog. Spontane Kurznotiz nach Beenden des Buches: »Es ist für mich 100 x vergnüglicher, mich mit den Romanzumutungen von Dath abzurackern, als Spaß zu haben mit den mundgerechten Schreibformel-Ergebnissen eines Eschbach«
»Nimmèrÿa 1: Geschichten aus Nimmèrÿa« von Samuel R. Delany: Meine erstes Buch von Delany mit dem er sich in meine oberste Fantasy-Liga katapultiert hat (in der sich auch Mervyn Peake, John Harrison & China Miéville befinden). Mit wunderschöner Sprache & erlesenem Stil schildern fünf Kurzgeschichten Schicksale größtenteils einfacher Leuz in einer gut geerdeten Fantasywelt (kann aber auch eine verschollene, unbekannte Vorgeschichtsepoche sein, wie ein fiktives akademisches Vorwort andeutet). Es geht um die Queste der Erkundung der eigenen Sexualität, um sozialen Wandel im Zuge sich ausbreitenden Handels & Geldwirtschaft, um Adelsintrigen, Drachenreiter & Befreiungen aus Verließen. Mich begeistert, wie scheinbar spielerisch Delany es versteht hohen Ton, philosophische Spekulation und gewöhnliches Leben zu vereinen. Freue ich schon sehr auf die weiteren Bände dieser deutschen Ausgabe der Geschichten aus Nimmèrÿa und anderer Bücher von Delany.
»The Quantum Thief« (Jean le Flambeur #1)von Hannu Rajaniemi: Was für ein Debüt! Schon mal vom Start weg grandios, wenn ein Hi-Tech-SF-Thriller sich vor dem ehrenwerten Klassiker »Arsene Lupin« von Maurice Leblanc verbeugt. Hier gibt es alles, was das Herz begehrt: interessanten Weltenbau; entsprechend der vielfältigen ausgeklügelten Technik-Gadgets & Szenerien wohlfeile SF-Poesie. Die Handlung verläuft zweigleisig: a) ein Meisterdieb auf der Suche nach seinem irgendwo versteckten Selbst und b) ein idealistischer Amateurdetektiv soll einen Mord an einen Chocolatier aufklären. Die Äktschnszenen sind bombastisch, Humor- & Emotionseinlagen sind gelungen, die Schreibe ist komplex & kompakt und der Roman damit ein Feuerwerk der Vielfalt: Kurz: ein Spitzen-Titel der Lust auf mehr macht (Band zwei »The Fractal Prince« liegt schon bereit).
Thomas Pynchon hat sich seit »Against the Day« in den letzten Jahren zu einem meiner Helden gemausert, zu einem der Autoren, von denen ich mich mit Freuden überfordern lasse. »Mason & Dixon« & »Gravity’s Rainbow« stehen mir noch bevor. Zweiteren habe ich mittlerweile drei Mal angefangen & stecke immer noch irgendwo in der Mitte. — Aber folgende beiden Romane habe ich letztes Jahr genossen:
• »Bleeding Edge«
• »Vineland«
Neal Stephenson:
• »Zodiac«
• »Interface«
Tad Williams: »The Dirty Streets of Heaven« (Bobby Dollar #1), ungekürztes engl. Hörbuch, gelesen von Joe May: Finde ich ja total toll, dass ich nach vielen, vielen Jahren mal wieder was von Tad Williams gefunden habe, was mir richtig gefällt (Mega-Verrisse schreibe ich nämlich eigentlich nicht so gern). Obwohl dieser Roman nicht mehr darstellt, als dass Herr Williams aufgeschlossen hat an die Mode, sich klassische Mythen, wozu auch der Fundus phantastischer Figuren & Themen der Bibel gehören, in zeitgenössischer Stadtlandschaft tummeln zu lassen (er ist nun also da angekommen wo »The Sandman«, die »Books of Blood«, »Hellblazer«, »Preacher« & mannigfache andere urbane Fantasy schon seit Jahrzehnten weilen), ist das Ergebnis doch eine sehr kurzweilige Freude. Krimi, Komik & Tragik, Spannung, ein bisschen Horror, dargeboten durch einen sich am Noir Krimi-Schnodder orientierenden Erzähler, eine gute Portion »Fuck You!« in Richtung religiöses Schwarz-Weiß-Denken, ein Engel der sich mit einer Höllenschönheit im Bett wälzt … und die Sache ist perfekte Kurzweil. — Habe leider noch nicht prüfen können, was die deutsche Fassung taugt & bin sehr gespannt, welche Umsetzung & Reaktionen Buch 2, »Happy Hour In Hell«, auf dem Deutschen Markt erleben wird, denn da dreht Williams richtig heftig auf und bietet (für seine Verhältnisse heftig krasse) Grausamkeit, Groteskerien, Blutorgien & Ekelsex, dämonische Frauen die mit bezahnten Muschies Männer vergewaltigen, bis zum wonniglichen Brechreiz.
Desweiteren erwähnenswert & einen Versuch wert:
• J. R. R. Tolkien: »The Lord of the Rings«, ungekürztes Hörbuch gelesen von Rob Inglis:
• Suzanne Collins: »The Hunger Games«-Trio (»The Hunger Games«, »Catching Fire«, »Mockingjay«)
Laurie Penny: »Fleischmarkt: Weibliche Körper im Kapitalismus« / »Cybersexism: Sex, Gender and Power on the Internet«:
Jon Peterson: »Playing the World«:
Jeff Vandermeer & Jeremy Zerfoss: »Wonderbook – The Illustrated Guide To Creating Imaginative Fiction«:
GUT COMIC
Hiromu Arakawa: »Fullmetal Alchemist«:
China Miéville: »Dial H for Hero«:
Osamu Tezuka: »Buddah«, 8 Bände
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GUT MUKKE
»Random Access Memory« von Daft Punk:
»The Last of Us« von Gustavo Santaolalla:
»The Golden Age« von Woodkid:
GUT GAME (PS3)
Zum ersten Mal die Sparte ›Games‹ & hier kommt die alphabetische Sortierung voll sinnvoll zum Zug, denn mich bei diesen Titel entscheiden zu müssen, welches nun die anderen überragt, ist mir unmöglich. Alle Gold!
»The Last of Us« von Naughty Dog: Immer wieder klopfe ich meine Gemütslage in Sachen Games ab, & komme stets zu dem Ergebnis, dass TLoU mein bisheriger Lieblingstitel aller Zeiten ist. Okey, der Multiplayer ist mörderschwer & ich inmitten lauter Kopfschuss- & Schleichkünstler eine absolute Nulpe. No Fun. Aber wer braucht Mehrspieler, wenn die Einzelspieler-Geschichte so überragend gut geschrieben & inszeniert ist. Das Genöle von Rezensenten, die meinen, TLoU wäre eigentlich arg flach & glänze nur darin, die Spieler ›emotionell zu manipulieren‹, entstammt zwar einer durchaus bedenkenswerten Kritik-Tradition, die 90° zur ›Effekt bewirkt Affekt‹-Programmatik des Urvaters der modernen Reisser-Poetik Edgar Allan Poe verläuft, aber völlig verkennt & entsprechend fehlurteilt, wie heftig & imho relevant die Tragödie ist, die dieses Spiel erzählt & spürbar macht. — Ein Mensch reisst nieder, weil er nicht loslassen kann; wird zum Zerstörer, weil er Nähe erzwingen will; raubt der Mehrheit die Hoffnung, weil er seine eigene Verzweiflung alleine nicht bewältigen kann. — Nicht nur die reisserischen, spektakulären, schockenden Sequenzen & Aspekte wurden hochwirkungsvoll umgesetzt, auch & gerade die umsichtige Sorgfalt, mit der die zarten (»You’re gonna so sing for me when we get through this«), kleinen (»Gnomes are super cute. Not Fairies though. They creep me out.«), beiläufigen (»Your watch is broken«) menschlichen Details platziert wurden, macht das Spiel für mich so groß. Überall subtil verteilte Spuren von Kindern & zerstörten Familien, der Härte des Überlebens in der Postapokalypse. und dann erst die Giraffen, der Schwan, der Hirsch, der Schneehase. — Taschentücher bereithalten.
»Grand Theft Auto V« von Rockstar: Eingestanden, dass auch mich leichte Wehmut umflorte, weil der Titel nicht mit der Wirkmacht bei mir einfetzt, wie ich erwartet habe. Andererseits war meine Erwartung eben auch ungescheit heftig uffgedreht … eine Grundstellung, mit der man sich fast zwangsläufig einen Kick ins Gemüt reserviert. Doch trotz der ein oder anderen nervigen Nebenfigur, kleiner Macken des Einzelspieler-Modus, & des mich ziemlich frustrierenden, weil lahmarschigen Mehrspieler-Modus, wurde ich beschert mit einer überwältigend gestalteten Welt, vielen amüsanten Details, ‘nem flockigen Gameplay & mit Michael, Franklin & Trevor eine wuchtige Spielfiguren-Trio. — Sonderpunkte gibt’s für den coolen Soundtrack unter anderem mit Tangerine Dream. — Weitere Sonderpunkte gibt’s für Yoga als Minispieleinlage. Macht immer gute Laune, wenn Michael mit hochrotem Kopf wieder in die Senkrechte kommt.
»Ni no Kuni« Take-5 & Studio Ghibli: Dummerweise habe ich »Ni no Kuni« gar nicht fertig spielen können, weil mein Speicherstand bei einem Crash verlorenging. Aber die ¾ der Geschichte, die ich absolviert habe, riechen locker (!) für einen Platz unter den Jahresbesten. Die Gestalter von Studio Ghibli & ihr Hauskomponist Joe Hisaishi brillieren darin, allen zu zeigen, wie umfassend doll ein Game daherkommen kann. Die Bossfights auf ›normal‹ brachten mich lustvoll zum Schmitzen. Besonders begeistert mich, wie die Story unerschütterlich auf Prinzipien des Ausgleich-Schaffens und der Harmonie-Verbreitung aufbaut. Hier kann man seine (völlig unironisch gemeint) Gutmenschen-Mukkis trainieren, und das sollten viel mehr große Titel wagen. — Zur Sicherheit Taschentücher bereithalten. — Genuss des Spieles kann dazu führen, dass man mit Decke als Umhang und Stecken als Schwert durch die Nachbarschaft rennt um Leuten zu helfen.
»Ico« von Team Ico: Okey, ich hinke ein klein wenig hinterher, dass ich erst im vierten Quartal 2013 dazu kam, diesen Klassiker aus dem Jahre 2001 zu spielen. Ändert aber nix an meiner Begeisterung für dieses eigentlich sehr simple Spiel. Junge mit Hörnern & Mädchen in Weiß wollen aus einer gigantischen Burgruine entkommen. Rufen. Händchen halten. Schattenmonster kloppen. Kisten schieben. Klettern. Hebel umlegen. Was für eine überraschende Stimmungs-Melange aus kraftvoller Zärtlichkeit & unheimlicher Menschenleere. Habe nach über 10 Jahren sofort verstanden, was ein Freund damals meinte, als er mir »Gormenghast«-Fan dieses Spiel empfahl. — Für den Schluss unbedingt Taschentücher bereithalten.
GUT FILM
»Django Unchained«: Herr Tarantino trifft stets meinen Geschmack & jeder seiner Flicks beglückt mich mit grandiosen Ideen, kreativem Erzählen, aufwühlenden Wendungen & Perspektiven, vor allem aber mit knackigen, langen Dialogen. Herr Waltz diesmal als heldenhaft guter Deutscher, Herr Caprio zu Abwechslung mal als egomanischer Herrenmensch & viele weitere Darsteller in hinreissenden Rollen. Zudem: angenehm humorig-launig diese engagierte Anklage des ansonsten missachteten Themas Sklaverei in USA.
»The East«: Überraschungstreffer. Wollte eigentlich nur mal wieder einen Film mit der mich stets begeistern Ellen Page gucken. Trotz der enttäuschend konventionell-feigen Schlussvolte ein aufwühlender, ruhiger Film über die Rache der Leute mit zuviel Gewissen. Allein die Szene mit der Widerstandskämpfer-Initiation beim gemeinsamen Abendessen zog mir den Teppich unter den Füssen weg. So geht Publikumsbeschämung die inspiriert. — Ein halbes Taschentuch bereithalten.
»Gravity«: Abgesehen von der umwerfen Achterbahnfahrt im All; den spektakulär perfekten Bildern & teilweise irre langen Kamereinstellungen; der überzeugenden Veranschaulichung, dass das Kaporresgehen von Dingen große Schönheit zeitigt; erstaunte mich hier, wie gut Frau Bullock sein kann, wenn man ihr entsprechend was zu tun gibt.
»The Hobbit (2): The Desolation of Smaug«: Siehe meine Besprechung in diesem Blog. Kurzfassung: Bisher mein liebster Mittelerde-Rambazamba.
»Jack Reacher«: Derzeit mit liebster Film mit Tom Cruise, was weniger an Herrn Cruise liegt (der hier schlicht gutes Handwerk abliefert), sondern der geschickten, angenehm altmodischen Inszenierung zu verdanken ist. Absoluter Hammer allerdings ist Werner Herzog (& seine leblosen, vor niederträchtiger List funkelnden Augen) als gieriger, strenger & grausamer Oberböser. — Siehe auch meine Rezension zu dem (hier nicht verfilmten) ersten Roman von Lee Child mit Titelhelden Jack Reacher.
»Pacific Rim«: Auch Herr del Toro ist so einer, der bisher nichts abgeliefert hat, was mir missfällt. Guckt genau hin, wie edel, wahrhaftig & freudvoll stumpfe Prügeleien zwischen Riesenmonstern & Titanen-Roboterrüstungen sein können, wenn sie ohne dummes Ironie-Augenzwinkern, sondern mit viel Detail-Liebe & Choreographie-Können aufgeführt werden. Bienchen jeweils für Rinko Kikuchi als zarte aber wehrhafte Mako Mori; den feinen Stockkampf; & die allerliebst gestaltete fremdartige Welt, aus der die Monster kommen. — Mein persönlicher Lieblingsfilm des Jahres!
»Silver Linings Playbook«: Sozusagen »Harry Meets Sally« für Leuz mit bipolarem Dachschaden (also MelanchoManiker wie mich, auch wenn ich bisher nur laienhaft von meinen Freunden diagnostiziert wurde). Nicht mehr als eine Gute Laune-Romanze, aber eben erfreulich herzhaft gegen das verständliche Theater anstänkernd, normal & brav sein zu wollen. Wenn schon normal sein, dann weil es einem selbst gut tut, nicht weil es ›die anderen‹ halt gern so hätten. Hut ab für das Tanzfinale, das mit all seiner Ungeschicklichkeit menschlich berührt. — Mindestens ein Taschentuch bereithalten.
»12 Years A Slave«: Neben »The East« sicherlich der ernsteste, erwachsenste Film dieser Liste, & im Gegensatz zu »Lincoln« eine rundum gelungene, notwendige, schmerzliche, intensive & plättende Geschichtslektion. Auch die Inszenierung traut sich immer wieder Sachen aufführen, die man selten so konsequent gemacht vorgesetzt bekommt. Ein Meisterwerk. — Mindestens eine Packung Taschentücher bereithalten.
Ebenfalls gut, wenn auch mit Abstrichen oder Vorsicht zu genießen:
• »The Conjuring«: Gute Gespensterfilme sind rar, aber hier wurde fast alles richtig gemacht. Herausragende Geräusch- & Klanggestaltung, sachte Steigerung, geschickte Kamera & überzeugende Darsteller — Bienchen für Lily Taylor — sowie eine Menge frischer Ideen lassen diese eigentlich ausgelutsche Formel knackig-firsch erscheinen.
• »Elysium«: Schade, dass Herr Blomkamp das Niveau nicht halten kann, das er mit »District 9« selbst vorgelegt hat. Aber immerhin trumpft Sharlto Copley als energischer Söldner & Judy Forster als skrupellose Präsidentin auf. Zudem immer noch einer der besten SF-Weltenbauten der letzten Jahre & unübersehbar sozialkritisch obendrein.
• »Hänsel & Gretel: Witch Hunters«: Sicherlich der behämmerste Streifen, der es auf diese Liste geschafft hat. Da aber hier Schwachsinn erstaunlich hoch gestapelt wird, gepaart mit haarsträubend planlosen Schauspielern & einer Schwemme lachhafter Gimicks ein kurzweiliges Vergnügen … vorausgesetzt man hat was zu Kiffen oder (wie in meinem Fall) Saufen.
• »How I Live Now«: Frau Ronan seh ich ja immer gern, & wenn schon Bürgerkrieggrauen & Atombombendystopie, dann bitte auch mal einfach aus der Sicht von Jugendlichen auf dem Land, die von den anspringenden Ausnahmezustand-Maßnahmen überrollt werden & ums Zusammenfinden & Überleben kämpfen. Mindestens ein Taschentuch bereithalten.
• »Iron Man 3«: Shane Black hat’s halt druff & deklassiert locker die Vorgänger-Teile. Überraschend, wie bissig so ein Megabudget-Vehikel die jüngere ›War on Terror‹-Zeitgeschichte kommentieren kann. Bienchen für Ben Kingsley der in diesem Film wieder Mal zeigt, wie groß seine Bandbreite ist.
• »I Spit On Your Grave«: Wollte dieses Remake eines stur durchgezogenen Schnetzlers eigentlich nur nebenbei gucken. Die ersten ca. 40 Minuten sind äußerst unangenehm, wenn eine Schriftstellerin ausführlich zuerst belästigt, dann psychisch & schließlich körperlich vergewaltigt wird. Der erbarmungslose Racheparkour mit seinen originell-grausamen Hinrichtungsmethoden entschädigt jedoch voll & hat mich begeistert. Der sadistische Feministen-Sympatisant in mir kam voll auf seine Kosten.
• »Lincoln«: Mit seiner ungehemmt aufdringlichen Absicht, hier ein schultaugliches Geschichtslehrstück abzuliefern nervt Spielberg freilich volle Kanne, aber das mindert nicht das Vegnügen, Herrn Lewis dabei zuzusehen, wie er sich in den beliebtesten Präsi der USA verwandelt.
• »Prisoners«: Die Kamera von Meister Deakins & die ruhige Musik von Jóhannson machen aus diesem beklemmenden Depri-Thriller um eine entführte Tochter etwas ganz Besonders. Bienchen für die Person, die sich am Ende als Bösewicht entpuppt. — Ganz toll & mich fibbern lassend: Regiesseur Denis Villeneuve wird die von mir ins Deutsche übertragene Geschichte »Geschichte Deines Lebens« von Ted Chiang verfilmen!!!
• »Rush«: Ich hasse Autos & noch inniger hasse ich Formel 1. Aber Daniel Brühls Portrait von Niki Lauda ist atemberaubend. Zudem wird eine beherzigenswerte Lektion über fruchtbare & schädliche Arten Rivalitäten zu pflegen geliefert.
• »The Worlds End«: Obwohl dies der schwächste Teil der ›Cornetto‹-Trio ist, wird hier vor dem Hintergrund einer clandestinen Alien-Invasion wieder mal die Geistlosigkeit provinzieller Bürgerlichkeit vorgeführt & zudem die Herausforderung des Erwachsenwerdens sowie Verzweiflung des Klammerns am Jugendlichkeitswahn veranschaulicht. Und Herr Pegg glänzt als ergreifender Tragikomiker.
• »World War Z«: Als Verfilmung der packenden, fiktiven Interview-Collage von Max Brooks freilich Mist, aber wenn man das mal außen vor lässt & den Film für sich nimmt, ein ganz vergnüglicher Zombie-Äktschnkracher, mit unverschämt wimmeligen & quirligen Untoten-Tsunamis. Bienchen für Daniella Kertesz als zähe israelische Soldatin.
GUT SERIE
»Elementary«:
»Legend of Korra«, Staffel 1 »Air«, Staffel 2 »Spirits«:
»Person of Interest«:
»Sleepy Hollow«:
»Star Trek« (»Next Generation«, »Deep Space Nine«, »Voyager«, »Enterprise«):
»Veronica Mars«:
»West Wing« und »The Newsroom«:
BESTE/SCHLIMMSTE MOMENTE
Twittern macht großen Spaß. Traue mich auch immer mehr auf Englisch zu schreiben.
Kaum gebloggt. Molochronik hat darben müssen.
Zum ersten Mal via Bildschirmtelefonie mit jemanden über große Strecke kommuniziert (Hi David!). — Würd ich gern öfter machen.
Sommerurlaub in Berlin inkl. Übersetzerklause & Grillfest beim Golkonda Verlage.
Einen Abend in Berlin angeregt mit einem sehr hellen Zehn(?)-Jährigen über Kosmologie, Wissenschaftstheorie & Mathematik ausgetauscht.
Gäste im Herbst. Unter anderem wurde eine Kurzgeschichte geschrieben (wobei mir eine Zeichnung aus dem Ärmel geplumpst ist) & an einem Roman gearbeitet (ich durfte als Ideenabklopf-Gehilfe dienen) .
Erschöpfte Verfassung meinerseits & Brüllangriff gegen meine Person führte zu schlaflosen Alptraumtagen & -nächten.
PS3-Leseköpfe kaporres. Dann aber Wahnsinninsaktion von hilfreichem Freund, der sich darum kümmerte, dass Ersatz gestellt wird (im Zuge dieses Vorgangs ist mir die zweite Zeichnung des Jahres aus dem Ärmel geplumpst).
BuCon in Dreieich. Michael Marrak wiedergetroffen! Spontan für Herrn Mäurer die zwei von Carl Amery herausgegeben G. K. Chesterton-Bände der SF-Klassiker-Reihe des Heyne-Verlages beim anwesenden Antiquariathändler besorgt.
Musste Zähne knrischend aus Zeitgründen zurücktreten von dem Projekt, die zweiteilige Bastei-Ausgabe von »Perdido Street Station« für die im März 2014 bei Heyne erscheinende einbändige Neuausgabe abzuklopfen. — Konnte immerhin bescheid geben, dass ›theology‹ auf Deutsch nicht ›Theosophie‹ heißt.
TV-Literaturkritiker Denis Scheck empfiehlt den von mir übersetzten Golkonda-Band mit Kurzgeschichten von Ted Chiang (»Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes«) sowohl auf der Buchmesse, als auch in seiner Sendung »Durckfrisch« als eines der besten Bücher des Jahres.
Hatte am Samstag Arbeit und mir deshalb erst am Sonntag die Eurovision-Beiträge via YouTube anguggen & auf Twitter kommentieren können. Hier mein gesammelter Senf.
Frankreich: Morphing-Mitte zwischen Tina Turner & Barbara Streisand. Mitstampf-Klage, vermutlich (kein kein Französisch).
Lithauen: Och ist der süüüß. Holt der schon Stöckchen? Kann’er Männchen machen?
Moldavien: Lavakönigin mit Sahnetopping liefert brauchbaren Galaauftritt ab.
Finnland: Lollipop-Chainsaw CosPlay ohne Kettensäge?! Geh mir fort!
Spanien: Trotz sehr feinem Gaita-Tröten sowas von harmlos. Putze Fingernägel.
Belgien: Brautloser Sänger dem zwei Hupfdohlen aus Palmers »Addicted To Love«-Video zugelaufen sind.
Estland: Haben vergessen, die Farb-TV-Gebühr komplett zu zahlen. Bisher domierten die biederen.
Belarus: Das Zeug auf den Beinen der Trällermaus ist sicher auch gut für Edelholz- & Lederpflege.
Malta: Soll das ein Song sein oder ein Pitch für eine freundliche Vorabendserie über Social Media-Nutzer?
Russland: Ach diese Tartarinnen die ›bauwer‹ statt ›power‹ singen.—Kein Kaviar mehr im Kühlschrank. Argh! Grumpf!
Deutschland: Wiederhole; Puntschkrapfen-Umpfta-Pop von der Stange (nach der Mode des vergangenen Jahres).
Armenien: LeZepp & Black Sabbath als Inspiration? Wenigstens gibts mal eGitarren. Männer-Duschgelwerbung-tauglich.
Niederlande: Erster Sympathie-Bonus von mir für gnadenloses Moll & vom Dach purzelnde toooote Vögel. Ich freu mich!
Rumänien: Als Ming der Grausame noch Haare hatte! Der Schmerz! Bleib mir weg mit dem Gom-Jabbar!
England: Bonnie Tyler liefert unvermeidliche Hausfrauen-Ballade. Gott ist das öde & fad & unendlich langweilig.
Schweden: Der Junge mit der Ereaserhead-Frisur hat seine Mutti verloren & will aus dem Jodelparadies abgeholt werden!
Ungarn: Mitleid überflutet mein kleines karges Gemüt. In Ungarn Herzeige-Nerd sein ist wohl echt hart.
Dänemark: Diese Flöte hat nur eine Melodie. Der Rest ist auch von exquisit weichgebügelter Monothonie.
Island: Oh, der Labrador kann auch singen. Diese Hundepreisschauen werden immer raffinierter.
Azerbajian: Unterm Strich schmerzen orientalische Schwiegermütter-Träume mich nicht so sehr wie die westlichen.
Griechenland: Ne Niedersauffhymne mit trad. Akkustikinstrumenten & SkaRhythmus. Gebongt!
Ukraine: Hodor! Boah. Das ist die fröhlichste Nihilisten-Hymne, die ich seit langem gehört habe.
Italien: Na, dieser gutangezogene, geschmackvolle Schmachtfetzen hat wenigstens mal Hand & Fuß. Trotzdem: ital. Robbie-Williams-Klon
Norwegen: Wenigstens EIN Titel mit fett Elektromukke, wenn auch das Lied selbst mega-mäh ist.
Georgien: Liefern diesmal den Albano & Romina Power-Tribute. Alarmsirenen-Idyllik, bäh!
Irland: Man merkt, daß die Iren richtig gut Übung haben im planlos peinlich sein.
Superaktuell mit ein paar Tagen Verspätung hier mein Schnelldurchlauf der Teilnehmer des Vorentscheides zum diesjährigen Eurovisions-Wettbewerb. — Ursprünglich pro Song als Einzelzwitscher in meinem Twitter-Kanal abgesetzt. — Sortiert in der Reihenfolge der Endwerdung. Tippfehler-Bereinigt (hoffentlich alle gfenuedn.)
Cascada: Puntschkrapfen-Umpfta-Pop von der Stange (nach der Mode des vergangenen Jahres).
LaBrass Banda: Blechbläser-Sca von den Wohlfühlbayern. Schlechte Intonation, dafür voll Red Bull mit Weizen-kompatibel.
Söhne Mannheims: Leerer Poser-Pop, so über-cool, dass die Seelenlosigkeit als Eis-Skulptur geschnitzt werden könnte.
Saint Lu: Aus einer Kneipe, wo die spielen, würd ich nicht fliehen … trotz der Möchtegern-Antastasia-Knödelei.
{NonTweet-Ergänz: Also, die hätten meine 12 Punkte bekommen. (Lessest of twelve evils)}
Nica & Joe: Albano & Romina-Power Mk. 2 Reloaded als überschwerer Floskel-Cluster der droht, zu einem schwarzem Loch zu implodieren.
Blitzkids: Angriff der nostalgisch-depressiven Elektropop-Romulaner mit Mirrorball-Fell tragender Kampfbarbie.
Ben Ivory: Depri-Gegreine (verkrampfter männlicher Gaga-Refflex) getarnt als Roboter-Popper Abzählreim-Elektropop.
Betty Dietrich: Werbejingle-taugliches Retro-Trällerchen mit (Achtung: Originalitäts- & Individualitäts-Alarm!) Ukulele.
Finn Martin: VHS-Trommelgruppe übt für mögliches Aid-für-Jeansjacken-Konzert.
Die Priester: Wer so was für den Bewerb zulässt, braucht sich nicht wundern, wenn kurz darauf irgendwo auf der Welt Meteore runterknallen.
Mobilée: Scheitert am musikalischen Grundmissverständnis, man bräuchte beim (in diesem Fall Rock)Rezitativ keine Noten zu treffen.
Mia Diekow: Viel zu unautentisch-verkopft für Gutelaune-Pettycoat-Liedchen (»Skrupel« im Refrain, sag ich nur).
Es ist wieder soweit: Hier der Jahresrückblick meiner Lese-, Glotz- & Lausch-Glanzlichter.
Gut Buch (Prosa)
Erstmal: Ich werde mich bei dieser Liste auf jene Titel beschränken, denen ich auf meiner 2012-Goodreads-Seite vier oder fünf Sterne gegeben habe (was aber nicht bedeutet, dass die dort von mir mit ›nur‹ drei Sternen bewerteten Sachen lau sind … ich habe seit Jahren nix mehr gelesen, was ich richtig schlecht oder auch nur seicht & langweilig fand, weshalb meine Qualitätsmaßstabe mittlerweile wohl etwas verzerrt sind).
Dann: Muss ich bei der Reichskulturkammer dafür Abbitte leisten 2012 keine deutsche Prosa gelesen zu haben (hab zwar zig Texte im Buchladen oder im Netz angelesen, von denen konnte mich jedoch keiner verführen).
»The Mirage« von Matt Ruff: ›IX.IX.‹ und ›War on Terror‹ auf den Kopf gestellt, in einer Alternativwelt, die irgendwann zur Zeit des Ottomanischen Reiches von unserer Realwelt abzweigte. Ruff beweist wieder einmal, dass er einer der besten derzeit schreibenden Weltenbauer ist, wenn er durchspielt, wie es wäre, wenn der arabisch-islamische (angeführt von den UAS = United Arab States) und der euro-nordamerikanisch-christliche Kulturraum (unser Hegemon sind ja die USA) ihre weltgeschichtlichen Rollen tauschen würden. — Großartig, wie die erzählenden Kapitel ergänzt werden durch Einträge der ›Library of Alexandria‹, dem Wiki dieser Alternativwelt. Viel Gelegenheit für Denkanregungen und Popkultur-Witzelein. — Doll fand ich, wie eigentlich immer bei Ruff, die große Bandbreite an Stimmungen und Themen. Da gibts Humor, Thrillerspannng, grandiose Äktionsequenzen, politische Satire, berührende familiäre Geschichten und nicht zuletzt geheimnisvolle Fantasy-Magie.
»Angelmaker« von Nick Harkaway: Auch der zweite Roman (nach »The Gone-Away World«) von Nick rockt voll Pulle. Seine Virtuosität der Abschweifung entzückt mich, ebenso die Bandbreite der Stimmungen und Themen seiner ›Existenzialismus-Pulp‹-Romane. Hier müssen sich der nach Ruhe & Normalität sehnende Sohn eines legendären Londoner Gangsters und eine betagte Superspionin samt knorzigen Köter in einem apokalyptischen Plot gegen einen nach Apotheose gierenden Finsterling bewähren. Enthält neben vielem anderen eine wunderbare Verbeugung vor der ›Craftmanship‹-Ethik von John Rushkin; eine der pfiffigsten Sex-Szenen, die ich seit einiger Zeit gelesen habe; sowie Elephanten-Rachengel, U-Boot- & Eisenbahnabenteuer, apokalyptische Uhrwerk-Bienen, und eine wuchtige Hymne, wie geil es ist, mit einer Tommy-Gun alles kurz und klein zu ballern.
»Year Zero« von Rob Reid: Als Hörbuch genossen und reichlich geschmunzelt und gelacht. Kommt 2013 mit extrem doofem Cover unter dem Titel »Galaxy Tunes®« als Heyne-Taschenbuch zu uns. Begeistert hat mich, wie es Rob Reid (als ›listen.com‹-Gründer und Internet-Unternehmer hat der Mann einfach Ahnung) gelingt, die Themen Urheber- & Lizenzrecht, also trockenes Juristen-Mumbo-Jumbo, in Form einer satirischen SF-Klamotte durchzuschütteln (nebst vielen trefflichen Späßchen auf Kosten der Popkultur und des Zeitgeschehens). — Für Musikfans die auch Science Fiction mögen eigentlich ein Muss!
»Railsea« von China Mieville: Es zeichnet sich der Trend ab, dass Miéville bei seinen Büchern für junge Leser (dessen zweiter »Railsea« nach »Un Lun Don« ist) ungezügelter drauflos-abenteuert und -fabuliert, als bei seinen Stoffen für Erwachsene. Was als staunensreich-verquere Homage auf Melvilles »Moby Dick« anhebt (fanatische Kapitänin einer Jagdtmanschaft stellt mit Eisenbahn im Schienenmeer einem gigantischen fahlem Maulwurf nach) entwickelt sich zu einer wendungsreichen Meditation über die Natur des Erzählens, die Ethik von Besessenheiten und die Rechnungen, die einem für das Verfolgen von Wachsumsideologien präsentiert wird.
»Alif the Unseen« von G. Willow Wilson: Lange Rezension gibt’s hier — Kurzfassung: Gelungene & durch Engagement glänzende Mischung aus ›Urban Fantasy‹, hAcktivim-Thriller, Bürgerrechts-Panorama und Liebesgeschichte. Wenn dieser Roman nicht fluggs von einem deutschen Verlag aufgegriffen wird, ist das ein gleissendes Zeichen dafür, dass die Programmgestalter dort einfach null Ahnung haben.
Desweiteren kann ich als lesenswert empfehlen (bzw. dazu raten, nach den event. noch erscheindenden deutschen Übersetzungen Ausschau zu halten):
• »The Folly of the World« von Jesse Bullington: Nach »The Sad Tale of the Brothers Grossbart« und »The Enterprise of Death« der dritte Roman von Bullington. Ein schwules Verbrächerpärchen – ein ab & zu halluzinierender Schlagmichtot und ein skrupellose Pläne schmiedender Edelmann-Bastard – machen sich mit einem halbwilden Meisterschwimmer-Mädel auf, sich fette Beute zu ergaunern. Bullington traut sich Finten und Wendungen auszuführen, wie nur wenige. Im Mittelteil etwas planlos, aber als Ganzes sehr stimmungsvoll, sprachlich von großer Wucht (wo’s derb ist) und Schönheit (wo’s z.B. um das Setting geht, die überschwemmten Niederlande des 15. Jahrhunderts).
• »Soulless« von Gail Carringer: Einer meiner Ausflüge in das für mich sehr wundersame Genre der ›Vaginal Fantasy‹ (gepriesen sei Felicia Day für diesen nützlichen Genre-Begriff) und ich bin entzückt. Die Krimihandlung um Vampire, Werwölfe und ihre Gegener im viktorianischen England ist eher Stangenware und reichlich vorhersehbar, aber die stets für humorvolle Griffe bereite Sprache, sowie die stellenweise exzessiven Flirt- & Knutsch-Einlagen zwischen Heldin Alexia und Werwolfrudelführer Lord Maccon sind allererste Kajüte. — Muss unbedingt rumgranteln, dass die deutschte Übersetzung der Titel einfach nur furchtbar ist (ich muss dass hier einfach auflisten. Die englischen Titel der 5 Romane der ›Parasol Protectorate‹-Reihe heissen: 1. »Soulless«; 2. »Changeless«; 3. »Blameless«; 4. »Heartless«; 5. »Timeless«. Und daraus wurde auf Deutsch: 1. »Glühende Dunkelheit«; 2. »Brennende Finsternis«; 3. »Entflammte Nacht«; 4. »Feurige Schatten«; 5. »Sengendes Licht«) und dass die deutschen Coverbilder auch nicht sooo der Hit sind. — Ach ja: Dank an Ju für den Tipp!
• ›Acacia‹-Trilogy von David Anthony Durham (1. »The War With The Mein«; 2. »The Other Lands«; 3. »The Sacred Band«): Große Polit-Fabel auf Sklaverei, Rohstoffabhägigkeit, die Fragwürdigkeit ›gerechter Kriege‹, Völkerverständigung, Machterhalt und Bevölkerungsunterwerfung und nicht zuletzt darüber, die wie Kommerzfürsten alle gegeneinander ausspielen und bescheissen. Hätte durchaus noch einen Lektoratdurchgang vertragen können, denn teilweise is datt Janze ein bisschen sentimental, und mir sind in der englischen Originalfassung einige ungeschickte Wortwiederholungen aufgefallen. Dennoch: tolle, ›fast klassische‹ Fantasywelt, die den Mumm zeigt, so mancher Routine vors Schienbein zu treten und mit vielen Details gewohnte Klischees geistreich umzukrempeln (vor allem was Geschlechterrollen, Rassen & Kulturen betrifft). Dadurch z.B. einige sehr interessante weibliche Hauptfiguren. Mit Magie und Zauberwesen geht’s erst ab Band zwei so richtig los, dann aber mit Wumms (wo gekämpft wird) & allerliebst (wenn z.B. wunderschöne Vogelechsen-Drachen gezähmt werden und die dann auch noch Eier legen). — Nochmal »Mercie!« an Gero für seine Empfehlung auf dem Dreieich-Con 2012!
• »John Saturnall’s Feast« und »The Pope’s Rhinocerous« von Lawrence Norfolk: Hier geht es zur ausführlichen Rezension von »Ein Rhinozeros für den Papst«. Dauerte ›nur‹ ca. 16 Jahre gedauert, mich durch dieses reichlich vertrackt geschriebene Renaissance-Abenteuer zu kämpfen, hat sich aber dicke gelohnt. — »Das Festmahl des John Saturnall« ist der bisher zugänglichste Roman von Norfolk, auch weil er sich immer wieder eines etwas märchenhaften Duktus bedient (und die Stimmung hat mich streckenweise entfernt an Mervyn Peakes »Gormenghast« erinnert), bzw. Fantasy-Flair aufkommen lässt. Mit den Wirren der Cromwell-Zeit als Hintergrund wird der Aufstieg des Sohns einer Kräuterfrau/Hexe zum angesehensten Koch seiner Ära geschildert. Sehr gefallen hat mir die Behandlung von protestatischem Glaubens-Eifer und der Überlieferung von (römischer) Geschichte in Form von Legenden, bzw. wie sich Biblisches und Heidnisches in Legenden mixen zu neuen Rezepten können. Zudem ein feines Stück über Arbeit, in diesem Fall vor allem natürlich der, die in der Küche anfällt. Und die Liebesgeschichte geht auch ans Herz.
• ›Millenium‹-Trilogy von Stieg Larsson (1. »The Girl With The Dragon Tattoo«; 2. »The Girl Who Played With Fire«; 3. »The Girl Who Kicked The Hornet’s Nest«): Wenn das Ex- & Hopp-Mainstream-Unterhaltungsliteratur ist, dann gerne her damit, bzw, dann kann’s um den Geschmack ›der gemeinen Massen‹ sooo schlimm nicht bestellt sein. Selten hab ich dicke Dinger derart flott weggefräst. Nicht nur, dass Larsson mit Lisbet Salander eine atemberaubende soziopathisch angehauchte, ›Opfer schlägt zurück‹-AntiHeldin geschaffen hat, mir taugen auch seine Themen und seine Politik (AntiFa, AntiSexismus, Anti-Frauenhandel, Kritik an Selbstermächtigung von Geheimdiensten usw.).
• ›Raylan Givens‹-Geschichten von Elmore Leonard (Romane: »Pronto«, »Riding The Rap«; Kurzgeschichte: »Fire In The Hole«): Die TV-Serie »Justified« hat mich überzeugt, und da habe ich mir die Vorlagen besorgt. Leonards sparsame aber hocheffektvolle Prosa ist respektgebietend (Genial simpler Rat für alle Autoren, und ich fände es spannend, wenn sich mehr Fantasy-Schöpfer davon anregen ließen: »Lass die Stellen weg, welche von Lesern übersprungen werden«). Und schön zu sehen, wie fein sich Western-Athmo in die heutige Welt übertragen lässt. Bleibt zu beklagen, wie kümmerlich die Auswahl deutscher Leonard-Ausghaben ist, aber immerhin scheint sich nun Suhrkamp kümmern zu wollen (dort erschient 2013 der dritte Raylan-Roman, der einfach nur »Raylan« heißt, den ich auch noch nicht kenne).
• »Dog Of the South« von Charles Portis: Hingerissen von »True Gritt« habe ich mir alle anderen vier Romane von Portis besorgt. Dieser hier ist ein schräges ›Road Movie‹. Selten fand ich es so spannend, wenn geschildert wird, wie nix passiert, denn selbst dann weiß dieser Roman mit einer eigenartigen Mischung aus trockenem Humor, cooler Exzentrik, Melancholie und schierem Aberwitz zu überzeugen.
• »The Coldest War« von Ian Tregilis: Vielleicht noch besser als »Bitter Seeds«, der erste Band der ›Milkweed‹-Trio. Der zweite Weltkrieg ist vorbei, nun geht’s in die frühen Jahre des Kalten Krieges mit englischen Blutdämonen-Beschwörern gegen sowietische Götterelektron-Übermenschen. Hut ab vor einer beeindruckenden Orakel-Antagonistin, bzw. zwielichtigen Helferin auf der Seite der Guten, die aber leider so irre & unberechenbar ist, dass weder Leser noch Romanfiguren sich sicher sein können mit ihr. Viel Tragik, die Äktschn ist packend inszeniert. Erfreulich reif und berührend für diese Art grimmer Genre-Garn. Ich freu mich sehr auf den Abschlussband »Necessery Evil« 2013.
• »The Half-Made World« von Felix Gilman: Der Wilden Westen ist m.E. eine vorzügliche Fundgrube für Fantasywelten und Gilman formt aus zwei der kräftigsten Symbole der Epoche/des Genres die tragenden Säulen seines Weltenbaus. Es stehen sich gegenüber: die Heerscharen an Beamten & Soldaten von ›the Line‹ (dämonischen Eisenbahnmaschinen; verbreiten Industrie, Ordnung, Ausbeutung, Pharmazie; süchtig nach Treibstoff) und die Draufgänger-Banditen von ›the Gun‹ (über den Raum hinweg in Feuer-Beschwörungen konferierende Dämonen, die in Pistolen hausen und deren Träger Superkräfte verleihen; allesamt ziemlich anachrische und bluthungrige Knilche und Knilchinnen). Zwischen den Fronten haben einst die Leute von der Red Valley Republic versucht, einen dritten Weg zu finden, wurden aber aufgerieben. — Freut mich zu sehen, dass es mittlerweile einen weiteren Roman von Gilman gibt (»The Rise of Ransom City«), der in dieser Welt angesiedelt ist, und dass dieser anscheinend ähnlich wie bei Miévilles ›Bas-Lag‹-Büchern sowohl als Fortsetzung als auch als Einzelroman funktioniert.
Gut Buch (Sach)
»Der Implex« von Dietmar Dath & Barbara Kirchner: Richtig dick, famose Herausforderung. Bin sicherlich ein gutes Stück zu dumm, bzw. zu ungebildet, was einige der Geistesgrößen betrifft, über die im Buch desöfteren referiert wird. Dennoch doll, vor allem dank reichlicher Beachtung der Phantastik als wichtige Sache für den sozialen Fortschrift.
»Combined & Uneven Apocalypse: Luciferian Marxism« von Evan Calder Williams: Anhand von Filmen und anderen populären Medienwerken seit den 60ern/70ern bis heute untersucht der Autor, welche Erkenntnisse/Offenbarungen diese bieten bzgl. des Untergangs des Kapitalismus, sowie was danach kommt. Besonderes Augenmerk gilt dem sogenannten ›Salvagepunk‹ (mehr dazu hier unter Punkt 5), dem modernen Zombie-Mythos, sowie ruinöser Stadtlandschaften der dystopisch-apokalyptischen Science Fiction. Kurz: ein richtig knuffiges Gute Laune-Buch für stoisch-misantrophische Optimisten wie mich.
Gut Comic
»Dragonball« von Akira Toriyama: Bin ich froh, dass mein neuer junger Brotjobkollege M. W. mir mehrmals in höchsten Tönen dieses 8000-Seiten-Manga empfohlen hat, bis ich zustimmte, er solle mir ruhig mal die ersten 5 (von 42) Bänden mitbringen, damit ich reinlesen kann. In vielerlei Hinsicht vielleicht die irrste, aufregenste, spassigste, süchtigmachenste & äktschnreichste Lektüre seit ich weiß nicht wann für mich. Zwar gibt es eine längere Strecke, die ein klein wenig eintönig ist, aber die Eintönigkeit besteht aus langen immer krasseren Mega-Kampf-Szenen die sich über mehrere hundert Seiten erstrecken ... also eigentlich kein schwerwiegender Minuspunkt. Ganz großartig immer die Slapstick-Humor-Einlagen; grandios die ausführlichen Kampfkunst-Tuniere; vom Stuhl gefallen bin ich über die ungezügelt niedlichen sexistischen Witzelein vor allem in den frühen Bänden (»Ich wünsche mir: eine Mädchenunterhose!«). Wahrlich: »Dragonball« ist ein fetziger Klassiker, und ich freue mich schon darauf, ihn ein zweites Mal wegzuschlürfen.
»Die Besten Feinde« (Teil 1: 1783 bis 1953) von Jean-Pierre Filiu (Text) & David B. (Zeichnung): Diese Franzosen! Machen eine Sach-Graphic Novel in schwarz-weiß über die außenpolitischen Macheleukes der USA im Orient, reichern das ganze mit babylonischen Mythen an und veranschaulichen die diplomatisch-militären Knäul anhand surrealer Bildkompositionen. Da bleibt mir nur, mich auf Band 2 zu freuen.
»DMZ« von Brian Wood (Autor) & diversen Künstlern: Hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Matt Ruffs »The Mirage«, insofern, als dass auch hier ein Alternativweltenbau geschildert wird, in dem die zeitgenössischen USA in einen neuen Bürgerkrieg gestürtzt sind und in dem New York als von Krisennarben & Kriegsgreul gebeutelte entmilitarisierte Zone portraitiert wird. Meisterhaft fand ich, wie Wood und sein Team zuerst Fronten und Parteien gegeneinander aufzustellen, um dann immer mehr die Grenzen zwischen Gut und Böse mit viel moralischen und tragischen Grau-Grau zu verschmieren.
»Shenzhen« und »Pyongyang« von Guy Delisle: Eine Empfehlung von Andrea, für die ich sehr dankbar bin. Vordergründig eine Sammlung simpler autobiographischer Skizzen eines Franzosen, der zwecks seines Jobs für ein Animationsstudio in der Fremde die billigen Produktionskräfte beaufsichtigt. Mit großem Beobachtungs- & Erzähl-Können, kraftvollen einfach gehaltenen Zeichnung beschenkten die Bände mich mit einem Potpourrie kleiner Alltagsfreuen- & Absurditäten, menschlich anrührenden Momenten ... kurz: eine effektvolle Mischung aus Humor, Melancholie und Posie.
Gut Mukke
»Theatre Is Evil« von Amanda Palmer: Endlich wieder ein Album von Frau Palmer auf der Höhe ihres Meisterwerkes »Who Killed Amanda Palmer?«. Kantik, pompös, melodiös, theatralisch, rau, melancholisch. Lieblingssongs: »The Killing Type« und »Want It Back«.
»Lightning On The String, Thunder On The Mic« und »Rappalachia«von Gangstagrass: Noch eine Anregung durch die TV-Serie »Justified«, für die Gangstagrass die Titelmusik geliefert hat. Warum hat es so lange gedauert, bis jemand auf die Idee kam Rap und Country/Bluegrass miteinander zu verkuppeln. Lieblingssong: »Big Branch« feat. Tomasia.
»Who Is Feeling Young Now?« von Punch Brothers: Was für die Veredelung der heimischen Volks- & Tanzbodnmusik die Biermösl Blosn ist, das leisten die Punch Brothers bezüglich des reichen Deltas, in dem Country, Folk, Bluegrass, Polka, Rock und was nicht noch alles münden. Lieblingssong: die Ballade »Clara« und das überfetzige Instrumentalstück »Flippen«.
Ebenfalls großartig fand ich den »Assassins Creed III«-Spiele-Soundtrack von Lorne Balfe (stimmungsvoller Orchestral-Bombast aus der Hans Zimmer-Schule), sowie die Filmmusik zu »The Girl With the Dragon Tattoo« von Trent Reznor & Atticus Ross (experimenteller & sperriger als der im letzten Grenzübergang empfohlene Soundtrack zu »The Social Network«, aber ideal für kalte Tage).
Gut Film/Serie
Kinners, war das ein reichhaltiges Phantastik-Filmjahr! Vielleicht wird man einmal auf 2012 zurückblicken wie auf das ›Annus mirabilis‹ 1982. Ich führe die Filme hier ungefähr in der Folge auf, in der ich sie gesehen habe, bis auf den ersten, denn …
… »The Cabin in the Woods« ist mein Lieblingsstreifen des Jahres. Locker, spritzig, stimmungsvoll, mit so dollen doppelbödigen Grundgerüst, dass man noch nicht mal die ersten 5 Minuten erzählen kann, ohne jenen, die nicht Bescheid wissen, den Spaß gehörig zu versemmeln. Selbst wenn der Film luschig wäre, enthält er eine der überwältigsten Großgemetzel-Szenen der mir bekannten Filmgeschichte (ich sag nur: alle Türen gehen auf).
»The Girl With The Dragon Tattoo«, die David Fincher-Fassung. Ich finde schon die schwedische TV-Version sehr fein, aber Finchers exzellente Ausführung setzt nochmal einen drauf. Zudem muss ich zugeben, dass mir Maras komplexere Lisbet-Darstellung einen Tacken mehr taugt, als Rapaces herbere Interpretation der Figur.
»War Horse«: Wie schieb ich letztes Jahr anhand von »Tim & Struppi«? Spielberg hat’s noch immer druff! Natürlich ist »War Horse« derart gnadenlos rührselig (auf eine allerdings knuffig-altmodische Weise), dass alles zu spät ist, was mir aber den ungewöhnlichen Reiz dieses ›Erster Weltkrieg aus Sicht eines Pferdes‹-Films nicht versauen kann.
»Downton Abbey« Staffeln 1-3: Nachdem mehrere Mädels mich immer wieder darauf hinwiesen, wie großartig diese Adels- & Dienstboten-Saga ist, habe auch ich sie endlich entdeckt. Schon ungeheuerlich, wie weit sich Autor Julian Fellows traut zu gehen, um dramatische Höhepunkte rauszukitzeln. Wenn hier gestorben wird, räumt einen das richtig heftig weg. Da bleibt kein Auge trocken. Hier geht es zu einem exzellenten Lob auf die Serie von Andrea Diener für die F.A.Z.
»Mad Men« Staffeln 1-5: Ja gugge mal da! Die Amis können also auch subtil, ruhig & auf leise humorige Weise kritisch mit ihren eigenen goldenen Zeitaltern & Milieus sein. Für mich das beste an der Serie: die gnadenlose Autopsie der affigen Selbstverherrlichung von Männchen, sowie das Ringen der Frauen im Egotrip-Grabenkrieg der Werbeagentur und deren Umfeld.
»The Avengers«: Marvel-Comics sind mir ziemlich Wurscht, und die verschiedenen in diesem Film mündenden Vorläuferfilme über die einzelnen Helden fand ich zwar kurzweilig von ›ganz nett‹ (»Thor«, »Iron Man 2«) bis ›erstaunlich okey‹ (»Hulk« mit Edward Norton, »Iron Man 1« & »Captain America«), aber nicht sooo umwerfend wie manch anderer Superhelden-Sympathisant. Auch wenn »The Avengers« nicht vollkommen perfekt ist, macht er viel mehr richtig als falsch, und schafft es ergo locker, meinen fast schon verkümmerten Glauben an das große Popcorn-Sommerblockbusterspektakel wieder zu beleben.
»The Hobbit: An Unexpected Journey«: Ist es hochproblematisch aus dem schmalen Kinderbuch unter Anzapfung von Zeugs aus »Silmarillion«, »Unfinished Tales« & »History of Middle-earth« eine dreiteilige Filmflotte zu machen? Geschenkt. Ich finde, die Angleichung der ursprünglich unbedarfteren, kindlicheren »Hobbit«-Geschichte an den schicksalsgeschwängerten, düster-epischer Ton von »Der Herr der Ringe« ist überwiegend gut gelungen. Nach zweimaligen Begutachten im Kino bin ich sogar der Meinung, dass dieser erste »Hobbit«-Film besser ist, als die erste »LOTR«-Kinoversion vor 10 Jahren.
»Dredd 3D«: Endlich haben wir einen Film-Judge Dredd, der dem englischen Comic-Klassiker gerecht wird. So ehrlich und geradeaus, wie ein Tritt in die Fresse. Schön zu sehen, dass es noch möglich ist, gut gemachten Brutalo-Krawumms mit Niveau serviert zu bekommen.
»Coupled«, BBC-Serie: Empfehlenswert für alle, denen »Friends« zu zahm & süßlich ist. Vor allem die später durch »Leverage« international bekannter gewordene Gina Bellman brilliert als durchgeknallte Narzissa-Nudel.
»American Horror Story«, Staffel 1: Großer Dank an Markus Pogopuschel für diesen Tipp! Statt eines ersehnten freidvollen Neuanfangs nach Umzug von Ost- an Westküste, gibts für eine dreiköpfige Familie verschachtelten Gespensterhorror und reichlich spinnerte Nachbarn. Ganz groß, wie mit einem Minimum am Blut und Gewalt ganz viel Gänsehaut verursacht wird.
»Brows Held High: ›Melancholia‹«: Ja wirklich, diese zweiteilige Video-Besprechung über Lars van Triers Film finde ich so gut, dass ich sie zu den besten Filmen des Jahres zähle. Immerhin: Kyle Kallgren gelingt es angemessen ernst und gehaltvoll über das Tabu-Thema des Filmes (Depression) zu sprechen und dennoch gekonnt mit dem nötigen, weil schmackhaft machenden Humor, aufzuwarten. Also, Cinephile, überzeugt Euch: Hier geht’s zu Teil eins und hier zu Teil zwei.
Kurze Erwähnungen haben auch verdient (ohne besondere Reihenfolge):
• »Cloud Atlas«: Bei soviel Ambition knickt natürlich so manches als albern und naiv vorn & hint runter. Trotzdem eine beeindruckende Leistung und ein großer Guck-Spaß.
• »Prometheus«: Die beste herbe Enttäuschung. Doofes Drehbuch, aber sehr schöne Bilder und brauchbare Stimmung. Die Kommentartonspuren von Regie & Drehbuch-Leuz auf der Blue Ray geben erhellende Einblicke in die Werdegänge beknackter Entscheidungen. Herr Scott, beim nächsten großen Genre-Flick bitte genauso viel Sorgfalt, Sensibiliät und Hirnschmalz ins Drehbuch investieren wie ins Design, versprochen? Dann klapps auch mit der Fan-Base.
• »Looper«: Science Fiction ist ein wunderbares Vehikel um dem nichts ahnenden Spektakel-Publikum unbequeme moralische Botschaften reinzuwürgen. Bravo!
• »Chronicle«: Siehe »Looper«, plus ich wähne hier nicht wenig Verbeugung vor einem meiner Lieblings-Klassiker der Supermutanten-SF (»Akira«). Zudem ein überzeugendes Beispiel, dass sich aus Wackelkamera & Found Footage durchaus Brauchbares machen lässt.
• »Juno«: Lustig, knuffig, schräg. Hach ... Ellen Page ist einfach unvergleichlich.
• »The Hunger Games« (Teil 1): Große Überraschung für mich, denn ich dachte eingangs, dass »The Hunger Games« auch nur so’n Young Adult/Mädchen-Schmu ist, wie die »Twillight«-Filmchen oder lahme Enten wie »I Am Number Four«, aber ich bin gebafft, wie gut diese erstaunlich harte Geschichte umgesetzt wurde. Gebt mir jederzeit medien- und sozialkritische Dystopie-Science Fiction in der sich Kiddies zur Bespaßung bzw. Einschüchterung der Massen gegenseitig abmurksen. Hab mittlerweile innerhalb von zwei Tagen auch das erste Buch von Suzanne Collins verschlungen und für vorzüglich befunden.
• »A Wyrd Documentary: Lovecraft – Fear of the Unkown«: Lebende Genre-Größen & Kenner wie Guillermo del Toro, Neil Gaiman, John Carpenter, Peter Straub, Caitlin R. Kiernan, Ramsey Campbell, Stuart Gordon, S. T. Joshi, Robert M. Price und Andrew Migliore plaudern über den Papst der Weird Fiction, des Horrors & der Dark Fantasy, unterlegt mit viel Bildmaterial der edelsten Lovecraft-Illustratoren.
Beste / Schlimmste Momente
Seit April 2008, angeschafft zum Erscheinen von »GTA IV«, habe ich eine PS3, und bis vor kurzem spielte ich auf einem furznormalen Monitor, also mit Popelauflösung. Schimpft mich einen matten kleinen daddel-geilen Materialisten, aber ich freue mich narrisch über einen HDMI-fährigen PC-Monitor, der mir für umme überlassen wurde.
Zweimal Golkonda-Freude: a) Der von mir übersetzte Band mit Kurzgeschichten von Ted Chiang, »Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes«, hat zwar nicht sooo viele, dafür aber ausnahmslos wohlwollende, ja sogar begeisterte Rezensionen für sich verbuchen können, und wurde in Foren von SF-Fan- und SF-Netzwerk von einigen Lesern als ein Lieblingsbuch des Jahres erwähnt. — b) Die erste Hellboy-Anthologie aus dem Jahre 1999, »Odd Jobs«, ist endlich auf Deutsch unter dem Titel »Die Rache der Medusa« erschienen, und als Hellboy-Fan war es für mich freilich Übertop, dass ich die hälfte der Übersetzungsarbeit übernehmen durfte.
Bruder Hein grient: Aufsichts-Kollegin ist auf dem Weg zum Arzt auf der Straße tot umgefallen.
Frust: Zusagen werden nicht eingehalten. Da macht Loyalität nicht so viel Spaß.
Scham: Um Gefallen gebeten, der sich zu krasser Zumutung entwickelte.
Eintrag No. 758 — Die Blogtradition gebietet als Anlass für ein schwer notwendiges Lebenszeichen einen Rückblick auf die guten Sachen des vergangenen Jahres.
Gut Buch (Prosa)
»True Grit« von Charles Portis. Seit langer Zeit ein Roman, an dem ich keinerlei Makel feststellen konnte (denn mir fallen eigentlich immer irgendwelche Kleinigkeiten auf, an denen man noch hätte fizzeln können). Habe mir gleich darauf die anderen vier Bücher von Portis besorgt und bin bisher von »Dog of the South« ebenfalls ziemlich angetan. — (Und natürlich finde ich die Neuinterpretation als Film von den Coen-Brüdern viel besser als die alte Erstverfilmung mit John Wayne … auch wenn ein John Wayne-Film immer den entzückenden Charme eines John Wayne-Filmes hat.)
»Deadwood« von Pete Dexter. Ziemlich sicher, dass dieses dreckige, harte, tragische, melancholische und bisweilen abstrus- und/oder brutal komische Wild West-Panorama eine wichtige Inspiration für die gleichnamige HBO-Serie gewesen ist, auch wenn das nirgends offiziell eingestanden wird. — (Wenn ich jemals einen Fantasy-Roman schreiben wollte, wäre dieser Roman ein gutes Vorbild für die Struktur und Erzählhaltung, an der ich mich zu orientieren versuchen würde.)
»Embassytown« von China Miéville. Der erste richtige SF-Roman von Miéville bietet erstaunliche Spekulationen über eine Gesellschaft ohne sprachliche Symbole, die Macht von Metaphern und ist zudem eine eindringliche Auseinandersetzung mit Suchtproblemen und Kolonialismus.
»Reamde« von Neal Stephenson. Habe diesen über 1000-Seiten dicken Wälzer in wenigen Tagen verschlungen. Gelungene Äktschn mit Geheimagenten, Terroristen, Onlinerollenspielern und Geiseln, oben drauf geschmückt mit erhellenden Schmunzelkirschen zum Thema Mainstream-Fantasy.
Die ›Bigend‹-Trio von William Gibson, bestehend aus »Pattern Recognition« (›Finden Sie raus, wer diese viralen kleinen Kult-Filmschnippsel ins Internet stellt‹), »Spook Country« (›Auf den Weltmeeren ist ein geheimnisvoller Container unterwegs. Finden Sie heraus was drin ist‹) und »Zero History« (›Finden Sie raus, wer die Klamotten für die Underground-Modemarke Gabriel Hounds entwirft‹), etwas kühl und trocken, was mich aber nicht stört, denn Gibson flicht immer wieder auch geradezu poetische Stellen ein. Genial finde ich seinen thematischen Ansatz, die moderne Welt der sich auflösenden Staaten, der allgegenwärtigen Informationsgesellschaft, der Post-IX.XI.-Befindlichkeit anhand des Spannungsfeldes zwischen (bzw. der Gemeinsamkeiten von) Geheimdiensten und Marketing abzuklopfen. — Mein Liebling ist übrigens Buch 1, »Pattern Recognition«, nicht zuletzt, weil ich die weibliche Hauptfigur ins Herz geschlossen habe.
»Cyclonopedia. Complicity With Anononymous Materials« von Reza Negarestani. Eine verwirrend, verstörend betörende Hatz durch einschüchternd komplexe Themenstrudel veranstaltet dieses Theorie-Fiktionswerk. Ein Muss für jeden, der gerne eine wilde, gelungen relevante Mischung aus Cthulhu-Mythos, Geologie, orientalischer Dämonologie, kritischer Theologie und Petropolitik inkl. ›War on Terror‹ erleben möchte. — Auch wenn ich wahrscheinlich nur ca. 50% dieses Buches verstanden habe, bin ich beeindruckt. (Und falls dieses eigenwillige Meisterwerk jemals ins Deutsche übersetzt werden sollte, habe ich jetzt schon Mitleid und Respekt für wer auch immer das bewerkstelligen soll.)
Desweiteren möchte ich kurz als empfehlens- weil lesenswert erwähnen:
— die mit seltsam-heftiger Selbstbezüglichkeitsschleife versehene Zeitreisenovelle »How To Life Safely In a Science-Fictional Universe« von Charles Yu;
— das nekromatische Katz(Meister)- & Maus(Adeptin)-Duell im Renaissance-Europa in »The Enterprise of Death« von Jesse Bullington;
— den Biopunk-Thriller und Bürgerkriegskrisen-Bericht »The Windup Girl« von Paolo Bacigalupi;
— das kampfreichen Völkerwanderungs-Fantasyabenteuer und Auftakt der ›Foreworld‹-Reihe »The Mongoliad« von Greg Bear, Neal Stephenson & Friends;
— Berliner Stadtjungs erleben Abenteuer in den frühen Siebzigern: »Bloß Weg Hier!« von Frank Böhmert;
— gute SF-Kurzgeschichten, gut geschrieben, gut übersetzt: »Wir waren ausser uns vor Glück« von David Marusek;
— Fantasy-Kurzgeschichten der etwas anderen Art (gelungener Slalom zwischen zart und unheimlich): »Das Flüstern zwischen den Zweigen« von Markholf Hoffman.
Gut Buch (Sach)
»Blödmaschinen« von Markus Metz und Georg Seeßlen. Auch wenn die gewaltige Erkenntnislawine des Buches einen gewissen Deprifaktor mit sich führt, berauscht der Materialreichtum dieses gewitzten Dialektikrundumschlags. Phantastikfreunde dürfen sich zudem über gelungene Horror- und SF-Metaphern freuen.
»9. 11. Zehn Jahre danach. Der Einsturz eines Lügengebäudes« von Matthias Bröckers und Christian C. Walther. Weils ohne große Polemik die vielen empörenden Löcher der größten Ungereimtheit des jungen Jahrhunderts aufführt.
»The Magic of Reality« von Richard Dawkins und Dave McKean. Ein lehrreiches Jugendbuch – Dawkins, wie so oft, knuffig onkel-lehrerhaft – und Dank der atemberaubend schönen Gestaltung von McKean ein gigantischer Augenschmauß.
»Codex Seraphinianus« von Luigi Serafini. Schon Anfang der 80-ger erschienen, hat es nun endlich in meine Sammlung geschafft. Eine Bilderbuch-Enzyklopädie aus einer seltsamen anderen Welt. Gnadenlos undurchschaubar. Megapotente Verzauberungskraft. Ergiebige Traumreiseninspiration.
Gut Comic
»Nausicaä aus dem Tal der Winde« von Hayao Miazaki. Der Film ist, wie auch bei »Akira«, ein Spielfilmtrailer für das um einiges umfangreichere Manga-Epos. Dystopische Öko-SF-Fantasy vom Feinsten.
»The Hunting of the Snark« von Lewis Carroll und Mahendra Singh. Carrolls Werk ist einer meiner liebsten Klassiker und Singh hat daraus einen munteren Reigen der surrealen Kunst gemacht.
»Habibi« von Craig Thompson. Tragische Geschichte als Verneigung vor dem Zauber von 1001 Nacht, Ballade über den nahen Osten und Meditation über die Macht des Geschichtenerzählens.
»Gotham Central« von Ed Brubaker & Greg Rucka und diversen Künstlern, am besten ist der Stammzeichner dieser leider viel zu früh eingestellten Reihe: Michael Lark. Ganz feine Idee, dass nicht der dunkle Ritter und seine diversen Erzfeinde im Mittelpunkt stehen, sondern die Kommissare der Polizei von Gothams erstem Revier.
Gut Mukke
»The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford« (Soundtrack) von Nick Cave und Warren Ellis. Langsam, ruhig, melancholisch, perfekt.
»L. A. Noire« (Soundtrack) von Andrew & Simon Hale sowie Songs im Stil der 40er-Jahre eingespielt von The Real Tuesday Weld mit Claudia Brücken. Treffliche Krimistimmung.
»Batman: Arkham City« (Soundtrack) von Nick Arundel und Ron Fish. Gelungene Mischung der Batman-typischen Mukke von Elfman und Zimmer.
»Where Are The Arms« von Gabriel Kahane. Auch das zweite Album von Kahane bietet ausgetüfftelte Instrumentoerungen, wendungsreiche Melodien und geistreiche Lyrik.
Gut Film
»Scott Pilgrim Vs. The World«: Großartige flotte Romanze mit Game-Stilistik, und eine erstaunlich treue Umsetzung des ebenfalls lohnenden Comics.
»Super«: Endlich ein Film, der krass, gnadenlos, ätzend und dennoch anrührend von den Schattenseiten des ganzen Superheldengedöns erzählt.
»The Adventures of Tintin«: Spielberg hat es doch noch drauf.
»Ponyo«: Bei Myazaki kann man wieder Kind sein und das ist wundervoll.
»Summer Wars«: Ein SF-, Familien-Film wie eine prallgefüllte Wundertüte.
Kurz seien noch als sehenswert erwähnt:
— »X-Men: First Class«: Trotz der kleinen Makken endlich wieder ein ›tiefer‹ Superheldenflick. Fassbender und McAvoy brillieren als junger Magneto und Prof. X.
— »Tucker & Dale Vs. Evil«: Verblüffende Inversion des Schemas ›Killer-Hillybillies killen unbedarfte Jugendliche‹.
— »Sherlock Holmes: Games of Shadows«: Respektable Fortsetzung dieser Wiederbelebung des bekannten Privatdetektivs. Diesmal mit auch mit gelungenem Auftritt des Erzfeindes Moriarty.
— »Carnage«: (= »Gott des Gemetzels«) Wenn der Text stimmt, dann reichen eben zwei gute Schauspielerinnen und zwei gute Schauspieler. Zudem ein feines Beispiel der Wahrung der aristotelischen Einheit von Raum, Zeit und Thema!
Beste Momente
Janelle Monáe-Konzert im Mousonturm (dessen Bühne eigentlich eine Nummer zu klein war)
Kurzurlaub Berlin mit einem wunderbaren lange Spaziergang durch den Park von Charlottenburg; Treffen mit geschätzten SF-Netzwerk-Foristen; Plausch- und Kaufrunden im »Otherland«-Buchladen; Abendessen mit den Herrn Riffel, Böhmert und Kettlitz …
… dort dann abgemacht, dass ich nach den Ted Chiang-Geschichten (siehe »Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes« erschienen im Golkonda Verlag) als nächstes den ersten Hellboy-Kurzgeschichtenband »Odd Jobs« übersetzen werde
Vorsatz
Experiment: keine neuen Bücher kaufen dieses Jahr, sondern sich mal auf die eigene Bibliothek verlassen, um zu prüfen, wie ›stabil‹ und ›ergiebig‹ die ist.
Nein. Halt. Stop.
Maximal 10, oder pro Monat eins, also 12 Bücher übers Jahr verteilt anschaffen. Vorschau der bereits gebongten Titel:
— (Februar) Matt Ruff: »The Mirage«;
— (Februar) Nick Harkaway: »Angelmaker«;
— (Mai) China Miéville: »Railsea«;
— (Juli) Ian Tregillis: »The Coldest War«.
— (August) Neal Stephenson: »Some Remarks«;
— … und der Erscheinungstermin des vierten Romanes von Lawrence Norfolk, »John Saturnall’s Feast«, steht noch nicht fest.
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Eintrag No. 745 — Hier also wieder mal eine Doppelnummer (um die Wochenzählung aufrecht zu erhalten). Es herrscht Wochenrückblick-Sommerpause bis Ende August, Anfang September, weil ich ziemlich viel Brotjob-Dienst schiebe, meine derzeit laufenden Serien (»Eine andere Welt« von Grandville und meine Buchregal-Wanderung) jedoch nicht gefährden möchte. Nächster Wochenrückblick kommt voraussichtlich erst in zwei Wochen.
Lektüre: Da ich nicht viel Musenzeit zum Lesen habe, bevorzuge ich in den letzten Wochen ›leichte‹ Comic-Stoffe. Guter Grund endlich mit »Hellboy« aufzuholen. Jahrelang hatte ich mich nicht um den großen Roten gekümmert und nur die ersten drei Sammelbände auf Englisch im Haus. Mittlerweile genieße ich den neunten Sammelband, »The Wild Hunt«. »Hellboy« ist eine der ganz wenigen Phantastik-Serien / Franchise-Produktionen, der ich verfallen bin. Ich mag die Comics, ich mag die Spielfilme (die endlich endlich den großartigen Ron Perlman zu einem Hauptdarsteller-Star gemacht haben), ich mag die Zeichentrick-DVDs, ja ich fand sogar die erste Doppelfolge der deutschsprachigen Hörspiele von Lausch ganz nett. Himmel!!! Ich hab einen »Hellboy«-Schlüsselanhänger … soviel zu meinem Status als Fanboy. — Als nächstes steht bevor, mir das gute Dutzend Sammelbände des Ablegers »B.P.R.D.« anzuschaffen. Seufz … Freu.
— Ach ja: passend zum Thema gratuliert für ›Der Tagesspiegel‹Moritz Honert dem deutschen Verlag von »Hellboy«, Cross Cult, zum Zehnjährigen: Happy Birthday, Höllenjunge.
— Und dann hat auch noch ein Deutscher, Hendrik Berends, den »Re-kreiere ein Hellboy-Cover«-Wettbewerb von Dark Horse gewonnen. Glückwunsch!
Ebenfalls am nachholen bin ich, was die Werke von Meister Neal Stephenson angeht. Endlich habe ich mir sein Roman-Debüt »The Big U« aus dem Jahre 1984 besorgt und bin seit vorgestern halb durch damit. Eine wunderbare, lustige Campus-Gaudi in der sich Zimmergenossen mit Metal- und Orgelmusik bekriegen; ein Englisch-Prof. erklärt, warum Noten geben wie Poesie ist; einer Gruppe CoSim- & Rollenspieler, die baff vor Staunen ist, wie ein Computergenie bei seinem erstem Spiel den zweiten Weltkrieg mit den Achsenmächten gewinnt; Studentenparlamets-Sitzungen mit Budget-Gerangel und Vorbereitungen zum großen Fantasy Island-Fest des Frauen-Wohnflügels. — Erstaunlich, wie hoch die Ansprüche von Stephenson an sich selbst sind, denn er stuft dieses Debüt als minderwertig ein. Erst, als die Preise für diesen vergriffenen Roman unverschämt hochschnellten, stimmte er zu, dass man ihn neu auflegt (sehr anständigt von ihm!). Und wiedermal muss ich eine Schande der deutschen Verlagslandschaft ankreiden, denn bisher gibt es diesen unterhaltsamen Roman nur als teure (wenn auch schöne) Edition Phantasia-Ausgabe in kleiner Auflage. Ich halte es nicht für sooo wahrscheinlich, dass eine Taschenbuchausgabe zwangsläufig ein völliges Verlustunternehmen darstellen würde. — Schon richtig, dass in diesem seinem ersten Roman noch nicht der ganze Stephenson in voller Pracht erblüht. Aber eine seiner bedeutensten und kurzweiligsten Stärken brilliert bereits deutlich, sein geschicktes Händchen fürs Satirisch-Humoristische.
Nun aber zu den Links, diesmal ohne Kategorien, und mit einer Extra-Portion Filmchen.
Georg Seeßlen, Co-Autor der überwältigenden Diagnose »Blödmaschinen« und Betreibes des feinen Blogs ›Das Schönste an Deutschland sind die Autobahnen‹ hat für ›Konkret‹ einen langen Essay geschrieben, der dankenswerterweise bei ›Getian‹ im zugänglich gemacht wurde: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner digitalen Verschleuderbarkeit.
Letztens noch bei meiner Buchregal-Wanderung auf den Titel hingewiesen, nun gibt es eine Rezension von Behrang Samsami bei ›Literaturkritik.de‹ zu Jules Vernes Sachbuch über »Die großen Seefahrer und Entdecker«: Pioniere der Globalisierung.
›Film School Rejects‹ berichtet über die groben Veränderungen die »Wold War Z« bei der Umsetzung vom brillanten Buch von Max Brooks zu einem Brad Pitt-Vehikel erleiden musste. »World War Z« no longer sounds like »World War Z«. Wollen wir mal hoffen, dass im Augenblick noch alles viel schlimmer klingt, als es wird.
Schöne Gelegenheit zum ersten mal etwas von Brad ›Cinema Snob‹ Jones vom ›That Guy With The Glases‹-Portal zu verlinken. Geht es um Nazis in der Popkultur, gibt es wenige, die unentschlossen bleiben, ruhig Blut wahren oder mit ›ist egal‹-Haltung in der Mitte verharren. Die meisten finden Nazis in der leichten Unterhaltung entweder meistens prinzipiell & ohne wenn und aber unakzeptabel, oder haben (wie ich oftmals) ihren Spaß damit, wenn diese Musterbösewichter auf die Bühne gerufen werden, um zu machen, was sie gut können: Bösewichter abgeben. Der ›Cinema Snob‹ bespricht hier einen billigen Kriegsmoral-Aufpepper aus dem Jahre 1942 namens Hitler Dead or Alive in dem drei Straßengangster mit Tommy-Gun dem Gröfaz auf die Pelle rücken.
›Cartoon Brew‹ führt vor, um wie vieles das Kinder- und Jugendfernsehprogramm früher besser war als heute. So hat man in den Siebzigern jemanden wie Terry Gilliam erklären lassen, wie man einfache Trickfilme macht. Terry Gilliam's Do It Yourself Animation Show.
Ich liebe die Zauberer und Komiker, die bei den TED-Talks auftreten. Jüngst hat der Schweizer Marco Tempest geziegt, wie man mit drei iPod-touch-Geräten einen Saal voller Tech-Geeks zum Staunen bringt: Die Magie der Wahrheiten und Lügen
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Eintrag No. 740 — Kinners, wie die Zeit vergeht! Wisst Ihr noch, wann ich das letzte Mal von meinen Entscheidungen bei ›Wer ist dir lieber?‹ berichtet habe? — Nein? — Vor über drei Monaten! — Also nicht lange gefackelt. Entscheidungen müssen her!!!
Jack Nichsolson oder Heath Ledger (als Joker): Wenn es nur darum ginge, wer der bessere Joker war, würde ich ›weder / noch‹ sagen, wenn es darum geht, wessen Schauspielerleistung ich höher schätze, dann Nicholson. — Yul Brunner oder Telly Savalas: Meine Stimme geht an den König von Siam! — Physik oder Chemie: Finde beides zu interessant und wertvoll, um mich entscheiden zu wollen, also wieder ›weder / noch‹. — Tim Taylor oder Al Borland: Ähh, das ist wohl TV-Kultur. Habe keine Ahnung. Kenne beide nicht. — Beckmann oder Kerner: Diesmal kenne ich immerhin die Namen dieser TV-Fuzzis. Weiß aber sonst zu wenig, um die unterscheiden zu können. Also wiederum, ›kenne beide nicht‹. — Inge Meysel oder Marie-Luise Marjan: Und nochmal ›kenne beide nicht‹. — Lena oder Nicole: Schlimme als das grausige »Ein bischen Friede« ist selbst lena nicht. Trotzdem unterm Strich für mich ein ›weder / noch‹-Fall. — Spiegelei oder Rührei: Klarer Fall. Ich bin ein Rührei-Typ. — Jim Knopf oder Lukas der Lokomotivführer: Ich mag Lukas ein kleines bischen mehr. — Darth Vader oder Yoda: Seit »The Attack of the Clones« ist für mich der Kampf-Flummi nicht mehr zu toppen. — David Beckham oder Victoria Beckham: Bin nicht kompetent genug, hier eine Entscheidung zu treffen, also ›weder / noch‹. — Prince William oder Kate Middleton: Ebenso.Wertner Enke oder Uschi Glas: Ich boller einfach mal so rum und wähle den Enke. — Cats oder Das Phantom der Oper: Hmmm, schwer. Als Teen mochte ich beide. Aber die Texte von Cats sind (siehe T. S. Eliot) doch 'nen winzigen Tick gehaltvoller. — Humphrey Bogart oder Ingrid Bermann: So sehr ich die Bergman mag, den Bogart finde ich einfach noch besser. — Max oder Moritz: Ist das nicht völlig Wurscht? Ich werf ne Münze … halt nein, ich finde, Max sieht nicht so nervig aus.Adam oder Eva: Meine Sympathien liegen bei Frauen, die mir was zu Essen bringen. — Liz Taylor oder Richard Burton: Wieder ein ›weder / noch‹-Fall. — Frühling oder Herbst: Mein liebste Jahreszeit ist eh der Herbst. — Harry oder Sally: Als Rollenvorbild für mich bevorzuge ich Harry. — Cornflakes oder Müsli: In Phasen die sich über mehrere Jahre erstrecken, mag ich mal das eine, mal das andere lieber. Derzeit bin ich ein Müsli-Typ.
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Wunderbare Neuigkeiten! Matt Ruff präsentiert auf seiner Website nun erste offizielle Infos über seinen (auf Englisch) im Frühjahr 2012 erscheinenden fünften Roman »The Mirage«. Hier eine schnelle Übersetzung von mir vom Waschzettel des Buches:
9. November 9, 2001: Fundamentalistische Christen haben vier große Düsenmaschinen entführt. Zwei davon steuerten sie in die Tigris & Euphrat-Welthandels-Türme in Baghdad, und das dritte in das Arabische Verteidigungsministerium in Riad. Die Passagiere des vierten Flugzeuges, dessen Bestimmung Mekka gewesen sein soll, bringen ihre Maschine in der Wüste zum Abstürzen.
Die Vereinigen Arabischen Staaten rufen einen Krieg gegen den Terror aus. Eine Koalition arabischer und persischer Truppen landet an der Ostküste Amerikas und errichtet in Washington D.C. eine Grüne Zone …
Heute, einige Jahre später, ebbt der Krieg in Amerika langsam ab. Mustafa al Baghdadi, ein Agent der arabischen Heimatsicherheitsbehörde, verhört im Irak einen festgenommenen Selbstmordbomber. Der Gefangene behauptet, dass die Welt in der sie leben ein Trugbild ist — in der wirklichen Welt ist Amerika eine Supermacht und die arabischen Staaten nur eine Ansammlung ›rückwärtsgewandter Drittwelt-Nationen‹. Eine Ausgabe der New York Times vom 12. September 2001, die bei der Durchsuchung der Wohnung des Attentäters gefunden wird, scheint seine Aussage zu bestätigen.
Es bleibt nicht bei diesem einen Zwischenfall. Andere festgenommene Terroristen erzählen die gleiche Geschichte, und man findet weitere ›Artefakte‹. Der Präsident verlangt Antworten, doch Mustafa und sein Team entdecken bald, dass weitere Interessensgruppen ihre Finger im Spiel haben. Der Verbrecherboss Saddam Hussein führt eigene Ermittlungen durch, und der Chef des Nachrichtendienstes des Senates, ein Kriegsheld namens Osama bin Ladin, macht vor nichts Halt um die Wahrheit über das Trugbild zu verbergen.
Georg Dietz, ›Der Kritiker‹ unter den SpOn-Bloggern, klärt uns auf betreffs Sieben Wahrheiten über die Hochkultur. Durch die Brille der Genre-Theorie gesehen ist für mich schon lange klar, das ›Hochkultur‹ eben auch nur eine Nische für ein spezielles Fandom ist.
(Deutschrachige) Phantastik-Links
Für das Blog der ›Bibliotheka Phantastika‹ hat moyashi am Beispiel des »Games of Thrones«-Kalenders 2012 von Joe Picacio wunderbar zusammengemeckert, was an typischer Epic-Fantasy-Grafik nicht stimmt: Blind oder nicht blind, das ist hier udie Frage.
»20th Century Boys« hat letztes Wochenende den Eisner-Award gewonnen, schöne Gelegenheit für den ›Tagesspiegel‹Inga Steinmetz dieses beeindruckende Groß-Manga empfehlen zu lassen: Mörderische Freundschaft.
Noch was aus dem ›Tagesspiegel‹: Diesmal hat sich Steffen Richter der ersten sechs Titel der ›Neue Welt‹-Reihe des Verlages Matthes & Seitz angenommen: Luftschlösser und Quantenburgen. Diese Science Fiction-Reihe wurde von der Szene (mich eingeschlossen) selbst bisher kaum wahrgenmoen, mit Ausnahme von Thor Kunkels lesenswerten Roman »Schaumschwester«.
Viel Stoff für die Ohren bieten die Tonmitschnitte der Seminare Science Fiction and Politics von Courtney Brown. Bereits verkostet habe ich die Einführungsfolge, sowie die Beiträge zu Neal Stephensons »Snow Crash«. Ganz besonders freut mich, dass auch das Werk der Science Fiction-Musikerin Janelle Monáe berücksicht wird.
Zuckerl: Popkultur & Kunst
Seit ich als Hauptschüler Bachs Orgelmusik in der Einspielung von Helmut Walcha kennenlernte, und kurz darauf die Böhmsche Einspielung der Brandenburgischen, bin ich dem Jay Es Be verfallen. Letztes und dieses Jahr hatte ich wieder eine von diesen monatelangen Phasen, in denen ich auf dem Weg zur und von der Arbeit praktisch nur Bach hörte (Savall und Göbel-Einspielungen). — David Ramirer ist einer meiner Freunde, die so eine arge Bach-Begeisterung verstehen. Ihn hat’s, wie’s scheint, in letzter Zeit auch wieder vermehrt zum Thomas Cantor hingezogen, denn in seinem Blog tummeln sich wieder vermehrt elektromusikalische- und bildnerische Interprationen Bach’scher Werke: hier erstmal zum Hören für die freunde gehobener contrapunktik das »Ricercar a 6« (aus »Musikalisches Opfer«), und anschließend dann zwei visuelle Analysen / Umsetzungen dieses Stücks: ein wenig musikanalyse am mittwochabend und ein semi-chromatischer tanz.
Dank an Andrea für diesen Linktipp: Kent Rogowski macht Collagen aus verschiedenen Puzzels und nennt diese knallbunten Farbgranaten dann Love=Love.
Das Architektur-Blog ›The Web Urbanist‹ bietet einen umwerfenden Rundgang durch menschengemachte Himmelgewölbe: 15 Stunning Modern Ceiling Designs.
Zum Abschluss ein Filmchen bei ›Neatorama‹, das ich putzig-gruslig finde (aber vorsicht: manche von Euch finden folgendes sicherlich grausig-eklig!): Leckerer (toter!) Tintenfisch fängt wegen des Natriums in der Soja-Soße an zu zucken: Tanzender Tintenfisch
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Eintrag No. 718 — Welche Gemeinsamkeit haben »Thor«, »Hanna«, »Scream 4«? Sind alles Filme, die ich gerne auf Englisch im Kino sehen würde, aber seit es kein Turm-Kino mehr gibt, ist das frankfurter Angebot englischsprachiger OV-Filme erschreckend zurückgegangen. Ich erlaube mir etwas zu grummeln.
Lektüre: Seit ich als Jugendlicher über den Haffmans-Verlag das Schaffen von Gisbert Haefs kennen- & schätzen gelernt habe, gehört er zu den Autoren, deren Bücher mich seit vielen Jahren begleiten. Haefs hat als Krimi- (›Balthasar Matzbach‹-Romane) & HistoAbenteuer-Fabulant (»Hannibal«, »Alexander«), als Übersetzer & Werksausgaben-Herausgeber (Sherlock Holmes, Ambrose Bierce, Rudyard Kipling, Jorge Luis Borges) und als Selbsteinsprecher eines Hörbuches (»Roma. Der erste Tod des Marc Aurel« ist eines meiner Allzeit-Lieblingshörbücher) bewiesen, dass er einer der ganz wenigen hiesigen Gegenwartsautoren ist, die es druffhaben, die Tradition klassischer Unterhaltungs-Genre gekonnt fortzuführen. — Entsprechend habe ich mir die Taschenbuchausgabe der neuesten Unternehmung von Haefs besorgt, »Die Rache des Kaisers«. Der Roman erzählt die Geschichte von Jakob Spengler, der 15 Jahre alt ist, als er Anno 1519 vom Waldrand aus beobachtet, wie eine Schaar Söldner sein Heimatdorf niedermetzelt. Die Gesichter der vier Anführer prägen sich Jakob ein. Einige Jahre begleitet er als ›gefundener Sohn‹ einen orientalischen Diplomaten und dessen beiden Krieger-Diener, dann macht sich Jakob auf, die Schlächter seiner Familie zu suchen. Bisher habe ich das halbe Buch durch und finde es angenehm kurzweilig. Das Chaos und die Grausamkeiten der Bauern- & Söldner-Aufstände & Reformations-Unruhen sind passende Gelegenheiten, um kritische Gedankengänge über Religion, Gott, Abkehr vom Glauben, soziale Ungerechtigkeit und dergleichen einzustreuen. Wie immer versteht es Haefs, knapp und ohne langes Gefasel ein lebendiges Ensemble zu schaffen, Orte zu beschwören, komplexe Zusammenhänge zu erklären. Geschickt werden die ernsteren und abenteuerlichen Passagen abgewechselt durch beispielsweise romantische, zünftige oder alberne Stellen. Wenige Unterhaltungsautoren beherrschen diesen Kniff. — Ich liebe es, wenn plötzlich in einer eigentlich ziemlich harten Rachegeschichte wie hier, solche Sachen abgehen: Jakob und Freund / Waffengefährte Avram verbringen schwermütige Tage in Venedig und verfallen beim Wein in folgenden Dialog (Seite 204). Avram fragt, mit welchem Spitznamen Jakob Venedig bedacht hat:
»Kanalrattenstadt«, knurrte ich, »mit Wänden voller Kanalrattenschatten.«
{…} »Schlafen Ratten auf Matten? Werfen dabei Kanalrattenmattenschatten?«
Er {= Avram} rülpse leise: »Das will erwogen sein. Wenn sich zwischen platten Schatten satte Ratten matt begatten…«
Meine Freude am neuen Roman von Gisbert Haefs ist eine passende Gelegenheit, einige Erzähl-Tugenden zu benennen, welche »Die Rache des Kaisers« beispielhaft auszeichnen, und die ich allen Genre-Autoren zur inniglichen Beherzigung nahelegen möchte:
— 1) Überkandidelte Sprache braucht kein Mensch. Aber es steht auch vornehmlich auf Unterhaltung abziehlenden Reissern gut an, die Prosa (natürlich passend zum jeweiligen Stoff) hie und da mit kleinen Sprachkapriolen zu würzen.
— 2) Zeiträume können ruhig übersprungen, die Schilderung von Ereignissen gerafft werden. Haefs führt das glänzend vor. Abenteuerliche Romane werden nicht unbedingt besser, wenn sie aufgebläht werden, weil sie immer eng am Zeitstrahl entlangkriechen. Die Darstellung von Lebensabenteuern werden nicht zwangsweise ergiebiger, wenn man alles was vorfällt ausbreitet.
— 3) Ruhig ab und zu einige Originaltöne einflechten. So bringt Haefs seinen Lesern die schreckliche Plünderung Roms durch spanische und deutsche Söldnertruppen durch Ausszüge aus der Chronik eines gewissen Gregorius oder Georgius nahe; zitiert die Nachwehen des Grauens durch die Schriften des Landsknechthauptmanns Sebastian Schertlin von Burtenbach. Früher im Roman listet der Icherzähler Jakob die Forderungen der aufständischen Bauern in deutschen Landen auf. So lassen sich geschickt die Kleinigkeiten von historischen Panoramen auffächern.
— 4) Wiegesagt: Keine Angst vor Albernheiten oder ›Sentimentalitäten‹ oder blumigen Sprachbildern. Hier eine für meinen Geschmack besonders gelungene Stelle, wenn Jakob, inzwischen gute 20 Jahre alt, eine letzte Nacht bei seiner Geliebten Laura in der Nähe von Venedig verbringt, bevor er sich wieder auf den Weg macht, sich an den vier Mordbrennern zu rächen:
Für Laura und mich wurde es eine lange weiße Nacht. Zwischendurch gab es etwas, das ich nicht Liebe nennen mag, eher einen verzweifelten gegenseitigen Angriff; der Rest war Reden, Fragen, Nachfragen, Vorwürfe. Und Laura war nie schöner als in jener Morgendämmerung, da sie neben mir lag, auf den rechten Ellenbogen gestüzt, die Honigkaskaden des Haars über Schulter und Brust. Schön wie ein geschliffenes Schwert. Als es mir das Herz schlitzte, als ihre Augen Leid sprühten und dabei trocken blieben, hätte ich gern geweint.
Reiseberichte sind immer eine gute Lektüre. Ich durfte zuhause in den letzten Tagen schon Andreas Begeisterung für die »Russische Reise« von John Steinbeck & Robert Capa aus dem Jahre 1948 erleben. Ein Hoch auf die Büchergilde Gutenberg und die von Illja Trojanow herausgegebene Reihe ›Weltlese‹. Hier eine ausführliche Empfehlung von Thomas Hummitzsch für das Portal ›Glanz & Elend‹: Menschen wie du und ich.
Hatte noch keine Zeit für gründliche Lektüre des Eintrages Imagination im Online-Philosophie-Lexikon der Universität Standford. Wird aber noch erledigt.
Es ist mir immmer ein Vergnügen, wenn respektable Literaturkritik sich Sachen vornimmt und zudem lobt, die von feuilletonistischen oder akademischen Kreisen leider allzuoft links liegen gelassen werden. Hier bei ›Literaturkritik.de‹ bricht Ole Petras eine Lanze für DEN Meister der erotisch angereicherten ›langbeinige Grazien‹-Comics: Sex in Zeiten der Anarchie: Zur Milo-Manara-Werkausgabe, am Beispiel des Comics »El Gaucho«.
Folgendes ist so irre und doch passend, als ob Metallica Beethoven-Symphonien interpretieren würden. Für die ›Financial Times‹ hat Stephen Fry ein Interview mit Lady Gaga geführt. Atemlos las ich Frys Bericht und lauschte dem Treffen dieser außergewöhmlichen Künstler im kompletten Interview, wenn Fry und Gaga locker mit Oscar Wilde, Bert Brecht und Thomas Mann um sich werfen. — Hier als Zugabe ein Link zum ersten Teil vom HBO Special: Lady Gagas Monster Ball. Und jetzt dürft Ihr Euch aufhören zu wundern, dass ich was mit Lady Gaga anfangen kann. »The Fame Monster« und »Born This Way« sind gloriose Meisterwerke der überproduzierten Popmusik und wie Fry auch, habe ich mir bei den ersten Musik-Videas von ihr gleich »Aha, Verfremdungseffekt! Kabarett!« gedacht und den Wahnsinn für gut beheissen.
(Deutschrachige) Phantastik-Links
Ich selber werde wahrscheinlich kaum dazu kommen, an der SF-Challange des Schweizer Anlegestelle für Bibliophile ›raVenport‹ teilzunehmen. Aber die Aktion findet meine Sympathie und ich bin gespannt auf die Beiträge.
›Fictionfantasy‹ und ›Literatopia‹ präsentieren Der Phantast No 2: Dunkle Zeiten, 82 satte Seiten, diesmal mit deutlich verbessertem Layout, feinen Illustrationen von Frank Melech, und lesenswerten Artikeln und Rezensionen. Besonders freuen mich die Besprechungen zu Karl Capeks »Der Krieg mit den Molchen«, zu Paolo Bacigalupis »Biokrieg« und der begonnenen Gesamtausgabe von »Valerian & Vernonique« von Jean-Claude Mézières & Pierre Christin.
›peacay‹ bietet in seinem erstaunlichen Blog ›BibliOdyssey‹ wieder mal eine Gemme der Illustrationskunst: Peter Pan in Kensington Gardens, mit Arbeiten des unvergleichlichen Arthur Rackham zu James M. Barries Meisterwerk.
Der geniale John Coulthart hat für ›Tor:Com‹ eine Übersicht zusammengestellt: H.P. Lovecraft’s Favorite Artists, die solch illustre Meister der graphischen Seltsamkeiten und Extra-Devi-Vaganz wie Heinrich Füssli, Francesco Goya, John Martin, Gustave Doré, Sidney Syme, Nicholaus Roerich, Anthony Angarola und Virgil Finlay, versammelt
Sehr appart finde ich gelungene Mischungen aus Horror und Niedlichkeit, wie z.B. das ›2photo‹-Portfolio von Tony Sandoval zeigt. Besonders grauslig-niedlich finde ich diese nackte Schönheit mit Monster-Eingeweiden; — diese im Wasser sich spiegelnde Geistererscheinung; — und diese umschlungenen Skelette, die mich an eines der besten Roman-Enden aller Zeiten erinnern (»Der Glöckner von Notre-Dame« von Victor Hugo).
Nostalgie-Anfall! Beim Stöbern in iTunes habe ich entdeckt, dass Nik Kershaw immer noch vor sich hin bosselt. Als Teen war ich ein großer Fan seiner Alben »Human Racing« und »The Riddle«. Inzwischen hat er seine alberne Haarpracht abgelegt und sieht er aus wie ein richtig handfestes englisches Mannsbild. Und ich bin entzückt, über die Akustik-Version seines Hits »Wouldn’t It Be Good«, zu finden auf dem Album »No Frills«.
Zum Schluss ein wenig derbe Bildungshuberei. Zu meinen liebsten Musik-Schätzen gehört die »Madrigal History Tour« der King’s Singers (begleitet vom ›Consourt of Musicke‹ unter der Leitung von Anthony Rooley). Unter den aus Deutschland stammenden Liedern der Sammlung befindet sich »Vitrum Nostrum Gloriosum«, und so klingt das schöne lateinische Sauflied in der Aufnahme der King’s Singers selbst (hier in der Fassung der TV-Serie zur geschichtlichen Madrigal-Europareise). Der Text geht so:
Vitrum nostrum gloriosum,
Deo gratissimum.
O, vitrum! Levate!
Fac, fac, bibe totum extra,
ut nihil maneat intra,
Depone!
Hoc est in visceribus meis.
Prosequamur laude!
Und wenn ich die englische Übersetzung des Beiheftes der CD ins Deutsche übersetzte ergibt sich folgender Inhalt:
Unser herrlicher Kelch,
zum höchsten Gefallen Gottes.
Oh Kelch! Hebt ihn hoch!
Kommt, trinkt ihn aus
bis auf den letzten Tropfen.
Hinunter damit!
Ich fühle wie es {das Getränk} mich innerlich wärmt.
Lasst unser Lob sich ihm anschließen.
Und es gibt noch Winkel in der Welt (kann jemand das Schild das ab und zu rechts oben im Bild zu sehen ist entziffern?), wo nicht gelehrte Sänger sondern das gewöhnliche Volk rustikal dieses Lied anstimmen: Vitrum nostrum gloriosum.
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